Titel: | Versuche über die Cohäsions- und Torsionskraft des für Geschütze bestimmten Krupp'schen Gußstahls; von Gs. Weber, k. b. Artillerie-Oberst. |
Autor: | Gs. Weber |
Fundstelle: | Band 135, Jahrgang 1855, Nr. LXXXVIII., S. 401 |
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LXXXVIII.
Versuche über die Cohäsions- und
Torsionskraft des für Geschütze bestimmten Krupp'schen
Gußstahls; von Gs. Weber, k. b.
Artillerie-Oberst.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Weber, über die Cohäsions- u. Torsionskraft des für
Geschütze bestimmten Krupp'schen Gußstahls.
Obgleich die Artillerie-Techniker niemals ihre Bemühungen aufgaben, ein
Geschützmaterial ausfindig zu machen, welches allen billigen Anforderungen
vollkommen entspricht, so war man bis jetzt doch nicht im Stande dieses Ziel zu
erreichen.
Es ist Thatsache, daß das in neuerer Zeit fabricirte Schießpulver, welches man mit
sorgfältiger gereinigten Bestandtheilen, insbesondere zweckmäßig erzeugter Kohle so
bereitet, daß es die Eigenschaft hat sich möglichst rasch zu entzünden, folglich der
Verbrennungsproceß beschleunigt wird, in sehr beachtenswerther Weise nachtheilig auf
die bronzenen Geschütze einwirkt, daher diese durch eine geringere Anzahl Schüsse,
als in früheren Zeiten bei minderer Güte des Schießpulvers, unbrauchbar werden; auch
ist durch Anwendung des jetzigen Pulvers bei solchen Bronzegeschützen, welche mit
einem beträchtlichen Bleigehalt oder anderen die Widerstandskraft vermindernden
Metallen verunreinigt sind, erfahrungsgemäß deren sichere Haltbarkeit in Frage
gestellt. – Ich hatte Gelegenheit, eine große Anzahl metallener Geschütze aus
neuerer und älterer Zeit, von den verschiedenen europäischen Staaten und türkisches
Fabricat, auf ihren Metallgehalt chemisch zu untersuchen; dabei fand ich in manchen
Geschützen aus früherer Zeit einen so beträchtlichen Gehalt an schädlichen Metallen,
daß ich mich verwundern mußte wie sie den Einwirkungen des Pulvers widerstehen
konnten, was also nur dem weniger nachtheilig wirkenden Schießpulver früherer Zeit
zuzuschreiben ist.
Bekanntlich hat man sich ehedem in keiner Geschützgießanstalt mit einer chemischen
Untersuchung der zum Umguß bestimmten alten Bronzegeschütze befaßt, sondern die
Beschaffenheit ihrer Legirung lediglich nach dem Bruchansehen der abgeschlagenen
Delphinen oder der Traube beurtheilt, wodurch natürlich selbst der erfahrenste
Kennerblick häufig irregeführt wurde, da es unmöglich ist auf diesem Wege ein
verläßliches Resultat zu erlangen. Man kümmerte sich wenig um das
Mischungsverhältniß und die Verunreinigungen der anzuwendenden alten Bronze, und
hörte selbst von Artillerie-Officieren sagen: „es war ein Geschütz
und wird sohin wieder ein solches.“ Bei solchen Ansichten wurden
selbst in der Neuzeit nicht selten bronzene Geschütze aus schlechtem Bruchmetall
erzeugt, folglich unhaltbare Rohre erzielt, was Veranlassung gab, die Haltbarkeit
der Bronzegeschütze überhaupt etwas zu verdächtigen.
Wie sehr aber manchmal das Metall älterer Geschütze mit schädlichen Beimischungen
verunreinigt ist, zeigt nachstehende Analyse des Metalls einer im Jahre 1663 zu
Würzburg durch den Gießer Sebald Kopp gegossenen 6
Pfünder-Batterie-Kanone Nr. 3 mit dem Namen
„Rottenberg“ bezeichnet und 1753 bayer. Pfund wiegend;
dieses Rohr enthielt nämlich:
5,38
Proc.
Zinn,
0,44
„
Antimon,
7,34
„
Blei,
3,69
„
Zink, incl. eines geringen
Antheils von Eisenund Nickel,
Spur
von
Silber.
––––––––––––––––––––––
sohin
16,85
Proc.
Legirung und
83,15
„
Kupfer
––––––––––––––––––––––
in
100
Metall;
auch Analysen des Metalls anderer von diesem Gießer erzeugten
Geschütze ergaben keine günstigeren Resultate. Wenn nun aus solchem pêle-mêle von Metallen gegossene
Geschütze der Kraft des älteren Schießpulvers widerstanden, so muß man wohl zugeben,
daß dasselbe bedeutend schwächer als unser gegenwärtiges Pulver war, denn jene Rohre
würden mit dem jetzigen Schießpulver oder mit der Schießbaumwolle ohne Zweifel in
Stücke zerspringen.
