Titel: | Ueber die Fortschritte der Rübenzuckerfabrication; von Prof. K. Siemens in Hohenheim. |
Fundstelle: | Band 119, Jahrgang 1851, Nr. LXXIII., S. 372 |
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LXXIII.
Ueber die Fortschritte der
Rübenzuckerfabrication; von Prof. K. Siemens in Hohenheim.Der vom Verfasser im Jahre 1846 in diesem Betreff erstattete Bericht würde im
polytechn. Journal Bd. XCIX S. 263
mitgetheilt.
Aus Riecke's Wochenblatt, 1851, Nr.
1–7.
Siemens, über die Fortschritte der
Rübenzuckerfabrication.
Der Besuch mehrerer Zuckerfabriken in der Gegend von Magdeburg, in Schlesien, Mähren und Böhmen im Herbst 1850 veranlaßt mich, über den
gegenwärtigen Stand dieser Fabrication nachfolgende Mittheilungen zu machen.
Die Provinz Sachsen und namentlich die nächste Umgebung Magdeburgs behauptet noch
immer sowohl in Betreff der Ausdehnung der Fabriken, als auch in den Fortschritten
der Fabrication den Vorrang. Die anscheinende Befestigung der politischen Zustände
im verflossenen Jahr hat auch der Rübenzuckerfabrication einen neuen Aufschwung
gegeben, so daß sich hier allein die Zahl der Fabriken in diesem Jahre durch
sechsundzwanzig neue Anlagen auf einige 90 erhöhte, die zusammen in der
gegenwärtigen Campagne gegen 10 Million. Cntr. Rüben verarbeiten, da für jede Fabrik
durchschnittlich mehr als 100000 Cntr. zu rechnen sind.
Obgleich ein bedeutender Theil dieser Fabriken ihren Bedarf an Rüben auf gepachteten Ländereien selbst baut oder von kleineren
Grundbesitzern geliefert erhält, so vermehren sich doch die Anlagen auf den größeren
Grundbesitzungen, namentlich aber auf den größeren Domänen so rasch, daß jene reinen
Fabrikanlagen immer mehr in die Minderzahl kommen. Meist fanden aber auch die
älteren Fabriken Gelegenheit, in Besitz eines größeren Grundeigenthums zu gelangen
oder größere Flächen auf eine längere Reihe von Jahren zu pachten, wodurch sie ihren
Rübenbedarf gesichert erhalten. Der Pachtpreis für solches Land beträgt in der Regel
10–12 Thaler per Morgen, während für einjährigen
Pacht noch 16 bis 24 Thaler für besonders gute Aecker bezahlt werden. Aber auch die
anfänglich nur auf die eigene Production basirten Anlagen haben, durch weiteren
Ankauf der Rüben von
kleineren Landbesitzern, ihrem Betriebe eine größere Ausdehnung geben können, so daß
man eben so wenig solche Fabriken trifft, welche sich ganz auf die Verarbeitung der
selbst gebauten Rüben beschränken. Dadurch ist aber auch hier oft diese Fabrication
aus der Reihe der landwirthschaftlichen Neben gewerbe
getreten und hat nicht selten umgekehrt die Landwirthschaft zu ihrem Neben gewerbe gemacht.
Der Rübenbau für den Verkauf hat sich namentlich mit der immer mehr verbreiteten
Separation der Güter bedeutend vermehrt, da es nun auch dem Bauer möglich wird,
diesem Gewächse den geeigneten Platz im Fruchtwechsel anzuweisen. Es folgen meist
Winterfrucht, Rüben, Sommerfrucht und eine Brachfrucht auf einander, wobei die
frische Düngung nie den Rüben, sondern meist dem Winter- und dem Sommerfelde
gegeben wird. Da die Bodenbeschaffenheit (meist ein durch die Beimischung von gröberem Sand der Luft sehr zugänglicher, durch viele
humose Theile dunkelgefärbter Niederungsboden) hier eine häufigere und schwächere
Düngung am geeignetsten macht, so erhält der Boden die zum Gedeihen der Rüben
nöthige Dungkraft, ohne diese Rüben durch den nachtheiligen Einfluß einer frischen
Düngung für den Fabrikanten unbrauchbar zu machen. Der Einfluß des Rübenbaues zeigt
sich allgemein für den kleineren Grundbesitz so günstig, daß bei keinem anderen
Handelsgewächse der Boden in gleicher Kraft zu erhalten ist. Die zeitige Pflege, welche den Pflanzen bei einem
beschränkteren Anbaue zu Theil werden kann, macht diesen weit lohnender und
sicherer, als bei größerer Ausdehnung desselben der Fall ist, und dieß läßt vor
Allem den Nutzen der einheimischen Zuckererzeugung dem kleineren Grundbesitzer
theilhaftig werden. Wie lohnend der Rübenbau seyn muß, zeigt die Thatsache, daß
derselbe im Magdeburgischen bereits den Anbau der Oelsaat fast ganz verdrängte.
Die Möglichkeit des Ankaufs von Rüben hat auf den Gütern, welche früher ihrer
Fabriken wegen einen zu ausgedehnten Rübenbau, oft ein Drittheil bis zur Hälfte des
Areals, betrieben, diesen auf das für die Nachhaltigkeit ihres Bodens geeignete Maaß
zurückführen lassen, und man glaubt dabei annehmen zu müssen, daß für jeden Morgen
Fabrikrüben die Wirthschaft einen Futterzuschuß von 15 Cntr. Heuwerth bedürfe, um
den Boden in nachhaltiger Kraft zu erhalten. Bei einer auf ein Viertel des Areals
beschränkten Ausdehnung des Rübenbaues zeigt derselbe, in Folge der vermehrten
Düngerproduction durch die verschiedenen Abfälle der Fabrication, gar keinen Ausfall
im Ertrage des
Körnerbaues — eine Thatsache, welche von vielen Seiten eine Bestätigung
findet.Daß die Frage über den Einfluß der einheimischen Zuckerfabrication die
Versammlung der deutschen Landwirthe in Magdeburg
vorzugsweise beschäftigen werde, ließ sich erwarten, eben so sicher aber
auch. daß nach den gemachten Erfahrungen dieser Einfluß als ein im höchsten
Grade günstiger bezeichnet werden werde.Nach dem Urtheile erfahrener Landwirthe wurde der Rübenbau nicht nur an und
für sich als günstig für den Acker bezeichnet, sondern auch bestätigt, daß
bei der Verwendung der Rüben zu Zucker eine reichliche Menge Futter gewonnen
werde, dessen Werth von Vielen dem der Kartoffeln bei ihrer Verwendung zu
Branntwein gleich gerechnet werden wollte, indem man den Futterwerth der
Blätter, Köpfe, Preßrückstände und der Melasse vom Ertrage eines Magdeburger
Morgen (diesen auch nur zu 120 Cntr. Rüben gerechnet) mindestens dem Werthe
von 27 Cntr. Heu gleichzurechnen habe, was um so weniger bestritten werden
konnte, als die Angaben der Resultate von dem auf der landwirthschaftlichen
Akademie zu Proskau längere Zeit fortgesetzten
Versuche den Futterwerth der Preßrückstände dem des Heues gleich setzen
lassen. Die Einwendungen hiergegen fanden darin eine Begegnung, daß der
Werth oder Nutzen solcher Fütterungsmittel erst durch eine geeignete
Anwendung zu erlangen sey, und daß namentlich bei einer übermäßigen,
alleinigen oder nur kurze Zeit dauernden Fütterung solcher Abfälle kein
günstiges Resultat sich herausstellen könne, indem der Geschmack und die
Natur des Viehes sich zunächst mit einer bis dahin fremden Nahrung zu
befreunden habe.
