Titel: | Ueber Benutzung der Braunkohlen zur Eisenfabrication. |
Fundstelle: | Band 123, Jahrgang 1852, Nr. X., S. 44 |
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X.
Ueber Benutzung der Braunkohlen zur
Eisenfabrication.
Grandjean, über Benutzung der Braunkohlen zur
Eisenfabrication.
Ganz abgesehen von den verschiedenen handelspolitischen Theorien die sich gegenwärtig
um den Vorrang streiten, muß jeder, dem es aufrichtig um die Entwicklung der
materiellen Interessen Deutschlands zu thun ist, sich gestehen, daß ohne wohlfeiles
Eisen der Aufschwung unserer Industrie sehr gehemmt bleiben wird. Wohlfeiles Eisen
und billiges Brennmaterial sind die Hauptträger gewerblicher Entwicklung.
England hat die großartige Blüthe seiner Industrie vorzüglich seinen Steinkohlen zu
verdanken, und das Mitvorkommen der Eisenerze setzt es auch in den Stand, das Eisen
als das unentbehrlichste Hülfsmittel aller Gewerbthätigkeit wohlfeil darzustellen.
In Deutschland dagegen hat die Natur weder so reiche Steinkohlenablagerungen
geschaffen, noch ihnen Eisenerze in so unmittelbarer Nähe zugesellt. Wir stehen in
dieser wichtigen Beziehung deßhalb gegen England zurück und müssen durch Fleiß,
Ausdauer und kräftige Benützung der Hülfsmittel die uns geboten sind, zu ersetzen
suchen was uns die Natur versagt hat.
An Eisenerzen ist indessen Deutschland keineswegs arm, und sind dieselben
größtentheils reichhaltiger und besser, wie die bei den Steinkohlen in England vorkommenden, weßhalb
sie bei guten Transportmitteln unter Benutzung der Steinkohlen wie in den
Rheingegenden z.B., wohl ein eben so wohlfeiles Roheisen liefern können wie England
und Belgien, vorausgesetzt daß der deutsche Bergbau sich in geeigneter Weise
entwickeln kann. Wenn nun auch die Steinkohlen nur an wenigen Punkten vorhanden
sind, so ist doch unser Vaterland desto reichlicher mit Braunkohlen bedacht worden,
in denen dann auch das Mittel zu suchen ist, um die Lücke auszufüllen, die sich so
empfindlich fühlbar macht.
Die Braunkohlen, welchen ich, außer den sparsam brechenden Spielarten, die sich schon
sehr den Steinkohlen nähern, zunächst eine große Wichtigkeit zur Hebung der
Eisenfabrication beimessen muß, sind die holzartigen (Lignite), wie sie vorzüglich
am Westerwald, und auch noch in vielen andern Gegenden vorkommen; es mögen aber auch
manche erdige und andere Varietäten zu diesem Zwecke bei näherer Prüfung tauglich
befunden werden. Reiche Eisenerzlagerstätten kommen an vielen Punkten in der Nähe
der Braunkohlen vor.
Wie alles Neue und Ungewohnte in der ersten Periode der Einführung auf
Schwierigkeiten und Widersprüche stößt, so hat es auch den Steinkohlen ergangen, die
sich bei der Eisenfabrication nur mühsamen Eingang verschaffen konnten. Gegenwärtig
haben die Braunkohlen, obgleich schon an einigen Orten mit gutem Erfolg angewendet,
mit denselben Anständen noch zu kämpfen: sie werden aber wie jene siegreich
durchdringen und unserer Industrie eine breite Bahn brechen, auf der sie eben so
erfolgreich vordringen kann, als wenn sie sich auf Steinkohlen stützte.
Der Bergbau auf den meisten Braunkohlen-Ablagerungen erfordert nicht die
kostspieligen Anstalten und Vorarbeiten wie auf den gewöhnlich tiefer liegenden und
mehr geneigten Steinkohlenflötzen; erstere sind auch in der Regel mächtiger und
leichter zu bearbeiten wie die letzteren: so daß die Gewinnungskosten selten höher
steigen können, als die der Steinkohlen unter günstigen
Lagerungs-Verhältnissen.
