Titel: | Ueber die Krankheiten der als Nahrungsmittel dienenden Pflanzen; von Hrn. Armand Bazin. |
Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. CXIV., S. 450 |
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CXIV.
Ueber die Krankheiten der als Nahrungsmittel
dienenden Pflanzen; von Hrn. Armand Bazin.
Aus dem Cosmos, Revue
encyclopédique, August 1854, S. 169.
Bazin, über die Krankheiten der als Nahrungsmittel dienenden
Pflanzen.
Seit dem ersten Auftreten der jetzt herrschenden Pflanzenkrankheiten widmete sich der
Verfasser (in Mesnil-Saint-Firmin) mit seinen Brüdern Charles und
Stephane unausgesetzt der Erforschung ihrer Ursachen und der Heilmittel gegen
dieselben. Seine Untersuchung läßt über die Ursache dieser Krankheiten keinen
Zweifel mehr übrig, und es steht durch sie fest, 1) daß die erste und Hauptursache
der Krankheit Stiche giftiger Insecten sind, und 2) daß der flaum- oder
schimmelartige Ueberzug (les botrytis ou duvets
cryptogamiques) nur Folge oder Wirkung der durch den Biß der Insecten
hervorgebrachten Veränderung, also der Vergiftung, ist. Das bloß zufällige und
vorübergehende Befallenwerden von den Insecten hat natürlich bei weitem keine so
schlimmen Folgen wie das innerliche Verderben oder die Entartung der Pflanzen.
I. Theil. – Ursachen der Krankheiten.
Krankheiten der Bohnen, der Lattichpflanzen und der
Melonen.
Man bemerkte seit einigen Tagen, daß die Blätter von Bohnenpflanzen, welche schon
weit genug vorgerückt waren, um eßbare Schoten zu geben, gelbliche Flecken
bekommen hatten und daß, wenn dieses bei einer größern Anzahl von Blättern der
Fall war, die Pflanze zu kränkeln anfing und späterhin stärker erkrankte. Man
wußte sich diese Krankheits-Erscheinung nicht zu erklären. Bei genauerer
Untersuchung entdeckte ich bald, daß diese Verheerungen von einer Menge kleiner
springender Insecten angerichtet werden, welche das Zellgewebe auf der obern
Blattseite verzehren und sich unter der untern Seite verbergen, die von ihren
Excrementen ganz bedeckt ist.
Gesunde Blätter, mit welchen man Glasröhren anfüllte, wurden von mehreren
hineingebrachten Insecten in denselben Zustand versetzt. Letztere zerfressen
nicht nur das Zellgewebe, sondern vergiften auch das Blatt, so daß es seine
Athmungsfunctionen nicht mehr verrichten kann, und sicher würde die Pflanze bald
absterben, wenn nicht immer neue Blätter nachkämen.
Die HHrn. Milne Edwards, Brongniart und Quatrefages stimmen damit überein, daß dieser
krankhafte Zustand der Pflanzen von dem Stich des Insectes herrührt, welches die
Cicada aptera
Linn., Astemma
Latreille, Halticus
palicorius
Hahn ist. Es gleicht sehr den Blattläusen auf unsern
Rosenstöcken.
Krankheit der Runkelrüben in ihrem frühesten
Lebensalter.
Wer sich mit dem Runkelrübenbau beschäftigt hat, weiß daß sich dem Aufgehen
derselben und ihrer ersten Entwickelung große Schwierigkeiten entgegensetzen.
Bald gehen die Keime schon im Boden zu Grunde, bald sterben die kaum aus dem
Boden gekommenen Pflanzen so rasch hin, daß die Ursache des Uebels sehr schwer
zu ergründen ist. Gewöhnlich haben die zuerst, nämlich im März, eingesäeten
Rüben am meisten zu leiden. Wenn wegen Kälte, oder wegen Armuth des Bodens, das
Wachsthum nicht kräftig ist, so ist die Pflanze verloren. Sie besteht eine Zeit
lang den Kampf, unterliegt aber jedesmal. Trockenheit beschleunigt ebenfalls
ihren Untergang. Ist der Boden leicht, locker, so ist die Gefahr sehr groß, der
Tod beinahe unvermeidlich; bei festem dichtem Boden hingegen ist die Ernte
wahrscheinlich gerettet. Endlich kann man, wenn man mehrere Jahre nacheinander
Runkelrüben auf demselben Felde baut, sicher seyn, daß sie mehr oder weniger
Schaden leiden.
