Titel: | Die Verwendung der alten unbrauchbaren Wagenschmier-Abfälle und das Reinigen der gebrauchten Putzwolle auf der Köln-Mindener Eisenbahn. |
Fundstelle: | Band 124, Jahrgang 1852, Nr. XCIX., S. 430 |
Download: | XML |
XCIX.
Die Verwendung der alten unbrauchbaren
Wagenschmier-Abfälle und das Reinigen der gebrauchten Putzwolle auf der
Köln-Mindener Eisenbahn.
Ueber die Verwendung der unbrauchbaren Wagenschmier-Abfälle
und das Reinigen der gebrauchten Putzwolle auf der Köln-Mindener
Eisenbahn.
I. Die Verwendung der alten unbrauchbaren
Wagenschmier-Abfälle.
Obschon die größere Zweckmäßigkeit von Oelschmier-Apparaten bei den Fahrzeugen
der Köln-Mindener Bahn zur Anerkennung gekommen ist, und dahin gestrebt wird,
die Oelschmiere baldigst überall zur Anwendung zu bringen, so kann dieß bei dem
bedeutenden Wagenparke, welcher mit Achsenlagern für steife Schmiere eingerichtet
ist, nur allmählich geschehen. Die unbrauchbaren Abgänge dieser steifen
Palmölschmiere würden daher noch längere Zeit nutzlos verloren gegangen seyn, wenn
man nicht darauf Bedacht genommen hätte, sie zur Verseifung, resp. Anfertigung neuer Schmiere nutzbar zu machen.
Es bot sich dazu Gelegenheit bei der neuen Einrichtung einer zum Hauptmagazin in
Deutz gehörigen Seifenfabrik und Talglichtzieherei.
Anstatt daß früher die alte unbrauchbar gewordene Schmiere zu einem Spottpreise an
Oelgasfabrikanten etc. überlassen, kaum verwerthet werden konnte, ist sie jetzt das
Hauptmaterial für die Seifenfabrik geworden, wodurch nicht unbedeutende Ersparnisse
entstanden sind. Die Abgänge der alten Wagenschmiere kommen meist aus den
Wagenwerkstätten, und werden durch das Reinigen und Auskratzen der Lager und
Lagerkasten etc. gewonnen.
Es wird zur Wiedernutzbarmachung dieser alten Wagenschmiere folgendes Verfahren
eingeschlagen:
In einem großen Kessel, welcher mit 5 bis 6 Eimern weichen, ins Sieden gebrachten
Wassers gefüllt ist, werden 1000 Pfd. Alter Wagenschmier-Abgänge nach und
nach zugesetzt und unter fortwährendem Kochen und Umrühren recht flüssig
gemacht.
Das in der alten Wagenschmiere enthaltene Alkali verbindet sich dadurch zum Theil mit
dem heißen Wasser, wodurch ein Theil des Fettes frei auf der Oberfläche erscheint
und abgeschöpft wird. Nach zwei bis drei Stunden hat man so 350 bis 360 Pfd. Fett
gewonnen, welches nach einer abermaligen Läuterung zur Anfertigung neuer
Wagenschmiere verwendet, oder sofort mit Zusatz der erforderlichen Alkalien in Seife
verwandelt werden kann. Der Rückstand im Kessel besteht nun noch aus 600 Pfd. mit
verschiedenen Metalloxyden gemischten Fetttheilen, und aus alkalihaltigem
Wasser.
Die Kosten um auf vorbeschriebene Art die Bestandtheile von 1000 Pfd. alter
Wagenschmiere zu trennen, betrugen:
Für Steinkohlen
—
Rthlr.
2
Sgr.
Für Arbeitslohn
—
Rthlr
20
Sgr.
Für Abnutzung der Geräthschaften
—
Rthlr
8
Sgr.
–––––––––––––––––––––
Summa
1
Rthlr.
—
Sgr.
