Titel: | Ueber eine Methode, um die im Handel vorkommende Orseille auf ihre Reinheit und ihren Werth beim Färben zu prüfen; von F. Leeshing. |
Fundstelle: | Band 137, Jahrgang 1855, Nr. XL., S. 142 |
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XL.
Ueber eine Methode, um die im Handel vorkommende
Orseille auf ihre Reinheit und ihren Werth beim Färben zu prüfen; von F. Leeshing.
Aus der Chemical
Gazette, Juni 1855, S. 219.
Leeshing, über eine Methode, um die im Handel vorkommende Orseille
auf ihre Reinheit und ihren Werth beim Färben zu prüfen.
Die Verfälschung der im Handel vorkommenden flüssigen Orseille mit wohlfeilem
Artikeln, insbesondere mit Blauholz-Extract, ist nicht nur ausführbar,
sondern wird wirklich vorgenommen, wovon ich mich durch Untersuchung von Orseille,
die zu verschiedenen Zeiten in bedeutender Quantität gekauft worden war, überzeugen
konnte.
Die erste Prüfungsmethode, welche sich dem praktischen Färber in diesem Falle
darbietet, bestünde darin, einen Kattunstreifen, welcher für Krapproth oder
Krappbraun gebeizt ist, mit der verdächtigen Orseille zu färben, da man annimmt, daß
in diesem Falle nur das Blauholz-Extract, wenn solches beigemischt ist, sich
auf der Beize fixirt. Bei dieser Probe könnte man sich jedoch täuschen, weil die
Orseille selbst sich in gewissem Grade mit der Beize verbindet, besonders wenn sie
etwas concentrirt angewendet wird, und weil überdieß der Erfolg beim Färben von dem
mehr oder weniger sauren oder alkalischen Zustand der Orseille und anderen Ursachen
abhängt.
Ist die Orseille in beträchtlichem Verhältniß mit Blauholz-Extract gemischt,
so läßt sich dieß leicht erkennen, wenn man etwas Alaun oder Zinnsalz (Zinnchlorür)
zusetzt und die entstandene Nüance mit derjenigen vergleicht, welche eine reine
Orseille bei gleicher Behandlung liefert. Diese Reactionen sind jedoch nicht der
Art, daß sie einen entscheidenden Beweis liefern; man kann sie daher nur in
Verbindung mit dem nun zu beschreibenden Verfahren anwenden, welches den Vortheil
darbietet, nicht nur kleine Quantitäten von Blauholz, sondern auch von anderen
Farbholz-Extracten anzuzeigen.
Wenn man 50 Tropfen reine Orseille (Extract), mit 3 Unzen Wasser verdünnt, in eine
Flasche gibt, dann die Flüssigkeit mittelst Essigsäure schwach sauer macht, hernach
50 Tropfen einer frisch bereiteten Zinnchlorürlösung (1 Theil krystallisirtes
Zinnsalz in 2 Theilen Wasser aufgelöst) zusetzt, und die Flasche auf einem Sandbad
erwärmt, so wird sich die Flüssigkeit, nachdem sie den Siedepunkt erreicht hat,
sogleich fast ganz entfärben, indem sie dann bloß noch eine blasse gelbliche Nuance
zeigt, und einen Niederschlag von derselben Farbe absetzt.
Ein Tropfen Blauholz-Extract, in 3 Unzen Wasser aufgelöst, in gleicher Weise
behandelt, liefert eine deutliche violette Nuance, welche selbst nach mehrstündigem
Kochen unverändert bleibt.
Obgleich nun dieses Blauholz-Violett sich etwas modificirt, wenn es mit einem
großen Verhältniß von Orseille gemischt ist, so fand ich es dennoch leicht
erkennbar, wenn der Orseille nur 3 bis 4 Procent Blauholz-Extract von 3
1/2° Baumé zugesetzt worden sind, indem dieses der gekochten
Flüssigkeit eine bleibende grauliche Färbung ertheilt. Bestünde die Verfälschung in
Limaholz- oder Sapanholz-Extract, so würde die gekochte Flüssigkeit
eine rothe Nuance behalten.