Diesen allgemeinen Bemerkungen, die ich im Interesse der Sache voranschicken zu
müssen glaubte, will ich nun die specielleren Erfahrungen, die ich in Ansehung der
Braunkohlen des Westerwaldes zu machen Gelegenheit hatte, folgen lassen. Diese sind
zwar keineswegs zu einem bestimmten Abschluß gelangt und haben auch keinen Anspruch
auf die maßgebendste Behandlung, sie dürften aber doch geeignet seyn, die
Aufmerksamkeit der Industriellen etwas mehr auf das bisher so sehr vernachlässigte
Brennmaterial, die Braunkohlen zu lenken – und wenn dieses geschieht, so ist
mein Zweck einstweilen erreicht.
Die Braunkohlen des Westerwaldes, die wie schon erwähnt, zur holzigen Varietät, zum
Lignit gehören, und ein verworrenes Gewebe größerer und kleinerer plattgedrückter
Pflanzentheile darstellen, haben nach den Untersuchungen von Dr. G. Clemm durchschnittlich frisch aus den
Gruben 25 Proc. Wassergehalt, der sich durch Lufttrocknung bis auf 20 Proc.
vermindert. Ihr Aschengehalt (der lufttrocknen Kohlen) übersteigt selten 6 Proc.)
der Schwefel beträgt 0,15–0,20 Proc. und der Stickstoff 1 Proc. Es bleiben
demnach gegen 73 Proc. Elementarbestandtheile übrig. Untersucht man die den Kohlen
eingemengten erdigen Stoffe, die den bei weitem größten Theil des Aschengehalts
bilden, unter dem Mikroskop, so findet man, daß dieselben aus wenigem Gyps und aus
Chabasit oder Philliprit in Kryställchen bestehen. Auch Efflorescenzen von Alaun
findet man zuweilen an Braunkohlen, die an der Luft lagen und Schwefelkies
enthielten.
Unsere Braunkohlen stehen hiernach vielen Steinkohlensorten an Brennwerth nicht nach,
zeichnen sich aber vor diesen durch geringen Schwefelgehalt und die Bedingungen zu
einer leichtflüssigen Schlacke vortheilhaft aus, so daß sie bei der Eisenfabrication
ein besseres Product liefern werden als die meisten Steinkohlen. Die
Förderungskosten der Braunkohlen am Westerwald können durchschnittlich zu sechs
Kreuzer per 100 Pfd. lufttrocken angeschlagen werden;
bei stärkerem Absatz und lebhafterem Betrieb kann aber noch eine ansehnliche
Reduction dieses Preises stattfinden.
Man kann sich denken, daß bei dem lebhaften Eisenhüttenbetrieb in Nassau die
Braunkohlen, welche in reichen und ausgedehnten Lagerstätten in den tertiären
Bildungen des Westerwaldes vorkommen und bisher nur eine geringe Anwendung zu
technischen Zwecken fanden, schon längere Zeit Gegenstand von Versuchen waren, die
vorzüglich darauf hinausgingen, sie zum Frischproceß zu benutzen. Die Erfolge waren
indessen entweder sehr zweifelhafter oder entschieden ungünstiger Natur. Eben so
verhielt es sich mit den Proben die gemacht wurden, die Braunkohlen mittelst
Verkohlung zur Roheisenerzeugung tauglich zu präpariren. Die erhaltenen Kohks hatten
alle zu geringe Tragfähigkeit für den Hohofen.
