Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 132, Jahrgang 1854, Nr. , S. 461 |
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Miscellen.
Miscellen.
Der neue Krystall-Palast zu Sydenham bei London.
Nach Beendigung der großen Welt-Ausstellung zu London im Jahre 1851 erkannten
es die Freunde dieses Unternehmens „als ihre heiligste Pflicht, ihr
Vaterland von der Schmach zu retten, von welcher es durch den Verlust des
herrlichen Baues bedroht wurde, an dessen Erhaltung sich ein so glücklicher
Abschnitt in dem Leben des englischen Volks knüpfte.“ So entstand ein
Verein, welcher sich als Krystall-Palast-Compagnie constituirte und
sich zur Aufgabe stellte, in dem nahe bei London wieder aufgeführten
Ausstellungsgebäude Kunstwerke aller historisch-merkwürdigen Völker von den
ältesten bis auf die neuesten Zeiten und ausgezeichnete Sammlungen aus dem Reiche
der Natur nebst Producten und Fabricaten der menschlichen Industrie aus allen
Welttheilen den Besuchern darzustellen.
Binnen 14 Tagen war das Actiencapital von einer Million Pfd. St. gezeichnet: Sir Joseph Paxton übernahm die Oberaufsicht des Gartens, des
Parks und der Treibhäuser; die HHrn. Fox, Henderson und
Comp. leiteten den Neubau ihres eigenen Prachtgebäudes und die HHrn. Owen Jones, Digby Wyat und Charles
Wild, welche als Theilnehmer an dem Ruhme des altern Baues die
Anforderungen an das neue Gebäude um so vollkommener zu würdigen vermochten, traten
ihnen behufs Decorirung des Gebäudes u.s.w. zur Seite.
Das für den Wiederaufbau des Krystall-Palastes gewählte Areal bildet ein
unregelmäßiges Parallelogramm von 300 Acre Landes, welches sich in einer Länge von
300 Fuß an der Brighton-Eisenbahn zwischen den Stationen von Sydenham und
Anesley hinzieht und sich rückwärts bis an die Landstraße, welche den höchsten Punkt
des Dulwicher Holzes begränzt, zu einer Weite von 3000 Fuß ausbreitet. Die Absenkung
des Terrains von diesem Punkte bis zu der Brighton-Eisenbahn beträgt 200 Fuß.
Auf dem Höhenpunkte dieses Hügels, unmittelbar neben der Landstraße belegen, ist der
Palast einerseits von London aus sichtbar, andererseits ragt er weit über die
umliegende Gegend hinaus. Wegen der raschen Absenkung des Terrains ist an der dem
Parke zugekehrten Façade die Hinzufügung eines neuen Stockwerks nothwendig
geworden, wodurch zugleich einem allgemein anerkannten Mangel des früheren Gebäudes,
der geringen Höhe der Façade, abgeholfen ist.
Der Zugang zu dem Glaspalaste wird durch zwei Eisenbahnen, nach dem östlichen und
westlichen Theile Londons, sowie durch eine gewöhnliche Fahrstraße vermittelt.
Die Wahl des Bauplatzes bedingte wesentliche Abänderungen in der äußern Form des
Gebäudes. Was im Hyde-Park die eine Seite gebildet hatte, wurde jetzt zur
Façade. Bei der außerordentlichen Länge des ältern Gebäudes war es unmöglich,
dasselbe mit einem einzigen Blicke aufzufassen. Der Neubau wurde daher um 240 Fuß
verkürzt. Ferner wurde an jedem Ende ein dem Transepte des älteren Gebäudes
ähnliches Transept hinzugefügt, welches mit seinem Bogendache von 120 Fuß
Durchmesser über das Bogendach des Hauptschiffes weit hinaustritt. Diese Transepte
stehen mit ihren Nebendächern über die Hauptlinie des Gebäudes hervor und bilden eine imposante Gruppe,
während an den Punkten, wo die Dächer der Transepte das Dach des Hauptschiffes
durchschneiden, Thüren von mäßiger Höhe zur Verstärkung des Gesammt-Eindrucks
wesentlich beitragen. Eine weitere Vervollkommnung des ursprünglichen Bauplanes
bildet die Einführung gewölbter Vorhallen von 24 Fuß Tiefe an dem Ende dieser
Transepte. Die mittlere Vorhalle schwingt sich bei einer Weite von 120 Fuß zu einer
Höhe von 194 Fuß auf, während die Vorhallen der Seitentransepte bei einer Weite von
72 Fuß eine Höhe von 150 Fuß erreichen.
Das ganze Hauptschiff des neuen Gebäudes wird von einem gewölbten Glasdache
überspannt.
Die mit dem Innern vorgenommenen Veränderungen erhöhen, abgesehen von der durch die
größere Höhe des Hauptschiffes erreichten Wirkung – es wird nämlich das
frühere noch um 44 Fuß übersteigen – wesentlich den Eindruck des Ganzen,
indem die Säulen und Streben nicht wie früher eine gerade Linie bilden, sondern alle
72 Fuß ein Paar Säulen, welche 24 Fuß von einander abstehen, um 8 Fuß in das
Hauptschiff vortreten und dadurch dem Auge einen Haltpunkt gewähren. Von diesen
Säulen gehen 8 Fuß tiefe, gebogene eiserne Streben aus, welche die Längenbalken des
Dachgerüstes stützen und so mit einander verbunden sind, daß sie Pfeilergruppen im
gothischen Baustyle bilden.
