Titel: | Ueber die Handels-Dampfschifffahrt Englands. |
Fundstelle: | Band 133, Jahrgang 1854, Nr. LXXIV., S. 321 |
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LXXIV.
Ueber die Handels-Dampfschifffahrt
Englands.
Auszug aus einem Bericht des Hrn. Baron Carl Dupin über ein diesen
Gegenstand betreffendes Werk des Hrn. Bourgois.
Nach den Comptes rendus, Juni 1854, Nr. 26.
Ueber die Handels-Dampfschifffahrt Englands.
Der Verf. bespricht zuvörderst die besondern Unternehmungen, welche sich zum
beschleunigten Transport von Briefschaften und Reisenden in den verschiedenen Meeren
gebildet haben. Es haben sich mit bedeutenden Mitteln ausgestattete Gesellschaften
constituirt, um Dampfschiffe von sehr verschiedener Größe und Kraft, je nach den zu
durchfahrenden Entfernungen, zu erbauen und in See zu schicken.
Die ersten großen Unternehmungen dieser Art mußten natürlich den Zweck einer
beschleunigten Verbindung zwischen denjenigen beiden Ländern haben, welche den
bedeutendsten Seehandel mit einander treiben, d.h. zwischen England und Amerika.
Die brittische Admiralität wurde beauftragt, die Bedingungen festzustellen, unter
denen diese Schiffe mit einer Geldunterstützung des Staats die Correspondenzen
desselben und der Privatleute transportiren sollten.
Seit 1839 wurden die Segel-Packetboote, welche zwischen England und
Südamerika, sowie zwischen jenem Lande und den Antillen fuhren, durch Dampfschiffe
ersetzt. Die Royal-India-Mail-Steam-Packet-Company
machte sich verbindlich, jährlich mit ihren Packetbooten zwischen den Antillen und
England 636000 Kilometer zurückzulegen, sechzehnmal dem Umfang der Erdkugel
entsprechend, gegen eine Unterstützung von 6 Mill. Francs. Man bezahlte auf diese
Weise 9 Fr. 43 Centimes für den von jedem Dampfschiff von 490 Pferdekräften
zurückgelegten Kilometer, also 2,2 Cent. für jeden von einem Dampfpferd
durchlaufenen Kilometer.
Früher verausgabte der Staat 4,090,000 Francs für die Segel-Packetboote; er
hat daher nur 1,910,000 Frs. für den ohne Vergleich regelmäßigeren und schnelleren
Dienst der Dampf-Packetboote hinzugefügt.
Die Post-Verbindungen von den Antillen nach Brasilien wurden mit den kleinsten
Schiffen unterhalten, welche weit weniger kosten, weßhalb die Vergütung bei
denselben nur 3 Fr. per Kilometer betrug.
Die Packetboote dieser erstem Unternehmung waren von Holz erbaut, hatten
Schaufelräder, und erreichten nicht die Geschwindigkeit von 8 Knoten; sie
durchfuhren höchstens 14 Kilomet. oder 2 preuß. Meilen in der Stunde.
Diese Unternehmung, welche lange Zeit hindurch pecuniäre Opfer erheischte, wurde
durch die rasche Zunahme des Handels zwischen England und Amerika endlich
vortheilhaft.
Hr. Bourgois untersucht hernach eine weit wichtigere und
besser bediente Linie als die vorhergehende, nämlich diejenige zwischen Liverpool,
Halifax, Boston und New-York, also zwischen den vier blühendsten Häfen
Englands, der canadischen Colonien und der Vereinigten Staaten. Auf dieser Linie
erfolgt während der neun guten Monate wöchentlich, und während der drei Wintermonate
alle zwei Wochen eine Reise.
Man verdankt dieses schöne Unternehmen Hrn. Cunard, einem
geschickten Maschinen-Fabrikanten zu Halifax.