Schlägt man den im Kessel verbliebenen Rückstand gleich Null an, so betragen die
Gewinnungskosten von 360 Pfd. reinem Fette = 1 Rthlr., daher das Pfd. = 1 Pf. Der
Rückstand kann aber mit geringen Kosten in eine Schmierseife (zum Reinigen der Putzwolle) verwandelt werden.
Zu 1000 Pfd. solcher Schmierseife sind erforderlich:
450 Pfd. des erwähnten Rückstandes
Zusatz an Soda und Kalk
1
Rthlr.
10
Sgr.
zum Versieden an Steinkohlen
—
Rthlr.
5
Sgr.
an Arbeitslohn
1
Rthlr.
10
Sgr.
für Abnutzung der Geräthe
—
Rthlr.
5
Sgr.
–––––––––––––––––––––
Summa pro 1000 Pfd.
=
3
Rthlr.
daher pro Pfund circa 1 Pf.
Das zuerst durch Abschöpfen gewonnene Fett wird, wie erwähnt, theils zur Anfertigung
neuer Wagenschmiere, theils zur Fabrication von harter
Seife
resp. für die Bureaur, Werkstätten, und zum Reinigen der
Diensträume und Wäsche verwendet.
Die Kosten betragen zur Darstellung von 1000 Pfd.
a) Harter
Seife.
650 Pfd.
aus der Wagenschmiere gewonnenes Fett à Pfd. =
1 Pf.
1
Rthl.
24
Sgr.
4
Pf.
Für Soda und Kalk
5
Rthl.
15
Sgr.
—
Pf.
Für Brennmaterial
—
Rthl.
10
Sgr.
—
Pf.
Für Kochsalz
—
Rthl.
25
Sgr.
—
Pf.
Für Arbeitslohn
2
Rthl.
—
Sgr.
—
Pf.
Für Abnutzung der Geräthe
—
Rthl.
10
Sgr.
8
Pf.
––––––––––––––––––––––––––––––
1000 Pfd. harte Seife kosten =
10
Rthlr.
25
Sgr.
also á Pfund = 4 Pf.
Die gleiche durch Kauf beschaffte Qualität kostete 1 Pfd.
= 34 Pf.
b) Schmierseife.
200 Pfd.
aus der alten Wagenschmiere gewon. Fett à Pfd.
= 1 Pf.
—
Rthlr.
16
Sgr.
8
Pf.
Für Kalk und Soda
2
Rthlr.
20
Sgr.
—
Pf.
Für Harz
—
Rthlr.
25
Sgr.
—
Pf.
Für Brennmaterial
—
Rthlr.
5
Sgr.
—
Pf.
Für Arbeitslohn
1
Rthlr.
10
Sgr.
—
Pf.
Für Abnutzung der Geräthe
—
Rthlr.
3
Sgr.
4
Pf.
––––––––––––––––––––––––––––––
Kosten pro 1000 Pfd.
5
Rthlr.
20
Sgr.
macht pro Pfund rund 2
Pf.
Die früher angekaufte Schmierseife kostete pro Pfund 25 Pf.
II. Das Reinigen der gebrauchten
Putzwolle.
Zum Putzen der Wagen und Maschinen werden bekanntlich in hiesiger Gegend die Abfälle
aus Bauwollspinnereien unter dem Namen Putzwolle verwendet.
Der Verbrauch dieses Materials ist bei der Köln-Mindener Bahnverwaltung
ziemlich bedeutend und beträgt jährlich durchschnittlich 75,000 Pfd. Der Preis pro 100 Pfd. variirt zwischen 5 und 6 Rthlr., wozu noch
der Arbeitslohn für Zupfen mit 1 Rthlr. 20 Sgr. und der dabei entstehende
Gewichtsverluft mit 7 bis 10 Sgr. in Anschlag zu bringen ist, wornach 100 Pfd.
verwendbare Putzwolle mit 7½ Rthlr. bezahlt werden.