Die Ursache des Uebels ist weder ein Oïdium,
noch ein atmosphärischer Einfluß, sondern ein nach der Runkelrübe sehr
lüsternes, sich außerordentlich stark vermehrendes Insect, welches der
Beobachtung sehr leicht entgeht, weil es sich in der Erde verbirgt und hier die
Keime der Rübe, so
wie sie zum Vorschein kommen, zernagt. Man hebe nur Erdschollen sachte hinweg,
so wird man dieses Insect oft in Unzahl sehen.
Mit der Wurzel jedoch begnügt sich das Insect nicht; bei schönem Wetter kriecht
es auch aus der Erde den Stängel hinauf und zerfrißt die Blätter. Nach einigen
Stunden sah ich kleine, von ihm befallene Pflanzen entblättert und bald darauf
abwelken und hinsterben.
Dieses Insect ist ein Käferchen, Atomaria
linearis
Stephens, A. pygmaea
Heer. Es ist schmal, linienförmig, kaum 1/2
Millimeter lang, von rostrother bis schwarzbrauner Farbe. Im J. 1839 wurde es
von mir zum erstenmal bemerkt. Es zeigt sich im Mai und Junius, seltener im
Julius und August.
Krankheit der Gelbrüben (Möhren).
Man sah die Blätter der Gelbrüben gelb und roth werden und welken. Die
aufmerksamste Beobachtung aber ließ kein Insect daran entdecken.
Als jedoch die Pflanzen ausgezogen wurden, sah ich die Rüben mit kleinen Gängen
gefurcht und sie schienen an solchen Stellen verdorben und gleichsam angefressen
zu seyn. Bei näherer Untersuchung wurden nur 2–3 kleine, weiße Lärvchen
darin gefunden, im Boden aber, um die Wurzel herum, befanden sich viele,
offenbar von diesen Larven herrührende Nymphen.
Krankheit der Kartoffeln.
Ich übersandte der (französischen) Akademie der Wissenschaften eine Anzahl
Blattläuse, deren Species zu bestimmen ich mir vorbehielt. Diese Blattläuse sind
nach meiner Ansicht die Ursache der Kartoffelkrankheit. Sie saugen mit ihrem
Rüssel in den Blättern und Stängeln und impfen wahrscheinlich in das
Pflanzengewebe eine Flüssigkeit, welche eine wahrhafte Krankheit
hervorbringt.
Nach einigen Tagen kommen auf allen angegriffenen Punkten kleine, erst gelbe,
dann braune und zuletzt schwarze Flecken zum Vorschein, welche in dem Maaße als
sie sich färben, auch an Umfang zunehmen. Dieselben sind bald abgerundet, bald
verzweigt, den Rippen folgend, bald auf der obern, bald auf der untern
Blattseite. Flecken von derselben Farbe erscheinen hie und da auch auf den
Stängeln. Die Blätter und Stängel welken bald, während die Knollen ebenfalls
unter dem Einfluß des Giftes leiden und die von Hrn. Payen so richtig beobachtete und beschriebene Veränderung
erfahren.
Zwei sehr einfache Gründe erklären, wie ein so gemeines Jesect bisher der
Beobachtung entgehen konnte. Erstens verbirgt sich dasselbe unter den Blättern
und zweitens hält es sich nicht lange auf der von ihm angegriffenen Pflanze auf;
wenn die Blätter anfangen fleckig zu werden, ist oft schon kein solches Insect
mehr da; wenn sie welken, ist es schon fern und wenn endlich die Knollen
angegriffen sind, ist es vielleicht schon todt.
Diese Entdeckung nimmt derjenigen der mikroskopischen Pilze nichts von ihrer
Wichtigkeit. Letztere sind ebenfalls vorhanden; nur kommen vorher die Insecten
und dann erst die Pilze, und die erstern sind die ursprüngliche Ursache des
Verderbens der Pflanze und folglich auch des Schimmels. Diese Beobachtungen
scheinen mir von Belang zu seyn, da man ein Uebel, um es zu heilen, erst kennen
muß.
Krankheit des Getreides.
