Titel: | Ueber ein continuirliches Handgebläse neuer Construction; von Prof. Dr. August Vogel jun. in München. |
Autor: | Prof. Dr. August Vogel [GND] |
Fundstelle: | Band 136, Jahrgang 1855, Nr. XI., S. 47 |
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XI.
Ueber ein continuirliches Handgebläse neuer
Construction; von Prof. Dr. August
Vogel
jun. in München.
Mit einer Abbildung.
Vogel, über ein continuirliches Handgebläse neuer
Construction.
Zur Hervorbringung hoher Temperaturen, welche zu chemischen Zwecken sehr oft nöthig
sind, bedient man sich gewöhnlich des Essenfeuers. Die Vorrichtung dazu ist indessen
nicht in allen Laboratorien vorhanden und bietet überdieß in kleineren Anstalten, in
Privatlaboratorien, wo man nicht selten um Raum verlegen ist, große
Unbequemlichkeiten dar. Außerdem ist die Esse, wenn es sich um Schmelzungen in
kleinerem Maaßstabe handelt, stets mit Verlusten an Feuerungsmaterial verbunden.
Diese Umstände haben mich, da ich bei meinen Arbeiten sehr häufig einer mehrere
Stunden anhaltenden Weißglühhitze bedurfte, veranlaßt, eine Vorrichtung zu construiren,
welche seit längerer Zeit schon sich mir bei pyrochemischen Arbeiten vollkommen
entsprechend erwiesen, und daher zu einer weiteren Verbreitung empfohlen werden
darf.
Ein großer Nachtheil des gewöhnlichen Handblasebalges besteht darin, daß beim
Aufziehen desselben nothwendig der Luftstrom unterbrochen wird und deßhalb kein
fortwährendes Blasen erzielt werden kann. Durch Anwendung zweier getrennten
Blasebälge könnte allerdings diesem Uebelstande vorgebeugt werden; indeß gehört,
abgesehen davon, daß stets zwei Personen nothwendig sind, eine bedeutende Uebung
dazu, um einen unausgesetzten, regelmäßigen Luftstrom herzustellen. Ich habe zu dem
Ende einen Blasebalg construirt, welcher als Combination von zwei einzelnen zu
betrachten ist. Aus der beigedruckten Skizze ergibt sich die Verbindung beider in
der Art, daß während man aus dem einen den Wind auspreßt, sich der andere wieder
füllt, indem die beiden beweglichen Holzböden a, a'
durch den ausgeschlitzten Eisenbogen b fest verbunden
sind. Dieß setzt einen abermaligen Ventilapparat c
voraus, der im entgegengesetzten Sinne zu den ansaugenden Ventilen spielt und von
beiden Bälgen den Wind in das gemeinschaftliche Ausströmungsrohr d fördert, welches in das starke Mittelbrett, das die
beiden Bälge trennt, versenkt ist.
Textabbildung Bd. 136, S. 47
Beim Gebrauche ist die Handhabe e, eine Verlängerung des
Mittelbrettes, in ein festes Gestell n geschoben oder
wird in der linken Hand gehalten, während die rechte das Spiel der Bälge verrichtet,
wodurch es dann leicht ermöglicht wird, den Luftstrom in beliebiger Richtung auf die
Schmelzprobe wirken zu lassen.
Als Feuerungsraum dient ein gewöhnlicher runder Thonofen von 7 Zoll Durchmesser, wie
sie im Handel für chemische Arbeiten vorkommen, der auf einem niedrigen Gestell von
beiläufig 2 1/2 Fuß auf Backsteinen festgestellt ist.
Bezüglich der Effecte, welche mit dieser Vorrichtung erreicht worden sind, erwähne
ich unter vielen nur folgenden Belegversuch.
3/4 Pfd. Kupfer erforderten zum vollkommenen grünen Flusse
22 Unzen Holzkohlen,
21 Minuten Zeit
bei einem Spiel des Blasebalges von
50 Auf- und Niedergängen pro
Minute.
Hiebei ist das Anwärmen des Ofens und der Probe schon mit eingerechnet. Der Ofen
selbst war mit einem kleinen thönernen Dom gedeckt.
Die Verhältnisse stellen sich noch etwas günstiger bei der Anwendung von Kohks. Als
Brennmaterial gebraucht man daher am besten Kohks oder gut verkohlte Holzkohlen;
allein ein sehr wesentlicher Umstand für die entsprechende Wirkung der Vorrichtung
ist die Größe der Kohlen. Sie müssen nämlich alle in gleich große Stücke, etwas
kleiner als Wallnußgröße, zerschlagen und gesiebt seyn, damit sie im Ofen von selbst
gleichförmig zusammensinken und den Schmelztiegel von allen Seiten ohne Lücken nahe
anschließend umgeben.
Die Tragbarkeit der Vorrichtung und der geringe Raum, welchen sie einnimmt, macht sie
für Privatlaboratorien besonders geeignet. Der Umstand, daß der Ofen von allen
Seiten zugänglich ist, so daß man den darin befindlichen Gegenstand während der
Heizung in seiner Lage beliebig verändern, insbesondere auch Röhren einer hohen
Temperatur aussetzen kann, was beim Essenfeuer nicht wohl möglich ist, gewährt der
Vorrichtung sogar vor der Esse einen wesentlichen Vorzug.
Es ist versucht worden, die Vorrichtung mit einem Sauerstoffgasgebläse zu combiniren.
Zu dem Ende wird das Ausströmungsrohr des Blasebalges an dem oberen von der Mündung
möglichst entfernten Ende (bei f) durchbohrt und ein
Messingring mit einem röhrenförmigen Fortsatze darüber geschoben, so daß die beiden
Oeffnungen gerade über einander zu liegen kommen. Vermittelst eines Gasometers läßt
man in den Blasebalg Sauerstoffgas treten, welches nun comprimirt die Kohlen im Ofen
bestreicht. Der Wärmeeffect wird dadurch natürlich bedeutend erhöht. Es gelang auf
diese Weise Schmiedeisen in kleinen Quantitäten zu schmelzen.
Soll die Zuleitung des Sauerstoffgases unterbrochen werden, so hat man nur nöthig,
die Oeffnung durch eine seitliche Verschiebung des Ringes zu verschließen.