Was das Innere des neuen Krystall-Palastes anlangt, so werden die Seiten des
Hauptschiffes, die Transepte und die Räume auf beiden Seiten der verschiedenen Höfe
mit den Vögeln, Pflanzen und Bäumen jeder Zone, mit hier und da aufgestellten
Springbrunnen, Statuen und andern Kunstwerken verziert werden. An der nordöstlichen
Seite des Gebäudes werden sich historisch geordnete Sammlungen von Sculpturen und
Bauwerken der berühmtesten Bildhauer und Baukünstler des Alterthums (in Abgüssen)
befinden; die südöstliche Seite wird ähnliche Reihen von Kunstwerken des
Mittelalters enthalten. Außerdem wird der Palast noch eine Abtheilung für die
Alterthümer von Ninive, sowie eine andere für ägyptische Alterthümer neben zwei
großen Erfrischungsräumen enthalten, von denen einer in dem Style von Pompeji, der
andere in dem eines Theils der Alhambra ausgeführt werden soll.
Der nördliche und südwestliche Theil des Gebäudes, sowie die 24 Fuß breite Galerie,
welche sich um dasselbe herumzieht, wird den Raum für die Ausstellung von Fabricaten
und nützlichen Arbeiten jeder Art darbieten.
Die ethnologische Sammlung soll Modelle der verschiedenen Varietäten der
Menschenracen in ihrer Nationaltracht, mit ihren Haus- und Ackergeräthen,
ihren Waffen, Wohnungen, Fuhrwerken und andern hieher gehörigen, charakteristischen
Gegenständen darstellen. Diese Sammlung wird in der Nähe derjenigen Pflanzenregion
aufgestellt werden, zu welcher die einzelnen Theile derselben gehören. Ihr schließt
sich ferner die zoologische Sammlung an: die Vierfüßler, Vögel, Reptilien. Fische,
Mollusken und Insecten sollen in den ihnen natürlichsten Stellungen, welche ihre
Gewohnheiten und Neigungen verdeutlichen, aufgestellt werden. So werden die Fische
in geräumigen gläsernen Gefäßen, die mit einer wasserhellen antiseptischen
Flüssigkeit gefüllt sind, schwimmend erscheinen. Die Mollusken sollen nicht bloß
durch Schalen, sondern durch Modelle, die sich in dem ihnen eigenthümlichen Elemente
kriechend oder schwimmend fortzubewegen scheinen, vertreten werden. In der
geologischen Abtheilung sollen die mannichfaltigen Formationen der Erdkruste,
Modelle zur Verdeutlichung der Arbeiten in Bergwerken u.s.w., zur Erläuterung der
Wirkung von Vulcanen und zur Darstellung der colossalen Gebilde der Vorwelt
aufgestellt werden.
Eine besondere Abtheilung wird diejenigen Rohproducte aufnehmen, welche bereits als
Gegenstände des Handels und der Fabrication benutzt werden oder später eine bis
jetzt unbekannte Anwendung finden mögen. Ihre Aufstellung soll die möglichst
vollständige Belehrung über Qualität, Bezugsquellen und Preise gewähren.
Die Endpunkte des Gebäudes dehnen sich zu langen Flügeln aus, welche beträchtlich
über die Hauptlinie hinaus vortreten und terrassirte Gärten begränzen, welche ein
Areal von mehr als 30 Acres umfassen, unmittelbar an den Bahnhof gränzen, und mit
Springbrunnen, deren einer zu einer Höhe von 200 Fuß hinaufsteigen soll, Statuen,
Tempeln u.s.w. ausgeschmückt werden sollen.
Die Eröffnung dieses, in der Art seiner Anlage und Ausführung einzig dastehenden
Bauwerks fand am 3 Junius d. J. statt.
Was nun insbesondere die Vertretung der Industrie und der Gewerbe in diesem neuen
Krystall-Palaste anlangt, so sollen die bei der Welt-Ausstellung
gesetzten Schranken fallen. Es soll eine Weltmesse begründet werden, an welcher die
Aussteller aus allen Weltgegenden gegen Zahlung einer Miethe für den erforderlichen
Raum nach ihrer Wahl mit ganzen Partien oder bloßen Mustern ihrer Fabricate sich
betheiligen können. Zu diesem Zwecke sind kleinere und größere Räume eingerichtet,
welche dem jedesmaligen Bedürfnisse angepaßt werden können. Die Aussteller haben den
Miethzins, die Transportkosten und den englischen Eingangszoll vor der Ausstellung
ihrer Fabricate zu entrichten, genießen dagegen den Vorzug vor der Ausstellung im
Jahre 1851, daß die Artikel nicht allein mit Nummern, Preisen, Firma des Ausstellers
und seines Londoner Commissionärs versehen werden, sondern auch an Ort und Stelle
stets verkauft und sofort abgeliefert werden können.
