Titel: | Hyalographie oder die Kunst des Glasdrucks; von Alois Auer, Director der k. k. Staatsdruckerei in Wien. |
Fundstelle: | Band 131, Jahrgang 1854, Nr. XCVII., S. 352 |
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XCVII.
Hyalographie oder die Kunst des Glasdrucks; von
Alois Auer, Director
der k. k. Staatsdruckerei in Wien.
Auer, über Hyalographie.
So wie der Stahl durch seine Härte besondere Vortheile in der Typographie bietet, so
ging man noch weiter und es versuchten Böttger in
Frankfurt am Main und Bromeis in Hanau zuerst ein noch
härteres und zugleich reineres Material, nämlich das Glas, für den Stich und die
Aetzung zu gewinnen. Unter zwei gleich auf einander geschliffenen Walzen kann man
bei vorsichtiger Behandlung eine unvergleichbare Anzahl von Abdrücken ohne Abnutzung
und Zerbrechen der Glasplatte, zugleich aber eine ganz eigenthümlich feine
Darstellung, die nur der Eigenheit des Glases zukommt, erlangen. Um aber bei der
Möglichkeit der geringsten Unvorsichtigkeit oder Ungleichheit der Druckcylinder oder
ihrer Unterlage die Glasplatte vor dem Zerspringen zu sichern, versuchten wir auf
dem Wege des galvanischen Stromes Copien in genauer Weise zu erzielen, was so
vollkommen gelungen, daß selbst der Ton der Glasoberfläche nicht nur der
galvanischen Platte, sondern sogar im Abdruck dem Papier sich mittheilt.
Daß außer der Erzeugung von Druckplatten dieses in der Wiener Staatsdruckerei in
Ausübung gebrachte Verfahren für die Glasfabrication statt des Glasschliffes von
unberechenbarer Bedeutung seyn dürfte, wird nächstens aus einer besonders
erscheinenden Abhandlung näher erhellen.
Was uns also in Glas günstiger als in jedem anderen Materiale auszuführen erscheint,
dazu wählt man dasselbe. Es wird uns eine ziemlich ausgebreitete Anwendung gestatten
und in seiner eigenen Behandlung eine ebenso selbstthümliche Darstellung
liefern.
Durch die bereits erzielte Möglichkeit der Aetzung rivalisirt es durch seine Reinheit
mit allen bisher verwendeten Metallen. Seine Durchsichtigkeit sichert ihm noch
manche andere Vortheile, die kein Metall zu bieten vermag, und darum wird die
Glasätzung, wenn sie auch nicht direct als Druckplatte alles Uebrige in den
Hintergrund zu drängen vermag, sich ein anderes Feld sichern, und das ist –
die nahe Aussicht, daß auch künftig Lichtbilder auf Glas druckfähig zu werden die
Hoffnung geben. Sollte sich dieß, wie wir es erwarten, mit allen Vortheilen
bestätigen, so haben wir keinen Umweg mehr, sondern wir können von jedem Gegenstande
in wenigen Secunden mit aller Treue gezeichnet, nach geschehener Aetzung und
Galvanisirung, auf mechanischem Wege, nämlich durch die Kupferdruckpresse in
beliebiger Menge die Abdrücke liefern.
Ein zweites, ebenso umfangreiches Gebiet steht der Glasätzung außer der Beschäftigung der Presse zu, denn auf alle Gattungen von
Glaswaaren im täglichen und selteneren Gebrauche wird sich ihre Aetzbarkeit
übertragen. Die schönsten Zeichnungen, alle denkbaren bildlichen Darstellungen
werden an Fenstern, Glasthüren, Trinkgläsern u.s.w. in Zukunft angebracht werden
können, die bis jetzt wegen Kostspieligkeit des Schliffes nicht leicht möglich
waren; wir werden in tausenderlei Fällen statt bunter Glasmalereien – radirte
Glaszeichnungen haben können.
(Aus des Verfassers: „Der polygraphische Apparat der k. k. Hof- und
Staatsdruckerei zu Wien“, 1853, S. 28.)