Titel: | Ueber den Einfluß des Schwefels auf die Beschaffenheit des Eisens, und über das Vermögen des Phosphors, diesen Einfluß zum Theil aufzuheben; von Hrn. Janoyer, Director der Hohöfen der Orme-Hütte (Loire). |
Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. LXXVI., S. 293 |
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LXXVI.
Ueber den Einfluß des Schwefels auf die
Beschaffenheit des Eisens, und über das Vermögen des Phosphors, diesen Einfluß zum Theil
aufzuheben; von Hrn. Janoyer, Director der Hohöfen der
Orme-Hütte (Loire).
Nach den Annales des mines, t. VI, 5e sér., pag. 149 durch das polytechnische Centralblatt, 1855, Lief. 13.
Janoyer, über den Einfluß des Schwefels auf die Beschaffenheit des
Eisens.
Der Verfasser berichtet in seiner Abhandlung zunächst über von ihm angestellte
Versuche, welche beweisen, daß der Schwefelgehalt des Eisens, welcher bekanntlich,
selbst wenn er nur sehr gering ist, dasselbe rothbrüchig macht, in soweit er nicht
aus den Erzen selbst herrührt, hauptsächlich bei dem Verschmelzen der Erze im
Hohofen mit schwefelhaltigem Kies, nicht beim Puddeln des Eisens, wenn dabei auch
schwefelhaltige Steinkohle verwendet wird, in das Eisen gelangt. Ein sehr reiner,
namentlich ganz schwefelfreier Rotheisenstein von Privas wurde in einem Hohofen der
Orme-Hütte eine Zeit lang mit Kohks, welche 0,28 Proc. Schwefel enthielten,
und eine Zeit lang mit Holzkohle verschmolzen, und das in beiden Fällen erhaltene
Roheisen gepuddelt, wobei eine und dieselbe Steinkohle als Brennmaterial angewendet
wurde. Das im ersteren Falle erhaltene Stabeisen war ziemlich stark rothbrüchig, das
im letztern Falle erhaltene dagegen durchaus nicht rothbrüchig und von ganz
vorzüglicher Beschaffenheit. Man kann demnach annehmen, daß die schweflige Säure,
welche in den Puddel- und Schweißöfen beim Verbrennen der Steinkohlen
entsteht, keinen merklich nachtheiligen Einfluß auf das Eisen ausübt, während
andererseits der schädliche Einfluß schwefelhaltiger Kohks beim Verschmelzen des
Erzes durch diese Versuche entschieden dargethan wird.
Durch Verschmelzen eines Gemenges von einem reinen thonigen Eisenerz und einem
phosphorhaltigen Erz mit denselben schwefelhaltigen Kohks, und überhaupt unter sonst
unveränderten Umständen, und Puddeln des Products unter ebenfalls denselben
Umständen und mit derselben Steinkohle wie früher, erhielt der Verfasser ein
Stabeisen von ganz anderem Verhalten, wie das aus dem (nicht phosphorhaltigen) Erz
von Privas durch Verschmelzen mit Kohks dargestellte. Ersteres war hart, und eine
Stange davon zerbrach, als beim Biegen derselben in der Kälte ihre Enden bis auf
0,14 Meter einander genähert waren; in der Hitze dagegen zeigte sich dieses Eisen
nicht brüchig. Letzteres war weich und in der Kälte nicht brüchig, denn eine Stange
davon von derselben (nicht näher angegebenen) Länge wie vorhin zeigte nicht den
mindesten Bruch an der Biegungsstelle, als ihre Enden sich bis auf 0,005 Meter
genähert wurden, aber in der Hitze zerbrach es und zeigte nicht die geringste
Zähigkeit. Das harte Eisen, obgleich in der Kälte nicht so gut wie das weiche, wurde
doch diesem im Allgemeinen vorgezogen, da es viel leichter in der Hitze zu
verarbeiten war.
Durch diese Umstände veranlaßt, stellte der Verfasser besondere Schmelzversuche an,
bei denen er absichtlich Phosphor in das Eisen brachte, indem ein thoniger
Brauneisenstein von Villebois, welcher nach Berthier 0,2
Procent Phosphorsäure enthält, der Beschickung zugesetzt wurde. Die Beschickung
wurde hierbei so gemacht, daß auf 240 Kilogr. Roheisen, welche sie lieferte, 0,106
Kilogr. Phosphor in die Beschickung gebracht wurden, was ein Roheisen von 0,045
Procent Phosphorgehalt gab. Aus diesem Roheisen wurde durch Puddeln in gleicher
Weise und mit derselben Steinkohle wie früher Stabeisen von viel besserer Qualität
erhalten, als das bisher gewonnene. Ohne an Zähigkeit in der Kälte verloren zu
haben, war es nicht mehr merklich rothbrüchig. Als ein Stück von diesem Eisen und
ein gleiches Stück von dem Stabeisen, welches aus nicht phosphorhaltigem Erz durch
Verschmelzen mit denselben schwefelhaltigen Kohks gewonnen war, auf gleiche Weise in
der Hitze bearbeitet wurden, erhielt das letztere an allen Biegungen Brüche, während
das erstere vollkommen widerstand. Der Verfasser schließt demnach aus diesen
Versuchen, daß ein geringer Phosphorgehalt des Eisens die nachtheilige Wirkung des
Schwefels in demselben bis zu einem gewissen Grade aufhebt. Durch derartige
Wirkungen dürfte auch zum Theil die bekannte Erfahrung zu erklären seyn, daß es für
die Qualität sowohl des Guß- als des Stabeisens günstig ist, wenn als
Material für ihre Erzeugung Erze verschiedener Art verwendet werden.