Die Preise der Miethräume wechseln nach dem jedesmaligen Begehr und können durch
Anfrage in London ermittelt werden. Die Direction des Krystall-Palastes hebt
besonders hervor, daß jeder Reisende, welcher England in Geschäften oder zum
Vergnügen besuchen werde, bei der Besichtigung dieses großartigen Unternehmens
Gelegenheit nehmen könne, sich mit der Adresse des Ausstellers bekannt zu machen und
mit ihm in Verbindung zu treten, sowie daß der Aussteller sowohl dem Export als auch
dem Verkaufe in England zugleich Genüge leisten könne, indem er seine Waaren in
Entrepot legt, davon Proben oder Muster zur Ausstellung bringen, danach Partien
verkaufen und dann entweder transito ausführen, oder aber für den Verbrauch in
England selbst dann erst verzollen lassen kann. Wenn es zweckmäßig seyn sollte, so
wird die Verwaltung des Krystall-Palastes einen fähigen sprachkundigen Mann
als allgemeinen Agenten anstellen, welcher täglich in den Räumen zugegen seyn und
die Geschäfte für jeden einzelnen Aussteller besorgen würde. Die Gesellschaft wird
sich in diesem Falle eine mäßige Verkaufsprovision berechnen.
Eine besondere Abtheilung soll ferner ein leicht zu übersehendes Verzeichniß bereits
ertheilter oder erst nachgesuchter Patente, sowie auch eine Halle für Erfindungen
zur Ausstellung von Modellen und gehenden Maschinen darbieten. v. R. (Mittheilungen
des hannoverschen Gewerbevereins, 1854, Heft 2.)
Gasanstalt des Eisenbahnhofes in Hannover.
Die Gasanstalt auf dem Bahnhofe zu Hannover hat im Jahre 1852/53 verwendet:
für Gaskohlen
2782 Rthlr.
2 Ggr.
1 Pf.
„ Brandkohlen
1247 „
11 „
– „
„ Reparaturen
1586 „
22 „
9 „
„ Arbeitslöhne
643 „
9 „
– „
––––––––––––––––––––––
Zusammen
6259 Rthlr.
20 Ggr.
10 Pf.
Davon ab der Werth des gewonnenen
Kohks, Theer u.s.w.
1512 „
8 „
3 „
––––––––––––––––––––––
Bleibt für das producirte Gas
4747 Rthlr.
12 Ggr.
7 Pf.
Die größte Zahl der gleichzeitig brennenden Flammen war 712. Diese haben zusammen
1,104,738 Stunden gebrannt und 5,890,730 Kubikfuß Gas verbraucht.
Der Preis des Gases ist also pro Kubikfuß 0,2321 Pf.,
pro 1000 Kubikfuß
– Rthlr.
19 Ggr.
4 Pf.
Unter Zurechnung der Zinsen des
Anlagecapitals 0,3024 Pf., pro 1000 Kubikfuß
1 „
1 „
2 „
Die Resultate der Gasanstalt waren in den 5 1/2 Jahren ihres Bestehens:
Textabbildung Bd. 132, S. 463
Zahl der Flammen; Stunden gebrannt;
Kubikfuß Gas; Kosten; 1000 Kubikfuß kosten ohne Zinsen; incl. der Zinsen; Rthl.;
Ggr.; Pf.
(Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins, 1854, Heft
2.)
Ueber Darstellung silberner Handglocken oder Klingeln; von Fr.
Schwärzler in Bregenz.
Man ist wohl allgemein der Ansicht, daß durch Schmieden keine klingenden silbernen
Handglocken dargestellt werden können, sondern bloß durch Guß. Dieß ist jedoch nur
dann der Fall, wenn man dieselben nach der bisher gebräuchlichen Methode anfertigt,
indem man z.B. für eine Glocke aus einer Legirung von Silber und Kupfer, letztere in
eine vertical gestellte Röhre gießt, wo dann das Metall senkrecht stehend
krystallisirt, so daß, wenn man die so erhaltene Metallstange in die Breite
schmiedet, um eine Glocke daraus zu formiren, die Krystalle des Metalles als lang
gezogene Fäden gleichsam über die Glocke gelegt sind. Man erhält hingegen eine sehr
hell und rein tönende Glocke, wenn man den Krystallen des Metalls eine solche
Anordnung gibt, daß dieselben sich in stehender Lage in der Glocke befinden; diesen
Zweck erreicht man, wenn man das Silber nicht in eine senkrechte gestellte Röhre,
sondern in eine horizontal gelegte breite viereckige Form gießt und die erhaltene
Platte zu der erforderlichen Größe und Dicke schmiedet, um daraus die Glocke zu
formiren.
