Titel: | Ueber die Zusammensetzung der Rohzucker; von Eugen Peligot. |
Fundstelle: | Band 120, Jahrgang 1851, Nr. LXVIII., S. 310 |
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LXVIII.
Ueber die Zusammensetzung der Rohzucker; von
Eugen
Peligot.
Aus den Comptes rendus, März 1851, Nr.
12.
Peligot, über die Zusammensetzung der Rohzucker.
Der Rohzucker, welcher aus dem Zuckerrohr oder der Runkelrübe gewonnen wird, enthält
mehrere Stoffe, welche entweder neben ihm in der Pflanze enthalten sind, oder dem
Safte zugesetzt werden, um die Abscheidung des Zuckers in Krystallform zu
erleichtern. Da der Handelswerth der Rohzucker sich durch das Verhältniß und die Art
dieser fremdartigen Stoffe bestimmt, die Besteuerung dieses Nahrungsmittels aber zu
diesem Werthe möglichst in Verhältniß stehen soll, so ist es nothwendig die
Zusammensetzung der auf den (französischen) Markt kommenden Rohzucker durch genaue
Versuche zu bestimmen. Günstige Umstände gestatteten mir, mich mit dieser Aufgabe zu
befassen. Als Mitglied einer vor mehreren Monaten von dem damaligen Minister für
Ackerbau und Handel, Hrn. Dumas, ernannten Commission
behufs der Ermittelung des absoluten Zuckergehalts der ersten Sorten, bekam ich zahlreiche und ächte
Proben in- und ausländischer Zucker, welche in den verschiedenen Niederlagen
zu Paris, Bordeaux, Nantes, Havre, Lille und Valenciennes von der Verwaltung selbst
mit aller Sorgfalt gesammelt worden waren; überdieß analysirte ich seit einem Jahre
eine große Anzahl für die Pariser Raffinerien bestimmter Zucker.
Die im Rohzucker vorkommenden fremdartigen Stoffe sind: Wasser, Farbstoffe,
eiweiß- und gummiartige Stoffe, organische Ueberreste, Sand oder Erde,
auflösliche Mineralsalze, welche die Pflanze aus dem Boden zog, Essigsäure oder
andere Säuren als Producte der theilweisen Gährung des ausländischen Zuckers der
gewöhnlich sauer ist; Zuckerkalk oder Zuckerkali welche man im inländischen Zucker
findet, der fast immer alkalisch reagirt; endlich der unkrystallisirbare Zucker,
welcher jedoch nur in sehr kleiner Menge vorhanden ist.
Diese verschiedenen im Rohzucker enthaltenen Stoffe müssen durch das Raffiniren
desselben weggeschafft werden. Von diesen Substanzen sind einige bei dieser Arbeit
ziemlich unschädlich; das Wasser, die organischen Reste, der Sand, vermindern durch
ihre Gegenwart lediglich den Gehalt an vorher schon vorhandenem Zucker; während die
auflöslichen fremdartigen Stoffe, besonders die Mineralsalze, das Ergebniß an
raffinirtem Zucker verringern, indem sie einen Theil des krystallisirbaren Zuckers
in Melasse verwandeln; wären sie nicht vorhanden, so würde man diesen Zucker
gewinnen, daher der Ertrag je nach der Menge dieser im Rohzucker enthaltenen Salze
wechselt.
