Titel: | Der Feuerlöschapparat des Ingenieurs William Henry Phillips in London. |
Fundstelle: | Band 124, Jahrgang 1852, Nr. XCV., S. 412 |
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XCV.
Der Feuerlöschapparat des Ingenieurs William Henry Phillips in
London.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Phillips' Feuerlöschapparat.
Die Existenz der Flamme hängt von drei wesentlichen Bedingungen ab: Wärme, brennbares
Gas, und Luft oder Sauerstoff, müssen gleichzeitig vorhanden seyn. Wenn eine oder
mehrere dieser Bedingungen aufgehoben werden, kann die Flamme nicht mehr bestehen,
sie muß erlöschen. Der aus dem neuen Feuerlöschapparat (Fire-Annihilator) entweichende Dampf neutralisirt aber diese drei
Bedingungen gleichzeitig: 1) indem das dem Apparat entströmende Gas gegen die Flamme
getrieben wird, bringt es dieselbe auf eine Temperatur herab, wobei sie nicht mehr
bestehen kann; 2) indem dieser Dampf sich mit den brennbaren Gasen vermischt, welche
von den brennenden Substanzen entweichen, macht er diese Gase unverbrennlich; 3)
indem sich dieser Dampf mit der Luft vermischt, benimmt er ihr das Vermögen die
Verbrennung zu unterhalten.
Die Flamme ist es, welche das Feuer mit Schnelligkeit fortpflanzt, und durch ihre
Hitze die brennbaren Substanzen in glühendem Zustande erhält. Es ist folglich von
der größten Wichtigkeit die Flamme zu vernichten, was durch den Fire-Annihilator bewirkt wird.
Das Wasser hat weder auf die Luft noch auf die Flamme eine Wirkung; es besitzt eine
einzige Eigenschaft gegen das Feuer, nämlich die brennbaren Körper abzukühlen und
dadurch die Erzeugung brennbarer Gase zu verhindern; wenn daher der Luft kein Wasser
beigemischt ist, facht sie das Feuer heftig an. Die Flamme, auf welche das Wasser
ebenfalls ohne Wirkung ist, erhöht durch ihre Hitze die Brennbarkeit aller sie
umgebenden Substanzen, sie entzündet sie; der Brand pflanzt sich mit Heftigkeit
fort, bis die Substanzen ganz in Wasser eingehüllt sind, denn das Wasser wirkt nur
auf die Punkte, welche es nacheinander getroffen und gesättigt hat.
Das Princip der Erfindung besteht in der Erzeugung von Gasen mittelst der
Verbrennung. Der tragbare Apparat wird mit einer Composition von Holzkohlenpulver,
Kohkspulver, Kalisalpeter und Gyps beschickt. Diese Substanzen werden mit einander
vermengt und mit Wasser
zu einem Kuchen geformt (der Gyps hat bloß den Zweck die anderen Substanzen zu
zertheilen und zusammenzuhalten). Um diese Beschickung in Wirksamkeit zu bringen,
wird eine Fiole, welche ein Gemenge von chlorsaurem Kali und Zucker enthält, über
dem ein Fläschchen mit concentrirter Schwefelsäure angebracht ist, in eine Höhlung
in der Mitte des Kuchens eingeführt. Diese ganze Beschickung kommt in einen mit
mehreren Löchern versehenen Cylinder, und dieser Cylinder wird in einen zweiten
größeren gesteckt, welcher ebenfalls mit Löchern für den Austritt des Gases versehen
ist. Das Ganze wird endlich in eine cylindrische Büchse gebracht, welche im unteren
Theil ein wenig Wasser enthält.
Der so hergerichtete Apparat wird mit zwei Deckeln verschlossen, welche eine Oeffnung
für das Entweichen der Dämpfe haben.
Eine zugespitzte eiserne Spindel, welche oben mit einem Knopf versehen ist und zum
Zerbrechen der Fiole dient, wird durch die Mitte der Deckel eingeführt. Wenn man die
eiserne Spindel niederstoßt, zerbricht sie die Fiole, die Schwefelsäure verbreitet
sich nun auf dem Gemenge von chlorsaurem Kali und Zucker, die Entzündung erfolgt.
Indem die entstandene Flamme sich über die obere Fläche des Kuchens verbreitet,
findet augenblicklich eine zweite Entzündung statt. Es entwickeln sich Gase von
hoher Temperatur, welche durch die Löcher der Cylinder in die Büchse dringen die das
Wasser enthält und dasselbe in Dampf verwandeln. Der Wasserdampf vermischt sich mit
den Gasen (welche hauptsächlich aus Kohlensäure bestehen) und entweicht mit ihnen
durch die Oeffnung des Apparats. Dieser wasserhaltige Gasstrahl, welcher andauert
bis die Beschickung gänzlich verbrannt und alles Wasser verdunstet ist, bildet eine
dicke Wolke, welche sich ausdehnt und in der Atmosphäre des Feuers verbreitet.
