Titel: | Ueber die unorganischen Bestandtheile der Ranken, Blätter, Trauben und Kerne des Weinstocks; von P. Berthier. |
Fundstelle: | Band 124, Jahrgang 1852, Nr. LXXXVII., S. 384 |
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LXXXVII.
Ueber die unorganischen Bestandtheile der Ranken,
Blätter, Trauben und Kerne des Weinstocks; von P. Berthier.
Aus den Annales de Chimie et de Physique, Nov. 1851,
S. 249.
Berthier, über die unorganischen Bestandtheile der Ranken etc. des
Weinstocks.
Zu dieser Untersuchung diente ein sechs bis sieben Jahre alter Stock von der
sogenannten Gamay- (einer geringen Reben-) Sorte, der in einem
flachen, sandigen Uferlande bei Nemours (Seine-Marne-Depart.), wo der
Canal und der Loing zusammenfließen, gewachsen war. Dieses Uferland ist
außerordentlich sandig, aber doch nicht unfruchtbar, da sein Unterboden in einer
Tiefe von weniger als 1 Meter mit kalkreichen Quellen bewässert ist.
Der Stock war aus einem in sehr gedeihlichem Zustand befindlichen Weinberg genommen,
welcher zum Dünger hauptsächlich die Abfälle aus dem Weinberg selbst (Holz, Laub
etc.) und die Holz- und Grasabfälle vom Scheren einer Hecke und der
Garteneinfassungen erhält.
Der Stock war von schönem Wuchse und mit vollkommen reifen Trauben wohl behangen. Er
wurde zur Zeit der Weinlese, im October 1850, ganz abgeschnitten und dann einerseits
alle Trauben, anderseits alle mit ihrem noch grünen Laube versehenen Ranken
zusammengelegt, welchen letzteren man noch alles beim Schneiden im Sommer
gesammelte, ebenfalls noch mit seinen Blättern versehene Holz zufügte. Das Ganze
ließ man fünf Monate in einem verschlossenen Zimmer trocknen.
Holz und Blätter. — Im März wogen Holz und Blätter
zusammen 450 Gramme. Sie wurden verbrannt, was sehr leicht ging, und die weiße Asche
sorgfältig gesammelt; letztere wog 29,50 Gr. Da sie aber ziemlich viel Quarzsand
enthielt, der wahrscheinlich den Blättern angehangen hatte, und dagegen eine gewisse
Menge Kohlensäure zur vollständigen Sättigung des Kalks fehlte, so beträgt das
Gewicht der reinen Asche wohl nur 26,50 Gr., 0,059 entsprechend.
Diese Asche, mit warmem Wasser behandelt und ausgesüßt, lieferte:
löslicher Theil (geschmolzene Alkalisalze)
6,20
Gr.
0,234
unlöslicher Theil (erdige Salze)
20,30
0,766
––––––––––––––––––
26,50
1,000
1,0000 Rebe liefert folglich:
Alkalifalzeerdige Salze
0,01380,0590.
0,0452
Der auflösliche Theil der Asche wurde zusammengesetzt gefunden aus:
schwefelsaurem Kali
1,170 Gr.
0,188
Chlorkalium
0,600 Gr.
0,096
kohlensauren Alkalien
4,280 Gr.
0,692
gallertartiger Kieselsäure
0,150 Gr.
0,024
––––––––––––––––
6,200 Gr.
1,000
Der unlösliche Theil ergab bei der Analyse:
kohlensauren Kalk
13,170 Gr.
0,649
kohlensaure Talkerde
1,020 Gr.
0,050
phosphorsauren Kalk
4,180 Gr.
0,206
Phosphorsaures Eisenoxyd
0,510 Gr.
0,025
gallertartige Kieselsäure
1,420 Gr.
0,070
––––––––––––––––
20,300 Gr.
1,000
Die ganze Asche enthielt sonach:
Schwefelsaures KaliChlorkaliumkohlensaure Alkalien
0,04400,02200,1040
Alkalisalze0,2300
kohlensauren Kalfkohlensaure Talkerdephosphorsauren
Kalkphosphorsaures EisenoxydKieselsäure
0,49820,03850,15700,0 830,0580
erdige Salze0,7700
Trauben. — Die von dem Weinstock erhaltenen Trauben
ließ man auf einem großen Teller faulen und völlig austrocknen, wo sie dann 70
Gramme wogen. In diesem Zustand im bedeckten Tiegel geglüht, hinterließen sie 15 Gr.
Kohle (= 0,21), welche fein zerrieben und dann verbrannt, 2,96 Gr. einer grauweißen
Asche (= 0,042) gab. Diese Asche wurde zusammengesetzt gefunden aus:
Schwefelsaurem KaliChlorkaliumkohlensauren Alkalien
0,1500,0801,330
Gr.———
1,450 Gr.