Die Analyse des Rohzuckers, in der Absicht seinen Handelswerth zu bestimmen, ist
daher nicht so einfach, als sie auf den ersten Blick erscheinen möchte. Da das
Ergebniß desselben an raffinirtem Zucker nicht genau mit seinem wirklichen
Zuckergehalt im Verhältniß steht, so reicht die Bestimmung dieses letztern mit
Ausschluß jeder andern Prüfung zur Feststellung dieses Werthes nicht hin. Die
physischen Eigenschaften, z. B. die Farbe, das mehr oder minder trockne Korn, der
mehr oder weniger reine Zuckergeschmack, welche man bisher zusammengenommen im
Handelsverkehr und auch zur Feststellung der Besteuerung benutzte, sind, ungeachtet
ihrer Unvollkommenheit, nicht minder nützliche Kennzeichen, als die bloße Bestimmung
des reinen Zuckergehalts. Das von mir zur Ermittelung der Zusammensetzung der
Rohzucker befolgte Verfahren ist einfach und praktisch. Das Austrocknen von 10
Grammen Zucker in einem auf 88° Reaumur erwärmten Trocknenraum ergibt die darin enthaltene
Wassermenge; die unauflöslichen Substanzen, wie Sand, Erde, Ueberreste des
ausgepreßten Rohrs, werden dadurch bestimmt, daß man die Zuckerauflösung, welche
diese Substanzen schwebend enthält, auf ein tarirtes Filter bringt. Diese Substanzen
kommen gewöhnlich nur im ausländischen Zucker vor; doch erhielt ich auch einige
Proben von inländischem Zucker (Rübenzucker), welche mit Wasser eine durch
vorhandenen kohlensaurem Kalk getrübte Auflösung gaben; dieses Salz entsteht ohne
Zweifel durch Zersetzung des Zuckerkalks mittelst der Kohlensäure der
atmosphärischen Luft.
Die Farbstoffe, ferner die eiweiß- und gummiartigen Stoffe, werden durch
basisch-essigsaures Blei gefällt, welches man aber nicht in Ueberschuß
anwenden darf; der erhene Niederschlag
wird auf einem tarirten Filter gesammelt; nachdem man ihn gewogen hat, verbrennt man
einen Theil davon, um das Verhältniß der von ihm repräsentirten organischen
Substanzen zu bestimmen.
Die so wichtige Bestimmung der Mineralsalze geschieht durch Verbrennen von 5 oder 10
Grammen Zucker in der Muffel eines Probirofens. Dieses Einäschern muß man anfänglich
bei möglichst niedriger Temperatur vornehmen, um das Schmelzen der Asche zu
verhüten; wenn es fast beendigt ist, steigert man die Hitze, wenigstens bei der
Asche inländischer Zucker, welche alkalisch und sehr schmelzbar ist; letztere ist
nämlich schwer weiß zu erhalten, wenn man sie nicht eine Zeit lang schmelzend
erhält.
Der Zuckergehalt kann auch mittelst des Clerget'schen
Saccharimeters bestimmt werden; doch schienen mir die Angaben dieses Instrumentes in
der Regel minder genau zu seyn, als die bloße Ermittelung des Zuckers durch
Differenz, nachdem die eben besprochenen Substanzen direct bestimmt wurden.
Bei den folgenden Analysen solcher Zuckersorten, wie sie in den Pariser Raffinerien
täglich behandelt werden, wurden das Wasser und die Mineralsalze in jeder einzelnen
Probe bestimmt; die unauflöslichen Substanzen in den fremden Zuckern, sowie die
Farbstoffe, gummiartigen Stoffe etc., welche stets in sehr kleiner Menge vorhanden
sind, wurden in mehreren Proben bestimmt und das Mittel dieser Wägungen dann für
jeden analysirten Zucker angenommen, so daß am Ende das von mir befolgte Verfahren,
welches ich für das beste halte, um den wirklichen Werth eines Rohzuckers schnell zu
ermitteln, darin besteht, bloß das Wasser und die Mineralsalze zu bestimmen und die
andern Bestandtheile
aus den auf frühere Versuche gegründeten Ermittelungen abzuleiten. Die Ausführung
dieses Verfahrens erheischt nur drei Wägungen, indem das Einäschern mit dem vorher
ausgetrockneten und dann gewogenen Zucker vorgenommen wird.
Folgendes ist die Zusammensetzung einer Anzahl in- und ausländischen
Zuckerproben:
Inländische Rohzucker (Rübenzucker).