Die Verwendung dieser Baumwollen-Abfälle in neuerer Zeit zur Anfertigung von
Zeugen in Holland, der allmählich steigende Bedarf dieses Materials bei den
verschiedenen Eisenbahnen, sowie die zu manchen Zeiten eintretende Flauheit in dem
Betriebe der Baumwollspinnereien, haben die Beschaffung dieses Materials öfters sehr
schwierig gemacht, und
darauf hingeleitet, ein Verfahren aufzufinden, die gebrauchte schmutzige Baumwolle
zu Eisenbahnzwecken wieder verwendbar herzustellen.
Die schmutzige Putzwolle wird in einem Kessel mit Lauge (aus Soda oder Potasche) von
1036 — 1043 spec. Gewicht (5 bis 6° Baumè) übergossen, und 1½
bis 2 Stunden gekocht. Die in der Putzwolle enthaltenen Fetttheile verseifen sich
hierdurch und werden zum größten Theile mit der Lauge am Boden des Kessels in ein
besonderes Gefäß abgezapft.
Die ausgekochte Putzwolle wird sodann einer Wäsche mit Seife unterworfen, welche aus
dem Rückstände der Wagenschmiere gewonnen wird, und nachdem so aller Schmutz
entfernt worden ist, an der Luft auf Trockenleinen aufgehängt. Je nach der
Beschaffenheit des Wetters erfordert das Trocknen und Bleichen der Wolle eine
kürzere oder längere Zeit. Das Bleichen kann durch 12stündiges Einlegen der
gewaschenen Putzwolle in eine dünne Chlorkalklösung noch begünstigt werden; in der
Regel ist dieß jedoch nicht nöthig.
Nach dem Trocknen der Putzwolle wird dieselbe etwas geklopft und durch Zupfen locker
gemacht, wodurch sich noch alle vorhandenen Sand- und Kohkstheilchen,
Holzstückchen etc. leicht entfernen lassen. Hiernach ist das Material zur
abermaligen Verwendung wieder vollkommen tauglich gemacht. Der Wiederholung dieses
Verfahrens bei zwei-, auch dreimal gebrauchter Putzwolle, steht nichts im
Wege.
Das aus der aus dem Kessel abgezapften gallertartigen Masse ausgeschiedene Fett wird
zur Darstellung von Schmier- oder Stangenseife, die filtrirte Lauge zu
weiterem Gebrauche verwendet.
Die Kosten dieses Verfahrens berechnen sich für 100 Pfd. gereinigte Putzwolle wie
folgt:
31½ Pfd. calcinirte Soda
2
Rthlr.
1
Sgr.
5
Pf.
Steinkohlen
—
Rthlr
2
Sgr.
6
Pf.
Arbeitslohn zum Auskochen
—
Rthlr
5
Sgr.
—
Pf.
10 Pfd. selbstfabricirte Seife à 1 Pf.
—
Rthlr
—
Sgr.
10
Pf.
Arbeitslohn zum Waschen, Bleichen, Trocknen; zusammen áàPfund 6 Pf
1
Rthlr
20
Sgr.
—
Pf.
Abnutzung der Geräthschaften
—
Rthlr
2
Sgr.
3
Pf.
–––––––––––––––––––––––––––––––––––
Summa
4
Rthlr.
2
Sgr.
—
Pf.
Transport
4 Rthlr. 2 Sgr. — Pf.
Hiervon gehen ab
:
15
Pfd. wiedergewonnene Soda
=
29Sgr.
4 Pf.
153
Pfd. verseiftes Fett aus der Putzwolle à 4 Pfennige
1 Rthlr. 21 Sgr.
— „
––––––––––––––––
=
2 Rthlr. 20 Sgr. 4 Pf.
––––––––––––––––
Es kosten demnach 100 Pfd. Putzwolle
1 Rthlr. 11 Sgr. 8 Pf.
oder 1 Pfd.= 5 Pf.
von neubeschaffter Putzwolle
kostet 1 Pfd.= 27 Pf.
–––––––––
daher eine Ersparniß
pro Pfund von 22 Pf.
= 1 Sgr. 10 Pf.