Titel: | Ueber den hydraulischen Kalk, die künstlichen Steine und über verschiedene neue Anwendungen der auflöslichen kieselsauren Alkalien; von Hrn. Fr. Kuhlmann. |
Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. CVIII., S. 437 |
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CVIII.
Ueber den hydraulischen Kalk, die künstlichen
Steine und über verschiedene neue Anwendungen der auflöslichen kieselsauren Alkalien;
von Hrn. Fr. Kuhlmann.
Aus den Comptes
rendus, August 1855, Nr. 8.
Kuhlmann, über den hydraulischen Kalk, die künstlichen Steine und
über verschiedene neue Anwendungen der auflöslichen kieselsauren Alkalien.
Dritter Theil.Der erste und zweite Theil wurden S. 288 und 358 in diesem Bande des polytechn. Journals mitgetheilt.A. d. Red.
Fixirung des Kalis in den mit kieselsaurem Kali aufgetragenen
Farben. – Die mit Zusatz von kieselsaurem Kali auf Kalksteine
aufgetragenen Farben können, nachdem sie einige Zeit der Luft ausgesetzt blieben, in
Wasser ganz unauflöslich werden, weil in Folge der Berührung des kohlensauren Kalks
mit dem kieselsauren Kali, letzteres stets zersetzt und in kieselsauren Kalk
umgewandelt wird,Was aber, wie wir bereits bemerkt haben, nicht der Fall ist.A. d. Red. welcher nicht nur den Farbstoff zurückhält, sondern selbst Kohlensäure, nach
neuerlich von Fuchs gegen mich geäußerter Vermuthung;
trägt man aber die Farben auf Körper auf, welche auf das kieselsaure Alkali nicht
reagiren, z.B. auf Holz, Eisen, Glas etc., so muß man die Unauflöslichkeit durch die
Reaction des Farbstoffs auf das kieselsaure Alkali zu erzielen suchen. Hinsichlich
des Holzes läßt sich die Schwierigkeit dadurch heben, daß man vor dem Auftragen der
mit kieselsaurem Alkali gemischten Farbe dasselbe mit einem Ueberzug von Kreide
versieht, welche entweder mit Leim aufgestrichen oder mit sehr wenig kieselsaurem
Alkali fixirt wird.
Aber selbst in dem Falle wo die Zersetzung des kieselsauren Kalis durch den Farbstoff
selbst bewirkt wird, bleibt noch ein großer Uebelstand zu beseitigen; es schwitzt
nämlich bei feuchter Witterung kohlensaures Kali aus, bis dieses Salz vollständig
ausgetrieben ist. Ich habe mich ernstlich bemüht, diesem Uebelstand abzuhelfen; bei den betreffenden
Versuchen fand ich, daß wenn man die mit kieselsaurem Kali aufgetragenen Farben mit
einer schwachen Auflösung von Salmiak wascht, die Farbe dadurch absolut unauflöslich
gemacht werden kann, es bleibt aber Chlorkalium zurück, welches ihren Glanz
schwächt, bis es durch wiederholtes Waschen ausgetrieben worden ist. Als chemische
Agentien welche das Kali fixiren können, indem sie mit demselben in der Farbe selbst
unauflösliche Verbindungen bilden, boten sich die Ueberchlorsäure und die
Kieselflußsäure dar, unter denen bezüglich der technischen Anwendung letztere den
Vorzug verdiente. Ich habe mich durch zahlreiche Versuche überzeugt, daß durch
vorsichtiges Waschen mit Kieselflußsäure die mit
kieselsaurem Kali aufgetragenen Farben sehr befestigt und sogar ganz unauflöslich
gemacht werden können, so daß ich nicht anstehe auf die Brauchbarkeit dieses Körpers
für die neue Malerei und die Vortheile welche er dabei gewährt, hiemit aufmerksam zu
machen; besonders ist die Kieselflußsäure bei der Malerei auf Glas zu empfehlen,
vorausgesetzt daß sie als sehr schwache Auflösung angewendet wird, denn in
concentrirtem Zustande besitzt sie die merkwürdige Eigenschaft die meisten Oxyde
aufzulösen.