Im Jahr 1848 wurden von Dr. G. Clemm unter meiner Mitwirkung weitere Versuche zur Verkohlung der
Braunkohlen im Kleinen angestellt, die schon günstigere Resultate ergaben. Es wurden
nicht allein Kohlen in
Stücken, sondern auch Kohlenklein mit Theer gemengt und zusammengepreßt (wie die
sogenannten Pariser Kohlen), in verschlossenen Gefäßen behandelt und daraus sehr
brauchbare Kohks dargestellt. Hierbei kam es hauptsächlich darauf an, bei langsamer
Erwärmung die Kohlen von Wasser zu befreien und bei eingetretener Ausscheidung des
Theers diesen dann durch rasche Erhitzung mit zu verkohlen, wodurch den zur
Zersplitterung sehr hinneigenden Kohlen ein festes Bindemittel gegeben wurde. Die so
erhaltenen Kohks ließen in Bezug auf Tragfähigkeit und intensive
Wärme-Entwicklung nur wenig zu wünschen übrig. Auch stellte sich der Preis
derselben gegen die theuern Holzkohlen, obgleich aus 100 Pfd. lufttrocknen
Braunkohlen nur 40 Proc. Kohks gewonnen wurden, sehr günstig. Es war nur noch die
Frage zu beantworten, wie der, bei dieser starken Reduction bis zu 14 Proc. in den
Kohks angewachsene Aschengehalt, der übrigens, wie schon erwähnt, durch seine
Zusammensetzung, die einen starken Kalkantheil voraussetzt, der ohnehin den Erzen
zugesetzt werden muß, nicht sehr zu fürchten war, auf den Hohofenproceß einwirke.
Weitere Versuche, die Braunkohlen durch vollständige Trocknung oder theilweise
Verkohlung zu technischen Zwecken geschickt zu machen, wurden durch die politischen
Stürme der verflossenen Jahre unterbrochen, bis sie vom Ingenieur Meyer zu Niederthal bei Hachenburg, ebenfalls unter
meiner Mitwirkung, im vorigen Jahre wieder aufgenommen wurden.
Wir gingen dabei von der Annahme aus, daß die Unbrauchbarkeit der noch immer 20 Proc.
Wasser haltenden luftrocknen Kohlen (zu technischen Zwecken die höhere Hitzegrade
erfordern) durch diesen großen Wassergehalt bedingt sey, indem wir unterstellten,
daß die Wasserdämpfe, welche sich bei der Verbrennung aus den Kohlen entwickeln, zu
viele Wärme absorbiren und die entstehenden brennbaren Gase zu sehr verdünnen, um
mit dem größten Effect verbrennen zu können. Außerdem war erfahrungsmäßig bekannt,
daß diese Wasserdämpfe bei ihrem Entstehen die Kohlen auf dem Roste in kleine
Splitter zersprengten, wodurch sich ein feines Haufwerk bildete, das zum Theil
ungenutzt durch den Rost fiel, während der andere Theil die Luft nicht mehr in
hinreichender Quantität zu einer geregelten Verbrennung der entstehenden Gase
durchlassen konnte.
Indessen die Braunkohlen von ihrem starken Gehalt an hygroskopischem Wasser auf eine
einfache und wohlfeile Art zu befreien, war mit einigen Schwierigkeiten verbunden,
indem die stille Trocknung in erwärmten Räumen und in der Sonnenwärme sehr langsam und
unvollkommen von statten ging – und in verschlossenen Gefäßen auf dem Wege
der Destillation eine vollständige Ausscheidung des Wassers zum Theil mit der
Zersetzung der Kohlen und Bildung von Kohlenwasserstoffgas und Theer zusammenfiel,
wodurch ein großer Verlust von Brennstoff herbeigeführt und der Proceß außerdem
kostspielig wurde. Die Anwendung eines warmen Luftstromes, der in einem
geschlossenen Raum durch eine Säule bis zur Faustgröße zerkleinerter Kohlen geleitet
wurde, schien unter diesen Umständen das beste Trockenmittel zu versprechen. So
einfach und naheliegend dieses Mittel auch war, es war noch nicht versucht worden.
Man konnte sich davon versprechen, daß die erwärmte Luft dem aus den Kohlen
entweichenden Wassergas als geeigneter Träger dienen werde, und daß ein solches
Fluidum die engen Spalten und Risse so durchdringe, daß eine vollständige Trocknung
in kurzer Zeit und ohne bedeutenden Kostenaufwand erzielt werden könne. Außerdem war
noch zu erwarten, daß die Kohlen sich, wie es schon an der freien Luft geschieht,
eines Theils des Sauerstoffs der erwärmten Luft bemächtigen und dadurch in eine Art
Pechkohle umgewandelt würden, die wenigstens einen kräftigeren inneren Zusammenhang
hat, als der Lignit, wenn sie auch keine besonderen Vortheile in Bezug des
Nutzeffects darbieten sollte.
