Titel: | Das neue Relay von E. Stöhrer in Leipzig. Beschrieben vom Telegraphen-Inspector L. Galle. |
Fundstelle: | Band 124, Jahrgang 1852, Nr. XL., S. 169 |
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XL.
Das neue RelayDer Hr. Verfasser zieht die englische Schreibung des Wortes Relay der französischen — Relais — vor, da der Apparat in Amerika
erfunden ist. von E. Stöhrer in Leipzig. Beschrieben vom
Telegraphen-Inspector L.
Galle.
Aus dem polytechn. Centralblatt, 1852, Liefer.
8.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Galle, über Stöhrer's neues Relay.
Der Mechanicus Stöhrer in Leipzig hat in neuester Zeit ein
Relay für seinen telegraphischen Doppelstiftapparat construirt und auch an mehreren
für die brasilianische Regierung ausgeführten Apparaten in Anwendung gebracht,
welches angestellten Versuchen zufolge die Erwartungen nicht nur vollständig
befriedigt, sondern noch weit übertroffen hat. Das früher von Stöhrerangewandte Relay war gerade derjenige Theil seines
Doppelstiftapparates, dessen Vervollkommnung am meisten wünschenswerth erschien, und
es ist nicht zu bezweifeln, daß bei Anwendung dieses neuen Relays die Schnelligkeit
des Telegraphirens, verglichen mit der am Einstiftapparate, im Verhältniß zur
Einfachheit der darzustellenden Zeichen wird vergrößert werden können.
Auf der Linie von Leipzig nach Hof (23,3 Meilen) sowohl, als auch von Leipzig nach
Dresden (15,8 Meilen), wo dieses neue Relay probirt wurde, konnte die Zahl der
Elemente auf den dritten Theil der zeither bei dem alten Relay erforderlichen Zahl
reducirt, dagegen die Schnelligkeit des Telegraphirens, ohne der Sicherheit und
Präcision Eintrag zu thun, vergrößert werden.
Dieses in Fig.
19 in ⅓ der natürlichen Größe dargestellte Relay besteht aus zwei
hufeisenförmigen, senkrecht stehenden, starken Stahlmagneten A, A1, welche an ein Gestelle C von trockenem Holze oder Marmor befestigt und von
einander isolirt sind. Durch die obere Enden N, S, N1,S1 dieser Stahlmagnete gehen die Schrauben f, f1, welche in feine
Stahlspitzen endigen, in denen die Relayanker D, D1 leicht drehbar sind. Die mittleren Theile dieser
Relayanker sind von Messing, die rechtwinkelig darauf stehenden Endstücke n, s, n1, s1 von weichem Eisen,
und es müssen daher die letzteren dieselbe magnetische Polarität besitzen, wie die
ihnen zunächst stehenden Enden der Stahlmagnete. Sind also die Enden N, N1 magnetische
Nordpole, S, S1 Südpole,
so müssen die Enden n, n1 ebenfalls
Nordpole, s, s1 Südpole
seyn. Zwischen den Enden n, s, n1,s1 der Relayanker und den eisernen Schenkelenden m, m1 des Elektromagnets
M, M1 muß im ruhigen
Zustande des Apparates ein außerordentlich geringer Zwischenraum seyn, damit eine
leitende Verbindung zwischen ersteren und letzteren nicht stattfindet. Durch die
Spiralfedern a, a1,
welche dicht neben der Drehungsachse der Relayanker angebracht sind, wird ein
Bestreben herbeigeführt, die Enden b, b1 der Relayanker niederzuziehen und die
entgegengesetzten Enden n, s, n1,s1 emporzuheben, also den oben erwähnten Zwischenraum
nach den Schenkelenden des Elektromagneten hin zu vergrößern; die Größe dieses
Zwischenraumes wird durch die in den festen Ansätzen d,
d1 sich drehenden Schrauben c, c1 regulirt. Durch
die senkrecht zu schraubende Mutter g, welche in der
Messingplatte B ihre Führung hat und durch die nur
horizontal bewegbare Schraube h verschoben wird, kann
die Spannung der Spiralfeder a vergrößert oder
vermindert werden, je nachdem die Mutter abwärts oder aufwärts geschraubt wird. Ist
der Strom, durch dessen Wirkung die Enden der Relayanker vom Elektromagneten
angezogen werden sollen, sehr schwach, so muß die Spiralfeder a nachgelassen, im entgegengesetzten Falle stärker angespannt werden.
