Titel: | Ueber den nachtheiligen Einfluß eines nicht unbedeutenden Blei- und Zinkgehaltes in einem silberhaltigen Kupferstein auf die Entsilberung desselben durch die Augustin'sche Extractionsmethode; von C. Fr. Plattner, Professor der Hüttenkunde an der königl. sächs. Bergakademie etc. |
Fundstelle: | Band 133, Jahrgang 1854, Nr. X., S. 32 |
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X.
Ueber den nachtheiligen Einfluß eines nicht
unbedeutenden Blei- und Zinkgehaltes in einem silberhaltigen Kupferstein auf die
Entsilberung desselben durch die Augustin'sche Extractionsmethode; von C. Fr. Plattner, Professor der Hüttenkunde an der
königl. sächs. Bergakademie etc.
Aus der berg- und hüttenmännischen Zeitung, 1854,
Nr. 16.
Plattner, über die Anwendbarkeit der Augustin'schen
Extractionsmethode.
Es sind bereits gegen 11 Jahre her, als die Augustin'sche
Extractionsmethode zur Entsilberung des Kupfersteins im Mansfeld'schen mit sehr
gutem Erfolg eingeführt wurde; und es würde dieselbe jedenfalls daselbst noch in
Anwendung seyn, wenn sie nicht durch die neuere Ziervogel'sche, noch etwas weniger kostspielige Entsilberungsmethode, die für
die dortigen sehr reinen Kupfersteine ganz geeignet ist, verdrängt worden wäre.
Obgleich die Augustin'sche Entsilberungsmethode für
silberhaltige Kupfersteine nicht mit Schwierigkeiten verbunden ist, sobald die
Bedingungen erfüllt werden, unter welchen sie sich mit Vortheil anwenden läßt, und
man sie deßhalb auch hier und da, wo es die Umstände zuließen oder sogar verlangten,
eingeführt hat, so hat man ihr aber doch nicht überall den Vortheil, welchen sie
gegen die Entsilberung des Kupfersteins durch Amalgamation sowohl, als auch gegen
die Entsilberung des aus dem Kupferstein erzeugten Schwarzkupfers durch den
Saigerproceß oder durch Amalgamation gewährt, in vollem Maaße abgewinnen können. Die
Entsilberung geschah entweder zu unvollkommen, oder es stellte sich, wenn das
ausgebrachte Silber mit dem in den Rückständen und in dem aufgefangenen Flugstaub
vom Rösten noch verbliebenen Silber zusammen gerechnet, und die Summe mit derjenigen
Silbermenge verglichen wurde, die in der ganzen Quantität des zur Extraction
gelangten Kupfersteins enthalten war, ein zu hoher Verlust an Silber heraus. Gibt
man auch zu, daß eine zu unvollständige Entsilberung zum Theil in einem noch nicht
vollständig geregelten Betriebe zu suchen sey, so scheint eine solche doch auch zum
Theil, sowie ein auffallend hoher Silberverlust, noch einen ganz andern Grund zu
haben. Der mechanische Verlust, welcher durch Verstäubung beim Sieben und Mahlen des
gerösteten Kupfersteins entsteht, dürfte doch wohl zu gering seyn, als daß er
mehrere Procente Silberbetragen könnte; weßhalb derselbe auch hier, da er durch
zweckentsprechende Vorrichtungen bei den betreffenden Maschinen sehr zu vermindern
ist, unbeachtet bleiben kann. Berücksichtigt man aber, daß der Kupferstein nicht an
allen Orten so rein von Nebenbestandtheilen ist, als gerade der Mansfelder, sondern
daß mancher Kupferstein neben seinen wesentlichen Bestandtheilen an Schwefelkupfer
und Schwefeleisen, außer Schwefelsilber öfters auch verschiedene Nebenbestandtheile,
namentlich Schwefelblei, Schwefelzink, Schwefelantimon etc. in merklicher Menge
enthält, so liegt die Frage sehr nahe: ob nicht dergleichen fremdartige
Beimischungen als Ursache eines zu hohen Silberverlustes anzusehen seyn dürften?