Wie groß der Einfluß der Rübenzuckerfabrication auf andere Industriezweige und
Verhältnisse, namentlich der Handwerker und Arbeiter, sich zeigt, darüber liefert
die den Mitgliedern der Magdeburger Versammlung überreichte Empfangsschrift sehr
interessante Zusammenstellungen, wovon ich mir erlaube hier einige anzuführen. Die
Verbrauchsbedürfnisse zur Verarbeitung der in diesem Jahre dort erwarteten Ernte von
10 Millionen Cntr. Rüben werden veranschlagt:
Für chemische Fabricate
160000
Thlr.
Für Preßtücher, Filter und Schaumbeutelzeug
157000
Thlr.
Für Korbmacherarbeiten, Geflechte
52000
Thlr.
Für Seilerarbeiten
15000
Thlr.
Für Blechschmiede, Klempner
52000
Thlr.
Für Maschinenreparaturen
100000
Thlr.
Für Kupferschmiede, Gelbgießer
76000
Thlr.
Für Schmiede- und Schlosserarbeiten
58000
Thlr.
Für Zimmerleute, Tischler und Maurer
96000
Thlr.
Für Ziegelbrenner, Steinbrecher für Kalk
750000
Thlr.
Für Böttcher
130000
Thlr.
Für Papier
6000
Thlr.
Für 500000 Cntr. Steinkohlen und 1 Million Tonnen Braunkohlen
zusammen
800000
Thlr.
Für Abgang an thierischer Kohle
100000
Thlr.
Dabei sind mit dem Anbau von obigem Rübenquantum im Sommer auf
dem Felde 50000 Menschen, meist Frauen und Kinder, beschäftigt, von welchen im
Winter 18000 in den Fabriken eine lohnende Arbeit finden.
Nicht viel weniger, als in der Provinz Sachsen, vermehrten sich im letzten Jahre die
Anlagen von Zuckerfabriken in den fruchtbaren Niederungen der Oder und in Schlesien, hier namentlich in der
Umgebung von Breslau, Liegnitz und Schweidnitz. Es sind dieß meist kleinere Anlagen
als im Magdeburgischen, mit einer durchschnittlichen Verarbeitung von 600 Cntr. per Tag. Der Ankauf von Rüben findet hier bei einer
größeren Vertheilung des Grundeigenthums noch allgemeiner statt, was das feuchte und
dadurch den Wuchs des Unkrautes begünstigende Klima als besonders zweckmäßig
erscheinen läßt, da unter solchen Verhältnissen der Rübenbau im Großen erschwert
ist. Noch weit mehr aber, als in diesem Jahre, wird sich die Anzahl der Fabriken
hier im nächsten Jahre vermehren, da die bedeutendern Maschinenfabriken Magdeburgs,
Berlins und Breslau's bereits reichliche Bestellungen für die neuen Anlagen
übernommen haben.
Die außerordentliche Vermehrung der Fabriken trotz der so eben erst um das Doppelte
erhöhten Besteuerung des Rübenzuckers beweist wohl zur Genüge, daß die Vortheile,
welche diese Industrie gewährt, immer mehr erkannt werden und die erlangten
Vervollkommnungen in der Fabrication jene vermehrte Abgabe auszugleichen vermögen.
Dennoch dürfte die Anlage einer solchen Fabrik mit Vorsicht unternommen werden, da
durch eine immer größer werdende Concurrenz die Preise des Zuckers voraussichtlich
mehr gedrückt werden, was von größerem Einfluß auf die Rentabilität der Fabrication
seyn wird, als die Belastung durch eine höhere Besteuerung, welche der Fabrikant
ohne Concurrenz immer dem Consumenten wieder auferlegen wird. Wo aber Intelligenz,
Capital, Cultur und nicht zu theures Brennmaterial sich vereinigt finden, da dürfte
auch für die Folge die Concurrenz nicht zu fürchten seyn, von der wir überhaupt wohl
noch entfernter sind, weil kaum ein Drittel unseres Zuckerbedarfs bis jetzt selbst
erzeugt wird, die Vermehrung der Consumtion aber ungemein zunimmt und noch mehr zu
steigen vermag.
Auffallend ist dagegen, daß diese Industrie in den österreichischen Staaten bei
höheren Zuckerpreisen, geringerer Besteuerung, passender Bodenbeschaffenheit,
billigern Löhnen und Brennmaterial, keine so erhebliche Ausbreitung findet. Mähren besitzt jedoch auf der Herrschaft Selowitz bei Brünn eine der größten und interessantesten
Fabriken, indem hier
nach den drei verschiedenen Fabricationsmethoden, nämlich durch Reiben und Pressen
1800 Cntr., nach dem Macerationsverfahren 1200 Cntr. und durchs Trocknen 2000 Cntr.
Rüben täglich verarbeitet werden und dabei alle Verbesserungen der Fabrication durch
die rastlose und umsichtige Thätigkeit des Gründers der Fabrik, Hrn. Robert, Anwendung finden.
Auswahl,Cultur, Ernte und Aufbewahrung der
Rübe lassen hier nichts wesentlich Neues hervorheben. Auf dem mehr sandigen
Boden findet man die ganz weiße Rübe mit liegenden Blättern am häufigsten, während
die Rübe mit röthlicher Schale auf dem schwereren Boden mehr gebaut wird. Die
Bearbeitung des Feldes besteht in einer tiefen Ackerung vor Winter durch den Pflug
oder Spaten und möglichst feiner Pulverisirung der Oberfläche durch Hacke und Rechen
im Frühjahr. Die Aussaat erfolgt meist im April, auf ebenem Lande meiner Entfernung
von 15″ preuß. (= 13,7 württemberg. Decimalzoll), wenn das Feld aber naß oder
das Klima, wie in Schlesien, feuchter ist, auf kleinen Kämmen. Man nimmt die Aussaat
meist stärker als früher, weil man jetzt allgemein die Erfahrung gemacht, daß die
jungen Pflanzen bei dichterem Stand freudiger wachsen oder vielmehr allen
Anfeindungen besser widerstehen. Man rechnet allgemein 10 Pfd. Samen auf einen
Morgen preußisch (= 12⅓ Pfd. per württemb.