Der Contract verpflichtete Hrn. Cunard nur, jedem
Packetboote 400 Pferdekräfte zu geben; er gab ihnen aber mindestens 650 und brachte
das Verhältniß zwischen der Breite und der Länge der Schiffe auf 1 zu 5 bis 6, dann
6 1/2 und selbst darüber. Endlich brachte er durch Vergrößerung der gewöhnlichen
Dampfspannung die mittlere effective Geschwindigkeit auf 19 Kilometer oder 4 3/4
Lieues per Stunde.
Die Hrn. Cunard von der englischen Admiralität
zugestandene Subvention betrug 8 Francs 32 1/2 Cent. per
Dampfboot und per durchfahrenen Kilometer.
Seit 1850 sehen wir die Amerikaner durch die Anstrengungen des Hrn. Collins auf der Linie von New-York nach Liverpool
mit den Engländern in die Schranken treten.
Indem die Amerikaner Packetboote von sehr bedeutender Größe und Dampfkraft
anwendeten, nöthigten sie durch ihre Concurrenz die brittische Compagnie des Hrn.
Cunard ähnliche große Schiffe zu bauen, um ihre
Reisenden nicht zu verlieren. Diese Concurrenz hat damit geendet, daß Schiffe erbaut
wurden, welche für 2400 engl. Tonnen eine Triebkraft von 960 Pferden haben. Diese
letztern Schiffe, „Arabien“ und „Persien“
getauft, wurden an den Ufern des Clyde construirt, und ihre Maschinen sind aus der berühmten
Maschinenbau-Anstalt von R. Napier. Das Schiff
„Persien“ besteht aus Eisen. Endlich hat man bei diesen
zwei Schiffen ein Verhältniß der Breite zur Länge von 1 zu 7 angewendet, was vorher
noch nie geschah.
Zu gleicher Zeit erhöhte man den Mittlern Dampfdruck von 4 Pfund per Quadratzoll (engl.), wie er im Jahre 1845
gebräuchlich war, bis auf 14 Pfund.
Auf diese Weise erhielt man mit dem Schiff „Arabien“ eine
mittlere Geschwindigkeit von 21 Kilometern (3 preuß. Meilen) in der Stunde.
Die Compagnie der Vereinigten Staaten konnte jedoch mit solchem Erfolg die Concurrenz
nur mit Hülfe einer sehr bedeutenden Subvention von Seiten der Regierung der Union
aushalten. Diese Subvention, welche große Opfer gestattete, betrug das Doppelte von
dem, was der englischen Compagnie von der Regierung ihres Landes zugestanden
wurde.
Die brittische Regierung zahlt der Gesellschaft, welche sie unterstützt, alle fünf
Jahre eine Summe, die gleich dem vollständigen Werth ihres Materials und ihres
circulirenden Capitals ist. Die Regierung der Union zahlt dagegen eine Summe, welche
gleich dem ganzen Material nebst dem circulirenden Capital ihrer Compagnie ist, in
weniger als vier Jahren.
Als Subvention zahlt die englische Regierung ihrer Compagnie fast das Doppelte des verbrauchten Brennmaterials, und die
Regierung der Vereinigten Staaten fast das Dreifache von
dem, was dieses Brennmaterial kostet!
Obgleich im Ganzen die amerikanischen Fahrzeuge einen höhern Tonnengehalt und eine
größere Dampfkraft haben, so überschreitet das von den beförderten Personen und
Kaufmannsgütern erzielte Frachtgeld per Reise doch nur
um 2 3/10 Proc. die Einnahme der brittischen Schiffe.
Diese Annäherung zeigt, daß bei den großen Dampfschifffahrten eine gewisse Gränze des
Tonnengehalts nicht überschritten werden darf, wenn man den ökonomischen
Gesichtspunkt festhält.
