Titel: | Verfahren niedergeschlagenen Indigo (Sächsischblau) zu bereiten; von Jean Marnas in Lyon. |
Fundstelle: | Band 121, Jahrgang 1851, Nr. LIII., S. 228 |
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LIII.
Verfahren niedergeschlagenen Indigo
(Sächsischblau) zu bereiten; von Jean Marnas in Lyon.Als Mittheilung patentirt für England am 12
Decbr. 1850.
Aus dem London Journal of arts, Juli 1851, S.
70.
Marnas' Verfahren niedergeschlagenen Indigo zu
bereiten.
Der niedergeschlagene Indigo, das sogenannte Sächsischblau, wurde bisher auf folgende
Art bereitet: man gießt in einen Kessel mit Wasser die schwefelsaure Indiglösung,
und weicht in dieses blaue Bad Wolle oder Wollenzeug ein, bis sich die
Indigblau-Säuren auf dem Stoffe absetzten, wobei die überschüssige
Schwefelsäure und die fremdartigen Substanzen in dem Wasser aufgelöst bleiben. Die
so gefärbte Wolle wird in kaltem Wasser gewaschen; dann taucht man sie in heißes,
schwach alkalisch gemachtes Wasser, welches alle blaue Farbe abzieht und auflöst;
die entfärbte Wolle kann neuerdings zu demselben Zweck angewandt werden. Wenn man
die erhaltene blaue Flüssigkeit, während sie noch warm ist, schwach ansäuert, so
setzt sie eine grüne Substanz ab, welche in einer alkalischen Flüssigkeit auflöslich
ist, aber in einer sauren Flüssigkeit sich niederschlägt. Die Flüssigkeit, worin das
Indigblau aufgelöst ist, kann dann ohne weitere Zubereitung angewandt werden.
Das neue Verfahren besteht darin, daß man anstatt des Wollengarns oder der
Wollenzeuge Scherflocken vom Scheren der Tuche und
anderer Wollenzeuge anwendet. Die Anwendung von Scherwolle gewährt folgende
Vortheile: 1) die sehr kurzen, zum Theil fast staubartigen Härchen bieten eine
größere Oberfläche dar und absorbiren mehr Farbstoff; 2) die Kosten sind bedeutend
geringer; denn eine Färberei, welche bei der gewöhnlichen Methode Wollenzeuge im
Werth von 2000 Pfd. Sterl. anwendet, reicht mit Scherwolle im Werth von 20 Pfd.
Sterl. aus; 3) die Scherflocken geben das aufgenommene Indigblau leicht ab und ohne
dadurch benachtheiligt zu werdeu; während Wollenzeuge ziemlich viel Indigblau
zurückhalten, welches sich nur schwierig und nie ohne Nachtheil für die Stoffe
abziehen läßt. Die Wollenzeuge verlieren auch sehr bald ihr Absorptionsvermögen; die
Theile, welche am meisten der Einwirkung warmer alkalischer Flüssigkeiten ausgesetzt sind,
verwandeln sich nämlich in eine Art gummiger Substanz, welche bei jeder Operation
eine gewisse Menge Indigblau desoxydirt und zerstört; dagegen geben Scherflocken die
Farbe so leicht wie ein Schwamm ab, können auch mit einem schwächer alkalisirten
Wasser und bei einem niedrigeren Wärmegrad angewandt werden, leiden folglich weniger
und werden nicht in eine gummiartige Substanz umgeändert. Endlich wird 4) durch die
Anwendung von Scherflocken der Verlust an Farbstoff vermieden, welcher bei Anwendung
von Wollenzeugen stattfindet und wenigstens 10 Procent beträgt.
Man bereitet das Indigblau bei Anwendung von Scherflocken gerade so, wie bei
Benutzung von Wollenstoffen. Man gießt die schwefelsaure Indigauflösung in das
Wasser des Kessels, erwärmt die saure Flüssigkeit gelinde und bringt dann die vorher
gereinigten Scherflocken hinein. Nach Verlauf von beiläufig einer halben Stunde
zieht man die Flüssigkeit ab; dann bringt man eine frische Quantität Scherflocken
hinein, und so fort, bis aller Farbstoff absorbirt ist; solche Scherwolle welche
nicht vollständig mit Farbe gesättigt ist, bringt man wieder in die Flüssigkeit,
worin stets etwas Farbstoff zurückbleibt. Nun gießt man kaltes Wasser aus die
Scherwolle, um ihr die freie Säure und die auflösliche grüne Substanz zu entziehen;
darauf legt man die Wolle in eine kleine Menge warmen Wassers, welches durch Zusatz
von Potasche oder Soda schwach alkalisch gemacht worden ist, und rührt sie darin gut
um; endlich füllt man sie mittelst hölzerner Schaufeln in Säcke und preßt sie aus.
Die ablaufende Flüssigkeit wird schwach angesäuert und noch warm filtrirt. Die grüne
Substanz, welche in einer sauren Flüssigkeit unauflöslich ist, bleibt auf dem
Filter; das auflösliche Indigblau geht durch das Filter in gereinigtem Zustande und
so concentrirt, daß es beim Erkalten fest wird. Diese Operation kann man
wiederholen, wenn man ein reineres Blau zu erhalten wünscht.
Wenn man die Flüssigkeit bei einer niederen Temperatur abdampft, erhält man mehr oder
weniger concentrirten Indigcarmin zum Färben und Drucken der Zeuge.
Nach langem Gebrauch wird die Scherwolle zur Bereitung von löslichem Indigblau
unanwendbar; man verkauft sie dann als Dünger oder an die
Blutlaugensalzfabriken.