Die Verminderung der Flamme durch den Gasdampf, welche augenblicklich erfolgt, muß
nothwendig auch den Luftstrom vermindern, durch welchen die Verbrennung unterhalten
wurde; indem die brennenden Substanzen von dem aus dem Apparat entweichenden Dampf
eingehüllt werden, hört die Verbrennung derselben auf, die Wärme wird absorbirt und
das Feuer gelöscht.
Es ist noch zu bemerken, daß die aus dem Apparat strömenden feuerlöschenden Gasdämpfe
keinen unerträglichen Geruch verbreiten und den Personen welche den Apparat
bedienen, keinen Nachtheil zufügen können.
Erklärung der Abbildungen.Sie find dem Repertory of
Patent-Inventions, Septemberheft 1850,
entnommen.
Fig. 29 zeigt
einen Feuerlöschapparat im senkrechten, Fig. 30 im horizontalen
Durchschnitt, a ist eine geformte Masse aus
Holzkohlenpulver, Kohkspulver, Kalisalpeter und Gyps bestehend; dieselbe wird
mittelst des eisernen Stifts b entzündet, wenn man
denselben mit einem Hammer in die in Fig. 29 durch punktirte
Linien bezeichnete Lage hinabtreibt, wobei er ein Glaskügelchen mit Schwefelsäure
zerbricht. Die Röhre enthält unten eine Mischung von gleichen Theilen chlorsaurem
Kali und Zucker. Nachdem das Material entzündet ist, strömen die gasförmigen
Producte durch die Löcher im innern Behälter c, c in den
Behälter d, d, und durch dessen Löcher in den Behälter
e, e. Da sich durch die Erhitzung des Behälters e die Luft zwischen demselben und dem Behälter f ausdehnt, so wird das Wasser in f in der Röhre g hinaufgetrieben, welche mit
einem Griff von Holz umgeben ist; das Wasser fließt dann bei g* in e, so
daß die gasförmigen Verbrennungsproducte mit Wasserdampf gemischt durch die Oeffnung
h aus dem Apparat ziehen müssen.
Fig. 31 zeigt
die Anwendung eines Hütchens, anstatt eines Glaskügelchens mit Schwefelsäure, zum
Entzünden der Masse.
Fig. 32, 33, 34 und 35 sind
Durchschnitte zweier Feuerlöschapparate von einfacherer Construction. Bei denselben
ist das Wasser in einem Behälter j enthalten, der mit
einem Pfropf verschlossen ist, welcher leicht geschmolzen oder herausgetrieben
wird.
Nachdem die Masse in dem Behälter h des Apparats Fig. 32 und
33
entzündet ist, dringen die Producte durch die Löcher desselben in den Behälter i, die Hitze verdampft das Wasser im Behälter j, treibt den Pfropf k
heraus, und das Wasser kommt so in Berührung mit den Producten welche an den Löchern
im Behälter i austreten, worauf die Producte durch die
Oeffnung l in das Zimmer abziehen, worin das Feuer
gelöscht werden soll.
In Fig. 34 und
35 ziehen
die Producte der entzündeten Masse, innerhalb welcher der Behälter mit Wasser
angebracht ist, abwärts, und sobald das Wasser erhitzt wird, springt der Pfropf
heraus, das Wasser lauft also in den unteren durchlöcherten Behälter aus, die
Verbrennungsproducte im Behälter h verdunsten das
Wasser, dringen mit Wasserdampf gemischt durch die Löcher und steigen im äußeren Behälter
m in die Höhe, um oben durch die Löcher und die
Oeffnung n abzuziehen.
Alle diese Apparate sind gleich wirksam, sie mögen nun auf ihrem Boden stehen oder in
schiefer Richtung gestellt werden. Um in einem Zimmer, Schiffsraum etc das Feuer zu
löschen, bringt man den Apparat hinein und setzt ihn sogleich in Wirksamkeit; wenn
man aber den Apparat nicht leicht in den brennenden Raum tragen kann, setzt man ihn
zuerst in Wirksamkeit und schiebt ihn dann durch ein Fenster oder eine Oeffnung so
schnell als möglich in die Nähe des Feuers.
Bisweilen mag es wünschenswerth seyn, die feuerlöschenden Gasdämpfe zugleich mit
einem Dampfstrahl mittelst eines Rohrs oder Schlauchs in ein brennendes Zimmer zu
leiten. Dazu dient der Apparat Fig. 36. An demselben ist
o die Abtheilung, in welche die zu verbrennende
Composition kommt; dieselbe wird durch einen Rumpf mit dicht passendem Deckel
hineingebracht; p ist ein Behälter mit Wasser, welcher
die Abtheilung o umgibt. q
ist ein Dampfrohr, um einen Strahl hervorzubringen; es ist mit dem Rohr umgeben,
welches die Verbrennungsproducte abführt, die mit verdunstetem Wasser gemischt in
den äußeren Behälter r gelangen, wie die Pfeile
anzeigen; der Dampfstrahl bewirkt, daß sie in dieser Richtung rasch abziehen.