Gegen diese Methode wird man einwenden, daß man beim horizontalen Gießen einer Platte
das Metall, welches durch oxydirtes Kupfer verunreinigt ist, nicht entfernen kann
(wie durch Abhauen des Kopfes der vertical gegossenen Stange), so daß man keine
reine Metallplatte erhält; diesem Uebelstand ist jedoch leicht dadurch abzuhelfen,
daß man beim Gießen der Planche das Metall in die Mitte der horizontal gelegten Form
gießt; sollten sich nach dem Formiren der Glocke Unreinigkeiten in dem Metall
zeigen, so befinden sich dieselben dann in der Kuppe der Glocke, welche man
unbeschadet des Klanges abschneiden kann, um eine andere Kuppe aufzulöthen, und
sollte sie die Hälfte der Glocke betragen, weil das Klingen nur von der untern
Hälfte derselben bedingt wird. Jedenfalls muß der Glocke nach beendigtem Hämmern
durch Ausglühen die Härte benommen werden.
Zur Fabrication der optischen Gläser.
Bei dem gegenwärtigen Standpunkt dieser Fabrication wird die Glasmasse, nachdem sie
im Hafen zum Schmelzen gebracht wurde, bloß umgerührt, um sie gleichartig zu machen und die
darin enthaltene Luft auszutreiben; es gelingt aber nie, diesen doppelten Zweck
vollständig zu erreichen, und die Operation des Umrührens, so wie sie ausgeführt
wird, verursacht selbst die Bildung zahlreicher Streifen, daher man stets einen
großen Theil des bei einer Schmelzung erhaltenen rohen Krystallglases als ungeeignet
zur Herstellung der Linsen verwerfen muß. Darauf beruht hauptsächlich die
Schwierigkeit, Objectivgläser von großen Dimensionen zu erhalten.
Hr. de Peronny, Geniecapitän zu Cherbourg, glaubt die
Lösung dieser Schwierigkeit gefunden zu haben, d.h. das Mittel fehlerfreies Glas zu
fabriciren, indem man dem Hafen welcher den geschmolzenen Glassatz enthält, eine
sehr rasche drehende Bewegung um die verticale Achse ertheilt; nach ihm bewirkt die
Centrifugalkraft, daß sich alle Luftblasen im Centrum der Glasmasse vereinigen,
während die durch das Umrühren erzeugten Streifen größtentheils verschwinden; die
Streifen aber, welche bleiben, sind kreisförmige und verursachen keinen großen
Nachtheil, wenn man besorgt ist die Drehungsachse der angewandten Glasmasse als
Achse der Linse zu wählen. (Comptes rendus, Mai 1854,
Nr. 20.)
Herstellung des so genannten Kreidepapiers mittelst
Zinkweiß.
Nach De la Rue (im Repertory of
Patent-Inventions, November 1853) verfährt man auf folgende Weise,
um das zu Visitenkarten u. dergl. dienende so genannte Kreidepapier durch einen
Anstrich von Zinkweiß – statt des sonst üblichen Bleiweißes – zu
bereiten. Das Zinkweiß (Zinkoxyd, welches als Farbe gegenwärtig im Handel vorkommt)
wird zuerst mit so wenig Wasser als möglich zur höchsten Feinheit gemahlen. Im
feuchten Zustande, unmittelbar von der Mühle weg, nimmt man 8 Pfd. 10 Loth (preuß.)
desselben, wozu 1 Berliner Quart starker Leimauflösung (die ein Viertel ihres
Gewichts trockenen Leim enthält) und 1 1/2 Quart heißen Wassers gemischt werden. Man
läßt das Ganze durch ein feines Sieb gehen und bestreicht damit starke
Papier- oder dünne Pappbogen. Auf Papier werden zwei, auf Pappe wohl drei
oder vier derartige Anstriche gegeben. Wenn der Zweck es erfordert, wird die zweite
Seite der Blätter auf gleiche Weise behandelt. Nach dem Trocknen des letzten
Anstrichs gibt man den Glanz, indem man jeden Bogen einzeln zwischen zwei
feinpolirten Kupferplatten liegend zwischen den Walzen einer starken
Kupferdruckerpresse oder des gewöhnlichen Satinir-Walzwerks hindurchgehen
läßt. Hierbei geschieht es leicht, daß das Kupfer ein wenig abfärbt; es ist daher
besser, die Bogen mit Glanzpappe (Tuchpreßspänen) geschichtet, scharf zu
pressen.
Das mit Zinkweiß überzogene Kreidepapier hat vor dem nach bisheriger Art mit Bleiweiß
bereiteten den Vorzug, daß es nicht wie dieses durch schwefelwasserstoffhaltige
Ausdünstungen braun oder schwarz wird; auch hat das Zinkweiß nicht gleich dem
Bleiweiß giftige Eigenschaften.
Da, wie schon erwähnt, Kupfer auf diesem Papiere abfärbt, so kann man letzteres zu
Notizbüchern gebrauchen, in welchen man mit einem kupfernen (oder auch messingenen)
Stifte schreibt. Hierzu ist eine große Glätte des Papiers nicht erforderlich, ja
nicht einmal zweckmäßig; man kann deßhalb in diesem Falle auf 8 Pfd. 10 Loth nasses
Zinkweiß und 1 Quart Leimauflösung, 3 Quart heißes Wasser nehmen. K. (Mittheilungen
des hannoverschen Gewerbevereins, 1854, Heft 3.)