Morgen). Fleißige Lockerung der Ackerkrume und Zerstörung des Unkrauts gelten als
unerlässige Bedingung zum Gedeihen der Rübe. Bei der Ernte wird Schutz gegen Luft
und Sonne empfohlen und bei der Aufbewahrung bleibt die Sorge gegen Wärme und Kälte
gleich nöthig. Der gewöhnlich mit mehr Sand vermischte Boden macht es bei trockener
Witterung nicht selten möglich, die Rüben so rein zur Fabrik zu führen, daß sie
sofort zur Reibe gelangen können, was man um so lieber thut, als dabei nicht
unerheblich an der Steuer erspart wird, indem die Gewichtszunahme durch Waschen der
Rübe auf 8 bis 10 Proc. anzuschlagen ist.
Den Waschmaschinen gibt man jetzt nach vorn einen um
4–5 Zoll größeren Durchmesser als hinten, wodurch die Rüben sich nicht so
leicht in der Maschine anhäufen und das Hinausbringen regelmäßiger erfolgt. Zu
diesem Zwecke erhalten sie auch wohl zwei Oeffnungen mit Schöpfkörben aus
Eisenstäben statt der bisher gebräuchlichen Einrichtung. Bei diesen eisernen
Schöpfkörben fallen mit einemmale nicht so viel Rüben heraus und es wird dabei
weniger Wasser ausgeschleudert.
Bei den Reibmaschinen trifft man keine sehr wesentlichen,
aber sehr vielfältige Veränderungen, wie z. B. zwei Reibcylinder auf einer Achse mit drei
Pfannenlagern, was aber getadelt wurde, da es nicht möglich sey, die drei Lager in
eine so gleiche Lage zu bringen, wie es die schnelle Bewegung hier nöthig mache,
weßhalb Andere für die Bewegung von zwei Reibmaschinen durch eine Riemenscheibe eine Verkuppelung der Achsen anwenden.
Fast allgemein verwendet man zum Vorschieben die
sogenannten Poussoirs mécaniques, meist mit
excentrischen Rädern statt der Scheiben und Gewichte. Auch werden nicht selten mehr
als zwei Vorschieber für größere Reibcylinder angewandt, um den erforderlichen
Kraftaufwand möglichst gleichmäßig zu vertheilen und durch die schmäleren Kästen das
Poltern oder Herumwälzen der Rüben mehr zu verhüten. Bei den neuesten Anlagen findet
man für die Verarbeitung von 10–1200 Centner Rüben des Tags in der Regel zwei
Reibmaschinen und für jede derselben auch wohl eine besondere Dampfmaschine mit einer solchen Einrichtung, daß die Preßpumpen
unmittelbar damit verbunden sind, für diese also weder ein besonderes Pumpwerk, noch
eine Räderverbindung nöthig wird. Die Anwendung von mehreren von einander
unabhängigen Reibmaschinen läßt jede größere Störung durch die etwa vorkommenden
Reparaturen vermeiden.
Die Zuleitung von Wasser auf den Reibcylinder hat jetzt
allgemeine Anwendung gefunden und oft in solchem Maaße, wie es bei dem noch immer
sehr erheblichen Aufwande an Brennmaterial kaum vortheilhaft erscheint, aber dadurch
gerechtfertigt wird, daß dabei der in den Preßrückständen unvermeidlich
zurückbleibende Saft von geringerem Zuckergehalt bleibt. In einigen Fabriken setzt
man dem Wasser noch ein wenig Ammoniak zu, was namentlich
später, wenn mehr freie Säure in den Rüben bemerkbar wird, mit sichtbarem Nutzen
geschehen soll. Auch ein Zusatz von etwas schwefliger
Säure findet noch statt. Ob auch der doppelt-schwefligsaure Kalk
noch Anwendung finde, konnte ich nicht in Erfahrung bringen.
In der Regel findet ein zweimaliges Pressen der Kuchen
statt, wobei in einigen Fabriken der Brei nach dem ersten Pressen nochmals zerrieben
oder vielmehr zerrissen wird, was unter dem Zuflüsse einer größeren Menge Wasser
mittelst einer gewöhnlichen, nur mit gröberen Zähnen versehenen Reibmaschine
geschieht. Die Preßrückstände erscheinen nach dieser Operation und nochmaligem
Pressen wie reiner Faserstoff, indem sie kaum noch eine Süßigkeit schmecken lassen.
Hie und da erwärmt man die Kuchen vor dem zweiten Pressen noch mittelst Dampf, wobei
mit Sorgfalt eine stärkere Erhitzung zu vermeiden ist.
Zur leichteren und vollständigeren Gewinnung des Safts und zur größeren Schonung der
Bleche und Tücher oder Säcke wurden von dem, um die Vervollkommnung der in den
Zuckerfabriken nöthigen mechanischen Vorrichtungen verdienten Hrn. Schöttler Pressen in Anwendung gebracht, bei welchen der
Preßraum nur etwa 2 Fuß Höhe beträgt, deren Preßplatte aber eine dreifache Länge als
Breite erhält, so daß sie gleichzeitig zum Aufsetzen eines neuen und Abnehmen des
zuvor gepreßten Stapels dient. Während die Preßplatte sich hebt, wird hier auf dem
vorderen Theile ein neuer Stapel aufgesetzt und hinterwärts der zuvor gepreßte
abgenommen, wobei der Arbeiter die gebrauchten Bleche auf den niedrigen Preßkopf
legt, von wo sie der Arbeiter, der den neuen Stapel aufsetzt, eben so leicht wieder
abnehmen kann und keiner von beiden seinen Platz zu verlassen braucht, was die
Arbeiten sehr beschleunigen und jeden Verlust an Saft durch den Transport des
eingefüllten Breies vermeiden läßt. Bis die Presse das Maximum ihrer Kraft erreicht,
kann der neue Stapel aufgesetzt seyn, der gepreßte aber, nachdem die Presse gelöst,
von dem zweiten Arbeiter sogleich hervorgezogen werden, worauf der erstere Arbeiter
den neuen Stapel mit einemmale unter die Presse schiebt, so daß sofort eine neue
Pressung beginnen kann. Zu diesem Hervorziehen und Unterschieben des Stapels ist das
untere Blech mit passenden Handgriffen versehen.
Durch diese schnelle Bedienung der Presse glaubt Schöttler
den Verlust reichlich zu ersetzen, der dadurch entstehen muß, daß hier bei dem
niedrigen Preßraume die Presse bei jedem Aufgange eine weit kleinere Anzahl von
Kuchen auspreßt. Sicher wird durch die leichter zu erreichende gleiche Aufschichtung
der Kuchen ein vollständigeres Auspressen möglich und, da bei der geringen Höhe
keine Leitstangen nöthig sind, nicht unbedeutend an Blechen und Säcken gespart.