Die Engländer und Amerikaner überboten sich, den Reisenden nicht nur die schnellsten
und größten, sondern auch die am besten und mit dem größten Luxus eingerichteten
Schiffe zu bieten; Mahagonyholz, Messing, Krystallglas, Seide und Sammet wurden in
den Salons und Cajüten verschwendet, wie man es nur in den elegantesten Häusern
großer Städte finden kann, und auf diese Weise kamen die ungeheuren
Regierungszuschüsse theilweise wieder dem Publicum zu Gute.
Seit 1850 hat sich in Glasgow eine Gesellschaft gebildet, welche ohne Subvention
zwischen England und Nordamerika mit Schiffen fährt, die aus Eisen erbaut, mit
Schrauben versehen und ohne Luxus eingerichtet sind. Für 1600 Tonnen Gehalt beträgt
die Triebkraft nur 300 Pferde, und es werden in der Stunde 8 Knoten zurückgelegt,
anstatt 10 und 11, mit welcher Geschwindigkeit die subventionirten Schiffe fahren.
Die Gesellschaft spart an Geschwindigkeit und folglich an Triebkraft das ihr
entgehende Aequivalent der Unterstützung. Dabei kommt noch in Betracht, daß die
subventionirten Gesellschaften Reserveschiffe halten müssen, damit ihr Dienst nie
eine Unterbrechung erleidet, während die Schiffe mit mittlerer Geschwindigkeit und
Schraubenbewegung jährlich eben so viel Fahrten machen, als die schnellfahrenden
Packetboote.
Die Frachten zwischen England und den Vereinigten Staaten 1) der Segelfahrzeuge, 2)
der Schraubendampfschiffe von mittlerer Geschwindigkeit und 3) der Raddampfschiffe
mit großer Geschwindigkeit, betrugen am Anfang des Jahres 1853 beziehungsweise 31
Fr., 78 3/4 Fr. und 105 Fr. per Tonne.
Die Segelschiffe transportiren also für 2/5 der Kosten, welche die Fracht bei den
eisernen Schraubendampfern ausmacht, und letztere für 2/3 der Fracht der
subventionirten Fahrzeuge. Man ersieht daraus, daß die Anwendung des Dampfes bis
jetzt nur beim Transport von Reisenden und werthvollen Gütern Vortheil gewährt,
wobei eine schnelle Ueberfahrt Hauptbedingung ist.
Die orientalische Peninsular-Gesellschaft besorgt seit dem Jahre 1837 den
Postseedienst zwischen England und der spanischen Halbinsel. Sie verband Falmouth
mit Vigo, Oporto, Lissabon, Cadir und Gibraltar.
Sie verwendet Schiffe mit 410 und 450 Pferdekräften zur directen Fahrt, ohne
Aufenthalt, zwischen Alexandria und England; die mittlere Geschwindigkeit beträgt 15
Kilomet. per Stunde.
Diese Gesellschaft organisirte im J. 1840 eine neue Dampfschifffahrt auf der ganzen
Länge des rothen Meeres und von dort bis nach Hindostan, mit Schiffen von 520
Pferdekräften und einer Mittlern Geschwindigkeit von 8 1/2 Knoten. Was die Reisen
zwischen Suez und Ostindien kostspieliger machte, war der Umstand, daß man das zu
dem Dienst im rothen Meer und im indischen Ocean erforderliche Brennmaterial von
England beziehen mußte. Mittelst der Dampfschiffe brauchten die Reisenden und die
Briefe nur 47 Tage, um drei Meere und Aegypten, zwischen Hindostan und
Großbritannien, zu durchschneiden. Nach großen Schwierigkeiten ist es den Engländern
gelungen, auf Kosten des Pascha von Aegypten eine Eisenbahn von Alexandria bis nach
Cairo von 200 Kilometern Länge anzulegen, welche im nächsten Jahre vollendet werden
wird. Um Suez zu erreichen, braucht sie nur um wenig mehr als weitere 100 Kilometer
verlängert zu
werden. Alsdann findet zwischen England und Ostindien eine ununterbrochene
Verbindung durch Dampfkraft statt, so daß man die Reise in 40 Tagen wird machen
können.Und wenn man von Alexandria nach Trieft und von Trieft nach Hamburg oder
Ostende mit Eilzügen geht, in noch weit kürzerer Zeit.A. d. Red. Segelschiffe brauchen dagegen vier Monate, wenn sie um das Cap der guten
Hoffnung nach Ostindien fahren.