Faßt man die im Großen schon oft gemachte Erfahrung: daß
gewisse Verbindungen, die bei erhöhter Temperatur flüchtig werden, andere
weniger flüchtige zur Verflüchtigung disponiren, ins Auge, und verfolgt den
Proceß des Röstens, so findet man, daß beim Vor- und Todtrösten des
Kupfersteins, die denselben bildenden Schwefelmetalle sich anfangs größtentheils in
basisch schwefelsaure Metalloxyde, und erst später bei erhöhter Temperatur, mit
Ausnahme der an Schwefelsäure bereits gebundenen Oxyde des Bleies, Zinkes und
Silbers, in freie Oxyde umändern, und daß sich dabei hauptsächlich nur Säuren des
Schwefels, und bei Gegenwart von Schwefelantimon, auch antimonige Säure
(Antimonoxyd) verstüchtigen; dagegen beim Gutrösten des todtgerösteten
Kupfersteinmehles mit Kochsalz, sich, wenn der Kupferstein sehr unrein war, außer
Chlorsilber noch verschiedene andere Chlormetalle bilden, die zum Theil ebenfalls
flüchtig werden. Wenn nun auch nicht anzunehmen ist, daß die genannten Säuren viel
zur Verflüchtigung von Silber beitragen werden, so scheint es aber bei den sich
verflüchtigenden Chlormetallen der Fall zu seyn: denn die beim Gutrösten eines
silberhaltigen unreinen Kupfersteins sich bildenden und flüchtig werdenden
Chlormetalle, die man neben den vielleicht durch den Luftzug mechanisch
fortgeführten feinen Kupfersteintheilen in besonderen, mit den Röstöfen in
Verbindung stehenden, Condensatoren aufzufangen sucht, zeigen stets einen nicht
unbedeutenden Gehalt an Silber. Ist der Kupferstein z.B. nicht frei von
Schwefelblei, so findet sich, trotz eines sorgfältigen Todtröstens, in den
Condensatoren ein silberhaltiger Niederschlag, der eben so reich und öfters noch
reicher an Kupfer ist, als an Blei; wodurch sogar die Vermuthung hervorgerufen wird,
es müsse sich neben Chlorblei auch Chlorkupfer bilden, welches bekanntlich ebenfalls
flüchtig ist.
Ueberzeugt man sich durch Versuche im Kleinen, wie sich diejenigen freien und
schwefelsauren Metalloxyde, welche nach dem Todtrösten eines mit Schwefelblei, Schwefelzink
und Schwefelantimon verunreinigten Kupfersteins, neben freiem Kupfer- und
Eisenoxyd und schwefelsaurem Silberoxyd noch vorhanden seyn können, zu Kochsalz
verhalten, wenn sie mit demselben gemengt in offenen, hinreichend weiten Glasröhren
über der Spirituslampe mit doppeltem Luftzuge bis zum Glühen erhitzt werden, so
gelangt man zu folgenden Resultaten:
1) freies Bleioxyd. Dieses erleidet von Kochsalz keine
Veränderung.
2) schwefelsaures Bleioxyd. Schmilzt mit einer zur
Zersetzung hinreichenden Menge von Kochsalz schon bei eintretender dunkler
Rothglühhitze zur klaren Flüssigkeit und gibt Dämpfe von Chlorblei, die bei
zunehmender Hitze sich vermehren und um so bedeutender sind, je stärker der Luftzug
ist.Um einen stärkeren oder schwächeren Luftzug in einer horizontal gerichteten
offenen Glasröhre hervorzubringen, dient am besten ein Löthrohr oder eine zu
einer feinen Spitze ausgezogene dünne Glasröhre, mit welchen Instrumenten
man vor dem einen offnen Ende der Glasröhre die Luft ganz behutsam in
Bewegung setzt.
3) freies Zinkoxyd. Erleidet durch Kochsalz keine
Veränderung.
4) schwefelsaures Zinkoxyd. Verhält sich zu Kochsalz
ebenso wie schwefelsaures Bleioxyd; es bildet sich schon bei eintretender dunkler
Rothglühhitze eine klare Flüssigkeit, die bei Zutritt von Luft sehr flüchtige Dämpfe
von Chlorzink ausgibt.
5) eine Verbindung von antimoniger Säure mit Antimonsäure
(antimonsaures Antimonoxyd). Gibt mit Kochsalz bis zum schwachen Rothglühen
erhitzt, zwar flüchtige Dämpfe von Chlorantimon, jedoch selbst bei starkem Zutritt
von atmosphärischer Luft in nicht sehr bedeutender Menge.