— Man kann auch das brennbare Material in der Abtheilung o noch mit geschmolzenem Terpenthin speisen, wovon man
einen regelmäßigen Strom durch das Rohr s′ aus
einem Gefäß s hineinleitet, welches letztere mit dem
Dampfbehälter p (durch eine Röhre t) communicirt.
Um die Composition von Holzkohlenpulver, Kohkspulver, Salpeter und Gyps leicht in die
gewünschte Gestalt formen zu können, versetzt man das gepulverte Gemenge mit
beiläufig dem gleichen Gewicht Wasser, und kocht es unter beständigem Umrühren, bis
der größere Theil des Wassers verdampft ist, füllt dann die Masse noch heiß in
Formen und preßt sie in diese hinein.
Ein tragbarer Feuerlöschapparat wiegt nur 10 bis 14 Kilogr.Ein Augenzeuge berichtet im Moniteur industriel
vom 4. Septbr. 1851 über Versuche, welche mit Phillips' Apparat in Gegenwart einer Parlaments-Commission
und mehrerer Mitglieder der Ausstellungs-Jury angestellt wurden. Man
hatte in der Mitte eines großen Hofs ein Haus von Holz hergestellt, worin
die Oeffnungen für die Thür und mehrere Fenster frei gelassen waren;
dasselbe wurde mit dünnen und sehr trockenen Brettern und mit Holzspänen,
welche mit Harz und Terpenthin überzogen waren, gefüllt. Nachdem das Haus in
Brand gesteckt war und bloß noch eine Flammenmasse zu sehen war, näherten
sich ihm vier Arbeiter, jeder mit einem solchen Löschapparat versehen, und
setzten dieselben in Wirksamkeit. Während die mehr als 60 Schritte
entfernten Zuschauer die Hitze kaum ertragen konnten, hielten sich diese
Arbeiter, durch den aus ihren Apparaten strömenden Dampf beschirmt, so zu
sagen in der Mitte des Feuers auf, ohne durch dasselbe belästigt zu werden.
Nach Verlauf von zwei Minuten war keine Spur von Flammen mehr vorhanden, und
die Arbeiter traten nun in das Haus, um mit Wasser einige Stücke zu löschen,
welche noch langsam fortbrannten. — Um den Beweis zu liefern, daß der
Apparat auch bei unbedeckten Räumen seinen Zweck erreicht, hatte man im Hof
eine Kiste von 6 Fuß Breite und 9 Fuß Länge mit Theer gefüllt; sie wurde in
Brand gesteckt, und ungeachtet der Hitze und Höhe der Flammen war in
anderthalb Minuten mittelst zweier Apparate alles vollkommen gelöscht.Kürzlich wurden in Hamburg Versuche mit dem neuen
Feuerlöschapparate angestellt, worüber die Allgemeine Zeitung vom 8. Junius
folgendes berichtet: „Die Versuche mit dem
Feuer-Annihilator, welche hier von Seiten der englischen
Gesellschaft, die jetzt im Besitze dieser Erfindung ist, veranstaltet
worden, erregen große Sensation. Hr. Phillips
hatte im vergangenen Jahr selbst mit Hülfe hiesiger Arbeiter einen
Versuch an einem mit Brennstoffen angefüllten Hause gemacht, der aber,
wie es scheint, weil die Arbeiter den Apparat nicht zu handhaben
verstanden, mißglückt war. Dießmal kam jedoch ein Mitglied der
englischen Compagnie mit zwei Arbeitern von London herüber, und die
Proben, welche nun wiederholt in sehr verschiedener Weise mit dem neuen
Apparat gemacht wurden, haben bei den Sachverständigen unbedingte
Anerkennung und beim großen Publicum wahrhaftes Erstaunen hervorgerufen.
Ein vierfenstriges hölzernes Haus, welches, mit Terpenthin, Theertonnen,
Holzspänen und dgl. ganz gefüllt, in hell lodernden Flammen stand, war
binnen zwei Minuten mittelst des Apparats gelöscht! Aehnliche glückliche
Versuche wurden mit großen Theerkisten angestellt, und im Hause eines
Spritzenmeisters mit einem Schornsteinbrand.“ Sollten sich
diese Apparate wirklich für jedermann anwendbar erweisen, so wäre ihr Nutzen
für jede größere Haushaltung sowie für öffentliche Anstalten, besonders aber
für feuergefährliche Räume nicht hoch genug anzuschlagen, weil man sie
unmittelbar anwenden könnte bevor das Feuer Zeit hatte Fortschritte zu
machen. Der Preis der Apparate ist drei bis sechs Pfd. Sterl.