0,0500,0270,444
0,521
kohlensaurem Kalkkohlensaurer Talkerdephosphorsaurem
KalkKieselsäure
0,3000,3600,7000,040
————
1,400 Gr.
0,1050,1250,2350,014
0,429
––––––––––
––––––
2,960 Gr.
1,000
Diese verschiedenen Resultate zusammengestellt, ergeben
1) daß
der trockene Stock
450 Gr.
und die Trauben
70 — wogen;
2)daß
der Stock an
Asche lieferte
26,50Gr.
=
0,0590
welche enthielt:
Alkalisalze
6,20 Gr.
=
0,0138
erdige Salze
20,30 Gr.
=
0,0452
3) während
die Trauben an
Asche lieferten
2,96 Gr.
=
0,0420
welche enthielt:
Alkalisalze
1,56 Gr.
=
0,0225
erdige Salze
1,40 Gr.
=
0,0195
4) daß
folglich der Weinstock enthielt:
9mal so viel unorganische Stoffe als die Weintrauben;
4mal so viel Alkalisalze;
14mal so viel erdige Salze, unter andern
6 bis 7mal so viel phosphorsaure Salze.
Daraus erhellt, daß die alkalischen Substanzen für das Wachsthum des Holzes und der
Blätter noch nothwendiger sind, als zur Erzeugung der Traube; ferner baß letztere
des phosphorsauren Kalks ebensowohl bedarf als das Holz. Die Rathschläge, welche man
gegeben hat, die jungen Weinstöcke welche noch nicht tragen, vorzüglich mit
phosphorsauren Salzen zu düngen, die alkalischen Düngmitttel aber für jene
Weinstöcke zu verwenden, welche alt genug sind um Früchte zu tragen, steht sonach
mit den beobachteten Thatsachen nicht im Einklang.
Nach den bekannten Analysen der verschiedenen Weine enthält der geklärte Traubensaft
nur eine geringe Menge unorganischer Stoffe (Kali und Kalk als weinsteinsaure Salze)
und die Asche der Traube würde also größtentheils von den Schalen, den Gefäß-
und Zellensubstanzen und von den Kernen herrühren, welche bei der Weinbereitung als
Trester zurückbleiben. Die im Weine enthaltene Menge alkalischer Substanzen ist
mithin ein sehr kleiner Theil der ganzen durch den Weinbau dem Boden entzogenen
Alkalimenge und kann für dieselbe nicht als Maaßstab dienen. Die den Boden am
meisten erschöpfenden Weinstöcke sind daher nicht die ertragreichsten, sondern
diejenigen, welche am kräftigsten wachsen und viel Holz und Blätter erzeugen,
umsomehr da die Weintrester beinahe immer mit dem Dünger wieder in den Boden
zurückkehren.
Ein Weinberg von einer Hektare, welcher 10000 den analysirten ähnliche Stöcke
enthielte, würde dem Boden jährlich ungefähr 75 Kilogr. Alkalisalze entziehen,
nämlich 60 Kilogr. für das Rebholz und die Blätter und 15 Kilogr. für die
Frucht.
Kerne rother Trauben. — Ich verschaffte mir
möglichst von Parenchym (Zellgewebe) freie Kerne, indem ich die aus der Kelter
kommenden Trester in eine große Menge Wassers brachte, welches beständig umgerührt
wurde, und die zu Boden fallenden Kerne sammelte. Ich reinigte sie vollends noch
durch Reiben zwischen den Händen unter fließendem Wasser, worauf ich sie in einem
verschlossenen Zimmer mehrere Monate freiwillig austrocknen ließ. In diesem Zustand
gaben sie durch Glühen in verschlossenem Gefäße 0,214 Kohle, und nach der
Verbrennung 0,020 weiße Asche. Die Analyse dieser Asche ergab:
Schwefelsaures KaliChlorkaliumKohlensaure Alkalien
0,00070,00030,0027
0,0037
0,0350,0150,315
0,185
phosphorsauren Kalkkohlensauren Kalkkohlensaure Talkerde
0,01000,00350,0028
0,0163
0,5000,1750,140
0,815
––––––––––
––––––––––
0,0200
1,000
Da diese Kerne sehr klein und sehr hart sind, so muß ihre holzige Hülle ein
bedeutendes specifisches Gewicht haben; daraus folgt, daß der innere Kern sehr viel
phosphorsauren Kalk enthalten muß, denn die Asche des Holzes besteht bekanntlich
hauptsächlich aus kohlensaurem Kalk und Kali.