Nimmt man an, daß in einem todtgerösteten Kupferstein noch eine geringe Menge von
Kupferoxyd an Schwefelsäure gebunden sey, so wäre auch noch zu berücksichtigen
6) schwefelsaures Kupferoxyd. Dieses schmilzt mit der zur
Zersetzung erforderlichen Menge von Kochsalz bei dunkler Rothglühhitze zu einer
undurchsichtigen Masse, wobei sich Kupferchlorid und schwefelsaures Natron bilden;
das Kupferchlorid wird bei Zutritt von Luft dampfförmig frei, jedoch schon bei
schwacher Rothglühhitze unter Entwickelung von Chlorgas größtentheils in
Kupferchlorür umgeändert, welches sich etwas weniger flüchtig zeigt, als das
unverändert gebliebene Kupferchlorid.
Da nun Chlorblei und Chlorzink in der Glühhitze bei Zutritt von Luft sich nicht
vollständig verflüchtigen, sondern ein Theil des Chlorbleies sich in
Bleioxyd-Chlorblei (basisches Chlorblei) und das Chlorzink sich zum Theil in
freies Zinkoxyd umändert, wobei aus beiden Chlormetallen Chlor frei wird, welches,
wenn es bei hinreichend hoher Temperatur mit Wasserdampf in Berührung kommt, sich
sofort in gasförmige Chlorwasserstoffsäure umändert, so läßt sich hieraus auch
erklären, warum bei einem völlig todtgerösteten, von schwefelsaurem Kupferoxyd
beinahe befreiten Kupferstein, wenn derselbe z.B. bleihaltig ist, während des
Gutröstens mit Kochsalz, neben Chlorblei sich auch viel Chlorkupfer bildet. Treffen
nämlich die Dämpfe des Kochsalzes, welche sich in der Röstpost verbreiten, mit
schwefelsaurem Bleioxyd zusammen, so erfolgt sofort eine gegenseitige Zerlegung; es
bildet sich Chlorblei und schwefelsaures Natron, von welchen Producten das erstere
geneigt ist, sich zu verflüchtigen. Während nun die Röstpost mit dem Röstkrähl so in
ihrer Lage verändert wird, daß jeden Augenblick von den untersten Schichten neue
Partien auf die Oberfläche, und folglich mit den gasförmigen Verbrennungsproducten
des Brennmaterials, als auch mit atmosphärischer Luft in Berührung kommen,
verflüchtigt sich von dem freiliegenden Chlorblei ein Theil unverändert, ein anderer
Theil wird aber unter Entwickelung von Chlor in basisches Chlorblei umgeändert,
welches zurück bleibt. Das frei werdende Chlor verwandelt sich auf Kosten des in den
gasförmigen Verbrennungsproducten des Brennmaterials enthaltenen Wasserdampfes in
demselben Augenblicke als es frei wird, in gasförmige Chlorwasserstoffsäure, die auf
die mit ihr in Berührung kommenden Theile von Kupferoxyd einwirkt und dieselben in
Chlorkupfer (Kupferchlorid und Kupferchlorür) umändert. Das gebildete Chlorkupfer
wird neben dem flüchtig gewordenen Chlorblei ebenfalls verflüchtigt; ein geringer
Theil desselben wird aber am Fuchse des Röstofens durch den in den gasförmigen
Verbrennungsproducten des Brennmaterials enthaltenen Wasserdampf zerlegt, so daß
sich daselbst Kupferoxyd ausscheidet, welches sich zuweilen in krystallinischem
Zustande ablagert.
Ebenso, wie die Bildung von Chlorkupfer durch Chlorblei hervorgerufen werden kann,
geschieht dieß auch – vielleicht in etwas geringerem Grabe – durch
Chlorzink.
Enthält also ein durch Extraction mittelst Kochsalzlauge zu entsilbernder Kupferstein
merkliche Mengen von solchen Schwefelmetallen, die beim Tobtrösten noch
schwefelsaure Metalloxyde hinterlassen, so darf es beim Gutrösten nicht an Kochsalz
fehlen, sobald alles schwefelsaure Silberoxyd und die vielleicht vorhandenen
geringen Mengen metallischen und unzersetzten Schwefelsilbers vollständig in
Chlorsilber umgewandelt werden sollen.