Wasser
5,3
3,3
4,0
1,7
2,4
4,5
4,6
Mineralsalze
1,8
1,4
1,8
0,8
1,0
1,7
2,0
durch basisch-essigsaures Blei fällbare organische Farbstoffe,
gummiartige Stoffe etc.
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
1,0
Zucker
91,8
94,3
93,2
96,5
95,6
92,8
92,5
––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––––
100
100
100
100
100
100
100
Fremde Rohzucker.
Porto Rico.
Reunion.
Antillen.
Antillen.
Wasser
4,4
6,0
6,4
5,5
Mineralsalze
0,6
0,9
1,0
1,3
unlösliche Substanzen, Sand, Ueberreste vom Zuckerrohr etc.
1,0
1,0
1,0
1,0
durch basisch-essigsaures Blei fällbare Farbstoffe
1,5
1,5
,1,5
1,5
Zucker
92,5
94,6
90,1
91,7
––––––––––––––––––––––––––––––––––––
100
100
100
100
Diese Analysen beziehen sich auf Rohzuckerproben, welche man im Handel mit
verschiedenen Namen nach ihrer Güte bezeichnet; die auf dem Pariser Markt am
häufigsten vorkommende Sorte, die sogenannte gute vierte (la
bonne quatrième) scheint mir durchschnittlich folgende Zusammensetzung zu
haben:
Inländischer Zucker.
Fremder Zucker.
Wasser
3,5
4,5
Mineralsalze
1,5
1,0
durch basisch-essigsaures Blei fällbare organische Substanzen,
Farbstoffe und gummiartige Stoffe
1,0
1,5
unlösliche Substanzen (Sand etc.)
1,0
1,0
Zucker
94,0
92,0
–––––––––––––––––––––––
100
100.
Um die Gränzen der in den Rohzuckern enthaltenen Wassermengen festzustellen,
bestimmte ich den Wassergehalt aller Zuckerproben, welche aus den Niederlagen für
die Arbeit der Commission genommen wurden (es waren 72 Proben ausländischen und 40
Proben inländischen Rohzuckers). Dieselben wurden in Deckelgefäßen sorgfältig
verwahrt, um jede weitere Veränderung ihres hygroskopischen Zustandes zn verhindern.
Als Resultat ergab sich, daß die in den fremden Zuckern enthaltene Wassermenge
zwischen 0,8 und 6,4 wechselt, im Mittel beträgt sie 3,87 Proc.; bei den
inländischen Zuckern, welche in der Regel viel trockner sind, beträgt sie zwischen
0,9 und 5,5, im Mittel 2,6 Procent. In der Regel enthält ein Zucker um so weniger
Wasser, je mehr er sich dem Zustand der Reinheit nähert.
Der Runkelrübenzucker enthält nach meinen Analysen 2 Procent wirklichen Zucker mehr,
als der ausländische Zucker; dieser Vorzug wird aber theilweise ausgeglichen durch
den größern Werth der geringen Producte und Melassen, welche man beim Raffiniren des
letztern erhält.
Die in den Rohzuckern enthaltenen Mineralsalze haben ohne Zweifel einen großen
Einfluß auf ihr Ergebniß an raffinirtem Zucker; man kann annehmen, daß jeder
Tausendtheil dieser Salze die Krystallisation von 4 bis 5 Tausendtheilen, also
ungefähr einem halben Procent Zucker verhindert und denselben also in Melasse
verwandelt. Es ist daher für den Raffineur von großem Interesse, das Verhältniß der
Mineralsalze in den von ihm zu behandelnden Zuckern zu kennen; denn ein Rohzucker,
welcher 1 Procent auflösliche Salze und 94 Procent Zucker enthält, ist
vortheilhafter zu verarbeiten, als einer welcher 2 Procent Asche und 97 Procent
Zucker enthält; letzteren darf er nicht so theuer bezahlen, obgleich er 3 Procent
mehr Zucker enthält.
Diese Betrachtungen gelten noch besonders für den Runkelrübenzucker, welcher
Quantitäten von Mineralsalzen enthält, die vom Einfachen bis zum Doppelten
wechseln.