Blätter. — Bekanntlich sind die Blätter in der
Regel diejenigen Pflanzentheile, welche die meiste Asche geben. Ich fand dieß beim
Weinftock durch die Analyse der noch lebenden, sowie der abgestorbenen Blätter
bestätigt.
Frische Blätter. — Sie wurden zur Zeit ihrer
größten Entwickelung im Juli gesammelt; 2000 Gramme derselben wurden auf den Boden
eines verschlossenen Zimmers gelegt und sechs Wochen lang, unter fleißigem Umwenden,
da gelassen, wodurch sie sich auf 500 Gramme (= 0,250) verminderten. In diesem
Zustand waren sie, ohne vollkommen trocken zu seyn, leicht zu verbrennen und gaben
sandfrei berechnet 42 Grm. Asche, oder 0,021 vom Gewicht der frischen und 0,084 vom
Gewicht der trockenen Blätter. Diese Asche war zusammengesetzt aus:
schwefelsaurem KaliChlorkaliumkohlensauren Alkalien
0,0700,0080,072
alkalische Salze0,150
kohlensaurem Kalkkohlensaurer Talkerdephosphorsaurem
Kalfphosphorsaurem EisenoxydKieselsäure
0,5100,0340,1530,0510,102
erdige Salze0,850
Die frischen Blätter enthielten also 0,0031, und die getrockneten wenigstens 0,0126
Alkalisalze.
Abgestorbene Blätter. — Sie wurden von den
nämlichen Stöcken gesammelt, wenn sie abfallen wollten, ihre grüne Farbe aber noch
nicht verloren hatten. 1500 Gramme davon ließ ich in einem verschlossenen Zimmer
zwei Monate lang zum Trocknen aufbewahren, ihr Gewicht war dann auf 500 Gramme (=
0,033) vermindert. Sie besaßen noch eine grüne Farbe, ließen sich aber zwischen den
Fingern leicht zerreiben und verbrannten sehr rasch. Sie hinterließen 56,70 Gr., als
rein berechnete Asche (= 0,1134), und enthielten:
schwefelsaurem KaliChlorkaliumkohlensaure Alkalien
0,02290,01410,0512
alkalische Salze0,0882
kohlensauren Kalkkohlensaurer Talkerdephosphorsaurem Kalf und
EisenKieselsäure
0,62620,08660,13270,0663
erdige Salze0,9118
––––––––––
Die rohen Blätter enthielten sonach 0,0033, und die getrockneten 0,0010 alkalische
Salze.
Es verhalten sich demnach die unorganischen Bestandtheile, welche im belaubten Holze,
in den lebenden und abgestorbenen Blättern, alle an der Luft getrocknet, enthalten
sind, gegeneinander wie folgt:
= 0,0059 (Holz) : 0,084 (lebende Blätter) und 0,1134 (abgestorbene Blätter); ihr
Gehalt an alkalischen Substanzen:
= 0,0138 (Holz) : 0,0126 (lebende Blätter) und 0,0100 (abgestorbene Blätter), und ihr
Gehalt an erdigen Salzen:
= 0,0452 (Holz) : 0,0714 (lebende Blätter) und 0,1034 (abgestorbene Blätter).
Das nackte Holz mochte also nahezu denselben Alkaligehalt haben wie die lebenden
Blätter; leider wurde darüber kein Versuch angestellt.
Aus diesen Resultaten folgt, daß die unorganischen Bestandtheile des Weinstocks, wie
bei den meisten Gewächsen, in viel größerer Menge in den Blättern enthalten sind als
im Holze; die Asche der Blätter enthält aber viel weniger Alkalien als die Asche des
Holzes. Nichtsdestoweniger sind die alkalischen Stoffe ziemlich gleichförmig in den
verschiedenen Theilen der Pflanze vertheilt.
Der aufsteigende Saft gelangt bis in die Blätter, welche er in allen Richtungen
durchdringt und in denen er eine bedeutende Verdunstung erleidet; man kann annehmen,
daß er in Folge dieser Verdunstung und seiner chemischen Veränderungen sich des
größten Theils der erdigen Substanzen, welche er aufgelöst enthielt, entledigt,
während der absteigende Saft die noch löslichen Salze, unter ihnen einen großen
Theil der Alkalisalze, in den Körper der Pflanze zurückführt.
Zusatz.
Analyse der frischen Traube. — Um diesen Gegenstand
durch positive Thatsachen vollständig aufzuklären, untersuchte ich zur Zeit der Weinlese die
verschiedenen Theile der frisch gelesenen Trauben auf ihre unorganischen
Bestandtheile. Ich wählte zwei Traubensorten: 1) weißen Gutedel, aus der Umgegend
von Paris, und 2) eine schwarze Traube (pineau),
ebenfalls aus der Umgegend von Paris. Die Trauben wurden abgebeert und die Kämme
beiseite gethan und gewogen. Durch Reiben zwischen den Händen wurden die Beeren
vollkommen zerquetscht, dann in einem Leinentuche durch Winden möglichst gut
ausgedrückt, jedoch nicht gepreßt, so daß die Trestern noch sehr feucht blieben.