Um das Kugellager bei zu strenger Schießprobe zu verringern oder vollends zu
beseitigen, versuchte im Jahre 1832 eine deutsche Geschützgießerei beim Gusse einer
12 Pfünder-Feldkanone etc. das Metall durch einen größern Zinnzusatz härter
zu machen, wodurch der gewünschte Zweck zwar erreicht wurde, das Rohr aber während
seines Gebrauches bei den Schießübungen ganz unerwartet zersprang. In einem mir zugekommenen
Stückchen Metall von diesem Rohre fand ich bei der chemischen Analyse:
13,43
Proc.
Zinn, nebst etwas Antimon,
1,36
„
Blei,
0,62
„
Zink, mit geringem Antheil von Eisen.
––––––––––––––––––––––
sohin
15,41
Proc.
Legirung,
und
84,59
„
Kupfer,
––––––––––––––––––––––
in
100
Metall.
Von den Erzeugnissen einer andern deutschen Gießerei zersprangen bei den
Schießprobeversuchen drei im Jahre 1836 gegossene 12 Pfünder-Feldkanonen,
deren Metall bei der Analyst folgende Mischung ergab:
7,16
Proc.
Zinn,
1,00
„
Antimon,
3,52
„
Blei,
0,60
„
Zink, inclus. Nickel und
Eisen.
––––––––––––––––––––––
sohin
12,28
Proc.
Legirung,
und
87,72
„
Kupfer,
––––––––––––––––––––––
in
100
Metall.
Es ist sohin einleuchtend, wie sorgsam man bei der Untersuchung und Auswahl der für
einen Geschützguß zum Umschmelzen dargebotenen Bruch metalle seyn muß, und daß man
sich häufig veranlaßt sehen wird, eine mehr oder weniger bedeutende Quantität neuen
reinen Metalles zuzusetzen.
Bekanntlich wird eine Kupfer-Zinn-Legirung um so härter, aber auch um
so spröder, leichtflüssiger und der chemischen und mechanischen Einwirkung des
entzündeten Schießpulvers weniger widerstehend, je größer der Zinngehalt derselben
ist; es würde schon eine reine Legirung von 88 Proc. Kupfer und 12 Proc. Zinn für
den Geschützguß viel zu spröde seyn, und sie könnte der Explosionskraft unseres
Schießpulvers um so weniger gesicherten Widerstand leisten, je mehr sie mit andern
die Zähigkeit der Bronze vermindernden Metallen verunreinigt wäre. Das geeignetste
Mischungsverhältniß der Geschützbronze für alle Kaliber ohne Ausnahme dürfte wohl 9
bis höchstens 10 1/2 Proc. Zinn auf 91 und 89 1/2 Proc. Kupfer seyn. Ein geringerer
Zinngehalt würde besagtes Metall für die Einwirkung der harten gußeisernen Geschosse
verhältnißmäßig zu weich lassen, und durch einen Zinkbeisatz würde keine größere
Härte und keine beträchtlichere Festigkeit erlangt werden, obgleich zugegeben werden
muß, daß ein kleiner Zinkgehalt, wenn er in einer Legirung von 10 Proc. Zinn 1 Proc.
nicht übersteigt, nicht
nachtheilig ist. – Es ist hier nicht mein Zweck, auf die
Geschützmetall-Legirungen näher einzugehen, ich will aber nicht unterlassen
beizufügen, daß selbst ein Bleigehalt von 1 Proc. gerade nicht besorglich
nachtheilig auf die Haltbarkeit der bronzenen Geschütze einwirkt, was viele, früher
häufig ernstlich gebrauchte Rohre mit solchem Bleigehalte sattsam beweisen; nur
sollte bei solcher Bleiverunreinigung der Zinngehalt niemals 10 1/4 Proc.
übersteigen und dabei der Antimongehalt höchstens 1/4 Proc. betragen.
Die Geschütze aus Gußeisen haben gegen Bronzegeschütze außer ihrer Wohlfeilheit noch
durch ihre Härte einen großen Vorzug; dieselben sichern hinsichtlich der Anzahl
scharfer Schüsse, wobei die Seele unbeschädigt bleibt, eine bei weitem größere
Ausdauer als die bronzenen. Nur wird das Zündloch bei ihnen sehr frühzeitig und
gewöhnlich dreieckig zackig ausgebrannt; diesem Uebelstande hat man in mehreren
Artillerien dadurch zu begegnen gesucht, daß man die neuen gußeisernen Rohre schon
mit einem kupfernen Zündkern versteht.
Da aber die Cohäsion, selbst des besten Gußeisens, beträchtlich geringer als jene der
Geschützbronze ist, das Gußeisen ferner nur eine sehr geringe Zähigkeit besitzt,
überdieß specifisch leichter als Bronze ist, so muß man nothwendig den gußeisernen
Rohren eine größere Stärke geben; dessenungeachtet kommt es aber bekanntlich nicht
selten vor, daß gußeiserne Geschütze, besonders wenn deren Material nicht von
vorzüglicher Güte ist, oder wenn bei dem Schmelzproceß und dem Gusse nicht die
erforderliche Achtsamkeit eingehalten wurde, nach mehr oder weniger daraus gemachten
Schüssen plötzlich, ohne vorher Rißchen oder sonstige Anzeichen wahrnehmen zu
lassen, in Stücke zerspringen.