Durch Wehen in Berührung mit der Luft, und durch Zusatz von Alkali, wird Hie Farbe
der Orseille allmählich wieder hergestellt; während so der Farbstoff der Orseille
durch eine saure Zinnsalzlösung reducirt und entfärbt, dann durch Zusatz von Alkali
und Luftzutritt wieder hergestellt wird, fand ich, daß im Gegentheil der Farbstoff
des Blauholzes bloß durch eine alkalische Zinnlösung reducirt und durch einen Zusatz
von Säure wieder hergestellt wird.
Hinsichtlich der Bestimmung des relativen Betrags von Farbstoff in verschiedenen
Mustern von Orseille (nachdem man sich überzeugt hat, daß dieselben kein
Farbholz-Extract beigemischt enthalten) wird es kaum nöthig seyn zu bemerken,
daß sich zu diesem Zweck weder die desoxydirende Eigenschaft des Zinnchlorürs, noch
das Bleichvermögen des Chlorkalks benutzen läßt, nämlich wegen der mannichfaltigen
Ingredienzien welche bei der Orseille-Fabrication angewandt werden.
Ich habe jedoch noch eine Thatsache zu erwähnen, welche für sich schon ein solches
Verfahren ganz trügerisch machen würde. Die Fabrikanten unterscheiden häufig
zwischen einer „blauen“ und einer „rothen“
Orseille, und man sollte glauben, daß diese verschiedene Farbe bloß durch einen
größern Alkaligehalt der erstem Orseille veranlaßt seyn kann. Dieß ist jedoch nicht
der Fall, denn die rothe Orseille (wie ich solche zur Untersuchung bekam) ließ sich
durch einen weitern Zusatz von Alkali keineswegs in die blaue umwandeln. Als ich
ferner eine reine blaue Orseille und eine rothe Orseille mit gleichen Quantitäten
Essigsäure ansäuerte und jede besonders zum Färben einer gewissen Menge Wolle
anwandte, lieferte letztere ein mattes Bläulichroth, wogegen erstere ein
Scharlachroth gab, während gerade das Umgekehrte zu erwarten war. Da ich mit dem
Verfahren, wornach gegenwärtig diese zwei Orseillesorten bereitet werden, nicht
bekannt bin, so begnüge ich mich anzuführen, daß sich der blauen Orseille alle
Eigenschaften der rothen dadurch ertheilen lassen, daß man jene mit einer kleinen
Menge rothen eisenblausauren Kalis versetzt; höchst wahrscheinlich machen
auch einige Orseille-Fabrikanten einen solchen Zusatz.
Das zugesetzte rothe eisenblausaure Kali ist bei der beschriebenen Prüfungsmethode
auf Farbholz-Extracte ohne allen Einfluß; und um verschiedene Orseillemuster
auf ihr relatives Farbevermögen zu prüfen, wendet man am besten den Colorimeter an,
oder überhaupt Glasflaschen, welche sich zur Vergleichung von Flüssigkeiten
verschiedener Farbentiefe eignen. Wir verdünnen also gleiche Maaßtheile der zu
untersuchenden Proben mit gleichen Maaßtheilen Wasser und versehen jede derselben
mit wenigen Tropfen Alkali, um die Nuancen gleichartig zu machen (wird dieß durch
Alkali nicht bewirkt, so versetzt man die blaueren Nuancen mit ein wenig rothem
Blutlaugensalz). Wir vergleichen die Farbentiefe, und der relative Gehalt der
verschiedenen Muster ergibt sich aus dem Betrag unverdünnter Orseille, welchen man
zusetzen muß um Nüancen von gleicher Intensität zu erhalten. Nach dieser
colorimetrischen Prüfung kann man eine Gegenprobe in der Art machen, daß man die
Muster von (flüssiger) Orseille (nach der Neutralisation mit Essigsäure) in den
gefundenen Verhältnissen anwendet um gleiche Quantäten Wolle zu färben, welche man
nach dem Färben durch Kalkwasser passirt, um die Nüancen so gleichartig als möglich
zu machen.
Busby, bei Glasgow, am 14. Mai 1855.