Entsäuerung des Roggenbrodes und eine neue Fleischbrühe oder
Suppe nach Prof. v. Liebig's Angaben.
Im Laufe des vorigen Winters ist in dem städtischen Hospital zu München eine neue
Fleischbrühe oder Suppe in Anwendung gekommen und in die Privatpraxis mehrerer der
ausgezeichnetsten dortigen Aerzte, wie der DDr. v. Gietl und Pfeufer
übergegangen, welche als Mittel zur Stärkung und Hebung der Kräfte, sowie zur Bluterzeugung an der
Stelle fester animalischer Nahrung, in Fällen wo die Verdauungsorgane ihre Function
nur unvollkommen verrichten, wie in einem gewissen Stadium des Typhus, die besten
Dienste geleistet hat. Diese Suppe wird aus Fleisch durch Auslaugen mit Wasser, dem
etwas Salzsäure zugesetzt wird, bereitet. Auf ein 1/2 Pfund Fleisch (Hühner-
oder Rindfleisch) von einem frischgeschlachteten Thiere, wird 1 1/8 Pfund
destillirtes mit vier Tropfen reiner Salzsäure versetztes Wasser und 1/2 Quentchen
Kochsalz genommen, und die Mischung, wenn sie gut durcheinander gearbeitet, eine
Stunde gestanden hat, durch ein Haarsieb, ohne Pressung, abgeseiht. Auf den
Fleischrückstand im Sieb gießt man 1/2 Pfd. Wasser in kleinen Portionen nach. Die
durchgelaufene klare Flüssigkeit wird kalt, tassenweise, genossen, sie ist roth
gefärbt, von angenehmem Fleischbrühegeschmack, und enthält den zur Bildung der
Blutkörperchen geeigneten Blutfarbestoff, und darin einen weit größern Eisengehalt
als das Eigelb; ferner ist darin eine große Menge in der Hitze gerinnendes
Fleischalbumin, sodann die gewöhnlichen Bestandtheile der Fleischbrühe und zuletzt
die verdauende Salzsäure enthalten. Ein Hinderniß für deren Anwendung im Sommer ist
ihre leichte Veränderlichkeit im warmen Wetter; es ist deßhalb unerläßlich, die
Auslaugung des Fleisches mit ganz kaltem Wasser an einem kühlen Ort vorzunehmen. Die
äußere Abkühlung mit Eis ist natürlich am zweckmäßigsten, und vor allem ist darauf
zu sehen, daß das Fleisch frisch und nicht mehrere Tage alt genommen wird. Die eben
beschriebene Zubereitung ist von Prof. v. Liebig
angegeben, und zuerst in dessen Haus an einer am Typhus schwererkrankten jungen Dame
vom Medicinalrath Pfeufer angewendet worden.
In Beziehung auf die früher (S. 399 in diesem Bande des
polytechn. Journals) angegebene Vorschrift zur Entsäuerung und Verbesserung des
Roggenbrodes haben viele die Erfahrung gemacht, daß die Menge des Kalkwassers bis
auf 5. Pfd. Kalkwasser für 19 Pfd. Mehl mit Vortheil vermehrt werden darf. Der
Salzzusatz muß etwas größer seyn als bei dem gewöhnlichen Brode.
München, den 20. Juni 1854.
(Allgemeine Zeitung, 1854, Nr. 174.)
Bildung der Buttersäure beim Faulen der Schlempe von der
Destillation des gegohrenen Runkelrübensaftes.
Im nördlichen Frankreich, wo zahlreiche Fabriken den gegohrenen Runkelrübensaft zur
Weingeistgewinnung destilliren, gießt man die in der Blase zurückbleibende Schlempe
auf die öffentlichen Straßen; diese Rückstände verbreiten beim Faulen auf dem Boden,
in den Gräben, Bächen etc., nach einiger Zeit neuerdings einen unerträglichen
stinkenden Geruch. An einigen Orten haben daher die Behörden eine Commission
ernannt, um geeignete Vorschriften für die Runkelrübenbrennereien zu berathen. Hr.
Feneulle, welcher Mitglied einer solchen Commission
für den Bezirk von Cambrai war, hatte Gelegenheit den Absatz solcher Schlempen zu
untersuchen, welcher sich in den Vorgräben der Landstraße von Cambrai nach
Valenciennes gesammelt hatte; er erhielt aus diesem Satz flüchtiges Alkali,
flüchtige Oele, und Buttersäure mit Ammoniak verbunden.
Um die Buttersäure zu isoliren, vertheilte er den Satz dieser gefaulten Schlempe in
Wasser, indem er einen schwachen Ueberschuß von Schwefelsäure zusetzte; er ließ dann
absetzen, decantirte die Flüssigkeit und destillirte sie in einer gläsernen Retorte.