Den sowohl bei bronzenen als gußeisernen Geschützen beobachteten Mängeln suchte man
durch Anfertigung schmiedeiserner Rohre zu begegnen, erreichte jedoch bis jetzt den
beabsichtigten Zweck keineswegs; denn einerseits wollte es ungeachtet vieler
Versuche nicht gelingen, so große Massen Schmiedeisen in verläßlicher Weise
fehlerfrei herzustellen, andererseits hat sich die merkwürdige Erfahrung
herausgestellt, daß weiches sehniges Schmiedeisen durch andauernde Erschütterungen
oder Stöße seine nervige Eigenschaft verliert und eine körnige kaltbruchartige
Textur bekommt.
Gegenwärtig dürfte es aber außer allem Zweifel liegen, daß es den andauernden
Bemühungen der Gußstahlfabrik des Hrn. Friedrich Krupp bei Essen an der Ruhr, in
Rheinpreußen, gelungen ist, durch Gußstahl ein Material zu erzeugen, welches allen
billigen Anforderungen der Artillerie an das Geschütz, sowohl bezüglich der Härte,
als der Zähigkeit und Widerstandskraft, in vollkommenster Weise entspricht; für
diese Ansicht sprachen
schon die vor einigen Jahren von der königl. preußischen
Artillerie-Prüfungscommission angestellten Schieß- und Sprengversuche
mit einer gußstählernen 3 Pfünder-Kanone aus der Krupp'schen Fabrik (man s. polytechn. Journal, Jahrgang 1852, Bd. CXXIII
S. 191), und sie wurde seitdem durch die Versuche constatirt, welche der herzogl.
braunschweigische Artillerie-Oberstlieutenant Hr. G. Orges im J. 1854 mit einer 10 Kaliber langen 12
Pfänder-Granatkanone von Gußstahl aus derselben Fabrik angestellt hat,
worüber in einem gedrängten Aufsatz im polytechn. Journal Bd. CXXXIII S. 369
berichtet wurde.
Da ich in Besitz der Details der letztgenannten Versuche gelangt bin, so theile ich
dieselben im Wesentlichen hier mit.
Die hauptsächlichsten Ausmaaße dieser 12 Pfünder-Granatkanone von Gußstahl sind in der folgenden Tabelle I
sowohl nach den angegebenen englischen, als nach den darnach berechneten rheinischen
Zollen verzeichnet, und zur Vergleichung wurden jene der bayerischen und
österreichischen 12 Pfünder-Feldkanone beigefügt, wovon erstere 18, letztere
16 Kugelkaliber lang ist.
Tabelle I.
Textabbildung Bd. 135, S. 405
Rohrtheile: Stählerne
braunschweigische 12 Pfünder-Granatkanone in Zollen; engl.; rhein.;
Bronzene 12 Pfünder-Feldkanone; bayer.; österr.; in rhein; Zollen; Ganze
Länge des Rohrs; in Seelendurchmessern; Länge des Kammer- oder
Bodenstücks; Zapfenstückes; Flugtheils oder Langfelds mit Kopf; Kopfes ohne
Halsband; der Traube sammt Bändchen u. Stoßgewölbe; Ganze Länge der Seele;
Durchmesser des Fluges oder der Seele; Länge des Fluges; der conischen Kammer;
Die Kammer ist halbkugelf. abgerundet mit Radius; Stärke des Stoßbodens; der
Verstärkung des Stoßes; Aeußerer Durchmesser; der höchsten Bodenfriese;
Kopffriese; in der Zündlochgegend; am hintern Ende des Bodenstückes; am vordern;
hinten am Zapfenstücke; vorn; hinten am Langfelde; am Halse
Textabbildung Bd. 135, S. 406
Rohrtheile: Stählerne
braunschweigische 12 Pfünder-Granatkanone in Zollen; engl.; rhein.;
Bronzene 12 Pfünder-Feldkanone; bayer.; österr.; in rhein.; Zollen;
Durchmesser des Trauben-Kopfes; Halses; Plättchens; Metallstärke;
hintere, des Kammer- od. Bodenstückes; vordere; hintere; des
Zapfenstückes, hintere des Flugtheils oder Langfeldes am Halse; Abstand der
Schildzapfenachse vom hintern Rand der Bodenfriese; Abstand der
Schildzapfenachse von der Mündung; Durchmesser der Schildzapfen; Länge der
Schildzapfen; Abstand der Angußscheiben von einander; Versenkung der
Schildzapfenachse unter d. Rohrachse; Abstand der Zündlochmitte von der
Bodenfriese; Durchmesser des Zündlochs; Gewicht des Rohres; preuß. Pfunde;
bayerische Pfunde
In Fig. 1 Tab.
VI ist die Construction dieser stählernen 12 Pfünder-Granatkanone in 1/6 tel
nach englischen Maaßen ersichtlich.
