Titel: | Die Relief-Lichtbilder des Hrn. Urie zu Glasgow. |
Fundstelle: | Band 132, Jahrgang 1854, Nr. LXXVIII., S. 269 |
Download: | XML |
LXXVIII.
Die Relief-Lichtbilder des Hrn. Urie zu Glasgow.
Aus dem Practical Mechanic's Journal, Mai 1854, S.
28.
Urie's Relief-Lichtbilder.
Die Reliefbilder des Hrn. Urie zeichnen sich durch eine
Tiefe und Rundung aus, welche bisher bei Lichtbildern nicht erreicht werden konnten;
sie verbinden in der That die zwei ganz verschiedenen Effecte der Bildhauerarbeit
und Malerei, denn das Lichtbild scheint von seinem Hintergrund stark
hervorzustehen.
Die Darstellungsart ist folgende: Nachdem das Bild (auf der mit Collodium überzogenen
Glasplatte) wie gewöhnlich entwickelt und vollendet worden ist, überzieht man die
Rückseite des Glases oder die dem Bild gegenüber befindliche Fläche mit einem
schwarzen Firniß oder einer dunklen Farbe, indem man besorgt ist daß der Ueberzug
die Umrisse des auf der andern Seite des Glases befindlichen Bildes nicht
überschreitet. Nach dieser Behandlung wird das Bild wie gewöhnlich eingefaßt; man
glaubt dann wirklich ein Relief zu sehen, indem der dunkle Ueberzug auf der
Rückseite einen Hintergrund bildet, von welchem das Bild, obgleich es nur um die
Glasddicke davon entfernt ist, stark hervorzustehen scheint.
Anstatt diesen Ueberzug mit einer Farbe herzustellen, kann man auch auf die Rückseite
des Glases Papier oder ein sonstiges Material legen, welches einen ganz oder
theilweise undurchsichtigen Hintergrund bildet. Man könnte auch einen dunklen
Ueberzug für die Rückseite der wirklichen Figur und einen hellen Ueberzug für den
allgemeinen Hintergrund des Bildes anwenden.
Bei diesem Verfahren hat man auch die Ausdehnung und Rundung des Reliefs in der
Gewalt, indem man den Ueberzug auf der Rückseite durch Abstufung den wirklichen
Rundungen des Bildes anpaßt; zu diesem Zweck wird der Ueberzug an der Rückseite am
dicksten am mittlern Theil einer Rundung aufgelegt, oder demjenigen Theil gegenüber,
welcher in Natur die größte Wölbung darbietet, wogegen man die Ränder oder
diejenigen Theile welche am weitesten vom Auge entfernt erscheinen sollen, immer
dünner macht. Der Vortheil dieser Methode beschränkt sich jedoch nicht auf die
Rundungen, weil durch den Relief-Effect, welchen die undurchsichtigen
Schichten hinter der Glasplatte hervorbringen, die flachen oder gleichförmigen
Tinten des Bildes nicht minder gehoben werden.
Vielleicht könnte man auch einen mehr oder weniger undurchsichtigen Hintergrund für
das ganze Bild dadurch hervorbringen, daß man die Glasplatte auf der Rückseite des
Bildes an dem außerhalb des Bildes befindlichen Theil mit Flußsäure ätzt.
Hr. Urie überträgt ferner nach einem von ihm erfundenen
Verfahren die fertigen Lichtbilder auf einen festen Gypsgrund. Er stellt nämlich ein
negatives Bild auf einer mit Collodium überzogenen Glasplatte dar, und verschafft
sich mittelst der camera obscura eine positive Copie
desselben. Dann gießt er (mit Wasser angerührten) Gyps, feinen Papierzeug oder ein
sonstiges plastisches Material auf die das positive Bild enthaltende Glasfläche. Die
plastische Ablagerung läßt er erhärten, und trennt hierauf die erstarrte Schicht von
dem Glase, wobei sie das positive Bild mitreißt. Das so auf dem Gyps befestigte Bild
kann dann colorirt und gefirnißt werden. Die auf solche Weise erzeugten Bilder haben
einen sehr reinen und glänzenden Grund.
Beide beschriebene Verfahrungsarten sind als ein großer Fortschritt in der
Photographie als Kunst zu betrachten. Das Reliefsystem eignet sich am besten für
Porträtköpfe oder abgesonderte Bilder welche keine sehr unregelmäßigen Umrisse
haben. Die auf Gyps übertragenen Bilder sind offenbar für alle Arten von
Gegenständen anwendbar.