Wenn nun die beim Gutrösten flüchtig werdenden und in den Condensatoren sich
niederschlagenden Chlormetalle (welche, wenn die beim Vor- und Todtrösten
frei werdenden Säuren des Schwefels ebenfalls in dieselben Condensatoren geleitet
werden, sich zum Theil wieder in schwefelsaure Metalloxyde umändern), wie schon oben
bemerkt, einen nicht unbedeutenden Silbergehalt besitzen, so ist auch anzunehmen,
daß das beim Gutrösten sich bildende Chlorsilber durch die gleichzeitig sich
bildenden flüchtigen Chlormetalle zur Verflüchtigung disponirt wird, und, wenn die
Condensatoren bei zu geringen Dimensionen in Folge der heißen gasförmigen
Verbrennungsproducte des Brennmaterials zu heiß werden und deßhalb eine zu starke
Strömung der Gase und Dämpfe zulassen, sogar zum Theil mit in die Atmosphäre
übergeführt werden kann.
Um hierüber völlige Gewißheit zu erlangen, unternahm ich folgenden Versuch im
Kleinen. Ich setzte ein Gemenge zusammen, aus:
10,0
Grammen
reinem
Kupferoxyd,
3,0
„
„
Chlorblei und
0,6
„
geschmolzenem, feinzertheiltem
Chlorsilber.
–––––––––––
Sa.
13,6
Grammen.
Dieses Gemenge brachte ich in eine 2 Fuß lange und im Lichten 3/4 Zoll weite
Porzellanröhre so, daß es in deren Mitte eine zwischen 1/8 und 1/4 Zoll dicke Lage
bildete. Die Röhre legte ich horizontal in einen Röhren-Glühofen, verband das
eine Ende derselben mit einem Gasometer, der mit atmosphärischer Luft gefüllt war
und mit einem kleinen mit Wasser gefüllten Gefäße in Verbindung stand, damit ich
analog dem Röstprocesse im Großen, einen schwachen Luftstrom und, da derselbe in
einzelnen Blasen durch das Wasser geleitet werden konnte, auch den nöthigen
Wasserdampf auf das Gemenge zu führen im Stande war, wie er sich beim Rösten in
einem Flammofen in den gasförmigen Verbrennungsproducten des Brennmaterials
vorfindet. Das andere Ende der Porzellanröhre verband ich unmittelbar mit einem 6
Zoll im Durchmesser weiten Glasballon, welcher einen doppelten Hals hatte; diesen
setzte ich wieder mit einer 4 Fuß langen, 3/4 Zoll weiten Glasröhre in Verbindung,
der ich eine senkrechte Stellung gab, und überdeckte das obere offene Ende derselben
mit einem geräumigen Glaskolben so, daß die über das Gemenge geleitete Luft
unbehindert durch den Ballon und die Röhre in den Kolben, und rückwärts zwischen dem
Hals des Kolbens und der Röhre in die Atmosphäre treten konnte.
Als ich die Porzellanröhre an der Stelle, an welcher sich das Gemenge befand, durch
glühende Kohlen nach und nach in schwaches Glühen versetzte, und einen schwachen,
feuchten Luftstrom durch dieselbe hindurch leitete, zeigten sich im Ballon Sublimate
von hellbrauner Farbe, die sich im untern Theile des Ballons (der von kalter Luft
umgeben war) ablagerten und da, wo sie zuerst erkalteten, eine graulich-weiße
Farbe annahmen. Ein Aufsteigen von Dämpfen in der Glasröhre konnte jedoch nicht
bemerkt werden. Bei fortdauerndem schwachem Glühen der Porzellanröhre vermehrte
sich, trotz dem daß das stark gesinterte Gemenge in seiner Lage nicht verändert
werden konnte, der Sublimatanflug im untern Theile des Ballons so, daß er nach
Verlauf von beinahe 1 Stunde in der Nähe des Halses, der mit der Porzellanröhre in
unmittelbarer Verbindung stand, eine ungefähr 1/16 Zoll dicke Lage bildete. In der
Glasröhre und in dem obern Glaskolben hatte sich, da der Ballon nach und nach warm
geworden war, ebenfalls ein dünner Anflug gebildet; ja es traten sogar noch Dämpfe
in geringer Menge zwischen dem Glaskolben und der Glasröhre in die Atmosphäre. Da
sich das Sublimat im Ballon von dieser Zeit an nicht weiter zu vermehren schien, so
wurde der Versuch unterbrochen und der Apparat auseinander genommen. Das Resultat
des Versuches war nun weiter folgendes:
1) Das im Ballon und in dem mit demselben verbundenen Theile der Porzellanröhre sich
angesetzte Sublimat, welches nach dem Erkalten eine graulichweiße Farbe angenommen
hatte, wog 0,9 Gramme und betrug also (0,9 × 100)/13,6 = 6,61 Procent von dem
angewendeten Gemenge.