Bei den im Juli 1854 zu Braunschweig mit fraglicher 12 Pfünder-Granatkanone
vorgenommenen Schießversuchen ergaben sich folgende Resultate.
Zur Ermittelung der Schußrichtigkeit wurden aus diesem Rohre mit je 1 1/4 Pfd.
braunschweigisch. (= 1 Pfd. 1 2/5 Loth bayer. Gewicht) Ladung folgende Schüsse und
Würfe gemacht:
23
Shrapnelwürfe
auf
800
Schritte
17
„
„
1000
„
6
„
„
1200
„
2
Granatwürfe
„
1200
„
6
Schüsse mit 1 1/4 Pfd. Ladung1 braunschweigisches, hannoversches oder preußisches Pfund = 0,8352
bayerische Pfund oder = 26,7264 bayer. Loth = 0,46771 Kilogramm.
und einer rothglühenden 6pfündigen Kugel, welche 1 Minute lang
in der Seele verweilte, wobei sich sehr befriedigende Resultate ergaben; weiter
geschahen mit derselben Ladung:
acht 12 Pfünder-Kartätschenschüsse,
6 Schüsse mit je einer 6pfündigen Vollkugel ohne Spiegel,
ferner an Gewaltproben 10 Würfe mit 4 Pfd. (= 3 Pfd. 13 1/2
Loth bayer.) Ladung und nachstehenden Vorlagen:
2 Würfe mit einer mit Blei ausgefüllten 12 Pfd. (= 10 Pfd. 7 3/5 Loth bayer.)
schweren Granate und einer 12 Pfünder-Kartätschenbüchse;
5 Würfe mit zwei mit Blei ausgefüllten, durchschnittlich je 24 Pfd. 10 Loth (= 20
Pfd. 23 4/5 Loth bayer.) schweren Granaten;
3 Würfe mit einer 12 Pfd. 10 Loth (= 10 Pfd. 11,9 Loth bayer.) schweren Granate.
Bei diesen Versuchen sind mehrere Granaten im Rohre zersprungen und verursachten
einige Schrammen in der Seelenwand, die jedoch nicht tiefer als 0'',015 befunden
wurden.
Die Laffette erlitt hiebei mehrfachen Schaden; der Rücklauf betrug 9 bis 17 Fuß.
Um die Widerstandskraft der Schildzapfen zu prüfen, wurde der Rücklauf fast ganz
gehemmt, wobei aber auch die Schildzapfen hinten am Anschlußeck an die Angußscheiben
feine Riffe bekamen; hierauf schlug man die Schildzapfen vom Rohre ab.
Sprengversuche:
1ter
Schuß:
1 1/4 Pfd. (= 1 Pfd. 1 2/5 Loth bayr.) Ladung mit vier
6pfündigenKugeln.
2ter
„
Dieselbe Ladung mit 6 solchen Kugeln.
3ter
„
Gleiche Ladung mit 8 jener Kugeln.
4ter
„
2 Pfd. (= 1 Pfd. 22 3/5 Loth bayr.) Ladung mit 8 der
6pfündigenKugeln.
Ster
„
3 3/4 Pfd. (= 3 Pfd. 4 1/5 Loth bayr.) Ladung mit 8
solchen Kugeln.
6ter
„
5 Pfd. (= 4 Pfd. 5 3/5 Loth bayr.) Ladung mit 7 solchen
Kugeln.
7ter
„
6 1/4 Pfd. (= 5 Pfd. 7 Loth bayr.) Ladung mit 6 jener
Kugeln.
8ter
„
4 Pfd. (= 3 Pfd. 13 1/5 Loth bayr.) Ladung, wobei die
Seele mittrockenem Sande ausgefüllt ward, und noch zwei mit
Bleiausgegossenen Granaten, die mit Hede festgestopft waren.
9ter
„
2 Pfd. (= 1 Pfd. 22 3/5 Loth bayr.) Ladung, die Seele
ebensowie bei dem vorigen Schuß voll angestopft.
Nach den letzten 5 Schüssen war das Rohr nach dem Abfeuern bis an die Schildzapfen
und beim 8ten sogar bis an das Halsband rückwärts in feste Erde eingedrungen; ein
Beweis der äußerst großen Wirkung des Rückstoßes.
Bei der vorgenommenen Wasserprobe wurde ein Druck von 90 Atmosphären angewendet,
welcher circa 168 3/4 bayr. Centner entspricht.
Bei den Versuchen die Traube an ihrem dünnsten Theile, dem 2'',44 engl. (= 2'',37
rhein.) dicken Halse abzuschlagen, brach derselbe erst nach 313 Schlagen eines 42
braunschw. Pfd. (= 35 bayr. Pfd.) schweren Hammers entzwei.
Die hierauf vorgenommene Untersuchung des Rohres ergab, daß dasselbe, abgesehen von
den abgeschlagenen Schildzapfen und der Traube, innen und außen beinahe völlig
unversehrt geblieben war; nur am untern Theile des Zündloches bemerkte man eine
geringe Ausbrechung mittelst des genommenen Thonabdruckes.
