Titel: | Ueber die Elasticität und Festigkeit des Gußeisens; von den HHrn. Collet-Meygret und Desplaces. |
Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. CIII., S. 411 |
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CIII.
Ueber die Elasticität und Festigkeit des
Gußeisens; von den HHrn. Collet-Meygret und Desplaces.
Aus dem Civilingenieur, 1855, Bd. II S.
122.
Collet-Meygret und Desplaces, über die Elasticität und
Festigkeit des Gußeisens.
In derselben Abhandlung, aus welcher vorstehende Notiz über den Einfluß der
Temperatur auf gußeiserne Brücken enthalten ist, findet sich die Berechnung
durchgeführt, welche Einbiegung diese Brücke hätte annehmen müssen unter den zur
Probe aufgebrachten Belastungen, wenn der Elasticitätsmodulus des Gußeisens
E = 12000000000
betrüge, wie er gewöhnlich angenommen wird. Der Umstand, daß
die wirklich beobachteten Einbiegungen ungefähr doppelt so groß waren, führte
darauf, daß E nur halb so groß seyn könne, und hatte
ausführliche Festigkeitsversuche zur Folge, welche diesen Umstand aufklären
sollten.
Diese Versuche zeigten aufs Deutlichste, daß die Bruchfestigkeit in einer gewissen
Abhängigkeit vom Querschnitt des der Festigkeitsprobe unterworfenen Prismas stand;
je größer der Querschnitt war, um so geringer war der Widerstand gegen das
Zerbrechen, wie es auch nachstehende aus Morin's
léçons de mécanique practique, 4
part. entnommene und durch die neuen Versuche
ergänzte Tabelle beweist:
Textabbildung Bd. 137, S. 412
Experimentatoren; Ursprung des
Eisens; Länge des Stabes; Querschnitt; Breite; Stärke; Bruchfestigkeit. R.;
Hodgkinson; deßgl.; Neue Versuche; Morris Stirling; Hosking(Stephenson);
Blaenavon; Torteron; Tamaris; gemischtes Eisen; 16 verschied Eisensorten; a);
b); c); d); e); f); g); h); i); j); k)
a) Der Stab liegt an beiden Enden
auf.
b) Deßgleichen.
c) Der Stab ist an einem Ende
festgehalten. Ganze Länge = 0,455 Meter.
d) Deßgleichen.
e)f) g) h) i) Der Stab liegt an
beiden Enden auf.
k) Der Stab ist an einem Ende
eingemauert.
Die bedeutenden Abweichungen der Werthe von R wollen die
französischen Ingenieurs weniger von der Verschiedenheit der angewendeten
Eisensorten als von dem ungleichen Verhältniß der Oberfläche zum ganzen Querschnitte
ableiten, indem bei starken Prismen der Einfluß der festeren Oberfläche zu der
Gesammtmasse geringer ist als bei schwächeren Barren.
Eine analoge Abnahme bei zunehmendem Querschnitt der Barren wurde auch in Bezug auf
den Elasticitätsmodulus E beobachtet; auch zeigte sich,
daß dieselben Eisenbarren verschiedene Werthe von E
gaben, je nachdem sie bei der Biegung auf der hohen Kante standen oder flach lagen,
und je nachdem die Belastung im Mittel oder am Ende erfolgte. Verglichen mit den von
Morin citirten Versuchen erhält man Folgendes:
Textabbildung Bd. 137, S. 413
Beobachter; Ursprung des Gußeisens;
Beobachtungsmethode; Länge des Stabes; Querschnitt; Breite; Stärke;
Elasticitätscoefficient; Hodkinson; deßgl.; Neue Versuche in Arles, ausgeführt
1853; Mittel der Versuche in Tarascon 1852; Hosking (Stephenson); Versuche in
Tarascon 1852; Versuche in Arles 1852; Blaenavon; Fourchambault; Torteron;
Tamaris; 16 verschied. Eisensorten; Gezogen in der Länge; In der Länge
zusammengedrückt; Auf zwei Stützen, aber an den Enden belastet; An einem Ende
eingemauert; Auf zwei Stützen in Mittel belastet; Meter
Die Tabelle zeigt allerdings außerordentlich große Differenzen, namentlich weicht der
dritte Versuch sehr von dem zweiten ab; wenn man indessen bedenkt, daß von Hodgkinson bei Stäben von 15 Millimeter Stärke E = 12000000000 gefunden und dieser Werth durch die
Versuche von Hodgkinson mit Stäben von 25,4 Millimeter
Stärke bis auf 8084000000 reducirt worden ist, so ist es nicht unbegreiflich, daß
bei den viel stärkeren Dimensionen, welche die bei den Versuchen zu Arles
angewendeten Stäbe hatten, noch ein niedrigerer Elasticitätsmodulus resultiren
konnte.
Man müßte zur Erklärung dieser Erscheinung wiederum annehmen, daß die äußere Schale
einen größeren Werth von E als der innere Kern der
Gußeisenstücke besitze; alsdann folgt, daß von zwei ähnlichen Gußeisenstäben
derjenige mit dem größeren Querschnitte den geringeren Werth von E geben wird, daß zweitens ein und dasselbe Stück, in
gleicher Weise belastet und befestigt, verschiedene Werthe von E geben wird, wenn es in verschiedenen Lagen befindlich
ist, bei denen das Trägheitsmoment der innern Masse zu demjenigen der Schale ein
verschiedenes ist, und endlich, daß man bei denselben Barren einen um so niedrigeren
Werth für E erhalten muß, ein je größerer Theil des
Umfangs bei der gewählten Art der Verbindung und des Belastens frei bleibt.
Die Autoren sind der Meinung, daß man annähernd annehmen könne, daß die äußere Schale
5 Millimeter stark sey und daß man daher für dieselbe die entsprechenden Werthe von
R und E durch
Beobachtungen an 10 Millimeter starken, an beiden Enden eingemauerten Stäben
ermitteln könne, daß man dagegen die entsprechenden Werthe r und e für den Kern aus Beobachtungen über
die Compressibilität an sehr starken Barren ableiten müsse, und ziehen aus ihren
eigenen Beobachtungen die Werthe:
R > 40000000,
E > 12000000000 für die äußere Schale,
r < 20000000,
e < 3000000000 für den
inneren Kern.
Bei Brückenconstructionen, wo in der Regel die innere Masse vorherrschen wird, dürfe
man daher E nicht größer als 6000000000 und R nicht größer als 30000000 annehmen.