Das saure und stark riechende Product wurde mit Kalkmilch gesättigt, auf ein kleines
Volum abgedampft, dann in eine Röhre mit Stücken von Chlorcalcium und ein wenig
Salzsäure gebracht. Es stellte sich sogleich der starke Geruch der Buttersäure ein,
und eine gelblich gefärbte dünne ölige Schicht, welche alle Eigenschaften der
Buttersäure hatte, sammelte sich auf der Oberfläche der Flüssigkeit. (Journal de Chimie médicale, Juni 1854, S.
323.)
Düngerbereitung mit getrockneten und gepulverten Fischen; von
Hrn. de Molon.
Als Gutsbesitzer im Dept. d'Ille-et-Vilaine
hatte ich seit vielen Jahren die Fische zum Düngen angewandt. Die vortrefflichen
Resultate, welche ich damit erhielt, brachten mich auf den Gedanken, die Fische in
ein trockenes Pulver zu verwandeln, also den neuen Dünger unbeschadet seiner
Wirksamkeit auf den möglich kleinsten Raum zu reduciren, um ihn leicht aufbewahren
und versenden zu können.
Nach zahlreichen Versuchen wende ich jetzt folgendes Verfahren an:
1) die Fische werden in Kesseln mit Dampfgehäuse durch Sieden zertheilt; man setzt
dabei den Fischen kein Wasser zu, sondern leitet bloß Dampf von mehreren Atmosphären
Druck in das Gehäuse des Kessels; 2) die aus den Kesseln genommenen Fische läßt man
abtropfen, um den Thran und die Flüssigkeit abzusondern, und preßt sie dann aus; 3)
die durch das Pressen gebildeten Kuchen werden mittelst der Reibmaschine zertheilt;
4) die so zertheilte Fischmasse breitet man in dünnen Schichten auf Leinwand aus,
welche auf Rahmen gespannt ist, die dann in besondere Trockenstuben kommen, worin
ein heißer Luftstrom das vollständige Austrocknen der Masse schnell bewirkt; 5) die
aus den Trockenstuben kommende ausgetrocknete Fischmasse wird endlich in einer Mühle
zu Pulver gemahlen; in diesem Zustande läßt sie sich beliebig lang aufbewahren.
Seit zwei Jahren habe ich den Landwirthen beträchtliche Quantitäten von diesem Dünger
geliefert, womit sie stets noch bessere Resultate erhielten als mit dem Guano von
Peru.
Da der Werth des gewonnenen Thrans von den Gestehungskosten abzuziehen ist, so kann
das Pulver den Landwirthen zu annehmbarem Preise geliefert werden. (Comptes rendus, Juni 1854, Nr. 23.)
Veredelung des Weins.
Gegen dasjenige Mittel, welches wir den Weinproducenten angeben wollen, um auch dem
aus dem geringsten Most entstehenden Wein ein liebliches, natürliches Bouquet zu
geben, wird jedenfalls auch der größte Schwärmer für „reines
Naturproduct“ nichts einzuwenden haben; denn es ist die Rebe selbst,
die es liefert: es ist die Traubenblüthe. Schon der große
Botaniker Linné empfahl dieselbe zu diesem Zweck,
nachdem er bei dem Bischof von Smyrna Wein von Ula getrunken hatte, der durch seine
eigene Traubenblüthe verbessert worden war und nach seiner Versicherung die besten
smyrnischen Weine, die er kennen zu lernen Gelegenheit hatte, an würzigem Geschmack
und Bouquet weit übertraf. Daß in Griechenland dem Most allgemein Traubenblüthe
zugesetzt wird, ist eine bekannte Sache. Was könnte auch geeigneter seyn, das Aroma
der Weine zu erhöhen, als der Wohlgeruch, den der Stock selber spendet?
Man sammle also fleißig die abfallenden Traubenblüthen, um sie, als das vorzüglichste
und natürlichste Gewürz, im Herbst dem Most zusetzen zu können, und wer es mit den
ärmern Winzern wohl meint, der veranlasse dieselben, so viel Traubenblüthen, als sie
nur können, nicht bloß zum eigenen Gebrauch, sondern auch zum Verkauf zu sammeln: an
Käufern dafür wird es nicht fehlen.
Das Einsammeln der Blüthen geschieht am besten nach einem warmen Tage in den
Abendstunden, wo sie am stärksten duften. Man versieht sich zu dem Ende mit einem
Korbe, einem Teller und einem kurzen dicken Stöckchen. Während man mit der einen
Hand den Teller unter eine blühende Traube hält, klopft man mit dem Stöckchen auf
ihren Stiel oder auf ihre Rebe, jedoch so, daß sich die Erschütterung so viel als
möglich nur derjenigen Traube mittheilt, welche eben über dem Teller schwebt. Die
abgeklopften Blüthen schüttet man jedesmal in den Korb, damit die Blätter sie nicht
von dem Teller wegstreifen. Zu Hause breitet man die gesammelten Blüthen auf einem
Tisch oder auf reiner Leinwand auf dem Boden dünn auseinander, um sie im Schatten
vollkommen trocken werden zu lassen, worauf sie in Töpfen von Glas oder Steingut
fest eingedrückt werden. Hat man einen Topf auf diese Weise angefüllt, so wird er mit Papier und
demnächst mit einem Stück Thierblase überbunden, um darauf an einem trockenen Orte
aufbewahrt zu werden.