Es dürfte durch diese Versuche eine auffallende Widerstandskraft des Krupp'schen Geschützgußstahls schon mit großer Sicherheit
dargelegt seyn.
Ich muß hier noch bemerken, daß die fraglichen gußstählernen Geschütze nicht als
solche in Formen gegossen sind; die Gußstahlblöcke werden nämlich zu Artikeln von
der gewünschten Gestalt und Größe gehämmert, mittelst eines 240 Zollcentner schweren
Dampfhammers mit 24 Fuß Fallhöhe, was einer Aufschlagfallkraft von circa 8266 bayr.
Cntr. entspricht.
Versuche über die Cohäsions- und Torsionskraft des
Krupp'schen Gußstahls etc. – Aus Veranlassung der hierdurch bekannt
gewordenen trefflichen Eigenschaften und der gewiß auffallenden Widerstandskraft des
Krupp'schen Gußstahls für Geschütze, machte ich
hierorts mit einer Cohäsions- und Torsions-Maschine vergleichende
Versuche mit demselben und andern Metallen, z.B. Stahl, Eisen und einigen
Geschützbronze-Legirungen; die Fabrik des Hrn. Krupp übersendete zu diesen Versuchen mit aller Bereitwilligkeit die
gewünschten Stahlproben, und zwar a) dreierlei Sorten
weichen Geschützgußstahls, zur Ermittelung deren Cohäsions- und
Torsionskraft, dann b) drei Sorten Werfzeugstahl, bloß
zur Prüfung auf Torsion, und auf sein Verhalten beim Arbeitsgebrauche, wovon zwei
Sorten nach dem Schmieden ausgeglüht waren, die dritte Sorte aber die mittlere
Schneidwerkzeug-Härte hatte.
Die drei Geschützstahlsorten, ebenfalls nach dem
Schmieden und vor der Bearbeitung auf die gewünschten Ausmaaße ausgeglüht, waren je
mit einer, zwei und drei
Kronen bezeichnet und folgende Verwendung dafür angegeben:
Zeichen: eine Krone. Mittelharter Gußstahl für ungehärtete
Wagenachsen (Qualität, welche in gleichem Maaße hohe Stabilität und Zähigkeit
vereinigt); die Fabrik beabsichtigt mit dieser sehr bewährten Gattung von Gußstahl
die nächsten Versuche zu Kanonen vorzunehmen.
Zeichen: zwei Kronen. Weicher Gußstahl zu Achsen für
Locomotiven und Tender, Krummachsen, Kolbenstangen, Kolbendeckeln,
Dampfschiffsachsen etc., überhaupt zu Zwecken, wo nach den bisherigen Erfahrungen
Eisen oder andere Stahlgattungen hinsichtlich der Stabilität und Zähigkeit nicht
genügen (zu welchen Zwecken der Gußstahl weiter nicht künstlich gehärtet wird);
außerdem zum Graviren der Platten für Banknoten, Druckanstalten u. dgl. Aus dieser
Qualität wurden bisher die Kanonen gefertigt.
Zeichen: drei Kronen. Weichste und zäheste Qualität,
hauptsächlich verwendet zu Kürassen, Gewehr- und Büchsenläufen,
Schartenblenden und allen Gegenständen welche den höchst möglichen Widerstand
leisten müssen, ohne zu zerreißen oder zu brechen, zu welchen Zwecken der Gußstahl
weiter nicht künstlich gehärtet wird.
Die drei Werkzeugstahlsorten hatten folgende Bezeichnung
und Angabe der Verwendung:
HG härtester schmiedbarer Gußstahl.
♦♦♦ W, drei
carreau, Demantstahl bester Qualität;
Werkzeugstahl für Schneidzeuge, z.B. Dreh- und Haumeißel, feine
Feilen.
♦♦♦ H, drei
carreau, Demantstahl, gehärtet und darnach
abgelassen, so daß eine mittlere Schneidwerkzeug-Härte verblieb.
Mit diesen sechs Krupp'schen Gußstahlsorten, dann mit
engl. Gußstahl, deutschem sogenanntem Fischer-Gußstahl von Salzburg, sowie Tyroler Cementstahl, ferner
dreierlei Schmiedeisengattungen, auch mit Gußeisen, dann mit fünferlei reinen
Geschützbronze-Legirungen (bloß aus Kupfer und Zinn bestehend), dann mit zwei
durch Blei verunreinigten Geschützbronzen, und zuletzt mit Messing wurden die
Versuche zur Ermittelung der Cohäsions- und Torsionskraft gemacht, deren
Resultate in der folgenden Tabelle II zusammengestellt sind; ich habe hinsichtlich
dieser Proben der Bronze-Legirungen, des Messings und des Gußeisens zu
bemerken, daß diese Metalle im Tiegel geschmolzen und dann in getrockneten vertical
stehenden Sandformen gegossen wurden.