Schöttler hat es zugleich für zweckmäßiger gehalten,
mehrere kleinere Reiben aufzustellen, so daß für je zwei
Pressen eine Reibe vorhanden ist, die zusammen 300 Cntr. Rüben verarbeiten lassen.
Bei vier Reiben und acht Pressen ist dann eine fünfte Reibe und noch drei Pressen
für ein zweites Reiben und Pressen der Rückstände nöthig.
Dieser Einrichtung dürfte vielleicht der Vorwurf gemacht werden, daß die Anlage durch
die vielen Reiben und Pressen theurer und namentlich durch den vielen Gebrauch der
Pumpen die Abnutzung bedeutender seyn müsse, indem hier bei jeder Pressung kaum die
Hälfte des Safts als bei höherem Preßraume gewonnen wird, also doppelt so viel
Pressungen zu machen sind, wenn ihre Gesammtleistung mit jenen gleich seyn soll. Die größere Zahl von
Reiben hat dagegen den Vortheil, daß durch vorkommende Reparaturen größere Störungen
nicht so leicht eintreten können, und das Bedürfniß einer größern Anzahl von
Arbeitern zur Bedienung so vieler Maschinen gleicht wohl der große Vortheil aus, den
die raschere Gewinnung des Safts durch Verminderung des schädlichen Verweilens in
Berührung mit der Luft gewährt. Die hier angegebenen Vortheile einer raschen und
vollständigen Saftgewinnung lassen sich sicher aber auch durch eine billigere
Einrichtung erlangen; wie z. B. dadurch, daß auf einem drehbaren Packtische aus dem
aufgesetzten Stapel von 15–16 Lagen mittelst einer einfachen Schraubenspindel
sofort 50 bis 60 Proc. Saft gepreßt und dann der Rest, nach der Aufschichtung einer
größeren Anzahl solcher vorgepreßten Lagen, unter einer stärkeren hydraulischen
Presse gewonnen wird. Zwei solcher Packtische mit Vorpressen, wozu man in Frankreich
häufig auch Dampfpressen anwendet, und vier hydraulische Pressen sollten hier zur
täglichen Verarbeitung von 10 bis 1200 Cntr. Rüben genügen.
Ein zweimaliges Pressen findet übrigens nicht überall statt; es gibt immer noch
Fabriken, die es für vortheilhafter halten, diese doppelte Arbeit durch ein
sorgfältigeres Füllen und Ausbreiten des Breies unnöthig zu machen, und durch die
Anwendung stärkerer Pressen eine gleiche Menge Saft gewinnen wollen. Es steht auch
außer Zweifel, daß durch das Einfüllen einer kleineren Portion Brei und recht
gleichmäßige Aufschichtung die Gewinnung einer größeren Menge Saft möglich und noch
der wesentliche Vortheil erlangt wird, daß bei einer geringeren Füllung die Säcke
oder Tücher weit mehr geschont werden. Man verwendet bei diesem einmaligen Pressen
gewöhnlich noch Geflechte statt der Blechtafeln, verfertigt sie aber, statt von
Weiden, von spanischem Rohr, aus welchem sie von größerer Dauer und weit reiner zu
halten seyn sollen. Die Geflechte erlauben dann auch eine größere Preßfläche und
machen die Leitstangen unnöthig, was den Kraftverlust nicht unbedeutend
vermindert.
Um bei der Anwendung von Blechplatten die Leitstangen entbehren zu können, wird eine
Zwischenplatte nöthig, welche die Höhe des Preßraumes halbirt. Hierbei fand ich in
der Fabrik zu Selowitz eine sehr einfache und zweckmäßige
kleine Vorrichtung, um diese Zwischenplatte in der Mitte der Preßhöhe zu halten und
beliebig hinunter fallen zu lassen. Es sind hierzu zu beiden Seiten zwischen den
Säulen ein paar Eisenschienen angebracht, wovon die eine mit den beiden Säulen
verbunden und mit zwei Ausschnitten oder Oeffnungen versehen ist, in welchen ein paar kleine Zapfen
laufen, die an der andern befestigt sind. Diese zweite Schiene läuft in einem Falze
oder durch zwei Bügel und wird durch eine Feder nach rückwärts geschoben. Die
Zwischenplatte ruht mit entsprechenden Vorsprüngen auf den vier Zapfen. Ist der
untere Raum der Presse gefüllt, so zieht man an kleinen Handgriffen die äußeren
Schienen ein wenig vor, wodurch die Zwischenplatte von jenen Zapfen gleitet und
unterhalb auf den aufgesetzten Stapel fällt, den sie durch ihr Gewicht bereits etwas
zusammendrückt, was durch das weitere Füllen der Presse nach und nach vermehrt wird.
Dieses gleichmäßige Zusammendrücken des unteren Stapels läßt nicht nur eine größere
Anzahl Lagen in den oberen Raum bringen, sondern auch die Nachtheile einer
ungleichen Pressung ohne die Leitstangen vermeiden. Beim Steigen der unteren
Preßplatte schieben dann die Vorsprünge der Zwischenplatte durch eine entsprechende
Abschrägung die Zapfen mit der Schiene nach rückwärts, bis diese dann, beim weiteren
Aufsteigen der Zwischenplatte von der Feder vorgeschoben, die Zapfen gerade wieder
unter die Vorsprünge bringt, so daß sie die Zwischenplatte beim Hinunterlassen der
Presse wie zuvor tragen.Die hier beschriebene Einrichtung zeigte sich in der dießjährigen Campagne n
der hiesigen Fabrik als sehr zweckmäßig.
Obgleich man in vielen Fabriken die Reiben und Pressen zur ebenen Erde aufgestellt
findet, weil dieß einfacher herzustellen ist und den Transport der Rüben zur Reibe
erleichtert, so kann eine solche Einrichtung wegen des dabei nöthigen Hebens des
Safts mittelst Dampf nicht als zweckmäßig bezeichnet werden. Es stimmen hierüber die
tüchtigeren Fabrikanten überein, da sie sich von der Unausführbarkeit der
Reinhaltung, wie sie hier nöthig, bei den Montjus überzeugt haben. Wenn der
schädliche Einfluß dieser Einrichtung nicht so auffallend sich zeigt, so verdankt
man dieß vorzugsweise der rascheren Verarbeitung des Saftes und der Anwendung
vorzüglicher Kochapparate, ohne welche der Nachtheil eines solchen Safttransports
bemerkbarer werden würde. Die erhöhte Stellung der Reiben und Pressen gestattet
zugleich die zweckmäßige Aufstellung der zu jenen nöthigen Dampfmaschinen und Pumpen
unterhalb derselben. Durch die verbesserte Einrichtung der sogenannten
Paternosterwerke zum Heben der Rüben kommt der dazu nöthige Kraftaufwand kaum in
Belang. Zugleich läßt dieser Transport der gewaschenen Rüben das Abwägen derselben
für die Steuercontrole leicht bewerkstelligen und vermindert den Verlust, der mit
dieser Wägung verbunden
ist, wenn sie vor dem Waschen oder unmittelbar nach demselben vorgenommen wird.