Die Fahrten der orientalischen Peninsular-Compagnie erstrecken sich jetzt bis
nach Bombay, Calcutta, Ceylon, Singapore und bis nach China, nämlich Canton und
Schangaï; sie hat sogar Fahrten nach Australien mit ihrem Dienst in
Verbindung gebracht.
Die in der letzten Zeit zwischen dieser Compagnie und der englischen Admiralität
abgeschlossene Convention zeigt, welchen Fortschritt die Dampfschifffahrt gemacht
hat; in derselben wird nämlich bedungen, daß auf der Hauptlinie die Fahrzeuge
durchschnittlich 10 Knoten oder 18 1/2 Kilometer in der Stunde zurücklegen, was
beiläufig 12 Knoten bei einer Fahrt beträgt, wo das Meer und der Wind ruhig
sind.
Um einen Ersatz für die mit derartigen Geschwindigkeiten verbundenen Opfer zu
leisten, zahlt die englische Regierung jährlich 5 Millionen Francs
Unterstützungsgelder; da diese Regierung aus dem durch die Compagnie versehenen
Postdienst eine jährliche Einnahme von 3,680,000 Frs. bezieht, so beschränkt sich
ihre reine Auslage auf 1,320,000 Frs. jährlich. Für diese Summe legen die
Dampfschiffe der Compagnie in zwölf Monaten 1,234,000 Kilometer, d.h. 123 Mal den
vierten Theil des Meridians oder 31 Mal die ganze Runde um die Erde zurück.
Das Gesellschafts-Capital der orientalischen Compagnie beträgt 31,250,000
Francs.
Es dürfte hier am Platze seyn zu zeigen, wie sehr sich die englische Admiralität in
ihren Voraussetzungen täuschte, als sie hinsichtlich der Construction der
Dampf-Packetboote zahlreiche und lästige Bedingungen vorschrieb, damit diese
Schiffe im Falle des Bedarfs in Kriegsfahrzeuge verwandelt werden können. Seit 1852
hatte Lord Raglan durch eine gemischte Commission von
Marine- und Artillerie-Officieren über eine derartige Umwandlung,
deren Nothwendigkeit damals noch in weiter Aussicht stand, Untersuchungen anstellen
lassen.
Diese gemischte Commission kam zu folgenden Schlüssen:
1) Niemals werden die veränderten Fahrzeuge als zweckmäßige Kriegsschiffe betrachtet
werden können;
2) das Vorschießen des Hintertheils würde in dessen Richtung den Schuß eines
Geschützes gefährlich machen;
3) die Fahrzeuge der Gesellschaften haben viel zu wenig Mastwerk; die Zwischendecke
sind zu hoch; die Salons und die Cajüten zu geräumig für die ernsten Geschäfte des
Kriegs. Die Dampfmaschine nimmt zu viel Raum ein, ebenso die Steinkohlen, deren
Verbrauch ungeheuer seyn würde und welche unaufhörlich ersetzt werden müßten;
4) die Maschinen und Kessel sind den feindlichen Kugeln eben so ausgesetzt wie die
Räder; letztere haben ein ungeheures Gewicht und Volum, welche bei der Fahrt mit
Segeln sehr nachtheilig seyn würden; sie wären auch sehr verletzbar;
5) durch Hinzufügung von Geschützen würde das Gewicht dieser Schiffe so groß werden,
daß ihre Stabilität, besonders bei der Fahrt mit Segeln, vermindert würde u.s.w.