Um hierüber ins Reine zu kommen, wurde auf Kosten der Eisenwerksbesitzer Gebrüder Schneider zu Neunkirchen bei Siegen, die ein lebhaftes
Interesse für diese Angelegenheit bisher an den Tag gelegt haben, eine Quantität
Braunkohlen von mittlerer Qualität in einem Formtrockenofen zu Nisterthal, der zur
Durchleitung von erwärmter Luft hergerichtet war, bis auf einige Procent von Wasser
befreit, worauf mit denselben Frischversuche in einem gewöhnlichen
Steinkohlen-Puddelofen stattfanden. Der erste Versuch geschah unter Zuführung
von etwas gepreßter kalter Luft unter dem Rost. Hierbei hatte die Gasentwicklung und
Verbrennung der getrockneten Braunkohlen zwar einen ganz guten Verlauf, und es wurde
das eingesetzte Roheisen eingeschmolzen und zur Gahre gebracht; es ging jedoch eine
verhältnißmäßige große Menge Brennmaterial auf und der Proceß hatte über eine Stunde
länger gedauert, als bei Steinkohlenfeuerung. Es schien, daß die Menge der
eingepreßten kalten Luft zu groß gewesen sey und eine nachtheilige Verdünnung der
Gase und zu starke Abkühlung herbeigeführt habe; während bei dem Versuch
vorausgesetzt war, daß die gepreßte Luft eher im Stande seyn werde das Haufwerk auf
dem Roste kräftig zu durchdringen, als der freie Luftzug. Für die zweite Charge
wurde deßhalb die Absperrungsmauer vom Aschenloche beseitigt und das Gebläse
abgestellt. Nun ging bei
sehr lebhafter regelmäßiger Verbrennung der reichlich entwickelten Gase das
Einschmelzen und Gahren über Erwarten günstig; das aufgegangene Kohlenquantum war
viel geringer als bei dem ersten Versuch, und es wurde zur Durchführung des
Processes nicht mehr Zeit gebraucht, als bei guten Steinkohlen. Die erhaltenen,
unter einem kleinen Schwanzhammer zusammengeschlagenen Luppen zeigten alle
Eigenschaften eines vorzüglichen Eisens; wobei jedoch bemerkt werden muß, daß das
verwendete Roheisen bei Holzkohlen erblasen und von guter Qualität war.
Nach diesen Ergebnissen, die eine sehr vortheilhafte Benutzung der Braunkohlen zum
Puddlingfrischen außer Zweifel stellten, entstand die weitere Frage, wie die Kohlen
am einfachsten und wohlfeilsten zu trocknen seyen. Hierbei boten die Gebrüder Schneider ebenfalls wieder bereitwillig die Hand, indem
sie den Ingenieur Meyer veranlaßten, einen Trockenofen
nach seiner Construction (in dem das Trocknen bisher fortgesetzt wurde) auf ihre
Kosten bei einer Braunkohlenzeche in der Nähe von Marienberg zu erbauen.
Die Erfahrungen welche mit diesem Trockenapparat, der aus einem 20' hohen und 10'
weiten Schachtofen mit einer einfachen Vorrichtung zum Erwärmen der Luft besteht,
bisher gemacht wurden, lassen die Sache noch nicht als zum Abschluß gebracht
erscheinen, da nicht allein die ganze Einrichtung, welche in ungünstiger Jahreszeit
mit sehr unvollkommenem Material hergestellt wurde, sehr mangelhaft war, sondern
sich auch im Gebrauch, wie dieses bei allen neuen Versuchen der Art vorkommt,
Veränderungen nöthig gezeigt haben, die viele Zeit und Auslagen erforderten. Es
unterliegt übrigens nach den bereits gewonnenen Resultaten keinem Zweifel, daß das
Trocknen der Braunkohlen mit geringen Kosten und Zeitaufwande im Großen zu
bewerkstelligen ist, wobei, wenn dieses auf den Gruben geschieht, nicht nur ein
bedeutender Theil der Transportkosten erspart wird, sondern auch das sonst nicht
verwerthbare Kohlenklein zum Erwärmen der Luft benutzt werden kann. Das geeignetste
Wärmeverhältniß scheint nach den bisherigen Ermittlungen zwischen
40–50° R. zu liegen.