Zur Scheidung oder Defecation des Safts verwendet man
möglichst viel Kalk und vermeidet ein stärkeres Aufwallen des Safts. Ein Abwässern
des Kalks ist mehrfältig, aber ohne Nutzen versucht worden. In einigen Fabriken
verwendet man zur Abscheidung des Kalks und Zersetzung des gebildeten Zuckerkalks
Kohlensäure auf die von Schatten und Andern schon früher
angegebene Weise. Das Rousseau'sche Verfahren traf ich
bis jetzt in keiner der von mir besuchten Fabriken.Die nach diesem Verfahren in der Hohenheimer Fabrik angestellten Versuche
bestätigen die Reinheit des dadurch zu gewinnenden Zuckers, lassen aber in
der nach der Defecation nöthigen Filtration des in großer Menge vorhandenen
trüben Safts (da sich gar kein fester Schlamm abscheidet) durch die dadurch
eintretende Verzögerung der Operation und namentlich in der schnellen
Zerstörung der dazu in großer Anzahl erforderlichen Beutel oder Filter einen
großen Uebelstand dieses neuen Verfahrens erkennen. Ebenso zeigte sich der
Aufwand für die zur völligen Neutralisation erforderlichen Kohlensäure nicht
unerheblich und bei der Entwickelung dieser Säure aus kohlensaurem Kalk
durch Schwefelsäure oder Salzsäure der Kosten wegen als ganz
unausführbar.
Eine vollständigere Abscheidung des Kalks ist namentlich da von großem Nutzen, wo zur
ersten Abdampfung des Safts bereits Vacuumpfannen verwendet werden.
Wo man eine längere Einwirkung der Siedhitze bei der Defecation des Safts für
nachtheilig findet (was bei schlechteren Rüben der Fall ist), dampft man den Saft
vor der Filtration zuvor ein wenig ab, etwa auf 10° Baumé; läßt man aber die
Siedhitze (ohne ein stärkeres Aufwallen des Safts) bei der Defecation so lange
einwirken, bis ein Ammoniakgeruch unverkennbar ist, so erfolgt ganz zweckmäßig nach
der Defecation sofort eine Filtration, meist über solche Kohlenfilter, welche
bereits zur Filtration des dickeren Safts dienten. Nach dieser Filtration findet
dann eine Abdampfung bis auf 15 oder 20° B. statt, letzteres gewöhnlich da,
wo man Vacuumpfannen anwendet. Die Benutzung dieser Pfannen zum ersten Abdampfen scheint mir bei unserm bisherigen
Verfahren, was hier noch das Vorhandenseyn von Kalk nothwendig macht, weniger
zweckmäßig. Ein solcher Kalküberschuß ist aber bei solchen Pfannen so umständlich zu
entfernen und wirkt auf die Mittheilung der Wärme so störend, daß der dadurch
verursachte Mehraufwand an Brennmaterial gewiß nicht durch die Mehrausbeute an
Zucker gedeckt wird, namentlich wenn man dabei zugleich die Anschaffungs- und
Gebrauchskosten solcher Apparate berücksichtigt.
Große Erwartungen hegt man gegenwärtig von der Anwendung eines neuen Abdampfapparats, auf welchen der Civilingenieur Tischbein in Magdeburg ein Patent erhielt. Es verspricht
dieser Apparat eine bedeutende Ersparung an Brennmaterial, indem dabei zum Abdampfen
des Safts nicht nur der sogenannte Maschinendampf, dessen mechanische Kraft zum
Betriebe der Maschinen bereits verwendet wurde, sondern auch noch die Dämpfe benutzt
werden, welche durchs Verdampfen des Safts aus diesem erzeugt werden. Diese schon
früher von Derosne und Anderen versuchte doppelte
Benutzung des Dampfes wird hier dadurch zu erreichen gesucht, daß man den
Abdampfpfannen die Form liegender Cylinder gibt und die untere Hälfte derselben ganz
so mit dünnen Heizröhren versieht, wie es bei den Locomotivkesseln der Fall ist.
Drei solcher Abdampfcylinder bilden eine Abdampfbatterie, zwei derselben dienen zum
Abdampfen und der dritte zum Verkochen oder Eindicken des Safts. Die beiden ersteren
stehen mit einander in Verbindung, so daß der in den ersten Cylinder continuirlich
zufließende Saft in dem zweiten einen Abfluß erhält und von hier nach hinreichender
Concentration zur Filtration gelangt. Nur der erste Cylinder wird durch den
Maschinendampf geheizt, in den beiden übrigen findet die Verdampfung des Safts durch
die im ersten aus dem Safte entwickelten Dämpfe statt,
was dadurch möglich wird, daß in diesen Cylindern die Abdampfung bei vermindertem
Luftdruck erfolgt.
So äußerst vortheilhaft die Construction des Apparats erscheint und bei seiner
bisherigen kurzen Benutzung sich auch zeigen soll, so ist es bis jetzt doch noch
zweifelhaft, ob hier das in den offenen Pfannen so oft nöthige Reinigen der
Heizröhren nicht auch erforderlich ist, und ob nicht, im Fall diese Reinigung, die
hier nur durch das Herausnehmen der Röhren vollkommen erreichbar ist, unterbleibt,
der Gewinn, den die Benutzung der Dämpfe vom ersten Cylinder gewährt, nicht durch
den größeren Aufwand zum Verdampfen dieses Saftes wieder aufgewogen werde. Der
Versicherung, daß eine Entfernung der sich ansetzenden Kalkkrusten durch eine
Kochung mit verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure ohne Oeffnen des Apparats zu
erreichen stehe, ist wenig Glauben zu schenken, da kein Grund vorhanden ist, weßhalb
diese Entfernung hier praktisch ausführbar seyn soll, während man sie in offenen
Pfannen nicht anwendbar fand. Ein solcher Kalkansatz ist nicht überall gleich dick
oder gleich löslich, und man wird deßhalb nach und nach die Heizröhren durch die
Säure zerstören, ehe man sie auf diese Weise rein erhält. Das Herausnehmen der
einzelnen Röhren wird hier aber ohne eine längere Störung nicht möglich.
Der Gebrauch der in verschiedenen Fabriken bereits aufgestellten Apparate wird im
Laufe dieser Campagne den Erfolg kennen lehren, und sollten die hier ausgesprochenen
Befürchtungen seiner allgemeinen Anwendung nicht entgegentreten, so wird die
Rübenzuckerfabrication durch diesen Apparat wieder einen sehr bedeutenden
Fortschritt gemacht haben und die höhere Besteuerung durch die Ersparung an
Brennmaterial eine Ausgleichung erhalten.Von dem Effect, den die Anwendung dieses neuen Apparats macht, erhielten wir
beim Besuch der Staßfurter Fabrik einen augenfälligen Beweis, als wir uns
auf dem Plateau des großen Fabrikgebäudes befanden, wo unter unsern Füßen
die Verdampfung von mehr als 200000 Pfd. Wasser täglich erfolgte, wovon wir
dort kaum ein Wölkchen gewahrten, während früher ein zehnmal kleinerer
Betrieb die ganze Umgebung in Dampfwolken hüllte, deren Wärme verloren ging,
hier aber größtentheils eine Benutzung gefunden hat.