Tab. II. Resultate der Versuche über
die Cohäsions- und Torsionskosionskraft des Krupp'schen
Geschütz-Gußstahls im Vergleich mit anderen Stahl- und Eisensorten,
dann einigen Geschützmetall-Caetall-Compositionen (theils aus reinem
Kupfer und Zinn, theils mit Beimischungen versehen), und endlund endlich mit
Messing.
Textabbildung Bd. 135, S. 410–411
Cohäsion; Material und Bezeichnung
der Probe-Stäbe; Cohäsionskraft von 1 rheinischem Quadratzoll; Bei dem
anfangenden Strecken: Maximum bei gleichförmigen Strecken; Auf die Bruchfläche
bei dem Abreißen berechnet; In bayerischen Pfunden; Der Stab wurde im
Allgemeinen dünner um:; Die Bruchfläche linear kleiner als die anfängliche; Die
Brüchfläche linear kleiner als die anfängliche Stabstärke um:; Strecken des
Stabes auf 9 Zoll Länge; Strecken in der Bruchgegend auf 1 Zoll Länge; Aussehen
der Bruchfläche; Stahl; Ausgehämmerter Gußstahl von Fr. Krupp in Essen;
Schweißbarer Geschütz-Gußstahl; Zeichen:; Kronen; Unschweißbarer
Werkzeug-Stahl; härtester ausgeglühter ausgeglüht. Demantstahl gehärteter
Demanstahl; Gewöhnlicher, nicht schweißbarer ausgeglühter englischer Gußstahl;
Schweißbarer ausgeglühter Gußstahl von der Fabrik des Hrn. Fischer zu Salzburg;
Ausgeglühter Tyroler Cementstahl; Diese drei Stahlsorten konnten in Essen in
Ermangelung verfügbarer Proben auf Cohäsion nicht geprüft werden; feinkörnig,
licht schiefergrau; feinkörnig, etwas dichter und die Nüance heller als vorige;
wie von 1 Krone; feinkörnig, radial gestreift, lichtgrau, in der Asche ein 0'',1
großer dunkler Kern; kleinkörnig, bläulich, weißgrau; kleinkörnig, etwas rauh,
grauliche Farbe; Schmiedeisen; Hartes, Gemischtes; Weiches faseriges; Gußeisen;
Bronze oder Geschützmetall; mit Blei- binäre Legirung reiner gehalt.;
Metalle; Proc.; Kupfer; Zinn; Blei; Antimon; Zink incls. eines geringen Antheils
von Nickel und Eisen; Messing, mittlerer Sorte; aschgrau und glänzend,
kleinkörnig lichtgrau gemengt; fein u. kleinkörnig aschgrau, u. grobkörnig
glänzend, weißgrau gemengt; faserig sehnig, dicht gestreift, mausgrau;
kleinkörnig schwärzlich grau; Die Bronze-Legirungen haben alle eine
krystallinische gegitterte Textur und ihrer röthliche Metallfarbe wird mit dem
zunehmenden Zinngehaltblässer; schmal länglich krystallinisch gegittert von
blaugrau röthlicher Farbe; krystallinisch gegitterte Textur, etwas graulich
messinggelb
Textabbildung Bd. 135, S. 412–413
Torsion; Material und Bezeichnung
der Probe-Stäbe; Windungs-Grade bei 5'' Länge; Maximum der; Pfund;
Torsionskraft; Windungsgrade bei 5'' Länge; Torsionskraft in bayer. Pfunden;
Zustand des Bruches; Specifisches Gewicht; Ausgehämmerter Gußstahl von Fr. Krupp
in Essen; Unschweißbarer Schweißbarer; Werkzeugstahl; Geschütz-Gußstahl;
Zeichen:; Kronen; härtester ausgeglühter; Demantstahl; gehärteter Demantstahl;
Gewöhnlicher nicht schweißbarer ausgeglühter englischer Gußstahl; Schweißbarer
ausgeglühter Gußstahl von der Fabrik des Hrn. Fischer zu Salzburg; Ausgeglühter
Tyroler Cementstahl; eben, abgewetzt; bloß gefedert, in scharfeckigen Stücken
1'',9 lang, schief zersprengt; 1'',8 schief feinkörnig; Schmiedeisen; Hartes;
Gemischtes; Weiches faseriges; Gußeisen; Bronze oder Geschütztmetall; mit
Bleigehalt; binäre Legirung reiner Metalle; Proc.; Kupfer; Zinn; Blei; Antimon;
Zink inclus. eines geringen Antheils von Nickel und Eisen; Messing, mittlerer
Sorte; eben und abgewetzt; 2'',3 schief, bloß gefedert; eben, am Rande
abgewetzt; 1 rheinischer Zoll = 0,89613 bayer. Decimalzoll = 1,07536 oder 1''
0''' 10 IV, 85 ba''' 10 IV, 85 bayer. Duod. = 26,15446 Millimeter; 1 rhein.
Quadratzoll = 1,1564 bayer. Quadratzoll = 166,5213 □''' bayer. = 1
□'' bayer. = 1 □'' 22,5213 □''' bayer. = 683,82 □
Millimeter; 1 bayer. Pfund = 1,19732 Pfd. oder 38,314 Loch preuß. = 0,56 Kilogr.