Kurz, man müßte so bedeutende Veränderungen und Verstärkungen vornehmen, daß die
Kosten ungeheuer wären und erhielte dann doch nur Fahrzeuge welche weit weniger
tauglich seyn würden, als die von der Kriegsmarine erbauten und ausgerüsteten.
Ist es nicht ein bewundernswürdiges Resultat, daß in so wenigen Jahren in den drei
brittischen Königreichen die Gesammtkraft des auf die Meeresschifffahrt verwendeten
Dampfes auf 60,000 Pferde (im J. 1851) gebracht wurde, welche jährlich 3 bis 400,000
Reisende nach allen Theilen der Welt befördern?
Im J. 1851 betrug der gesammte Tonnengehalt der Segelschiffe 3,216,194 Tonnen, welche folgendermaßen vertheilt waren:
Küstenfahrzeuge 685,651 Tonnen; gemischte Küsten- und Seefahrzeuge 242,656
Tonnen; ausschließliche Seefahrzeuge 2,287,897 Tonnen. Der entsprechende
Tonnengehalt der Dampfschiffe ist nachstehender:
insgesammt 144,741 Tonnen; Küstenfahrzeuge 78,820 Tonnen; gemischte 4926 Tonnen;
ausschließliche Meeresdampfschiffe 60,995 Tonnen. Gegen eine Million von den
Segelfahrzeugen transportirter Tonnen befördern die Dampfschiffe bei der Küstenfahrt
114,958 Tonnen; bei gemischten Fahrten 50,570 Tonnen; auf Meeresfahrten 26,660
Tonnen.
Auffallend ist die rasche Abnahme des Gesammt-Tonnengehalts, welche sich bei
den Dampfschiffen zeigt, sobald man sich von der ausschließlichen Küstenfahrt
entfernt.
Damit man sich eine ziemlich genaue Vorstellung von dem jetzigen Zustande der
Seeschifffahrt machen kann, welche mittelst der zweierlei Kräfte betrieben wird,
wollen wir diese Schifffahrt in vier Abtheilungen zerlegen:
1) Schifffahrt mit dem westlichen Europa oder mit den nächsten Punkten, deren
mittlere Entfernung von den Haupthäfen der drei brittischen Königreiche 1200
Kilometer beträgt: Gesammttonnenzahl der Dampfschiffe 1,546,472; der Segelschiffe
1,935,321 Tonnen;
2) Schifffahrt mit den entferntem Punkten Europa's und mit West-Asien, welche
das weiße Meer, die Ostsee und das mittelländische Meer einschließt, auf eine
mittlere Entfernung von 4000 Kilometern: Gesammttonnenzahl der Dampfschiffe 117,880;
der Segelschiffe 1,611,200 Tonnen;
3) Schifffahrt mit Afrika und Amerika, zu beiden Seiten des atlantischen Meeres, auf
eine durchschnittliche Entfernung von 7000 Kilometern: Gesammttonnenzahl der
Dampfschiffe 226,944; der Segelschiffe 3,217,313 Tonnen;
4) Schifffahrt mit dem östlichen Asien, auf eine mittlere Entfernung von 22,000
Kilometern: Gesammttonnenzahl 4444 bei den Dampfschiffen und 1,056,882 bei den
Segelschiffen.
Bezeichnet man den Tonnengehalt der Segelschiffe mit 1, so ist der Tonnengehalt der
Dampfschiffe obiger vier Abtheilungen beziehungsweise folgender: 0,850; 0,073;
0,070; 0,040.
Die von uns angenommenen geographischen Eintheilungen und die denselben
entsprechenden mittleren Entfernungen gestatten uns eine numerische Schätzung der in einem Jahre durch die resp. Kräfte des Dampfes und
des Windes bewerkstelligten Leistung.