Die große Sorgfalt, welche man von Anfang an in den Magdeburger Fabriken der Filtration oder vollständigeren Reinigung des Safts
zuwandte und hierdurch sicher nicht wenig dazu beitrug, der Rübenzuckerfabrication
hier einen Halt zu verschaffen, wird heute noch in gleichem Maaße dieser Operation
zugewandt. Die Einrichtung der geschlossenen größeren Filter ist bis jetzt dieselbe
geblieben; man findet sie gewöhnlich in einem abgesonderten Raume, zur
Zusammenhaltung der Wärme ganz eingemauert oder mit schlechten Wärmeleitern umgeben
und so aufgestellt, daß die Zuführung und Fortpflanzung der Kohle möglichst erleichtert ist. Auf die Zu- und Ableitung des
Safts nimmt man dabei weniger Rücksicht, da sich diese der sehr hoch stehenden
Saftbehälter wegen leichter bewerkstelligen läßt. Gewöhnlich erhalten die Filter bei
einem Durchmesser von 3 Fuß eine Höhe von 12–20 Fuß. Die Füllung mit Kohle
geschieht von einigen in der Art, daß das Filter zuvor bis zur Hälfte mit siedendem Wasser gefüllt und die Kohle dann in dieß
Wasser geworfen wird, wobei sie sich weit dichter und gleichmäßiger zusammen legt,
als wenn man sie trocken einfüllt, was sich in der hiesigen Fabrik bestätigte. Das
dichtere Zusammenlegen der Kohle bewirkt ein weit gleichmäßigeres Durchfließen des
Safts und dadurch auch eine bessere Wirkung. Zugleich schützt die Erwärmung der
Kohle durch siedendes Wasser gegen eine zu starke Erhitzung, wie diese bei einer
directen Zuleitung hochgespannter Dämpfe leicht vorkommt, und eine Bräunung des
Safts verursacht, wenn man ihn unmittelbar nach einer solchen Erwärmung auf die
Kohle leitet.
Eine bedeutende Schonung der Kohle oder Erhöhung ihrer Wirkung glaubt man auch durch
die Anwendung kleiner Vorfilter zu erreichen, die jede
mechanische Verunreinigung der Kohle vermeiden lassen.
Vor Allem ist es aber der Fleiß, welchen man auf die Wiederbelebung der Kohle verwendet, durch den die bessere Reinigung des
Safts erreicht wird, was hier ganz besonders hervorzuheben ist, da ich auch jetzt
noch fast nirgends dieser Operation die Sorgfalt zugewandt fand, wie es in der
Provinz Sachsen der Fall ist. Die nicht unbedeutenden Räume zum Waschen, Säuren,
Gähren, Trocknen und Glühen der Kohlen schließen sich hier dem Filtrirraum zunächst
an. Die mit der wiederzubelebenden Kohle vorzunehmenden Operationen werden zwar
nicht überall auf gleiche Weise ausgeführt; wenn dabei aber der Erfolg ziemlich
derselbe bleibt, so müssen diese Abweichungen auch nicht sehr wesentlich seyn. In
vielen Fabriken wird die Kohle gleich nach dem Gebrauche gewaschen und gesäuert, was
entweder auf die Weise geschieht, daß man sie in das ungesäuerte Wasser wirft, dabei
aber die für das ganze Quantum bestimmte Menge Säure nicht auf einmal zusetzt,
sondern nach dem Eintragen einer Partie Kohle wieder frische Säure und, wenn es
nöthig, noch Wasser zusetzt, bis das Gefäß nach und nach ganz gefüllt ist. Nach
kurzer Ruhe wird dann das Wasser abgelassen und die Kohle mit frischem warmem Wasser
übergossen, dem man auch wohl, wenn die Säurung oder Entkalkung in dem
Gährungsgefäße selbst vorgenommen wird, ein wenig Syrup oder Melasse zusetzt, was
die Gährung befördert, die dann nach 10–12 Tagen vollendet ist. Andere setzen
nur ein wenig Säure und Syrup hinzu und lassen die Kohle unter Wasser sofort gähren;
noch Andere überlassen sie nach dem Ansäuren einer trockenen Gährung, indem sie
dieselbe nur etwas angefeuchtet in einem erwärmten Raume, wie die Gerste beim
Mälzen, in flache Haufen zusammenschütten und hier innerhalb 8–10 Tagen
einigemal umstechen, wonach sich die Kohle, so lange sie noch durch die Gährung
zersetzbare Verunreinigungen enthält, immer wieder aufs neue erwärmt. Nach der
Gährung, wozu die Räume recht warm zu erhalten sind, wird die Kohle gewaschen. In
einigen Fabriken kocht man sie zuvor in siedendem Wasser aus, was sie besser
reinigen soll, als wenn man sie mittelst Dampf direct erhitzt. Sicher bewirkt hier
die Bewegung, in der die Kohle in dem heftig aufwallenden Wasser erhalten wird, die
bessere Reinigung.
Zum Waschen der Kohle findet man gegenwärtig häufiger als
früher besondere Vorrichtungen in Anwendung, namentlich in neuester Zeit eine Waschtrommel, die aus
einem 12–15 Fuß langen, 3–4 Fuß weiten, etwas geneigt liegenden
Cylinder besteht. Im Innern hat dieser Cylinder, auf 6 bis 8 Zoll Entfernung von
einander, 3–4 Zoll hohe Ringe und an diesen wiederum kleine 3–4 Zoll
breite und 6–8 Zoll hohe Brettchen oder Leisten in einer solchen Richtung und
Lage befestigt, daß sie beim Drehen des Cylinders eine Schraubenlinie beschreiben.
Hiedurch wird die in den unteren Theil des Cylinders geworfene Kohle beim Drehen
gehoben und immer in den nächst höheren Ring gefördert, bis sie sich aus dem oberen
Theil des Cylinders, von wo ihr immer frisches Wasser entgegen fließt, entladet. Um
die Drehung des durch die Kohle und das Wasser sehr beschwerten Cylinders zu
erleichtern, ruht derselbe auf kleinen Frictionsrollen, wozu er mit mehreren
eisernen Reifen oder Stäben, die auf den Rollen laufen, umgeben ist. Eine andere
derartige Vorrichtung besteht aus einem halbrunden, gleichfalls geneigt liegenden
längeren Cylinder, worin ein Schnecken- oder Schraubengang gedreht wird, der
die unterhalb hineingeworfene Kohle nach aufwärts schiebt, von wo das Wasser
zufließt. Bei dieser Vorrichtung soll die Kohle jedoch durch die starke Reibung des
Schraubengangs einen größeren Abgang erleiden.
