Titel: | Ueber Lagerung stark belasteter senkrecht stehender Zapfen; von Fr. Marquardt. |
Autor: | Friedrich Marquardt |
Fundstelle: | Band 133, Jahrgang 1854, Nr. LXXVI., S. 331 |
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LXXVI.
Ueber Lagerung stark belasteter senkrecht
stehender Zapfen; von Fr.
Marquardt.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Marquardt, über Lagerung stark belasteter senkrecht stehender
Zapfen.
Die Schwierigkeit, starb belastete senkrecht stehende Zapfen dauerhaft einzulagern,
ist noch immer eine nicht ganz gelöste Aufgabe der constructiven Mechanik. Zuerst
für große Dimensionen und langsame Bewegung jener ungeheuren Transmissionsachsen
hervorgerufen, welche oft die starke bewegende Kraft durch fünf bis sechs Stockwerke
fortpflanzen und dabei noch die oft mehrere hundert Centner schweren Triebräder
tragen, fand sich dieselbe Schwierigkeit bei den kleinen Dimensionen der ebenfalls
schwer belasteten und mit bedeutender Schnelligkeit sich drehenden
Turbinenzapfen.
Ich will deßhalb hier zwei Constructionen mittheilen, welche von mir erdacht,
vielfältig erprobt und durchaus bewährt gefunden wurden.
In Fig. 25 ist
Y die stehende Hauptachse, in welche der Zapfen a conisch eingepaßt und eingeschliffen ist. Dieser
Zapfen ist an seinem Ende mit einem Kugelsegmente abgerundet und an dieser Stelle
glashart gemacht.
X ist das gußeiserne, auf einer Fundamentplatte fixirte
Lagergehäuse. Es ist bei d mit einem Einsatze von
Hartmetall – welcher ausgewechselt werden kann – ausgefüttert, sonst
aber genau cylindrisch nach dem Durchmesser des Zapfens a ausgebohrt. Unten in diesem ausgebohrten Theil ist das Stück c von Hartmetall fest eingepaßt, und außerdem ein an
beiden Enden kugelsegmentförmig abgerundeter Stahlcylinder b dergestalt angebracht, daß er zwar sicher, aber doch leicht in der
erwähnten Ausbohrung von X sich drehen kann. Auch die
beiden Kugelflächen dieses Cylinders b sind glashart
gemacht.
Aus einer einfachen Betrachtung der Figur ergibt sich nun, daß der Zapfen a der Hauptachse auf dem drehbaren Cylinder b und dieser erst auf dem festen Theile c ruht. Zuerst werden sich bei erfolgender Bewegung die
Flächen 1... 2 des Zapfens a und des Cylinders b, welche als Kugelflächen sich nur in einem Punkte
berühren, auf einander drehen, und zwar so lange, als keine Erwärmung oder größere
Reibung an denselben statt findet. In dem Augenblicke, wo dieser Fall einträte,
müßte der Zapfen a den Cylinder b gemeinschaftlich mit sich herumführen, worauf dann die Reibung der
Flächen 1... 2 aufhört und zwischen den Flächen 3... 4, d.h. zwischen dem Cylinder
b und dem Kugelende des Stückes c beginnen muß. Es ist begreiflich, daß nun in kurzer
Zeit jede Erwärmung an den Flächen 1... 2 durch das Ausruhen derselben nachlassen
muß, bis der normale Zustand wieder hergestellt ist, und die anfängliche Drehung von
a auf b wieder
beginnt.
Die Zuführung des Oels in das Innere der Lagerbüchse X
geschieht entweder, wenn die Hauptachse Y hohl ist,
durch die aus der Figur erkennbare Bohrung des Zapfens a, oder durch ein seitwärts in X eingeschraubtes,
von außen leicht zugängliches Rohr, ähnlich wie in Fig. 26, und es braucht
kaum erwähnt zu werden, daß, so wie einestheils die gute Erhaltung des Zapfens in
Fett wesentlich ist, anderntheils durch die Construction jeder Verschwendung
desselben entgegengewirkt werden kann.
Sobald das Lager unter Wasser läuft, ist es wichtig den Zutritt desselben zu dem
Zapfen abzuhalten. Dieß geschieht leicht und sicher durch die an Y geschraubte mittelst eines Lederrings gedichtete
Glocke z, welche den Lagerständer X mantelförmig umgibt und durch die Compression der in ihr eingeschlossenen atmosphärischen
Luft den Eintritt des Wassers in den Raum derselben nur zu einem kleinen
unschädlichen Theile gestattet.
Ich habe vielfache Gelegenheit gehabt, nach diesem Systeme in kleinen und großen
Dimensionen ausgeführte Lager zu verwenden, und mich überzeugt, daß nach jahrelanger
ununterbrochener Arbeit die auf einander arbeitenden Theile der Flächen 1... 2 und
3... 4 dem Auge nur als hellglänzende Punkte von feinster strahlender Politur
erschienen.
Bei sehr schwer belasteten, sich langsam drehenden Zapfen habe ich mit Vortheil eine
eigenthümliche Lagerung erdacht und angewendet, welche in Fig. 26 im Durchschnitt
gezeichnet ist. Hier wird der Zapfen nur durch den hydrostatischen Druck gehoben,
und läuft auf keinem festen Körper, sondern auf gepreßtem Oele, so wie der Piston
der hydraulischen Presse nach dem gleichen Principe gehoben und gehalten wird.
In Fig. 26 ist
a der Zapfen, welcher seine Seitenführung in Y erhält. Dieses Stück besteht aus Hartmetall, ist in
dem gußeisernen Lagerblock X gut eingepaßt und auf
demselben festgeschraubt. Es hält und dichtet zugleich die Lederkappe c, welche den Zapfen a
umschließt.
Es ist nun einleuchtend, daß, sobald in den inneren Raum von X durch eine Pumpe vermittelst eines bei Z in
X dicht angeschraubten Rohres Oel gepreßt wird,
dieselbe Wirkung entsteht wie bei der hydraulischen Presse, d.h. daß die Lederkappe
c den Zapfen a
hermetisch abschließt, den Austritt des Oeles hindert und daß der Zapfen a allmählich von seinem Sitze b gehoben wird. Sobald nun der Rücktritt des in X eingepumpten Oeles auf die bekannte Weise durch ein Sperrventil
gehindert wird, so wird der Zapfen a in der
beabsichtigten Höhe erhalten und die Drehung desselben erfolgt lediglich auf der
Oelmasse.
Es ist klar, daß die hier angegebene Construction, welche bei guter Ausführung sehr
dauerhaft ist, auch den Mittelweg gestattet, den Zapfen a auf der festen Unterlage b mit einem Theile
seines Gewichtes ruhen zu lassen, und den andern Theil der Last durch den
hydrostatischen Druck zu compensiren und daß in entgegengesetzter Beziehung auch die
Möglichkeit gegeben ist, das gesammte Achsensystem welches auf dem Zapfen a ruht, nach Belieben mehr oder minder zu heben oder zu
senken.