Letztere wurden gewogen und aus der Differenz ergab sich das Gewicht des Saftes. Da
letzterer etwas trübe war, wurde er filtrirt, wodurch man ihn ganz klar erhielt. Er
war wasserhell, wurde aber in Berührung mit der Luft etwas braungelb. Beim
Verdampfen ging seine Farbe ins Schwarzbraune über. Der Syrup nahm die Consistenz
der Melasse an, blähte sich auf und wurde endlich so brennbar, daß er sich auf dem
Boden der Schale von selbst entzündete, während noch der obere Theil weich war. Das
Ganze wurde in einer Platinschale vollkommen eingeäschert. Die Kämme und die
Trestern wurden ebenso behandelt. Zuletzt wurde noch eine summarische Analyse der
drei Aschen angestellt, mit besonderer Rücksicht auf den Gehalt an Alkalisalzen und
erdigen Substanzen. Folgendes sind die Resultate:
Weißer Gutedel. Sie ergab:
KàmmeTresterFiltrirter Saft
0,0420,2200,738
Aschen
0,000600,001100,00194
––––––
–––––––
1,000
0,00364
Also geben:
1,38900
Kämme Asche
0,01431
Trester
0,05389
Saft
0,00263
Die ganze Weintraube besteht folglich aus:
Kämme.
Trester.
Saft.
Alkalisalzen
0,00020
0,00060
0,00100
phosphorsaurem Kalk
0,00014
0,00030
0,00047
kohlensaurem Kalk
0,00026
0,00012
0,00035
kohlensaurer Talkerde
—
0,00008
0,00012
–––––––––––––––––––––––––––––
0,00060
0,00110
0,00194
Diese Aschen wurden zusammengesetzt gefunden aus:
Alkalisalzen
0,00180
0,00180
phosphorsaurem Kalkkohlensaurem KalkKohlensaurer Talkerde
0,000910,000730,00020
0,00184
Die Alkalisalze bestehen hauptsächlich aus kohlensauren Salzen, enthalten aber
außerdem eine beträchtliche Menge schwefelsaures Kali und eine Spur Chlorkalium;
diejenigen der Trester enthalten ferner etwas phosphorsauren Kalk, der kaum gefärbt
war und nur eine Spur Eisenoxyd enthielt.
Schwarze Traube. Sie ergab:
KämmeTresterFiltrirten Saft
0,0360,2400,724
Aschen
0,000600,001100,00298
––––––
–––––––
1,000
0,00468
Folglich lieferten:
1,00000
Kämme Asche
0,01700
Trester Asche
0,04600
Saft Asche
0,00400
Diese Aschen enthielten:
Kämme.
Trester.
Saft.
Alkalisalze
0,00020
0,00060
0,00154
phosphorsauren Kalk
0,00014
0,00030
0,00072
kohlensauren Kalk und Talkerde
0,00026
0,00020
0,00072
––––––––––––––––––––––––––
0,00060
0,00110
0,00298
Folglich enthielt die ganze Traube:
Alkalisalze
0,00234
0,00234
Phosphorsauren Kalkkohlensauren Kalk und Talkerde
0,001160,00118
0,00234
––––––––––––
0,00468
Uebrigens gelten für diese Aschen dieselben Bemerkungen wie für die weißen
Trauben.
Diese beiden Trauben haben, wie man sieht, fast ganz gleiche Resultate gegeben. Beide
aber enthalten nur eine sehr geringe Menge von Alkalien, was übrigens schon Bouchardat gefunden hatte, welchem wir wichtige Arbeiten
über den Weinbau und die Weinbereitung verdanken. Er fand bei der Analyte des
filtrirten Safts verschiedener Traubensorten nie über 0,00067 Kali (wahrscheinlich
als ätzendes und wasserfreies berechnet), manchmal nur 0,00045. Die erdigen
Bestandtheile untersuchte er nicht, sagt aber, daß die Weine, nachdem sie trinkbar
geworden sind, keinen Kalk mehr enthalten und beim Abdampfen nur 0,022 trockenen
Rückstand hinterlassen; er hat diesen Rückstand nicht geglüht, um zu erfahren wie
viel er Asche hinterlasse.
Aus allem diesem geht hervor, daß weder die Kerne noch die Trauben dem Boden das
Alkali entziehen, sondern daß das Holz und die Blätter den größten Theil davon
absorbiren.