Die Farben welche mit kieselsaurem Kali auf Glas gemalt wurden, haben eine gewisse
Halb-Durchsichtigkeit, welche man ihnen zu erhalten suchen muß, die aber
durch Einwirkung des Wassiers allmählich vermindert wird. Ich unterzog solche
gemalte Kirchenfenster dem Sieden im Wasser, ohne daß sich die Farben vom Glase
ablösten; diese Farben waren sogar lebhafter geworden, wenn man sie im reflectirten
Lichte betrachtete; wenn man sie aber nach dieser scheinbaren Verbesserung im
durchgehenden Licht prüfte, so ergab sich daß sie matt geworden waren, was ich dem
Umstand zuschreibe, daß sie in den undurchsichtigen Zustand übergingen, weil sich
ein Theil des kieselerdehaltigen Bindemittels aufgelöst hatte, welches auf diese
Farben gerade so wirkt wie das Oel auf das Papier. Durch vorsichtige Anwendung von
Kieselflußsäure ist man also im Stande den Malereien auf Glas eine gänzliche
Unauflöslichkeit zu ertheilen; aber, ebenso wie die Anwendung von Salmiak,
vermindert dieselbe deren Durchsichtigkeit ein wenig. Vielleicht wird man es
vortheilhaft finden, die Malereien auf Glas welche dem Regen ausgesetzt sind, in
langen Zwischenräumen mit reinem kieselsauren Kali schwach zu firnissen; über diesen
Punkt kann jedoch nur eine lange Erfahrung entscheiden. Derselbe Firniß dürfte bei
den jetzt gebräuchlichen Verfahrungsarten zum Malen auf Glas und auf Porzellan mit
Vortheil die wesentlichen Oele beim Auftragen gewisser Farben ersetzen; letztere
haben nämlich den Nachtheil, gewisse Farben durch Reduction der Oxyde oder der färbenden Salze
zu verändern, was das kieselsaure Kali nicht thut.
Behandlung der Steine mit Kieselflußsäure. –
Obgleich ich statt kieselsauren Natrons die Steine zur Vermeidung der Auswitterungen
nur noch mit kieselsaurem Kali tränkte, so blieb ich doch beständig in Besorgniß
hinsichtlich der Uebelstände, welche nach mehr oder weniger langer Zeit das in den
aufgetragenen Farben und den verkieselten Steinen vorhandene Kali oder kohlensaure
Kali veranlassen dürfte. In verkieselten Steinen, welche ich seit 1841 aufbewahrt
hatte, fand keine Salpeterbildung statt, was mich persönlich über diesen Punkt ganz
beruhigte. Da aber jene Besorgniß von vielen Chemikern getheilt wurde und auf mir
eine große moralische Verantwortlichkeit lastete, seitdem der Kriegsminister
Marschall Vaillant die Anwendung der Verkieselung bei
mehreren großen öffentlichen Bauten verordnet, und der Minister des Innern ihre
Benutzung bei den neuen Arbeiten des Louvre empfohlen hatte, so richtete ich alle
meine Anstrengungen auf die Fixirung oder Ausscheidung des Kalis.
Die Methode wornach ich früher das Kali in den aufgetragenen Farben fixirte, wandte
ich nun auf die Verkieselung der Kalksteine an, was wenigstens in dem Falle zu
empfehlen seyn dürfte, wo man ein zu alkalisches Silicat benutzt hat. Nachdem die
Erhärtung der weichen und porösen Kalksteine durch ihre theilweise Umwandlung in
kieselsauren Kalk statt gefunden hat, mache ich das Kali welches von diesen Steinen
nach ihrem Waschen noch zurückgehalten wird, dadurch unauflöslich, daß ich sie
anfangs mit einer sehr schwachen Auflösung von Kieselflußsäure tränke, welche dann
stufenweise stärker angewendet werden kann; die Kieselflußsäure dringt in den Stein
und bildet mit dem Kali die bekannte unauflösliche Verbindung.