Nach diesen Beobachtungen stellte der Verfasser weitere Versuche an, um zu ermitteln,
in welcher Weise der Phosphor die besagte Wirkung ausübt. Er schmolz in Tiegeln im
Schmiedefeuer 1) 3 1/2 Grm. gutes graues sehr graphitreiches Gußeisen mit 0,14 Grm.
Schwefelkies, und 2) 3 1/2 Grm. desselben Gußeisens mit 0,14 Grm Schwefelkies, 0,14
Grm. Knochenerde und 0,09 Grm. weißem feuerfesten Thon. In beiden Fällen wurde also
gleich viel Schwefel angewendet, im letzteren Falle aber außerdem Phosphor in das
Eisen gebracht, denn die Knochenerde mußte beim Schmelzen durch die Kieselsäure des
Thons und den Kohlenstoff des Eisens unter Bildung von Phosphoreisen zersetzt
werden. Die Versuche ergaben zwei vollkommen geschmolzene Metallkörner, die auf dem
Bruche ganz weiß waren.
Das Korn von dem Versuche 1) zeigte unter dem Hammer eine ziemliche Dehnbarkeit und
war sehr schwer zu pulverisiren, da die Theile sich dabei zu kleinen Blättchen
ausplatteten; das von 2) war dagegen durchaus nicht dehnbar, sondern sehr spröde und
leicht zu pulverisiren. Eine Analyse ergab in dem ersteren Korne einen
Schwefelgehalt von 1,714, in dem letzteren einen solchen von 1,486 Proc.; der
Schwefelgehalt im letzteren war also um 0,228 Proc. geringer. Bei zwei anderen
gleichen Versuchen mit einer anderen Sorte von grauem Gußeisen erhielt man durch
Schmelzen desselben mit Schwefelkies allein ein Korn von 1,240 Proc., durch
Schmelzen desselben mit Schwefelkies und Knochenerde ein Korn von 1,105 Procent
Schwefelgehalt. Hier war also der Schwefelgehalt in dem mit Zusatz von Knochenerde
geschmolzenen Korne um 0,135 Procent geringer. Die Gegenwart von Phosphor scheint
also entschieden auf die Austreibung von Schwefel hinzuwirken. Um zu ermitteln, ob
dieß etwa auf die Weise geschehe, daß der Phosphor sich mit einem Theile des
Schwefels zu flüchtigem Schwefelphosphor verbinde, schmolz der Verfasser zwei
gleiche Portionen desselben Gußeisens einmal mit Knochenerde und Thon allein, ein
anderesmal mit derselben Menge von Knochenerde und Thon mit Zusatz von Schwefelkies.
Im ersteren Falle wurde ein höchst sprödes, in letzterem Falle ein etwas dehnbares
Korn erhalten. In beiden Körnern wurde der Phosphorgehalt bestimmt, dabei aber in
dem ersteren nicht mehr, sondern im Gegentheil noch etwas weniger Phosphor gefunden
wie im letzteren. Dieß spricht nicht für die Bildung von Schwefelphosphor, denn wenn
diese stattfände, hätte in dem letzteren Korne weniger Phosphor gefunden werden
müssen.
Der Verfasser kam nun, veranlaßt durch den Bergwerks-Ingenieur Gruner, auf die Idee, daß bei der Verringerung des
Schwefelgehalts durch die Gegenwart von Phosphor vielleicht der Kohlenstoff des
Gußeisens eine Rolle spielen möge, und zwar auf die Weise, daß der Phosphor, sich
mit dem Eisen verbindend, Kohlenstoff frei mache, und dieser dann mit Schwefel
Schwefelkohlenstoff bilde, abgesehen von derjenigen Schwefelkohlenstoffbildung,
welche schon ohne die Gegenwart von Phosphor stattfinde. Um diese Vermuthung zu
prüfen, schmolz der Verfasser 1) 10 Grm. sehr feinen, in ganz kleine Stücke
zerschnittenen Eisendraht mit 0,2 Grm. Schwefelkies, 2) 10 Grm. desselben
Eisendrahts mit 0,2 Grm. Schwefelkies und 0,2 Grm. Knochenerde. In den dabei
erhaltenen wohlgeflossenen Metallkörnern wurde der Schwefelgehalt bestimmt. Das Korn
von dem Versuche 1) ergab einen Schwefelgehalt von 0,995 Proc., das von dem Versuche
2) einen solchen von 1,005 Procent. Die Differenz zwischen beiden Zahlen beträgt nur
0,01 Procent, was offenbar keine wesentliche Verschiedenheit ist. Der Schwefelgehalt war
also in diesem Falle, wo Eisendraht genommen wurde, gleich, mochte Phosphor zugegen
gewesen seyn oder nicht, während er bei Gußeisen, wenn Phosphor zugegen war,
constant geringer ausfiel. Diese Verschiedenheit kann nur in dem verschiedenen
Kohlenstoffgehalte beider Eisensorten seinen Grund haben, und der Verfasser hält es
hiernach für ausgemacht, daß der Phosphor bei der Verringerung des Schwefelgehalts
im Gußeisen auf die angeführte indirecte Weise, nämlich durch Beförderung der
Bildung von Schwefelkohlenstoff, wirke.