Seit einiger Zeit hat man an den Getreide- (Weizen-) Aehren
röthlichgelbe Flecken beobachtet, und wenn man die Bälge an dieser Stelle
öffnet, so findet man, daß die Körner sich entweder gar nicht oder nur schlecht
ausbilden. In der Regel werden diese Flecken dem Vorhandenseyn eines Kryptogams
zugeschrieben.
Man sagt, daß die Kornähren unter dem Einfluß von Regen und Feuchtigkeit brandig werden, was viele Landwirthe beunruhigte,
weil dieser krankhafte Zustand sehr große Aehnlichkeit mit jener Veränderung der
Blätter hat, welche man mit Namen Rost bezeichnet.
Diese Aehnlichkeit ist aber nur eine scheinbare. Wenn der Regen und die Pilze
die Ursache dieser Krankheit wären, so wäre dieselbe mit Recht zu fürchten, weil
das Uebel rasch um sich greifen und großen Schaden anrichten könnte. Dem ist
aber nicht so. Was dem Weizen dieses Jahr (1854) widerfährt, tritt mehr oder
weniger in jedem Jahre ein.
Die wahre Ursache dieser rothen Flecken ist die Larve eines Zweiflüglerinsects.
Wenn man die gelblich werdenden Bälge vorsichtig öffnet, so findet man innerlich
gegen die Basis, an der Stelle des Korns, welches sich nicht entwickeln konnte,
Gruppen kleiner gelblicher Larven, welche aus Eiern kamen, die ohne Zweifel von
der Mutter zur Zeit der Blüthe des Getreides dahin gelegt wurden.
Also ist auch an dieser Krankheit des Weizens sicherlich ein Insect Schuld,
obgleich später bei dem krankhaften Zustand der Pflanze kryptogamische Gewächse
sich entwickeln können.
Krankheit des Weinstocks.
Die Traubenkrankheit tritt mit so analogen Erscheinungen auf, daß ich keinen
Anstand nehme, ihr gleichen Ursprung zuzuschreiben. Ich habe mehrerlei Insecten
auf dem erkrankten Weinstock beobachtet, wage aber noch nicht mich darüber
auszusprechen, welche von denselben die Krankheit erzeugen.
II. Theil. – Heilmittel gegen diese Krankheiten.
1) Gesund erhaltende Mittel. Seit dem Erscheinen der
Kartoffelkrankheit wurde die Meinung aufgestellt, daß die zu große, dieser Pflanze
gewidmete Sorgfalt, wohl die Ursache des Uebels seyn könnte; diese Ansicht theile
ich nicht. Hr. Payen sagt im Gegentheil: „das
Auflockern der Erde durch Umarbeitung, das Eggen und rechtzeitige Jäten, das
Hacken und Beschaufeln, kurz alle die Pflanze zu kräftigen und ihr Wachsthum zu
bethätigen geeigneten Arbeiten tragen dazu bei, daß die Kartoffel den Anfällen
der Krankheit besser widersteht.“
Dieß ist richtig, weil eine gut gepflegte Pflanze durch die Erzeugung neuer Blätter
den Schaden welchen sie durch die ergriffenen etc. erlitt, wieder ersetzen wird.
Diese Bemerkung gilt für alle Pflanzen.
Weizen.
Hinsichtlich der oben bezeichneten Krankheit des Weizens ist vorzüglich auf die
Zeit der Aussaat und die Spielarten des Saatkorns zu sehen. Ich habe nämlich
bemerkt, daß der zuerst ausgesäete Weizen weniger angegriffen war als der
andere, weil wahrscheinlich in jenem die Körner zu der Zeit, wo das Insect
erscheint, schon gebildet waren.
Auch habe ich beobachtet, daß die Weizensorten mit den dichtesten Aehren und den
dicksten Bälgen gegen die Krankheit besser geschützt sind als die anderen. So
z.B. die verschiedenen Spielarten des Triticum
turgidum.
Den Kornwürmern (blaniules), welche das Saatkorn
verzehren, muß man die Trockenheit entgegensetzen, nach dem Sprichwort
„man säe bei staubiger Dürre ein.“
Kartoffeln.