Wenn sich auch bei den Mauern der Gebäude in Folge ihrer oberflächlichen Tränkung mit
kieselsaurem Kali mit der Zeit keine Salpeterbildung einstellen kann, wegen der
Dichtigkeit welche der Stein erlangt, und weil er für die Luft und die
amoniakalischen Ausdünstungen undurchdringlich geworden ist, so dürften die Mauern
durch jene Behandlung doch hygroskopische Eigenschaften erlangen welche die
Wohnungen ungesund machen können; diese Folgen lassen sich aber beseitigen durch
nachherige Anwendung von Kieselflußsäure in angegebener Weise.
Es fragte sich nun, ob die Kalksteine nicht durch bloße Behandlung mit
Kieselflußsäure (ohne vorhergehendes Imprägniren mit kieselsaurem Kali) härter
gemacht werden können? – Wenn man die Kieselflußsäure mit Kalk zusammenbringt, so kann
sie von demselben eine gewisse Menge auflösen, ohne daß unmittelbar Fluorcalcium
gefällt und ohne daß Kieselerde abgeschieden wird; nachdem aber ein gewisser
Sättigungspunkt eingetreten ist, zersetzt jeder neue Zusatz von Kalk die
Kieselflußsäure gänzlich, so daß keine Spur von ihren Bestandtheilen in der
Flüssigkeit zurückbleibt. Wenn man den Aetzkalk durch kohlensauren Kalk ersetzt, so
bekommt man, wie ich gefunden habe, dieselben Resultate. Das Silicium und Fluor,
indem sie in den Kalkstein eindringen, ertheilen demselben eine größere Härte,
freilich etwas langsamer als wenn man bloß kieselsaures
Kali anwendet. Indem man die Kalksteine lediglich mit Kieselflußsäure behandelt (der
Verfasser nennt diese Operation fluosilicatisation),
kann man also hinsichtlich späterer Reactionen (Auswitterungen) ganz beruhigt
seyn.
Bei der ersten Berührung mit den Kalksteinen wirkt die Kieselflußsäure etwas ätzend;
damit man daher bei Bildhauerarbeiten keine Benachtheiligung zu befürchten hat,
sättige ich die Säure zum Theil durch Zusatz von Kreide, indem ich an dem Punkt
innehalte wo ein Niederschlag zu entstehen beginnt. Man darf diese Sättigung jedoch
nicht lange Zeit vor der Anwendung der Flüssigkeit vornehmen, weil sich aus der so
gesättigten Flüssigkeit nach und nach ein Theil der wirksamen Bestandtheile
niederschlägt.
Auf den Gyps wirkt die Kieselflußsäure fast augenblicklich und durch bloße Berührung
in der Kälte; die Oberfläche des Gypses wird merklich hart; wenn man aber den Gyps
reichlich mit Kieselflußsäure tränkt, so überzieht er sich bald mir runzeligen
Wärzchen, weil sich eine gewisse Menge doppelt-schwefelsaurer Kalk
bildete.
Im letzten Theil dieser Abhandlung werbe ich meine Erfahrungen über die besten
Darstellungsmethoden des kieselsauren Kalis und Natrons, sowohl auf trockenem als
auf nassem Wege, sowie über die technische Bereitung der Kieselflußsäure mittheilen.
In meiner chemischen Fabrik wird das kieselsaure Kali bereits im Großen so
ökonomisch dargestellt, daß jeder Architekt bald im Stande seyn wird die
Verkieselung zu einem Preise zu bewerkstelligen, welcher einen Franc per Quadratmeter Oberfläche nicht übersteigt.