Wir nehmen zur Vergleichung der beiden Kräfte als Einheit der verrichteten Arbeit den
Transport an, welchen ein Zugpferd von mittlerer Kraft bewerkstelligt, das auf einer
gewöhnlichen Straße bei einer Last von 1000 Kilogrammen täglich 32 Kilometer oder 8
Lieues zurücklegt, die Woche zu sechs Arbeitstagen gerechnet.
Diese jährliche Arbeit entspricht, wenn man einen sehr kleinen Bruch vernachlässigt,
1000 Kilogr. oder 1 Tonne, transportirt auf eine Entfernung von 10,000 Kilometern,
also genau vom Pol bis zum Aequator. Dieses ist die jährliche Kraft welche wir als
Einheit annehmen.
Multipliciren wir nun die vorhergehenden Tonnenzahlen mit den mittleren Entfernungen
in Kilometern, und dividiren die Producte mit 10,000, so erhalten wir die Resultate
der jährlichen Leistung (Arbeit), welche sowohl durch den Dampf als durch den Wind
bewerkstelligt worden ist.
Man gelangt auf diese Weise zu folgenden Zahlen: Nähere Punkte
Europa's: Leistung der Dampfschiffe 154,647 Pferdekräfte; Segelschiffe
193,532. Entferntere Punkte Europa's und
West-Asiens: Dampfschiffe 47,152; Segelschiffe 644,680. Afrika und Amerika: Dampfschiffe 158,861; Segelschiffe
2,252,119. Ost-Asien: Dampfschiffe 9777;
Segelschiffe 5,415,271. Wenn man die Leistung der Segelschiffe durch 1,000,000
ausdrückt, so beträgt diejenige der Dampfschiffe 68,406.
Man sieht, daß die im Jahre 1851 durch den Dampf bewirkte Leistung noch nicht einmal
dem vierzehnten Theile der durch die Windkraft erzeugten
Leistung gleich kam.
Die Verbesserungen, welche man bezüglich der ökonomischen Anwendung des Dampfes
anbringen wird, werden die Fortschritte der Dampfschifffahrt, sowohl bei der
Handels- als auch bei der Kriegs-Marine, beschleunigen.
Die Schifffahrt welche bloß mittelst der Kraft des Windes betrieben wird, dürfte aber
auch noch vervollkommnet werden und daher stets einen bedeutenden Theil der
Gesammtleistung behaupten.
Sehr wichtige Fortschritte werden besonders durch die Vereinigung beider Triebkräfte
gemacht werden.
Man sieht jetzt nur auf Flüssen und Canälen Schiffe, welche einzig und allein
mittelst Dampf betrieben werden; auf dem Meere vereinigt man allenthalben die beiden
Kräfte des Dampfes und des Windes.
Die Ersparung, welche durch die Benutzung des Windes neben dem Dampf erlangt wird,
ist sehr bedeutend; bei einem Schrauben-Dampfschiff von 600 Tonnen Tragkraft
betragen z.B. die Kosten für den ganzen Dampfapparat 13,440 Pfd. Sterl. oder 336,000
Francs, während die Kosten für Masten, Segel u.s.w. sich nur auf 354 Pfd. Sterl.
oder 8350 Francs belaufen.
Seit einigen Jahren construirt man auch Schiffe welche lediglich mit Segeln fahren,
sogenannte clippers, deren Geschwindigkeit man dadurch
zu vergrößern sucht, daß man ihnen eine den Dampfschiffen ähnliche Form
ertheilt.
Andererseits studiren die Schiffer, welche die fernen Meere befahren, immer genauer
die periodischen Winds und die Strömungen welche sich für die Schifffahrt benutzen
lassen.
In Frankreich ist die gemischte Schifffahrt mit einem geringem Verhältniß des Dampfes
die zweckmäßigste; und die Verbindung des Holzes mit dem Eisen zum Bau verbesserter
Kauffahrteischiffe gewährt mehr Vortheile als die Anwendung des Eisens für sich
allein.