Welche Einrichtung zum Trocknen der Braunkohlen allgemeine Anwendung finden wird,
läßt sich noch nicht bestimmen, da hierzu wie in der Natur der Sache liegt, nach
Oertlichkeit und individueller Anschauung verschiedene Wege und Apparate dienen
können. Dieses ist aber auch eine Nebensache, die der Anwendung des Princips nicht
mehr hinderlich seyn kann.
Die Gebrüder Schneider haben auf ihrem neuen Puddlingwerke
bei Siegen das Frischen mit Braunkohlen, sowohl mit diesen allein, als auch mit
einem kleinen Theil Steinkohlen vermischt, fortgesetzt und damit, wie ich aus guter
Quelle erfahren habe, sehr befriedigende Resultate gehabt. Es läßt sich demnach
erwarten, daß die Anwendung der getrockneten Braunkohlen zum Puddeln in der Nähe des
Westerwaldes immer mehr Platz greifen wird, und sind auch schon einige Werke mit den
Vorbereitungen hierzu beschäftigt. Man sieht hieraus, wie wenig oft dazu gehört, ein
als völlig unbrauchbar angesehenes Material in ein mächtiges Hülfsmittel der
Industrie umzuwandeln. Aber gerade für solche einfache, ja unscheinbare
Vorbereitungen, die in ihren Folgen in der Regel von großer Tragweite sind, ist es
bei uns gewöhnlich am schwierigsten, die erste gründliche Ausführung zu sichern, da
ihnen meistens viele Versuche vorausgegangen sind, die ohne gehörige Würdigung der
Natur des Materials zu ungünstigen Resultaten führten, die dann von weiteren Proben
abschrecken.
Für die hiesige Gegend ist es indessen nicht allein Bedürfniß, ein wohlfeiles
Brennmaterial zum Eisenfrischen zu erhalten – es muß auch daran gedacht
werden, die trefflichen in reichlicher Menge vorkommenden Eisenerze, welche sich in
der Nähe des Westerwaldes und selbst auf demselben finden, auf wohlfeilere Art in
Roheisen umzuwandeln. Denn die bisher zu diesem Zwecke benutzten Holzkohlen sind zu
theuer, um eine nachhaltige Concurrenz zu ermöglichen – und auch nicht in
hinreichender Menge zu erhalten, um eine dem Eisenerzreichthum entsprechende
Production an Roheisen herbeizuführen. Die Holzkohlen werden bei einer solchen
Erweiterung der Eisenindustrie voraussichtlich doch in gutem Werth bleiben, da das
mit diesem Brennmaterial erzeugte Roheisen zu manchen Zwecken, wie z.B. zur
Stahlbereitung etc., immer sehr gesucht und besser bezahlt bleiben wird – und
in der Uebergangsperiode die bestehenden Hüttenwerke die Braunkohlen auch nur als
Zusatz zu den Holzkohlen benutzen werden.
Wie ich bereits bemerkt habe, wurden schon früher Versuche gemacht Braunkohlen in
brauchbare Kohks zum Eisenschmelzen umzuwandeln, die aber alle bis auf die
angeführten Proben von Dr. G. Clemm von keinem günstigen Erfolg begleitet waren, da es nicht gelingen
wollte den erzeugten Kohks diejenige Festigkeit zu geben, welche sie zum Widerstand
gegen den starken Druck in Hohöfen haben mußten. Außerdem war aber auch bei ihrem
lockeren Gewebe und der großen Oberfläche die sie vermöge desselben darboten, zu
befürchten, daß sie schon in den oberen Theilen des Ofens vollständig verbrennen würden
– und also im Gestell, wo die Reduction der Erze vorzüglich geschieht, nicht
mehr gehörig wirksam seyn könnten. Selbst aber auch dann, wenn sich aus Braunkohlen
Kohks von entsprechender Festigkeit im Großen leicht darstellen ließen, mußte es
doch viel vortheilhafter erscheinen, zur Roheisen-Erzeugung getrocknete
Braunkohlen anzuwenden, da die Verkohlung ja ohnehin im oberen Theile des Ofens vor
sich geht und die dabei reichlich entstehenden brennbaren Gasarten zum Trocknen der
Kohlen, zur Erwärmung der Gebläseluft, und zur Heizung von Dampfmaschinen etc.
benutzt werden können, während die selbstständige Verkohlung mit bedeutenden Kosten
verbunden ist und keine so unmittelbare und vortheilhafte Benutzung der
Verkohlungs-Producte gestattet.
