Titel: | Chemische Untersuchung der im Handel vorkommenden Sorten des Rohzuckers; von G. J. Mulder. |
Fundstelle: | Band 124, Jahrgang 1852, Nr. XXXI., S. 137 |
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XXXI.
Chemische Untersuchung der im Handel vorkommenden
Sorten des Rohzuckers; von G. J.
Mulder.
Im Auszuge aus Scheikundige Under Zolkings, 5. deel, durch
das Journal für
praktische Chemie, 1852 Nr. 5.
Mulder, über Rohzucker.
Die folgende Untersuchung wurde in der Absicht unternommen, um zu erforschen, ob die
in Holland übliche Unterscheidung einer großen Anzahl von verschiedenen Sorten des
Rohzuckers auch durch deren chemische Zusammensetzung gerechtfertigt sey und ob die
letztere zu gewissen äußeren Kennzeichen, namentlich zu der helleren oder dunkleren
Farbe des Rohzuckers in einem directen Verhältnisse stehe, nach welchem Kennzeichen
in der Praxis die Sorten unterschieden werden.
Zur Untersuchung wurde eine kleine Menge des betreffenden Rohzuckers abgewogen, in
Wasser aufgelöst, Kupfersalz, Weinsteinsäure und Kali zugesetzt, erwärmt und auf
diese Weise der Syrup bestimmt. Eine zweite Probe Zucker wurde gewogen, in der Wärme
mit Salzsäure behandelt, wodurch der reine Zucker vollkommen in Glucose (farblosen
Syrup) umgewandelt wurde, und mit dem Gemenge des Kupfersalzes, der Weinsteinsäure
und des Kali digerirt. So wurde die schon vorhandene und erst gebildete Glucose
zusammen bestimmt und also der Gehalt an reinem Zucker gefunden. Eine dritte Probe
wurde abgewogen und getrocknet, um den Wassergehalt festzustellen. Eine vierte
Quantität wurde verbrannt und so die unverbrennbaren Stoffe gefunden. Eine fünfte
Probe endlich in Wasser aufgelöst und durch ein gewogenes Filtrum filtrirt, um die
Menge der im Zucker enthaltenen unauflöslichen Substanzen kennen zu lernen. Diese
letzteren wurden ferner verbrannt und so die unverbrennbaren Bestandtheile der
unauflöslichen Stoffe bestimmt.
Textabbildung Bd. 124, S. 138
Rohzucker. C12
H22
O11; Fruchtzucker.
C12
H28
O14; Wasser bei
100°C. ausgetrieben; Unverbrennbare Stoffe; Unlösliche, unverbrennbare
Stoffe; Caramel, Gummi, Pflanzensäure etc; Reiner Kandis; Reiner Melis; Lumpen;
Java 19; Gefärbter Kandis, in der Farbe übereinstimmend mit Java Nr. 19; Havanha
19; Havanha 17; Java 17; Mischung von Java Nr. 16, 17 und 18; Gefärbter Kandis,
in der Farbe übereinstimmend mit Java Nr. 16; Java 15; Havanha 14; Havanha 12;
Java 13; Java 11; Havanha 10; Java 9; Surinam, hell; Geringer Surinam, hell;
Gefärbter Kandis, in der Farbe übereinstimmend mit Java Nr. 8; Havanha 7; Java
7; Java 6; Java 5; Surinam, braun; Java 4; Geringer Surinam, braun
Durch diese Nr. wird die betreffende Sorte des Rohzuckers im Handel
bezeichnet.
Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich:
1) Daß ein directes Verhältniß stattfindet in den Rohzuckersorten, wie auch in dem
gefärbten Kandis, zwischen der Farbe und
a. dem Syrupgehalt,
b. dem Wassergehalt, indem die Farbe
zusammenfällt
c. mit dem Caramelgehat;
2) daß ferner in dem Rohzucker die Farbe gleichen Schritt hält
a. mit dem Gehalt an unverbrennbaren
Stoffen,
b. mit dem Gehalt an in Wasser
unlöslichen Stoffen.
3) Daß der Gehalt an reinem Zucker mit dem Hellerwerden der Farbe zunimmt.
Hiervon gibt es jedoch Ausnahmen; so besonders Havanha Nr. 19 und auch Havanha Nr. 12
und Nr. 7 zeigen einen geringeren Gehalt an reinem Zucker. Man könnte hierdurch
geneigt werden, dem Havanha-Zucker im Verhältniß zu der Farbe einen
geringeren Werth zuzuerkennen; aber der Havanha Nr. 17 sowohl, als Nr. 14, behauptet
seinen Platz. Es gibt also unter den Havanha-Zuckerarten einige, deren Gehalt
an reinem Zucker mit der Färbung gleichen Schritt hält, andere, bei welchen dieses
nicht der Fall ist. Der Java-Zucker zeigt ein sehr gleichmäßiges Verhalten
zwischen der Farbe und dem Gehalte an reinem Zucker. Auch der Surinam-Zucker
verhält sich im Allgemeinen ebenso; jedoch ist derselbe überall etwas reicher an
Zucker, als die entsprechenden Java-Sorten. Die Surinam-Zucker
geringer hell und hell, welche der Farbe nach zwischen den Java-Zuckern Nr. 7
und Nr. 9 stehen, sind um 1 bis 2 Procent reicher an reinem Zucker als die
letzteren, und dasselbe sehen wir bei dem Surinam, geringer braun und braun, im
Vergleich zu den correspondirenden Java-Sorten.