Bei der Anwendung der Traubenblüthe zum Parfümiren des Mostes kommt es hauptsächlich
darauf an, daß dieselbe nicht mit allzufreigebiger Hand zugesetzt, überhaupt ein
richtiges Verhältniß getroffen werde. Wie viel Traubenblüthe dazu auf eine gewisse
Menge Most zu nehmen ist, läßt sich voraus nicht bestimmen, da der Riechstoffgehalt
der Blüthen nicht bloß nach den verschiedenen Traubensorten, sondern auch nach den
Lagen und Jahrgängen ein sehr verschiedener ist und überdieß ein Most einen reichlicheren Zusatz, als ein anderer bedürfen kann. Am
sichersten fährt man daher, wenn man sich ein Faßchen Bouquet-Essenz bereitet, um davon demnächst dem dessen bedürftigen
Wein nach und nach als Füllwein so viel und so lange
zuzusetzen, bis derselbe die gewünschte Blume besitzt.
Man fülle zu dem Ende ein (badisches) Halbohmfaß mit hell vom Kelter ablaufenden Most
und hänge in dasselbe drei bis vier lange, schmale, zusammen mit 1/2 Pfund
Traubenblüthen gefüllte Säckchen von lockerer Leinwand; dann versehe man das Faß mit
einer luftdicht in das Spundloch eingepaßten Gährröhre und lasse den Most im Keller
gähren. Beim ersten Abstich werden die Säckchen herausgenommen und das Faß, in
welches der junge Wein übergefüllt wird, mit anderem jungen Wein spundvoll gemacht.
Nach einem zweiten Abstich kann dann diese Bouquet-Essenz als Füllwein
verwendet werden und 1/2 Ohm wird hinreichen, 3 bis 4 Fuder geringem Wein die
gewünschte Blume mitzutheilen.
Damit man aber des Guten nicht zu viel thue, muß man vor dem vierten und jedem
weitern Auffüllen den Wein kosten, um zu beurtheilen, ob das gewünschte Bouquet
erreicht oder noch ein weiterer Essenzzusatz erforderlich ist.
Diejenigen Weinproducenten, welche mein Mostveredlungsverfahren bereits anwenden,
werden überdieß, ohne daß sie erst daran erinnert werden dürfen, den Säuregehalt des
zur Bouquet-Essenz bestimmten Mostes auf 6 pro
Mille reduciren und dessen Zuckergehalt auf 24 Procent erhöhen. A. Faber. (Aus Hamm's
agronomischer Zeitung.)
Die Proportionslehre der menschlichen Gestalt.
Man kann sich weder betrachtend noch schaffend ernstlich mit Kunststudien befassen,
ohne das Bedürfniß einer leichten und sichern Bestimmung der Proportionen nach einer
Maaßeinheit zu empfinden. Die klare und feste Durchführung einer solchen Maaßeinheit
gibt dem architektonischen Kunstwerk den Zauber seines großen, ruhigen, harmonischen
Eindrucks. Daß der höchste Gegenstand der bildenden Kunst, die menschliche Gestalt,
demselben Gesetz unterliege, ist nie bezweifelt worden, und hochbegabte Künstler
(wie A. Dürer, Leonardo da Vinci etc.) haben sich
angestrengt für die Proportionen des menschlichen Körpers die richtige Maaßeinheit
zu finden, sowie bereits in den ältesten Perioden ein bestimmter Canon dafür
festgestellt war. Aber alle diese Bestimmungen (Fußlänge, Kopflänge etc.) erscheinen
willkürlich; sie entbehren der nothwendigen naturgeschichtlichen Grundlage. Dem
Geh.-Rath C. G. Carus war es vorbehalten auf
morphologischem Weg die Maaßeinheit, das Urmaaß, wie er es nennt, für die
menschliche Gestalt zu finden. (Die Proportionslehre der menschlichen Gestalt von C.
G. Carus. Mit 10 lith. Tafeln. Leipzig 1854.) Den Begriff
des Urmaaßes bestimmt er dahin, daß es diejenige Dimension irgend einer Figur oder
eines Körpers ist, welche dergestalt nothwendig in dessen Wesen enthalten und daraus
zu entnehmen ist, daß darnach die vollständige Bestimmung seiner Räumlichkeit
möglich wird. Daß das Urmaaß für die Menschengestalt nur an ihrem festen Theil, dem
Skelet, aufzusuchen sey, versteht sich von selbst; um es aber zu finden, wendet sich
Carus an die Entstehungsgeschichte und Bedeutung
desselben. Auf diesem Weg kommt er zu dem entscheidenden Ergebniß, daß die Rückenwirbelsäule als das Urgebilde des Skelets, und weil
sie die höchsten Organe des Thier- und Menschenlebens, Rückenmark und Gehirn,
umschließt, das Urmaaß der menschlichen Gestalt oder den organischen Modul enthält,
in der Weise daß die waagrechte Länge des Schädels vom vorragendsten Punkt des
Hinterhaupts bis zum vorragendsten der Stirn in der senkrechten Länge des Rückgrats
vom obern Rand des Atlas bis zum untern Rand des untersten Lendenwirbels immer
dreimal enthalten, daß mithin die Einheit dieser Viertheilung das gesuchte Urmaaß ist, das sich sodann
nach der Eintheilung des Rückgrats in 24 Wirbel in 24 Unterabtheilungen (Minuten)
spaltet. Ueberraschend sind die Ergebnisse der Messungen mit Hülfe dieses Moduls.