Bei der Untersuchung dieses Sublimates vor dem Löthrohre ergab sich, daß es
hauptsächlich aus Chlorblei und Chlorkupfer bestand und 2,6 Procent, oder im
100pfündigen Centner = 260 Pfundtheile (nach dem 110pfündigen Centner = 91,5 Loth)
Silber enthielt. Bei der Zerlegung auf nassem Wege stellte sich seine
Zusammensetzung wie folgt heraus:
63,8
Proc.
Chlorblei und Bleioxyd mit
54,8
metall.
Blei,
32,8
„
Halb-Chlorkupfer mit
21,0
„
Kupfer und
3,4
„
Chlorsilber mit
2,6
„
Silber.
––––––
100.
2) Der in der Glasröhre und im Glaskolben befindliche Anflug, dessen Gewicht nicht
bestimmt werden konnte, weil er nicht vollständig auf mechanische Weise vom Glase zu
entfernen war, bestand hauptsächlich aus Einfach-Chlorkupfer (Kupferchlorid)
und enthielt nach einer Untersuchung vor dem Löthrohre 1,69 Proc., oder im
100pfündigen Centner = 169 Pfundtheile (nach dem 110pf. Centner = 59,5 Loth)
Silber.
Da nun durch einen solchen einfachen Versuch evident nachgewiesen werden kann, daß
das beim Gutrösten des Kupfersteins mit Kochsalz sich bildende Chlorblei Veranlassung
zur Bildung von Chlorkupfer gibt, wenn das Kupfer als freies Kupferoxyd vorhanden
ist, und daß Chlorsilber geneigt ist, sich mit den Chlormetallen des Bleies und
Kupfers gemeinschaftlich zu verflüchtigen und zum Theil mit in die Atmosphäre
überzugehen, selbst wenn hinreichende Gelegenheit zur Kondensation gegeben ist, so
ist auch anzunehmen, daß ein merklicher Bleigehalt im Kupferstein für die Extraction
nur nachtheilig seyn muß, sobald die vom Röstherde in die Kondensatoren übergehenden
Dämpfe der flüchtigen Chlormetalle, bei Gegenwart heißer gasförmiger
Verbrennungsproducte des Brennmaterials und eines zu lebhaften Luftzuges, nicht
genug Gelegenheit finden sich abzusetzen, sondern zum Theil mit in die Atmosphäre
übergeführt werden.
Zu den Bedingungen, unter welchen sich die Augustin'sche
Entsilberungsmethode mit Vortheil anwenden läßt, gehört also auch die, daß der zu
entsilbernde Kupferstein möglichst frei von Blei, oder überhaupt möglichst frei von
derartigen Schwefelmetallen sey, die beim Vorrösten sich in solche schwefelsaure
Metalloxyde umändern, welche beim Todtrösten sich entweder gar nicht oder nur sehr
unvollständig in freie Oxyde zerlegen lassen und beim Gutrösten mit Kochsalz
flüchtige Chlormetalle bilden; oder, wenn diese Bedingung aus gewissen Gründen nicht
hinreichend erfüllt werden kann, man die Rostöfen mit geräumigen,
zweckentsprechenden Condensatoren verbinden müsse, in welchen die flüchtigen
Chlormetalle Gelegenheit finden sich vollständig niederzuschlagen.