Bemerkenswerth ist ferner, daß der Havanha Nr. 19 sehr reich an Fruchtzucker war,
dabei jedoch durchaus keine größere Menge Caramel enthielt; und endlich, daß beinahe
in allen Havanha-Sorten eine nicht unbedeutende Menge von einem fremdartigen
Stoffe, wahrscheinlich einer Pflanzensäure vorkommt, deren Natur jedoch nicht näher
bestimmt werden konnte.
Mulder schließt ferner aus den hier mitgetheilten und
anderen Untersuchungen, daß man im Handel viel zu viel verschiedene Sorten
unterscheide; so nimmt z. B. die niederländische Handelsgesellschaft bei dem
Java-Zucker mehr als zwanzig verschiedene Sorten an. Die geringste Sorte des
Rohzuckers enthält immer noch 80 Procent reinen Zucker; wenn man nun von diesem
niedrigsten Gehalte an bis zum reinen Zuckerkandis zwanzig Sorten aufstellen wollte,
so würde jede Sorte um 1 Procent Zucker von der nächststehenden Sorte abweichen. Es
ist aber durchaus unmöglich, so geringe Abweichungen in dem Zuckergehalte allein
nach den Nüancen der Färbung nur einigermaßen mit Sicherheit zu unterscheiden, wie
aus der folgenden Zusammenstellung des Gehaltes an reinem Zucker in den oben untersuchten
Java-Sorten klar genug hervorgeht.
Nr.
4.
5.
7.
9.
11.
13.
15.
17.
19.
Reiner
Zucker
83,1
86,3
87,6
91,6
94,3
96,0
96,3
96,3
98,6.
Wenn hier ein gleichmäßiges Verhalten zwischen der Farbe und dem Gehalte an reinem
Zucker stattfände, so hätte die Nummerbezeichnung der Sorten eine ganz andere seyn
müssen. Nr. 13 und 15 sind fast gar nicht verschieden an Zuckergehalt, Nr. 15 und 17
sind völlig gleich; was ist unter Nr. 16 zu verstehen, wenn Nr. 15 und 17 gar nicht
verschieden sind? Nr. 4 ist offenbar zu gering im Verhältniß zu den übrigen
Sorten.
In den niedrigeren Nummern kann für jede Nummer ein Procent Unterschied in dem
Zuckergehalt angenommen werden, so bei Nr. 5, 7, 9, 11 und 13, wo wir wirklich
ungefähr 86, 88, 92, 94, 96 Procent finden; aber man bemerkt auch hier zu große
Abweichungen, so daß man keineswegs den Nr. 6, 8, 10, 12 und 14 einen Gehalt von 87,
89, 91, 93, 95 zuschreiben kann.
Als allgemeine Folgerung aber kann festgestellt werden:
1. Unter Nr. 5 ist das Verhalten zwischen Farbe und Zuckergehalt nicht mehr
constant.
2. Von Nr. 5 bis 13 ist dasselbe ziemlich beständig.
3. Ueber Nr. 13 ist es wieder ein abweichendes.
Wenn man bestimmte Hauptarten aufstellen wollte, so daß durch die Farbennüance auch
der Gehalt der Zuckersorten an reinem Zucker ausgedrückt würde, dann möchten die
folgenden zwölf Nummern ganz besonders zu empfehlen seyn. Die beigefügten Zahlen
geben den Gehalt an reinem Zucker an.
Nr.
1.
99,5
reiner Kandis, reiner Melis.
Nr.
2.
99
weniger reiner Melis und Lumpenzucker.
Nr.
3.
98
Java Nr. 23, 22, 21, 20, 19 und Bastardzucker.
Nr.
4.
96
Java Nr. 18, 17, 16, 15.
Nr.
5.
94
Java Nr. 14, 13, 12.
Nr.
6.
92
Java Nr. 11, 10. Surinam, hell.
Nr.
7.
90
Java Nr. 9, 8. Surinam, geringer, hell.
Nr.
8.
88
Java Nr. 7, 6.
Nr.
9.
86
Java Nr. 5. Surinam, braun.
Nr.
10.
84
Java Nr. 4. Surinam, geringer, braun.
Nr.
11.
82
Java Nr. 3.
Nr.
12.
80
Java Nr. 2, 1.
So weit die Untersuchung reicht, können die Havanha-Sorten, welche mit den
Java-Sorten in der Farbe übereinstimmen, auf folgende Weise gruppirt
werden:
Nr.
4.
96
Havanha
Nr.
20,
19,
18,
17.
Nr.
5.
94
Havanha
Nr.
16,
15,
14.
Nr.
6.
92
Havanha
Nr.
13,
12,
11.
Nr.
7.
90
Havanha
Nr.
10,
9.
Nr.
8.
88
Havanha
Nr.
8,
7.
Nr.
9.
86
Havanha
Nr.
6.
Nr.
10.
84
Havanha
Nr.
5 etc.
Es wird also der Havanha-Zucker um ungefähr 2 Proc. an Zuckergehalt niedriger
zu stellen seyn als der Java-Zucker.