Eine Auswahl unter den Sorten ist nothwendig: einige sind derberer Art; andere
reifen frühzeitig, fast schon vor dem Erscheinen der Blattläuse oder doch vor dem dritten
Stadium der Krankheit.Die Kartoffelkrankheit hat drei Stadien; erstes Stadium: Erscheinen kleiner Flecken auf den Blättern;
zweites Stadium: die Flecken werden
größer und färben sich; die Stängel bekommen ebenfalls Flecken; die
Kryptogamen fangen an sich zu entwickeln; drittes Stadium: die Stängel welken und die Knollen
verderben. Diese Sorten verdienen den Vorzug.Die Sorten mit starken Stängeln und vielen Blättern widerstehen besser.
Ich besitze seit einigen Jahren eine solche Sorte, die zugleich
frühzeitig reift; sie ist minder empfindlich als die anderen; ihre
Stängel flecken sich langsam und die Knollen reifen schon vor dem
dritten Stadium der Krankheit.
Aus demselben Grunde ist das Pflanzen im Herbste sehr empfehlenswerth. Nur sind
dabei zwei Klippen zu fürchten: zu tiefes Legen, welches schädlich ist, und der
Frost, der sehr großen Schaden anrichten kann.
Die Methode Savart's, welche Payen empfahl, ist ein Schutzmittel. Sie besteht im Legen der
frühesten Kartoffelsorte. Die erste Ernte findet im Mai statt. Man legt zu
dieser Zeit ein zweites Mal und erntet davon im October. Auf diese Weise erhält
man in einem Jahr und auf demselben Stück Land zwei gesunde Ernten. Der Grund
ist, daß die Blattlaus im Mai kaum vorhanden, im October aber schon todt
ist.
Auch die Auswahl der Legkartoffel verdient einige Aufmerksamkeit; denn obgleich
man, wenn man kranke Kartoffeln legt, manchmal gesunde bekömmt, so thut man doch
nicht klug daran, weil die kranken Kartoffeln, auch ohne daß Insecten vorhanden
wären, die Krankheit den daraus entstehenden Pflanzen mittheilen könnten. Auch
thut man gut, die Legkartoffel in einem Kalkbad oder in Aetzlauge zu
tränken.
Unter den Bodenarten sind diejenigen, welche das Wasser durchlassen, den anderen
vorzuziehen, weil die befallene Kartoffel sich in der Feuchtigkeit schneller
zersetzt, als im Trocknen.
Aus diesem Grunde können schwach erkrankte Kartoffeln, wenn man sie an einen
trockenen Ort legt, sich conserviren.
Ein sehr gutes Mittel ist das Abschneiden der Stängel, rechtzeitig vorgenommen, d.h. in dem Augenblick wo die Krankheit sich
den Knollen mitzutheilen beginnnt; später wäre das Uebel schon eingetreten;
früher würde man die Pflanze der Stängel berauben, welche, obgleich krank, ihr
noch dienen um die Reife zu vollenden.
Man verbrenne diese StängelCuvier (Régne
animal t. III p. 411) sagt von den
Weibchen der Blattläuse: „sie legen die Eier auf die Zweige
der Bäume, auf welchen sie den ganzen Winter liegen
bleiben.“ Wenn, wie nicht zu bezweifeln, es sich mit den
Blattläusen der Kartoffel eben so verhält, so begreift man, wie
zweckmäßig es ist, die Stängel im Herbst zu verbrennen.; dieß ist leicht ausführbar und man versäume es ja nicht. Ebenso
verfahre man mit allen Stängeln und Blättern, welche nach der Ernte über dem Boden
bleiben; man bringe sie in Haufen und verbrenne sie.
Der Anbau mit Beschattung ist sehr gut. Erdäpfel, Bohnen, Hanf etc.Ich halte den Hanf dazu sehr geeignet, weil sein Geruch den Insecten gar
nicht zusagt. Wie ich hörte, hat die Kartoffelkrankheit in Gegenden wo
viel Hanf gebaut wird, wenig Schaden angerichtet. Ich glaube dieß selbst
schon bemerkt zu haben, und es verdient Beachtung., vorzüglich aber starkriechende, aromatische Kräuter, wie Citronenkraut,
Thymian, Isop, zwischen die Kartoffelreihen gepflanzt, verhindern die Annäherung
der Insecten. In der Regel lieben diese Blattläuse sehr die Luft und die Wärme.
Unter den Bäumen erscheinen sie nur, wenn es warm ist.