= 1,12 Pfd. Zoll 1,12 Pfd. Zoll-Gewicht = 35,84 Loth
Zoll-Gewicht
Da der für die Cohäsionsversuche angewandten Maschine, mittelst welcher die bei
Geschützbronze gewöhnlich 1 rh. Zoll im Quadrat starken und 9 Zoll langen
prismatischen Stäbe abgerissen werden, die große Widerstandskraft für Stahl nicht
zuzumuthen war, so wurden sämmtliche zu den Versuchen bestimmte Stahl- und
Schmiedeisen-Probestabe auf einen Durchmesser von 0'',977 cylindrisch
abgedreht und erhielten sonach hiedurch eine Querdurchschnittsfläche von 3/4 rhein.
Quadratzoll, aus welchem aber die in der Tabelle aufgeführten Resultate jedesmal auf
einen rheinischen Quadratzoll berechnet worden sind. Zur Festhaltung hatte jeder
dieser Probestäbe an seinen beiden Enden einen 2'' bis 2'',3 langen Conus, dessen
größerer äußerer Durchmesser 1'',55 und der innere kleine 1'',15 betrug. Die
Probestäbe von Gußeisen und jene von Bronze waren jedoch ursprünglich prismatisch 1
Quadratzoll stark. Die Stäbe für die Probe zum Abwinden (Torsion) waren hingegen
sowohl bei Stahl und Eisen als bei Bronze etc. prismatisch je 1 rheinischen
Quadratzoll stark.
Zur Ermittelung der Cohäsion diente eine eigens für derartige Versuche construirte
hydraulische Presse mit 80,000 Pfund äußerster Kraftleistung, und zur Ermittelung
der Torsion eine Vorrichtung mit einem 60 Zoll langen Hebel, welcher einerseits den
1 rhein. Quadratzoll starken und 12'' langen abzuwindenden Probestab festhält und an
dessen anderem Ende ein Dynamometer den hier 120mal geringeren Torsionswiderstand
angibt. Die Länge des der Probe unterworfenen Theils vom Probestab beträgt, der
Vergleichung wegen, jedesmal 5 Zoll.
Die Peripherie des großen Rades, in dessen verlängerte Achse der abzuwindende Stab
passend eingesteckt wird, ist in 360 Grade eingetheilt und sohin können die
erlangten Windungsgrade jedesmal genau, angegeben werden; dieses Rad wird mittelst
einer Kurbel und eines Getriebes durch zwei Mann herumgedreht.
Die in Tabelle II aufgeführten Resultate der angestellten Versuche dürften keiner
weitern Erläuterung bedürfen, und die relative Widerstandskraft und Zähigkeit der
probirten Stahl-, Eisen- und Metall-Sorten klar genug
darlegen.
Um die Gestalt anschaulich zu machen, welche ein Probestab von Geschützgußstahl beim
Abreißen annimmt, wurde ein solcher von der mit drei Kronen bezeichneten Sorte in
Fig. 2 in
wirklicher Größe gezeichnet; aus derselben ist das Strecken des Geschützstahles im
Allgemeinen, so wie dessen Zähigkeit durch das beachtenswerthe Zusammenziehen in der
Gegend der Bruchstelle ersichtlich; die drei Geschützstahlsorten und das weiche
Schmiedeisen erhielten eine ähnliche Form, welches aber bei keiner der anderen dem Cohäsionsversuche
unterstellten Proben in dieser Weise der Fall war.
Die schraffirte Darstellung in Fig. 2 bezieht sich auf
die ursprüngliche Größe des erwähnten Geschützstahl-Stabes, in welche der
gestreckte und abgerissene Stab eingezeichnet ist.
Ich habe noch zu bemerken, daß mit den Stahlsorten der Krupp'schen Fabrik und dem englischen Stahl in Ermangelung mehrerer Proben
derselben Gattung, nur je ein Versuch gemacht wurde, wogegen mit allen übrigen
Metallen mehrere Versuche gemacht und das im arithmetischen Mittel erlangte Resultat
in der Tabelle II aufgeführt wurde.
Das ermittelte specifische Gewicht der Bronzelegirungen bezieht sich auf das untere
Ende des Torsionsstabes; am oberen Theil desselben, zunächst des Eingusses, stellt
sich dasselbe oft um 0,22 und im Mittel um 0,11 geringer heraus, was erfahrungsgemäß
auch bei Geschützen sich in ähnlicher Weise verhält.
Bezüglich des gehämmerten Krupp'schen Geschützgußstahls
ist nun nebst der auffallend großen Zähigkeit desselben die damit verbundene große
Widerstandskraft, wodurch die beste Geschützbronze wohl um das Doppelte übertroffen
wird – insbesondere ins Auge zu fassen, und es dürfte somit als thatsächlich
hinreichend erwiesen anzuerkennen seyn, daß es der Gußstahlfabrik des Hrn. Fried.