Obgleich es nicht ganz leicht ist, einen unreinen silberhaltigen Kupferstein für die
Extraction so weit vorzubereiten, daß er sich ohne Schwierigkeiten mit möglichst
wenig Silberverlust entsilbern läßt, so gibt es doch Mittel und Wege, einen solchen
Kupferstein durch ein Concentrationsschmelzen, am besten in einem Flammofen, zur
Erhöhung seines Kupfergehaltes gleichzeitig von den für die Extraction schädlichen
Schwefelmetallen größtentheils zu befreien. Es ist bekannt, daß das Kupfer eine
größere Verwandtschaft zum Schwefel hat, als das Blei; weßhalb es auch möglich ist,
beim Verschmelzen eines, nur bis zu einem gewissen Grade zugebrannten (in Stadeln
gerösteten) Kupfersteins, mit zweckentsprechenden Zuschlägen zur Verschlackung des
oxydirten Eisens, z.B. einen Gehalt an Blei größtentheils, und zwar am sichersten
gleichzeitig mit etwas Kupfer metallisch auszuscheiden. Auf welche Weise das neben
dem Concentrationsstein sich ausscheidende Product, welches stets silberhaltig
ausfällt, weiter so zu gute zu machen ist, daß das Kupfer wieder in Schwefelkupfer
umgeändert und das Blei als silberhaltiges Blei abgeschieden wird, hängt von den bei
dem betreffenden Hüttenwerke eingeführten Schmelzprocessen ab, so daß sich hierüber
etwas Weiteres nicht sagen läßt. Hat man bei der Erzeugung des Kupferrohsteins bereits
Rücksicht auf möglichste Entfernung eines Zinkgehaltes genommen, wenn vielleicht die
Erze blendig waren, so hat man auch nicht zu befürchten, daß der Concentrationsstein
einen merklichen Gehalt an Zink besitzen werde.
Nun könnte zur Vermeidung der, der Condensation der beim Gutrösten sich entwickelnden
Dämpfe verschiedener Chlormetalle, so hinderlichen heißen gasförmigen
Verbrennungsproducte auch in Frage kommen, ob es nicht zweckmäßig sey, zum Gutrösten
einen Flammofen von solcher Construction anzuwenden, bei welchem die
Verbrennungsproducte des Brennmaterials für sich abziehen und gar nicht in den
Arbeitsraum, und folglich auch nicht mit in die Condensatoren gelangen, wie z.B.
einen solchen, welcher zu Reichenstein in Schlesien zur Gewinnung des Giftmehles
(der arsenigen Säure) aus Arsenkies schon lange mit Vortheil angewendet worden und
in Karsten's System der Metallurgie Bd. IV S. 585, so wie
in Scheerer's Lehrbuch der Metallurgie Bd. 1 S. 110
beschrieben ist. Bedenkt man indessen, daß bei einem solchen Ofen der Herd desselben
am stärksten erhitzt wird, und beim Gutrösten des todtgerösteten Kupfersteins,
letzterer in Folge der stattfindenden gegenseitigen Zersetzung der vorhandenen
schwefelsauren Metalloxyde und des Kochsalzes die Eigenschaft bekommt sich leicht
aufzulegen, ferner, daß, wenn die Temperatur im Arbeitsraum nicht hoch genug und der
Luftzug nur schwach ist, die gebildeten flüchtigen Chlormetalle zu unvollständig
entfernt werden, auch daß ein nicht unbedeutender Rückhalt von Chlorblei in dem
gutgerösteten Kupferstein insofern nachtheilig ist, als sich dasselbe in der zur
Extraction dienenden Kochsalzlauge gleichzeitig mit dem Chlorsilber auflöst, und das
durch Kupfer ausgefällte Cementsilber verunreinigt: so scheint es, noch ganz
abgesehen von einem vielleicht etwas höheren Brennmaterialaufwand, doch einigermaßen
zweifelhaft, ob ein Flammofen, von solcher Construction wie der Reichensteiner, im
vorliegenden Fall den Anforderungen vollständig entsprechen dürfte. Ließe sich ein
solcher Flammofen dahin abändern, daß man die Temperatur und den Luftzug im
Arbeitsraume nach Erforderniß reguliren könnte, ohne daß dabei der Herd zu sehr
erhitzt zu werden brauchte, so würde er, sobald man von einem etwas höheren
Brennmaterialaufwand abstehet, einem gewöhnlichen Röstofen, bei welchem die Flamme
aus dem Feuerungsraum in den Röstraum tritt, allerdings vorzuziehen seyn.