Die Länge des Schädels vom untern Oberkieferrand zur Scheitelhöhe mißt 1 Modul, der
Schädelumfang 3 Modul, also die ganze Länge des Rückgrats; die Länge des Brustbeins,
die halbe Breite der Brust, die Höhe des Schulterblatts je 1 Modul, Ober- und
Unterarm zusammen 3 Modul, die Hand 1 Modul, der Oberschenkel 2 1/2 Modul, der
Unterschenkel 2 Modul, der Fuß vom Gelenk zur Zehenspitze 1 Modul, der ganze Mensch
9 1/2 Modul. Merkwürdigerweise mißt das ganze Rückgrat des neugebornen Kinds 1/3 des
ausgewachsenen, mithin 1 Modul, und die ganze Länge des Embryo in der Hälfte seiner
Reife ist wiederum gleich 1 Modul. Es versteht sich nun von selbst, daß wir mit
diesem Urmaaß nur ein ideales Maaß haben, das in der Wirklichkeit Abweichungen
erleidet durch Alter, Geschlecht, Race, geistige und körperliche Begabung,
Gebrechen, Arbeit etc., worüber sich der Verfasser in ebenso anziehender als
gründlicher Weise ausspricht.
Die lithographirten Bildtafeln, mit Genauigkeit, Verständniß und Geschmack
ausgeführt, enthalten die Entstehungsgeschichte der Wirbelsäule, das menschliche
Skelet, das Schema für die Modification des Moduls durch das Alter des Individuums,
eine ideale Menschengestalt nach dem Urmaaß, die Alters-Stufenfolge bildlich,
die Maaß Verhältnisse des Kopfes (wobei das Angesicht Napoleons für den männlichen, das der Schröder-Devrient für den weiblichen als Muster ausgewählt sind),
die Proportionen von Mann und Weib nach der Moduleintheilung; Abweichungen nach
Racen, Beschäftigung etc., und endlich eine männliche und eine weibliche Figur von
altgriechischer Bildhauerarbeit. (Beilage zu Nr. 165 der Allg. Zeitung.)
Die anatomischen Schnürleiber des Hrn. Fontaine in Lyon.
Hr. Fontaine verfertigt Schnürbrüste und Leibgürtel (corsets et ceintures) nach anatomischen Grundsätzen. Er
hat die gewöhnliche Form des Schnürleibs, den er für zu lang hält, geändert und
dessen Mitte auf einen Gürtel von drei Finger Breite zurückgeführt, während er die
Tragbänder verhältnißmäßig verlängerte, was nach seiner Ansicht den Vortheil
gewährt, dem Schooße und der Brust mehr Freiheit der Bewegung zu lassen, so daß nur
ein geringes Maaß von Druck in der Gegend der letzten Rippe ausgeübt wird, welcher,
wenn auch etwas unbequem, doch nie so nachtheilige Wirkung äußern kann, als wenn die
lange Schnürbrust alle Rippen zusammenpreßt. Die Hauptsache bei der Verbesserung von
Fontaine liegt aber darin, daß er die große
Verschiedenheit der Formen der Oberleiber in bestimmte Classen ordnet. So hat er
acht Hauptclassen geschaffen, unter welchen eine Anzahl Gruppen die
mannichfaltigsten Formen der Leibesbeschaffenheit nach Gegenden und
Lebensverhältnissen darlegt, von den „formes
naissantes“ an, bis zu den „proportions plus fortes“ des normalen Körpers. So entstehen
18 Modelle für jede der acht Hauptclassen. Sie sind Abformungen der Natur. Zu allen
jenen über wirkliche Körper abgegossenen 144 Modellen hat er 144 Schnürleiber
gefertigt, die er auf seinem Webstuhl mit Jacquardvorrichtungen und
„gekurrtem Nadelstab“ aus einem Stücke webt. Einleuchtend
ist, daß unter 144 Sorten von Schnürleibchen jede Trägerin die ihr vollkommen
passende Sorte herausfinden wird. Diese Füglichkeit ist wichtig bei Belangen des
Ausfuhrgeschäfts, bei dem eine Aussendung gehörig sortirt seyn muß, um zu
entsprechen. Trotz ihrer Vorzüglichkeit werden diese Schnürleibchen nach Qualität
von 5 bis 12 Franken das Stück, daher sehr billig verkauft. Fontaine hat deren im letzten Jahre 35,000 Stück abgesetzt. (Aus dem
Bericht welchen Dr. Bouvier
der französischen Akademie der Medicin erstattete.)