Der Fruchtwechsel ist ebenfalls ein wichtiger Punkt. Man begreift, wie
vortheilhaft es ist, den Anbau von Kartoffeln mit demjenigen anderer Gewächse
abwechseln zu lassen.Meine Entdeckungen hinsichtlich der fast an jeder Fruchtart große
Verheerungen anstellenden Insecten dürften die Theorie der
Wechselwirthschaft bedeutend modificiren(?); meines Erachtens ist
nämlich der Fruchtwechsel hauptsächlich wegen der Verschiedenheit der
Insectenarten nothwendig, welche die verschiedenen Pflanzenspecies
angreifen.
Runkelrüben.
Gegen die Atomaria linearis habe ich unfehlbare
Schutzmittel gefunden: 1) den Fruchtwechsel; 2) Zusammendrücken des Bodens
mittelst Walzen; 3) gute Pflege; 4) starke Düngung; 5) für die Saat
hinreichenden Samen.Durch diese Mittel habe ich mich auch dieses Jahr noch geschützt, während
andere Landwirthe nicht verschont blieben und im Nord-Depart.
mehr als 2000 Hektaren von diesen Insecten verheert worden sind.
Um die Larve des Zweiflüglers Hymelia coarctata, der
die Runkelrübenblätter zerfrißt, zu vertilgen, braucht man nur von den
Arbeitern, die sie ausjäten, die fleckigen Blätter, welche die Larven enthalten,
abschneiden und mit dem Fuße zertreten zu lassen, um die Insecten zu tödten.
Weinstock.
Wenn beim Weinstock die Ursache der Krankheit, wie ich glaube, ein Insect ist,
und dieses Insect, wie wahrscheinlich, im Herbst seine Eier auf die Blätter oder
die Stängel dieser Pflanze legt, so bestehen die sichersten, einfachsten und am
leichtesten anwendbaren Mittel offenbar in der Sorgfalt, welche man während
des Winters ihm widmet.Da die Winzer im Winter weniger zu thun haben, so können sie diese
Sorgfalt leicht übernehmen. Es müßten, wie bei der Kartoffel, alle Blätter, alle Abfalle der
Weinstöcke in Haufen gebracht und verbrannt werden.
Schlüßlich will ich bemerken, daß die Natur des Düngers bei diesen Krankheiten
ebenfalls eine große Rolle spielen kann. So waren z.B. die Gelbrüben, deren
Krankheit oben bezeichnet wurde, mit Muskelsubstanzen gedüngt worden. Solche
Düngerarten begünstigen sehr die Vermehrung der Zweiflügler.
Auch bei der Kartoffel sollten, wie ich glaube, die feuchten Düngerarten durch
trockene und pulverförmige, z.B. Guano und dergl., ersetzt werden.
2) Heilkräftige Stoffe. – Wenn man einmal die
Ursache des Uebels kennt, kann man auch die geeigneten Mittel dagegen wählen und
solche zweckmäßig anwenden.
Man muß ein Heilmittel unter den Anthelminticis
(Wurmmitteln) suchen; in der That finden sich unter diesen die bereits als
wirksam erkannten Körper.
Kartoffeln.
Asche, Kalk, Ruß, schwefelkieshaltige Erden, Schwefel, zur rechten ZeitMan muß diese Mittel zu der Zeit anwenden, wo die Blattläuse zu
erscheinen anfangen (gewöhnlich im Mai). Später wären diese Mittel
unzureichend aus zwei Gründen: erstens weil, wenn das Gift einmal in die
Pflanze eingeführt ist, man die Blattläuse vergebens vertilgen würde,
indem dann dem Uebel kein Einhalt mehr gethan würde; zweitens weil diese
Blattläuse sich mit einer solchen Fruchtbarkeit vermehren, daß man
später nicht mehr alle zu vertilgen hoffen dürfte. und zweckmäßig auf die Kartoffelblätter gestreut, sind von guter
Wirkung.
Auch kann man diese Pflanze mit Tabak, mit Schwefel etc. anräuchern.
Weinstock.
Den Schwefel empfehle ich, als eines der besten Mittel gegen Insecten (z.B. gegen
die Krätzmilbe), auch beim Weinstock. Aber auch hier kommt alles auf die Zeit
an; der Schwefel muß, sobald sich das Uebel zeigt, angewandt werden.