Zum Trocknen der Kohle benutzt man in der Regel den Raum
oberhalb der Glühöfen, der hiezu mit Gußplatten belegt ist, unter welchen die vom
Ofen abziehende Hitze circulirt, bevor sie den Schornstein erreicht. Auch fand ich
zum Trocknen der Kohle Cylinder, wie wir einen solchen in der hiesigen technischen
Werkstätte benützen. Derselbe findet sich in Otto's
Lehrbuche S. 734 beschrieben.
Zum Ausglühen der Kohle dient theils der bekannte
„Hosenapparat“ mit flachen schrägliegenden Röhren, meist
werden dazu aber noch die senkrechtstehenden schmalen Cylinder angewandt.
In neuester Zeit wurde von dem als Techniker rühmlichst bekannten Hrn. Oberamtmann
Fischer in Calbe dadurch eine wesentliche
Verbesserung hiebei angebracht, daß derselbe in Cylinder von größeren Durchmessern
solche von kleineren Durchmessern steckte, die den schwerer zu erhitzenden inneren
Kern des weiteren Cylinders ausfüllen und zugleich das vollständige Durchglühen der
Kohle ganz sicher beurtheilen lassen, was bei den
bisherigen Einrichtungen nicht der Fall ist.Wir haben diese Einrichtung bereits bei dem hiesigen Knochenverkohlungsofen in Anwendung
gebracht und diesen dadurch auch zur Wiederbelebung der Kohle sehr geeignet
gefunden; namentlich bedurfte derselbe sehr wenig Brennmaterial, wenn
gleichzeitig in den dem Feuer zunächst stehenden Cylindern frische Knochen
verkohlt wurden, deren brennbares Gas die Heizung der auszuglühenden Kohle
beförderte.
Das Verkohlen der Knochen geschieht fast allgemein in
Töpfen, aber auch wohl in Cylindern, welche man durch einen Ofen rollt, eine
Einrichtung, die gleichfalls zur Wiederbelebung benutzt wird. Die Einrichtung zum
Ausglühen der Kohle mittelst überhitzter Wasserdämpfe fand ich in Böhmen, wo sie
aber nicht im Gebrauch war, weil sie viel Brennmaterial erfordere und keine
Sicherheit ihres Erfolges gewähre.
In der Regel findet eine zweimalige Filtration des Safts
statt. Ziemlich allgemein werden da, wo man aus dem Safte sogleich einen Hutzucker
gewinnen will, dem Safte vor der zweiten Filtration die Nachproducte zugesetzt und
diese mitunter zuvor wie beim Raffiniren geklärt. Zum Verkochen des Safts dienen allgemein Vacuumapparate, bei welchen zur
Erhaltung der Luftleere gegenwärtig wieder mehr sogenannte trockene Luftpumpen
angewandt werden, die eine Ersparung an Betriebskraft gewähren sollen. Das Körnen des Zuckers im Apparat, wodurch man mehr und
festere Krystalle erhält, von welchen der Syrup leichter abfließt, hat beim Kochen
des ersten Products bereis allgemeine Anwendung gefunden. Zum Decken des Zuckers in den Formen wird nicht selten nur Zuckerwasser
verwendet, und die Nutschapparate benützt man gegenwärtig nur zum Aussaugen der
feuchten Spitzen.
Die Saugröhren werden meist aus Kupfer und nur von einem Zoll Durchmesser
angefertigt, da sich diese leichter mittelst Dampf reinigen lassen als die weiteren
Röhren aus Gußeisen. Für jede Form erhalten die engeren Röhren dann ein besonderes
Mundstück, welches durch eine Platte vulcanisirten Kautschuks sehr luftdicht zu
schließen ist.
Durch die Anwendung der Centrifugalmaschinen bei der
weiteren Verarbeitung der gewonnenen Zuckermasse ist wieder ein bedeutender
Fortschritt in der Fabrication erlangt. In den Fabriken, wo man aus dem Safte
zunächst nur Rohzucker erzeugt, werden diese Maschinen sowohl zur Reinigung oder
Trennung des Syrups vom ersten, als des zweiten und dritten Products angewandt. Die
Vortheile der Centrifugalmaschinen werden von vielen wohl zu hoch, von andern aber
auch zu gering geachtet. Nicht zu läugnen steht, daß bei dem gewaltsamen
Hinausschleudern des Syrups eine größere Menge Zuckerkrystalle mit fortgerissen wird, was ein
vermehrtes Verkochen des Syrups nöthig macht, um allen
Zucker daraus zu gewinnen. Da diese Kochungen aber in den Vacuumapparaten bei
niedriger Temperatur erfolgen, so ist der Verlust an krystallisirbarem Zucker nicht
bedeutend, also nur die vermehrte Arbeit und das Brennmaterial anzuschlagen. Dagegen
gewährt die raschere Gewinnung eines fertigen Products so wesentliche Vortheile, daß
jene Nachtheile kaum in Betracht kommen. Die Ersparung an Arbeit, Bodenraum und
Heizung, wird die Anschaffungs- und Betriebskosten jener Maschinen allein
reichlich decken. Zur Reinigung der letzten Producte will man sie weniger geeignet
finden, jedoch ist hieran gewiß nur der Mangel an Erfahrung in der richtigen
Behandlung der damit zu reinigenden Massen schuld, so daß man die noch vorkommenden
Schwierigkeiten bald überwinden lernen wird, wie z. B. die gehörige Zerkleinerung
und Zertheilung der fester aneinander hängenden Krystalle, wie sie in den
Nachproducten meist vorkommen und hier eine ungleiche Belastung der Maschine
bewirken, was hier bei der schnellen Bewegung durch die Verrückung des Schwerpunkts
aus der Mitte der Achse eine sehr nachtheilige, ja selbst gefährliche Schwankung
verursacht. Bis jetzt machen daher diese Maschinen die Anwendung der Schützenbach'schen Kasten
nicht ganz entbehrlich und diese finden auch eine fast allgemeine Verbreitung. Man
fertigt sie gegenwärtig in Magdeburg ganz von Eisen mit einem dauerhaften Anstriche
und galvanisch verzinnten Geflechten.
Eine Anwendung der Centrifugalmaschinen zur Darstellung und Reinigung der Brode, wie
dieß in Belgien und Frankreich bereits der Fall seyn soll, habe ich in den von mir
besuchten Fabriken nicht gefunden.
