Titel: | Ueber den Anstrich schmiedeiserner Brücken als Mittel gegen das Rosten derselben; vom Maschinen-Verwalter G. Welkner in Hannover. |
Fundstelle: | Band 127, Jahrgang 1853, Nr. LXV., S. 308 |
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LXV.
Ueber den Anstrich schmiedeiserner Brücken als
Mittel gegen das Rosten derselben; vom Maschinen-Verwalter G. Welkner in
Hannover.
Aus dem Notizblatt des hannover'schen Ingenieur-Vereins, 1852, Bd. II H. 2.
Welkner, über den Anstrich schmiedeiserner Brücken.
Das einzige der Anlage schmiedeiserner Brücken für Eisenbahnbauten entgegenstehende
Bedenken ist die Frage nach der Zeitdauer derselben in Folge Verrostens; die
Feststellung der besten Mittel die eisernen Brücken gegen die Einwirkung der
Witterung zu schützen, verdient daher volle Beachtung.
Seit langen Jahren benutzt man allgemein einen Mennigeanstrich als Grundfarbe für
Eisenwerke, und obgleich man oft wahrgenommen, daß sich unter einem solchen Anstrich
Rost bildet, welcher das Eisenwerk schnell verzehrt, hat man in das einmal übliche
Verfahren doch kein besonderes Mißtrauen gesetzt. Dieses Rosten kommt aber
theilweise davon, daß vor dem Anstrich das Eisenwerk nicht gehörig gereinigt und die
Flächen metallisch gemacht wurden, theils gibt die Mennige als Verbindung von
Bleioxyd mit Bleihyperoxyd mit der Zeit Sauerstoff an das Eisen ab, wodurch sich
dieses in Eisenoxyd verwandelt.
Aus ersterem Grunde müßte größere Sorgfalt beim vorherigen Reinigen des Eisenwerks
aufgewendet werden; aus dem andern fragt es sich, welches Farbemittel eignet sich
besser als Mennige zu einem Eisenanstrich.
Ich will im Nachstehenden das an Ort und Stelle erkundete Verfahren beschreiben, wie
der Anstrich der berühmten Britanniabrücke über die Menai
street in North-Wales besorgt wird, weil derselbe auf eine solide
und für die Dauer der Brücke Erfolg versprechende Weise ausgeführt wird. Als
Färbemittel wird Bleiweiß angewendet, welches als kohlensaures Bleioxyd
verhältnißmäßig weniger Sauerstoff enthält:
Zuerst wird das Eisenwerk mit größter Sorgfalt mit eisernen Instrumenten abgekratzt
und sodann zunächst mit Drahtbürsten und darauf mit scharfen Haarbürsten sauber
gereinigt, so daß die Flächen ganz vollständig frei von Rost, fast metallisch rein
werden.
Dabei werden mit geeigneten eisernen Instrumenten die sämmtlichen Fugen, etwaige
Spalten, Vertiefungen, Risse in den Nietköpfen, die Fugen hinter den Nietköpfen
u.s.w. sorgsam gereinigt und mit Mennige und Bleiweißkitt sauber ausgekittet – so daß
nirgend auch nur die geringste Stelle an dem Eisenwerk vorhanden bleibt, wo irgend
Wasser sich aufhalten könnte.
Ist der Kitt trocken, so wird nochmals gebürstet, und sodann ein viermaliger Anstrich
hinter einander in Zwischenräumen von 8 bis 14 Tagen, je nach dem Trocknen,
ausgeführt. Zu diesem Anstrich werden genommen:
560 Pfd. reines Bleiweiß (ohne Beimischung von Schwerspath etc.),
133 Pfd. rohes Leinöl,
18–36 Pfd. gekochtes Leinöl ohne Bleiglätte;
je mehr vom Oel, desto dünnflüssiger, aber auch weniger wetterbeständig wird die
Farbe – daher hiervon möglichst wenig, nur so viel, als zu bequemer
Verarbeitung der Farbe nöthig; und etwa 18 Pfd. Terpenthinspiritus, gleichfalls
thunlichst wenig, da ein zu großer Zusatz die Farbe zu sehr verdünnt, den Anstrich
weniger wetterbeständig und rissig macht.
Der vierte Anstrich wird im frischen Zustande mit weißem Sande mittelst
Streusandbüchsen gleichmäßig bestreut. – Der dazu angewendete Sand ist
feinkörnig, völlig rein, und nöthigenfalls gewaschen und vollkommen getrocknet.
Dem letzten Anstrich wird etwas Berlinerblau und Umbra zugesetzt, wodurch er hell
meergrau wird.
Man verspricht sich von diesem Anstrich eine Zeitdauer von fünf Jahren, beabsichtigt
ihn dann ganz zu entfernen und wieder zu erneuern.
Der Boden, die Decke und alle nicht sichtbaren Wände der Brücke werden der Ersparniß
wegen, nachdem sie ebenfalls gehörig abgekratzt und ausgekittet sind, mit einem
Theeranstrich versehen und dazu folgende Mischung verwandt:
8
Pfd.
Gastheer,
1
„
Terpenthin-Spiritus,
2
„
gebranntes Kalkpulver,
hiermit wird 2–3 Mal gestrichen, das letztemal ein Sandbewurf gemacht. Man
verspricht sich von diesem Anstrich eine zweijährige Dauer und beabsichtigt ihn dann
ebenfalls ganz zu entfernen und zunächst zu untersuchen, ob er auf das Eisen keinen
nachtheiligen Einfluß gehabt hat.
Anders verfährt man mit dem Anstrich der Chepstowbrücke über den Wyefluß in
South-Wales. Man benutzt dazu Zinkweiß (aus Belgien bezogen) und streicht
damit die einzelnen Eisentheile, bevor sie zusammengenietet werden und nachdem sie ebenfalls
sauber gereinigt sind, an. Ist die Brücke aufgestellt, so wird sie ein zweitesmal
mit Zinkweiß gestrichen.
Die Frage, ob Zinkweiß oder Bleiweiß sich besser zum Anstrich des Eisens eignen
möchte, muß, da Zinkweiß bis jetzt ein zu wenig eingeführter Körper ist, erst durch
die Erfahrung entschieden werden, indem es sich darum handelt, welcher von beiden
Körpern das Leinöl im Anstrich besser und länger gegen das Verwittern und
allmähliche Verzehren durch die Luft schützt. So viel scheint indeß klar, daß das
Verfahren beim Anstreichen der Britanniabrücke dem bei der Chepstowbrücke
vorzuziehen ist, weil die zur Brücke verbundenen Eisentheile nicht durch ein
vergängliches Zwischenmittel von einander getrennt sich inniger vereinigen können.
So ist denn auch für die eisernen Brücken der hannover'schen Süd – und
Westbahn das beim Anstrich der Britanniabrücke beobachtete Verfahren adoptirt, nur
mit dem gewiß zu rechtfertigenden Unterschiede, daß alle
Theile der Brücke mit dem beschriebenen Bleiweißanstrich versehen werden.