Gewiß wäre es auch von Nutzen, alle Stöcke schon vor dem Auftreten der Krankheit,
d.h. vor dem Anfall der Insecten, mit einem schwefligsauren Salz, oder
vielleicht mit einer andern Substanz zu überziehen. Welche die kräftigste,
wohlfeilste und am leichtesten anwendbare ist, müßten die Chemiker erst
ermitteln; sie sollte wohl flüssig seyn. Der Steinkohlentheer scheint mir zu
diesem Zweck sehr beachtenswerth zu seyn.
Die Aloë, ein bewährtes Wurmmittel, ist ebenfalls zu berücksichtigen.
Auch ist anzurathen, Ruß, Asche etc. an den Fuß des Weinstocks zu legen.
Der Tabakrauch, welchen man gegen die Pfirsichblattlaus (aphis persica) anwendet, dürfte auch beim Weinstock gute Dienste
leisten. Zur leichten Anwendung desselben könnte man hie und da zwischen den
Weinstöcken eine Tabakstaude ziehen, die man abschneiden, trocknen und an Ort
und Stelle verbrennen würde.
Andere Pflanzen.
Bezüglich der Krankheit unter Glas gezogener Lattichpflanzen, Melonen und Bohnen,
besitzen wir gegen den Halticus pallicornis nach Milne Edwards gute Mittel im Benzin, Schwefel, Tabak
etc.
Zur Vertilgung der den Aepfelbäumen so schädlichen wolligen Blattlaus (myzoxylus mali, Blot) und der
Pfirsichblattlaus (aphis persica) sind den Gärtnern
die Tabakräucherungen schon als vortrefflich bekannt.
Ob den Pflanzen nicht, wie den Thieren, auch innerliche Mittel gereicht werden
könnten und man sie nicht mit gewissen Auflösungen begießen sollte, die von
ihnen aufgesogen, dann als Gegen- und Schutzmittel gegen die Verheerungen
von Insecten dienen – diese Frage ist noch zu beantworten.
3) Die schädlichen Insecten vertilgende Thiere.
– Es gibt unter den Insecten, in der Ordnung der Netzflügler, eine
Gattung, die Stink- oder Florfliege (Hemerobius), Landjungfer, demoiselle
terrestre. Eine Art derselben, der Läusefresser (H. perla. lion des pucerons), ist der beste Vertilger der Blattläuse
auf Bäumen, wenn man, nach Geoffroy, einige. Larven
derselben auf die davon befallenen Bäume setzt; diese Larven vertilgen täglich
eine große Menge der Blattläuse um so leichter, als dieselben ruhig und
unbeweglich an ihrer Stelle bleiben.
Allerdings läßt sich nicht auf jeden Stock Kartoffeln eine solche Larve setzen.
Es ließe sich aber vielleicht eine Pflanze finden, die dieses Insect liebt, und
von dieser Pflanze brauchte man nur einige Samenkörner in die Kartoffelfelder zu
streuen.
Auch die Ameisen können durch Verzehrung schädlicher Insecten sehr nützlich
werden. Sie sind, nach Cuvier, sehr begierig nach
einer aus den
Körpern der Blattläuse und der Gallinsecten ausschwitzenden zuckerigen
Flüssigkeit; vier bis fünf Species derselben schleppen, namentlich bei
schlechter Jahreszeit, die Blattläuse und selbst deren Eier in ihr Nest
zusammen.
Der Blattlauskäfer (das Herrgottsvögelchen, Coccinella) nährt sich ebenfalls von den Blattläusen und deren
Larven.
Zu erwähnen sind noch die Hummelfliegen, welche ausschließlich davon leben, und
gewisse Wespenarten (crabres und pemphrédons), die ihr Nest damit
versehen.
Auch die Spinnen sind zu berücksichtigen, weil sie unsern Feinden Netze spannen.
Man sollte daher bei der Traubenkrankheit die Schwefelbestreuungen nicht auch
gegen die Spinnen richten.
Endlich sind die insectenfressenden Vögel, und namentlich die Schwalben, in
Schutz zu nehmen. Durch das Abholzen der Wälder verschwinden ohnedieß mehrere
der in dieser Hinsicht so nützlichen Sperlingarten.