Titel: | Nachtrag zu dem elektrochemischen Schreibtelegraphen für die gleichzeitige Gegencorrespondenz auf einer Drahtleitung; von Dr. Wilhelm Gintl, k. k. Telegraphen-Director. |
Fundstelle: | Band 138, Jahrgang 1855, Nr. L., S. 184 |
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L.
Nachtrag zu dem elektrochemischen
Schreibtelegraphen für die gleichzeitige Gegencorrespondenz auf einer Drahtleitung; von
Dr. Wilhelm Gintl, k. k.
Telegraphen-Director.
Aus der Zeitschrift des deutsch-österreichischen
Telegraphen-Vereins, Juni 1855, S. 135.
Mit einer Abbildung auf Tab. III.
Gintl, über den elektrochemischen Schreibtelegraphen für die
gleichzeitige Correspondenz auf einer Drahtleitung.
Mehrere mit dem in der deutsch-österreichischen
Telegraphen-Vereinszeitschrift, Februarheft 1855 (polytechn. Journal Bd. CXXXVII S. 166), beschriebenen Apparate
angestellte Versuche haben mich zu der Ueberzeugung geführt, daß sich derselbe in
zwei Stücken vortheilhaft abändern, und dadurch einigen gegen seine ursprüngliche
Einrichtung erhobenen Bedenken abhelfen läßt.
Man hat nämlich gegen meinen Apparat eingewendet:
1) daß im Momente des Niederdrückens des Doppeltasterhebels,
während derselbe also weder mit dem Contactpunkte k
noch mit l (siehe Fig. 4) in Berührung
ist, der von der anderen Station herkommende Strom nicht zur Erde gelangen kann
und daher auf sehr kurze Zeit unterbrochen wird, woraus sich der mögliche Fall
ergibt, daß einzelne Striche auf dem Papierstreifen des Apparates verkürzt,
Punkte hingegen auch ganz ausbleiben würden;
2) daß es seine Schwierigkeit hat, den Strom der localen
Compensationsbatterie beim Niederdrücken des Doppeltasters genau gleichzeitig
mit dem Linienstrome wirken zu lassen, weil eine Veränderung in den beiden
Contactpunkten l und l'
die Folge haben kann, daß der Schluß für die eine oder die andere Batterie
früher eintritt, somit die Ausgleichung der beiden elektrischen Ströme am
eigenen Apparate nicht vollständig ist.
Der sub 1 gerügte, allerdings vorhandene
Unterbrechungsmoment für den von der anderen Station herkommenden Strom läßt sich
schon durch Verminderung der Hubhöhe des Tasterhebels auf ein Minimum reduciren; um
ihn aber gänzlich zu beseitigen, bringe ich die beiden Tasterpunkte g und h mittelst einer
metallenen Einschaltungsklemme mit einander in leitende Verbindung, wodurch dem
ankommenden Strome in dem Momente, wo sich der Tasterhebel weder mit k noch mit l in Contact
befindet, der Weg von h durch g zur Linienbatterie, und durch dieselbe zur Erde geöffnet ist, folglich der
Strom von der anderen Station, während des Niederdrückens des Tasterhebels, keine
Unterbrechung mehr erleidet.
Zwar wird durch die leitende Verbindung der beiden Tasterpunkte g und h mit einander ein
kurzer Schluß der eigenen Linienbatterie in der Ruhelage des Tasterhebels
herbeigeführt, welcher aber während der Korrespondenz bloß intermittirend eintritt,
nämlich nur dann, wenn der Vordertheil des Tasterhebels mit dem Contactpunkte k in Berührung kommt, was jedoch beim Geben der Zeichen
nur eine sehr kurze Zeit dauert und daher der Batterie nicht schadet, nach
vollendeter Correspondenz aber durch Auslösung der bei g
und h angebrachten Einschaltungsklemme ganz vermieden
werden kann.
Zur Beseitigung der ad 2 erhobenen Schwierigkeit
habe ich mehrere Versuche in der Absicht angestellt, um zu ermitteln, ob sich die
locale Compensationsbatterie ohne Störung des Erfolges der Correspondenz nicht
entbehren lasse, und ich überzeugte mich, daß man dieselbe gänzlich entfernen und
doch sehr gut gegensprechen kann.
Es ist zu diesem Behufe nur nöthig die von der Localbatterie einerseits zum
Rheostaten und andererseits zur Klemme o des Tasters
führenden Polardrahte mit einander zu verbinden, wodurch die Localbatterie
ausgeschaltet wird, und den Leitungswiderstand am Rheostaten so zu reguliren, daß
beim eigenen Zeichengeben von der Linienbatterie nur ein sehr schwacher Theilstrom
durch den Apparat geht, welcher auf dem Papierstreifen desselben noch kein
wahrnehmbares Zeichen hervorzubringen vermag, das jedoch alsbald zum Vorscheine
kommt, wenn der von der anderen Station ausgehende elektrische Strom zu jenem
Theilstrom einen adäquaten Theil liefert, so daß die Summe beider Theilströme ein
Zeichen auf dem Papierstreifen erzeugt, welches dem von der anderen Station
gegebenen Zeichen entspricht.
Auf diese Art läßt sich die gleichzeitige Gegencorrespondenz mit dem
elektrochemischen Apparate auch ohne locale Compensationsbatterie wie bei Anwendung
derselben mit gleich sicherem Erfolge zu Stande bringen.
Wien, im Mai 1855.