Aus dieser Wirkungsweise des Phosphors erklärt sich auch zum Theil die Erscheinung,
daß man aus phosphorreichen Erzen im Hohofen so leicht weißes Roheisen erhält,
selbst bei hitzigem Gange und wenn die Schlacken eine vollständige Reduction
andeuten. Man hat dieselbe bisher dadurch erklärt, daß der Phosphor die Beschickung
zu leicht schmelzbar mache und dadurch der Bildung grauen Roheisens entgegen wirke.
Dieß ist auch richtig, allein zum Theil scheint die Ursache jener Erscheinung auch
in der Verringerung des Kohlenstoffgehalts, welche durch den Phosphor hervorgebracht
wird, zu liegen. Läge die Ursache bloß in der Leichtschmelzbarkeit, so müßten die
Schlacken oft eisenhaltig seyn, was nicht der Fall ist.
Nach Karsten behält das phosphorhaltige Eisen besser die
Hitze, kommt schneller ins Weißglühen, und vertheilt die Wärme gleichmäßig in seiner
ganzen Masse, während das schwefelhaltige, also rothbrüchige Eisen rasch und wenig
gleichmäßig erkaltet. Eine geschmiedete Eisenstange in diesem Zustande ist nicht
homogen und bricht sehr leicht. Diese Angabe, verbunden mit der Thatsache, daß der
Phosphor auf die Verringerung des Schwefelgehalts hinwirkt, zeigt, daß die Gegenwart
dieses Elements in der Beschickung des Hohofens in gewissen Fällen günstig wirken
kann. Ein zu großer Gehalt an Phosphor in der Beschickung ist aber natürlich zu
vermeiden, da das zu phosphorhaltige Eisen in der Kälte brüchig und von geringer
Festigkeit ist. Ist man also darauf hingewiesen, eine phosphorhaltige Beschickung zu
machen, so muß man sich auf den kleinsten Phosphorgehalt, durch welchen der Zweck
erreicht werden kann, beschränken, und denselben durch Analysen und Schmelzversuche
zu bestimmen suchen. Nach Karsten ist der höchste
Phosphorgehalt in gutem Schmiedeisen 0,3 Proc.; wird dieser überschritten, so
verliert das Eisen seine Zähigkeit in der Kälte und widersteht nicht mehr dem
Schlage.
Das sehr phosphorhaltige, sehr kaltbrüchige Eisen hat gewöhnlich einen körnigen Bruch
mit glänzenden Facetten und zeigt keine faserige Structur. Man nimmt es für
gewisse Verwendungen, u.a. zu Nägeln, lieber, als das weiche, etwas rothbrüchige
Eisen, da es sich sehr leicht schmieden läßt. Man darf aber nicht glauben, daß jedes
kaltbrüchige, auf dem Bruche Facetten zeigende Eisen in der Hitze gut ist, denn z.B.
mit Silicium überladenes Eisen ist in der Hitze und in der Kälte brüchig.
Der Verfasser hat bei allen Versuchen, welche er am Hohofen anstellte, um den
Uebergang von Phosphor in das Roheisen zu befördern, ohne jedoch dessen Qualität zu
beeinträchtigen, gefunden, daß der Gang des Ofens bei einer Beschickung, die gleiche
Theile Thon und kohlensauren Kalk enthält, am besten ist. Die dabei entstehende
Schlacke, in welcher das Verhältniß zwischen dem Sauerstoffgehalte der Basen und dem
der Kieselsäure nahezu = 7 : 10 ist, ist nicht zu kieselig und kann folglich nicht
durch Begünstigung der Reduction von Silicium nachtheilig auf das Product wirken,
ist aber andererseits auch nicht zu reich an Basen, wodurch die Reduction des
Phosphors und der Uebergang desselben in das Roheisen verhindert werden könnte.
Zu einer Angabe von Stengel (Annales des mines, T. X., 3e série), daß ein Gehalt an Kupfer
hauptsächlich die Ursache von Rothbrüchigkeit des Eisens sey, bemerkt der Verfasser,
daß es bekannt sey, daß ein geringer Kupfergehalt das Eisen nicht schweißbar und
sehr stark rothbrüchig mache, daß aber das Kupfer selten im Eisen vorkomme, und die
Rothbrüchigkeit entschieden in den meisten Fällen von einem Schwefelgehalte
herrühre.