In neuester Zeit hat Fr. v. Rößler zu Westerburg nach
einer ihm in Nassau patentirten Methode die Verkohlung der Braunkohlen, wobei auch
die Destillations-Producte gewonnen werden können, wieder aufgenommen.
Hierbei hat es sich aber aufs neue gezeigt, daß auf den größten Theil der letzteren
verzichtet werden muß, wenn feste Kohks erhalten werden sollen. Da übrigens Fr. v.
Rößler mehr Gewicht auf die Destillationsproducte
legt, jedoch aber auch die Kohks zu verwerthen wünschte, so veranlaßte er den
Ingenieur Meyer einige Versuche zum Eisenschmelzen auf
seine Kosten zu machen, die zu Nisterthal auf einem sehr niedrigen Schachtöfchen
ausgeführt wurden. Es kam hier vorzüglich auf die Beantwortung zweier Fragen an:
„ob sich nämlich die sehr spröden und brüchigen Kohks, die sich in
einer kurzen Säule schon sehr zerkleinten, in einem Hohofengestell durchblasen
ließen – und ob dieselben wegen ihres Aschengehaltes, der gegen 14
Procent beträgt, auch die zur Reduction der Erze nöthige Hitze erzeugen –
und dabei eine dem Proceß nicht hinderliche Schlacke gäben.“ Obgleich
nun mit kaltem Wind geblasen werden mußte und das Gebläse kein kräftiges war, so
gaben doch die Versuche, die mit sehr unvollkommenen und in der Eile
zusammengestoppelten Hülfsmitteln gemacht werden mußten, ganz befriedigende
Resultate: indem nicht allein das Durchblasen der Kohks ganz leidlich von statten
ging, sondern auch die Reduction der Erze, die wegen dem Kalkgehalte der Kohks nur
mit wenigem Kalk beschickt wurden und aus geröstetem Spath- und
Braun-Eisenstein bestanden, bei ganz erwünschter Schlackenbildung und ohne
erhebliche sonstige Störungen erfolgte. Das reducirte Eisen wurde indessen in dem
Herd, wie auch kaum anders zu erwarten war, da der Ofen nur wenig vorgewärmt werden
konnte, als Frischeisen angetroffen, das aus dünnen, zusammengesinterten, sehr
geschmeidigen Lamellen mit zwischengelagerten Kohlenstückchen bestand.
Aus diesen Proben ging zwar mit Evidenz hervor, daß die Braunkohlen-Kohks auf
sehr niedrigen Oefen zur Eisenerzeugung tauglich seyen; der ökonomische Punkt konnte
aber natürlich dadurch nicht festgestellt werden. Um nun in dieser letzteren
Beziehung aufs Reine zu kommen und zugleich mit getrockneten Braunkohlen Roheisen zu
erzeugen, welche letztere Frage von noch weit größerem Belang ist, soll auf einem
vom Ingenieur Meyer projectirten und auszuführenden
vollkommeneren Ofen, der übrigens gegen die gebräuchlichen Hohöfen noch sehr niedrig
werden wird, mit größeren und länger anhaltenden Versuchen vorgeschritten werden,
wobei dann auch erhitzte Gebläseluft zur Anwendung kommt.
Der Erfolg dieser Versuche, der mir wohl ebenfalls im Einverständniß mit den
Betheiligten im Wesentlichen bekannt zu machen vergönnt seyn wird, kann meiner
Ansicht nach, wenn keine besonderen Zwischenfälle eintreten, kein zweifelhafter und
nur ein erfreulicher seyn, denn es läßt sich nach den gewissenhaft aufgestellten
Voranschlägen erwarten, daß der ökonomische Effect ein sehr befriedigender seyn
werde.
Marienberg (Nassau), November 1851.
Grandjean.