Krupp gelungen ist, Geschütze aus einem Material zu
liefern, welche nicht nur volle Sicherheit hinsichtlich der Haltbarkeit und Ausdauer
gewähren, sondern ohne Zweifel auch allen sonstigen Anforderungen hinsichtlich ihres
Gebrauches vollkommen entsprechen werden; denn nach der Natur des Materials lassen
dieselben im Vergleich mit der Bronze eine viel größere Ausdauer gegen die
mechanischen Einwirkungen der daraus abgeschossenen harten gußeisernen Projectile,
so wie gegen die Einwirkung des entzündeten Schießpulvers erwarten, für welche
Behauptung die oben erwähnten Versuche der königl. preußischen
Artillerie-Prüfungscommission und jene der herzogl. braunschweigischen
Artillerie sprechendes Zeugniß geben.
Die Fabrik des Hrn. Krupp glaubt in der Anfertigung
gußstählerner Geschützrohre so sicher zu seyn, daß sie sich anheischig machen will,
eine sechsfach größere Dauer derselben zu garantiren als alle anderen bisher
angewendeten Geschütze darbieten.
Für die früher bei so großen Massen von Gußstahl nie erreichte Gleichförmigkeit des
Fabricats gaben die in den Industrie-Ausstellungen zu London und München
bewunderten Bruchflächen von beträchtlich großen Gußstahlstücken aus der Fabrik des
Hrn. Krupp genügendes Zeugniß.
Bekanntlich liefert die Krupp'sche Fabrik den größten
Theil der Eisenbahnwagenachsen aus Gußstahl, so wie die sogenannten Tyres
(Randbandagen aus Gußstahl für Wagenräder) für die k. k. österreichischen
Eisenbahnen, über deren durch interessante Versuche erprobte Festigkeit, Haltbarkeit
und Ausdauer der k. k. technische Rath Hr. Engerth in der
Monatsversammlung des österreichischen Ingenieur-Vereins vom 2. Mai 1854
einen Vortrag hielt, welcher in der Zeitschrift des österreichischen
Ingenieur-Vereins, 1854 Nr. 11 (und im polytechn. Journal Bd. CXXXIII S. 396)
mitgetheilt ist. Am Schlusse dieses Aufsatzes ist bemerkt, daß die Krupp'sche Fabrik, der vorzüglichen Güte ihres
Erzeugnisses bewußt, sich verbindlich erklärt hat, für jede abgelieferte Achse,
welche während der ersten zehn Jahre ihrer Verwendung brechen sollte, einen Pönfall
von 15000 Thaler oder 26250 rhein. Gulden an den Schadentragenden zu erlegen.
Nach mir zugekommener Mittheilung hat die Fabrik des Hrn. Krupp gegenwärtig für England die Anfertigung eines 68Pfünders von 94
Centner Gewicht übernommen, ein Beweis, daß diese Fabrik selbst die schwersten
Geschütze aus Gußstahl herzustellen vermag.
Etwas unangenehm würde bei gußstählernen Geschützrohren, wenn solche der freien
Einwirkung der Witterung längere Zeit ausgesetzt bleiben, das unvermeidliche Rosten
seyn, wogegen sich indessen gewiß Mittel finden werden, allenfalls äußerlich durch
Lackiren und innen durch fettige Einschmierung der Rohre.
Den Kostenpunkt betreffend, kann die Krupp'sche Fabrik zur
Zeit die Preise der Geschütze von Gußstahl noch nicht festsetzen; bei den bekannten
Preisen ihrer Stahlsorten ist aber anzunehmen, daß jene Geschütze immerhin etwas
billiger als solche von Bronze zu stehen kommen werden.
Nach Versicherung des Fabrikbesitzers haben unbrauchbar gewordene Rohre von besagtem
Gußstahl den Werth des besten Gußstahls, und könnten dann durch Spalten, Strecken
und Walzen zu Waffen und Kürassen etc. verarbeitet werden.
Da der Geschütz-Gußstahl schweißbar ist und sich sehr gut dem Eisen
anschweißen läßt, so kann man ihn zu verschiedenen entsprechenden Zwecken oft in
erwünschter Weise verwenden. Zu Schneidwerkzeugen auf Holz angewendet, zeigte sich
diese Stahlsorte vortrefflich; sie setzte sich jedoch, als Bohrmeißel auf Metall
angewendet, und erwies sich für Drehmeißel und dergl. auf Metall zu weich.
Die von der Fabrik des Hrn. Krupp übersendeten drei Muster
des unschweißbaren Werkzeugstahls erwiesen sich sämmtlich von ausgezeichneter Güte, sowohl als große
Drehmeißel bei Bronzegeschützen, wie auch als Behaumeißel bei letztem und auf
Gußeisen, dann als feine Drehstähle und Schneidzähne, und sie sind unbedenklich dem
englischen Gußstahl wenigstens gleich zu schätzen, während sie namhaft billiger als
dieser bezogen werden können.
Die Fabrik des Hrn. Krupp scheint es im Allgemeinen ganz
in der Hand zu haben, Stahl für jeden gewünschten Zweck in befriedigender Weise zu
erzeugen.
Augsburg, den 15. März 1855.