Wenn der elektrische Strom durch die Windungen des Elektromagneten geht, so erhalten
bekanntlich die Pole m, m1 desselben entgegengesetzte magnetische Polaritäten, und es ist sofort
klar, daß, je nach der Richtung des Stromes im Elektromagnete, entweder der eine
oder der andere Relayanker mit beiden Enden angezogen werden muß, wodurch, wie
weiter unten mit Hülfe der Fig. 20 gezeigt werden
wird, der Schluß der die Schreibanker bewegenden Localbatterie erfolgt.
Geht z. B. der positive elektrische Strom in der Richtung der auf dem Elektromagnet
M, M1 verzeichneten
Pfeile, so erhält das Ende m Nordmagnetismus und das
Ende m1
SübmagnetismusDieß folgt aus dem ganz allgemein gültigen Satze, daß, wenn man sich in den
elektrischen Strom so hineingelegt denkt, daß der positive Strom vom Kopf zu
den Füßen herabgeht und das Geficht dem Magnete zugekehrt ist, der
Nordmagnetismus stets nach rechts, der Südmagnetismus nach links gestoßen
wird., daher wird das Ende s1 des Relayankers D1 von m und das Ende n1 desselben von m1 angezogen; beim
Umkehren des Stromes muß das Entgegengesetzte stattfinden, nämlich n und s resp. von mund m1 angezogen werden.
Nun ist (Fig.
20), ähnlich wie bei dem alten Relay, ein Pol der Localbatterie mit dem
Eisenkerne m, m1 des
Elektromagneten M, M1
fortwährend in
leitender Verbindung, während der andere Pol dieser Batterie mit demjenigen
Relayanker in Verbindung tritt, welcher vom Elektromagneten angezogen wird, so daß
auf diese Weise der Durchgang des elektrischen Stromes der Localbatterie entweder
durch den einen oder andern Elektromagneten des Schreibwerkes vermittelt wird.
Werden z. B. die Enden n und s des Relayankers D von den Schenkeln m, m1 des
Relay-Elektromagneten angezogen, so geht der positive Strom der Localbatterie
L vom Zinkpole z durch
die Flüssigkeit zur Kohle (oder zum Kupfer) K, von da
mittelst des Drahtes v durch den Elektromagnet II. des Schreibwerkes und aus diesem durch den Draht w in den Relayanker D; von
hier aus endlich in den Eisenkern m, m1 des Relay-Elekromagneten und im Drahte r zurück zum Zinkpole z der
Batterie; im entgegengesetzten Falle, wenn s1 und n1 angezogen werben, geht der Strom mittelst des
Drahtes x in den Elektromagnet I. des Schreibwerkes, durch den Draht y in den
Relayanker D1 und aus
diesem durch den Eisenkern m, m1 und den Draht r in die
Batterie zurück.
Schließlich ist noch zu erwähnen, daß es nicht unbedingt nöthig ist, daß beide Enden
eines Relayankers die darunter befindlichen Schenkel des
Relay-Elektromagneten beim Telegraphiren berühren, sondern daß es, wie auch
schon aus der Construction folgt, zur Schließung der Localbatterie und Bewegung der
Schreibanker hinreichend ist, wenn jene Berührung auch nur an einem Ende des Relayankers stattfindet und daß deßhalb der Apparat nur um
so sicherer arbeiten muß.
Was die übrigen Theile der neuesten vom Mechanicus Stöhrer
ausgeführten Doppelstiftapparate anlangt, so ist bei denselben im Allgemeinen die
frühere Construction beibehalten worden, mit dem Unterschiede jedoch, daß das Lüften
der Bremse zum Loslassen des den Papierstreifen bewegenden Uhrwerkes nicht mehr
durch Hebel unter den Schreibankern, sondern selbstständig durch den Telegraphisten
geschieht, welche Einrichtung als in der Praxis ausreichend und zweckmäßig befunden
worden ist.