Titel: | Ueber das Doppelcyanür von Kalium und Silber, und über dessen Rolle bei der elektrochemischen Versilberung; von Hrn. Bouilhet. |
Fundstelle: | Band 123, Jahrgang 1852, Nr. XXXV., S. 220 |
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XXXV.
Ueber das Doppelcyanür von Kalium und Silber, und
über dessen Rolle bei der elektrochemischen Versilberung; von Hrn. Bouilhet.
Aus den Comptes rendus, Decbr. 1851, Nr.
22.
Bouilhet, über das Doppelcyanür von Kalium und Silber und über
dessen Rolle bei der elektrochemischen Versilberung.
Wenn man irgend ein Silbersalz mit Cyankalium in Berührung bringt, so bildet sich ein
Niederschlag von Cyansilber, und ein Kalisalz bleibt aufgelöst; setzt man einen
Ueberschuß von Cyankalium zu, so löst sich der Niederschlag wieder auf, und man
erhält ein krystallisirbares Salz, das Doppelcyanür von Kalium und Silber.
In einer verdünnten Flüssigkeit krystallisirt dieses Salz in kleinen
Rhomboëdern, welche nach den Versuchen von Glassford und Napier der Formel Cy K, Cy Ag + HO entsprechen.
In einer concentrirten Flüssigkeit krystallisirt das Salz in kleinen sechseckigen
Tafeln; in diesem Fall enthält es kein Wasser und entspricht der Formel Cy K, Cy Ag.
Das Salz mag in der einen oder andern Form krystallisirt seyn, so wirkt seine
Auflösung in gleicher Weise auf die Körper womit man es in Berührung bringt. Eine
der merkwürdigsten Eigenschaften dieser Auflösung ist folgende schon seit längerer
Zeit bekannte.
Bei der Zersetzung der Auslösung mittelst der galvanischen Säule setzt sich auf dem
am negativen Pol angebrachten Metall metallisches Silber in zusammenhängender
Schicht ab, welche diesem Metall anhaftet, während sich am positiven Pol, wo man
einen Metallstreifen angebracht hat, eine der Menge des abgelagerten Silbers nahezu
äquivalente Quantität Metall auflöst.
Wenn man ein Silbersalz mit gelbem oder rothem Blutlaugensalz zusammenbringt, so
erhält man bekanntlich Auflösungen, welche durch die galvanische Säule auf dieselbe
Art zersetzt werden.
Nun entstand die Frage, ob bei Anwendung von gelbem oder rothem Blutlaugensalz, bloß
die wässerige Auflösung des Doppelcyanürs von Kalium und Silber die Versilberung
hervorbringt (wie bei Anwendung von reinem Cyankalium), so daß das Cyaneisen auf die
Resultate ohne allen Einfluß ist, oder ob im Gegentheil das Cyaneisen ein
wesentliches Element zum Gelingen der Operation ist, wie die HHrn. v. Ruolz und Flandin
glaubten.
Um hierüber ins Reine zu kommen, setzte ich ein Bad zusammen, welches zwar von dem
gebräuchlichen in dem Verhältniß der Bestandtheile abwich, aber die Eigenschaft zu
versilbern behielt. Das von mir angewandte Verhältniß war:
gelbes
Blutlaugensalz
1 Theil,
Cyansilber
8 Theile.
Nach einer gewissen Zeit hatte sich die Auflösung bewerkstelligt, indem sich ein
blauer Niederschlag in der Flüssigkeit bildete; nach dem Filtriren war dieselbe
farblos und enthielt ein krystallisirbares Salz.
Diese Auflösung versilberte, und doch ergab die qualitative Analyse als Bestandtheile
ihres Salzes bloß Cyan, Kalium und Silber; das Eisen war also vollständig eliminirt.
Um zu ermitteln, in welchem Verhältniß die Bestandtheile verbunden waren, bestimmte
ich das Silber als Chlorsilber, das Kali als schwefelsaures Salz, dann den
Kohlenstoff und Stickstoff durch Verbrennen der Substanz mit chromsaurem Blei, wobei
ich folgende Resultate erhielt:
Gefunden.
Atome.
Berechnet.
Silber
54,33
1
54,27
Kalium
19,63
1
19,60
Cyan
26,65
2
16,13
–––––––
–––––––
100,61
100,00
Folglich entsprach dem Doppelsalz die Formel Cy K, Cy
Ag.
Es ist daher klar, daß das Agens der Versilberung mit dem gelben Blutlaugensalz das
Doppelcyanür von Kalium und Silber ist. Nun suchte ich zu ermitteln, durch welche
Reaction sich dasselbe bildete.
Wenn man ein Silbersalz mit gelbem Blutlaugensalz zusammenbringt, so entsteht ein
Kalisalz und Ferrocyansilber. Letzteres ist sehr unbeständig; in Berührung mit der
Luft zersetzt es sich leicht in Eisencyanür und Cyansilber. Dieses Cyansilber wirkt
selbst als Silbersalz und stellt wieder Ferrocyansilber und ein Kalisalz her,
welches hier das einfache Cyankalium ist. Letzteres bildet in Berührung mit dem
Cyansilber das gefundene Doppelsalz, welches allein auflöslich ist, während die
anderen Bestandtheile als Niederschlag zurückbleiben oder sich beim Erkalten
niederschlagen.
Als ich die Reaction bei ausgeschlossener Luft bewirkte, blieb der Niederschlag grau;
in Berührung mit der Luft wurde er blau. Mit einer Säure oder mit Chlor behandelt,
wurde er dunkler blau; durch Aetzkali wurde er braun; er war folglich
Eisencyanür.
Die Reaction läßt sich durch folgende Formel ausdrücken:
2 Cy Ag + Cy³ Fe K² = 2 Cy K Cy Ag + Cy
Fe.
Ich habe diese Untersuchung mit dem rothen Blutlaugensalz
wiederholt. Das Bad wurde auf dieselbe Weise bereitet und die Resultate waren
dieselben; das Eisen wurde eliminirt und das Bad versilberte noch. Die quantitative
Analyse des krystallisirten Salzes ergab, daß es der Formel Cy K, Cy Ag entspricht. Das die Versilberung bewirkende Salz ist folglich
auch in diesem Falle das Doppelcyanür von Kalium und Silber.
Als ich die Reaction bei ausgeschlossener Luft eintreten ließ, wurde der Niederschlag
ziegelroth, unter Freiwerden von Blausäure; der Niederschlag war bloß Eisenoxyd.
Nach den Endproducten der Reaction – Cyansilberkalium und Eisenoxyd –
kann man schließen, daß die Reaction von derselben Art ist, wie beim gelben
Blutlaugensalz, nur würde sich statt des Einfach-Eisencyanürs, wie im
ersteren Falle, hier Anderthalb-Eisencyanür bilden.
Man mag also zum Versilberungsbad das einfache Cyankalium, oder gelbes oder rothes
Blutlaugensalz anwenden und einem dieser drei Salze Cyansilber oder irgend ein
anderes Silbersalz zusetzen, so ist das Product das gleiche, denn man erhält stets
eine Auflösung des Doppelcyanürs von Kalium und Silber. Diese Auflösung bewirkt, wie
ich mich durch directe Versuche überzeugt habe, in allen drei Fällen die
Versilberung gleich gut.