Die Gewinnung des Safts durch Auslaugen oder Maceriren der
grünen Rüben traf ich nur, wie schon erwähnt, in der Fabrik zu Selowitz; es sollen
aber in Mähren auch noch einige kleinere Fabriken auf diese Weise arbeiten und nach
den auf der Versammlung zu Magdeburg gemachten Mittheilungen des Hrn. Betzold in Polen und Rußland in vielen Fabriken
befriedigende Resultate gewonnen werden. In Selowitz
dient zum Schneiden der Rüben ein Cylinder von 3–4 Fuß Durchmesser, auf
dessen Peripherie die kleinen Messer nicht neben einander
in einer Reihe, sondern so angebracht sind, daß sie die Form einer Pyramide bilden
und dadurch jeden Druck oder jede Quetschung der Rübe, zur Verhütung eines
Saftverlustes, vermeiden lassen. Zum Auslaugen dienen sechzehn dicht zu
verschließende eiserne Gefäße, Welche am Boden ein Drahtgeflecht und unter diesem ein
Schlangenrohr zur Erhitzung enthalten. Diese Gefäße stehen unter einander in einer
solchen Verbindung, daß die Flüssigkeit vom Boden des einen Gefäßes dem
nächstfolgenden sowohl oberhalb als von unten zuzuführen ist.
Beim Füllen mit den prismatischen Rübenschnitten wird dann gleichzeitig die
Flüssigkeit zunächst von unten zugeleitet und durch das Schlangenrohr auf 72°
R. erhitzt, welche Temperatur wo möglich zu erhalten ist. Nach dem Füllen geschieht
dann die Zuleitung der Flüssigkeit immer oberhalb. Bei regelmäßigem Gange genügt ein
10-bis 12maliges Durchfließen durch immer zuckerreichere Schnitte, um die
Flüssigkeit oder den Saft nahezu so concentrirt zu erhalten, wie er in den Rüben
enthalten ist. Bei der Defecation verhält sich der so gewonnene Saft fast, wie der
von der Presse, und wird dabei auch auf gleiche Weise wie dieser behandelt. Durch
die sorgfältige Verhütung einer höheren Temperatur enthält der Saft noch eine
hinreichende Menge Eiweiß, um schnell eine vollständige Klärung und einen hellen
Saft gewinnen zu lassen.
Nach der Defecation wird dann der durch Maceration und der durchs Pressen gewonnene
Saft mit einander vereinigt weiter verarbeitet. Beide zeigten sich bis dahin gleich
schön blank und farblos, so wie auch das daraus gewonnene erste Product nichts zu
wünschen übrig ließ. Sicher verdankt man dieß günstige Resultat der zweckmäßigen
Zerkleinerung der Rüben, dem vollständigen Abschlusse der Luft, vor allem aber der
Vermeidung einer höheren Temperatur beim Auslaugen
der Rüben, und es bestätigt dieß die schon 1841 in der Hohenheimer Fabrik bei der
Ausführung der Dombasle'schen Macerationsmethode gemachte
Beobachtung des nachtheiligen Einflusses einer höheren
Temperatur.
Auffallend ist es, daß die genau nach dem Selowitzer Verfahren ausgeführte Maceration
in der neuen Fabrik zu Dux bei Töpliz im vorhergehenden
Jahre so schlechte Resultate lieferte, daß hier im letzten Herbst das Reib-
und Preßverfahren dafür eingeführt werden mußte.
Von den Resultaten der Schützenbach'schen
Trocknungsmethode konnte ich mich in Selowitz nicht vollständig überzeugen, weil die
weitere Verarbeitung der getrockneten Rüben erst dann beginnt, wenn die grünen Rüben
sämmtlich verarbeitet sind. Zum Trocknen dienen ganz ähnliche Darreinrichtungen, wie
sie in den württembergischen Fabriken angewandt werden, nur sind sie oberhalb, wie
unsere besseren Malzdarren, eingeschlossen, und erhalten dadurch einen stärkeren
Luftwechsel.
Die getrockneten Schnitte waren ausgezeichnet schön weiß und hart, wie ich es früher
kaum für erreichbar gehalten. Bei dem Auslaugen derselben will man hier den
Kalkzusatz entbehren können und dadurch die Schnitte noch zur Fütterung brauchbar
erhalten, wie das bei den macerirten grünen Schnitten der Fall ist, die bei der
niederen Temperatur ganz fest bleiben, von dem Viehe gern gefressen werden und sich
auch wegen ihres größeren Gehalts an Gallexte oder Pektin noch als recht nahrhaft
zeigen sollen.
Nicht unterlassen kann ich hier zu erwähnen, daß mich die enormen Vorräthe an noch
weiter zu verarbeitenden Nachproducten zu der Bemerkung veranlaßten, ob nicht das
Trocknungs- oder das Macerationsverfahren auch hier die Gewinnung der
Nachproducte aus dem vom ersten Producte abgelaufenen Syrup erschwert, wie man dieß
andererseits wohl bemerkt haben will. Es sollen sich jene Vorräthe hier jedoch nur
dadurch so angehäuft haben, weil ihre weitere Verarbeitung durch Bauten und neue
Einrichtungen verzögert worden sey, wozu zur Zeit auch gerade eine größere Anzahl
von Centrifugalmaschinen aufgestellt wurden.
Die in den letzten Jahren möglich gewordene schleunigere Gewinnung eines fertigen
Products, die Vereinfachung der erforderlichen Maschinen und die billigere
Anfertigung der nöthigen Apparate, haben die Kosten der Anlage einer Zuckerfabrik um
mehr als 20 Procent vermindert.
Durch die schnellere Gewinnung eines fertigen ProductsDer Versammlung in Magdeburg wurden aus der Fabrik von Hennige und Wiese Morgens 10 Uhr die
Proben eines schönen weißen, ganz trockenen Farinzuckers vorgezeigt, welcher
sich Tags zuvor noch in der Rübe befand — ein Resultat, welches vor
zehn Jahren erst nach Wochen und vor zwanzig Jahren erst nach Monaten zu
erreichen stand. sind die großen Gebäulichkeiten verschwunden,
welche die ausgedehnten Räume der Zuckerböden zur Aufstellung der Formen nöthig
machten. Die Verbesserung der Maschinen und Apparate hat ihre Leistungsfähigkeit in
gleichem Maaße erhöht. Durch all dieß ist es möglich geworden, gegenwärtig die
Anlage einer Zuckerfabrik zu einer jährlichen Verarbeitung von 100,000 Ctr. Rüben
mit einem Aufwande von 50–60,000 Thlrn. oder circa 100,000 Gulden zu
bestreiten, wobei noch ein Betriebscapital von 40–50,000 Thlrn. nöthig werden
wird.
Die Ausbeute an reinem Rohzucker mag durchschnittlich zu 7½ Procent vom
Gewicht der bezahlten Rüben anzunehmen seyn, also um die
Hälfte mehr als vor zehn Jahren, wo 5 Procent als eine gute Ausbeute angesehen
werden mußten. Dagegen hat der Fabrikant gegenwärtig durch die Besteuerung die Rüben
um 50 Proc. theurer zu bezahlen als früher.