Titel: | Ueber den Unterschied zwischen Luftheizung und Ofenheizung in ihrer Einwirkung auf die Zusammensetzung der Luft der beheizten Räume; von Dr. Max Pettenkofer. |
Autor: | Dr. Max Josef Pettenkofer [GND] |
Fundstelle: | Band 119, Jahrgang 1851, Nr. LIII., S. 283 |
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LIII.
Ueber den Unterschied zwischen Luftheizung und
Ofenheizung in ihrer Einwirkung auf die Zusammensetzung der Luft der beheizten Räume;
von Dr. Max
Pettenkofer.
(Fortsetzung von S. 51 dieses Bandes.)
Pettenkofer, über den Unterschied zwischen Luftheizung und
Ofenheizung hinsichtlich der Zusammensetzung der Luft.
Wenn die Luft dadurch, daß sie über eine heiße eiserne Fläche, und erwärmt sodann
durch gemauerte Canäle zieht, um mehr als ein Drittheil wasserreicher wird, so
bleibt keine andere Annahme zulässig, als daß das Wasser von den Wandungen der
Canäle abdunstet — daß den Steinen und dem Mörtel dieses Wasser von der
heißen Luft entzogen wird. Wenn der Wassergehalt der Luft eines unmeublirten und
unbewohnten Zimmers dadurch, daß ich derselben durch den darin befindlichen Ofen
nichts anderes zuführe als Wärme, um 50 Proc. derjenigen Größe zunimmt, welche vor
dem Einheizen in der Luft des Zimmers vorhanden war, so bleibt keine andere Annahme
übrig, als daß dieses Wasser von der Oberfläche der Zimmerwandungen in der wärmeren
Luft abgedunstet ist.
Es ist eine unbestrittene Thatsache, daß alle gebräuchlichen Mauersteine und alle
üblichen Wandbekleidungen hygroskopisch sind. Zugleich kann nicht bestritten werden,
daß die hygroskopische Eigenschaft solcher Körper mit der Erhöhung der Temperatur
der umgebenden Luft abnimmt, mit der Erniedrigung derselben hingegen zunimmt.
Gewöhnliches lufttrockenes Holz enthalt bei einer Lufttemperatur von 8 bis
12° C. etwa 20 Gewichtsprocente Wasser hygroskopisch gebunden. Erhöht man die
Lufttemperatur auf 100° C., so überwiegt die Tension des Wasserdampfes zur
Luft die hygroskopische Eigenschaft des Holzes — welches bei dieser
Temperatur vollkommen ausgetrocknet werden kann. Läßt man die Luft, welche das
Wasser des Holzes enthält, in Berührung mit dem Holze wieder auf 8° C.
erkalten, so entzieht dasselbe bei dieser Temperatur der Luft, wenn diese auch sehr
weit von ihrem Sättigungspunkte mit Wasserdampf entfernt ist, wieder Wasserdampf,
bindet Wasser hygroskopisch und erlangt dadurch wieder sein früheres Gewicht.
Das Chlorcalcium besitzt bekanntlich höchst hygroskopische Eigenschaften, jedoch auch
nur innerhalb gewisser Temperatur-Gränzen. Warme Luft durch Chlorcalcium
auszutrocknen, gelingt viel weniger gut als kalte. Ich erinnere an den im Eingang
angeführten Versuch, wo durch einen etwa 30° R. warmen Luftstrom ein zur
Wasseraufnahme bestimmtes Chlorcalcium an Gewicht nicht zu-, sondern
abnahm.
Das Bestreben der hygroskopischen Körper, Wasser aus der Atmosphäre zu condensiren,
und das Bestreben der Luft, wasserhaltige Substanzen auszutrocknen, verändert sich
demnach gegenseitig sehr durch Erhöhung oder Erniedrigung der Temperatur, und zwar
im verkehrten Verhältnisse, denn sowie die Fähigkeit der Luft, Wasser aufzunehmen,
mit zunehmender Wärme wächst, in demselben Maaße verschwindet die Fähigkeit der
hygroskopischen Körper, hygroskopisch gebundenes Wasser zurückzuhalten. Denkt man
sich einen großen kubischen Raum mit hygroskopischen Körpern begränzt, z. B.
Ziegelsteinen, und mit feuchter Luft von 12° R. gefüllt, so werden die
hygroskopischen Körper jedenfalls der Luft Wasser bis zu einem gewissen Grade
entziehen. Ist nach einiger Zeit ein Zustand des Gleichgewichtes zwischen der
wasseranziehenden Kraft des Ziegelsteines und der der Luft eingetreten, und wird die
Temperatur des Raumes erhöht, so wird dieses Gleichgewicht wieder gestört, und die
Ziegelsteine verlieren wieder Wasser an die Luft. — Dieses Experiment machen
alle, welche ein kaltes Zimmer im Winter heizen, wenn auch nicht alle einerlei
Erklärung geben. Es ist allen bekannt, daß die Fenster eines Zimmers im Winter so
lange klar bleiben, sich nicht mit Wasserdunst oder Eis belegen, so lange dasselbe
nicht geheizt wird. Mit der ersten Empfindung der Wärme aber, welche ein Ofen in einem solchen Zimmer
verbreitet, beobachtet man auch, daß die Fenster anfangen zu schwitzen, zu thauen.
Die Luft des kalten Zimmers war vor dem Einheizen nicht so wasserreich, daß sie bei
der Temperatur (wir wollen annehmen von 0° R.), welche den Fensterscheiben
von der äußern Luft mitgetheilt war, Thau hätte absetzen können — aber
während sie wärmer wurde, z. B. um 10° R., ist sie auch wasserreicher
geworden, denn sonst könnte die 10° R. warme Luft nicht thauen, wenn sie an
den Fensterscheiben wieder auf 0° R. abgekühlt wird. Daß an dieser Vermehrung
des Wassergehaltes der Zimmerluft durch Einheizen nicht etwa die Gegenwart athmender
und ausdünstender Menschen Ursache ist, davon kann man sich sehr leicht überzeugen,
wenn man das Zimmer erst nach einiger Zeit, nachdem das Feuer im Ofen zu brennen und
so Wärme zu verbreiten angefangen hat, betritt. — Wenn man diese Beobachtung
machen will, darf man natürlich nicht so lange warten, bis die Fensterscheiben die
mittlere Temperatur zwischen der äußeren freien kalten, und der warmen Zimmerluft
angenommen haben, weil diese Temperatur nur in den selteneren Fällen hinreicht, eine
14 bis 15° N. warme Zimmerluft zum Thauen zu bringen; es müßte denn die
äußere Luft sehr kalt, oder die innere Zimmerluft sehr feucht seyn. In dem siebenten
und achten Versuche zeigt sich die Wirkung einer wärmeren Luft auf die Wände des
Zimmers sehr augenfällig. Vor dem Einheizen (VIII) waren
auf 1 Kubikmeter reine Luft 7837 Kubikcentimeter Wassergas enthalten, nach dem
Einheizen (etwa nach 2 Stunden) 10800 Kubikcentimeter Wassergas — oder über
⅓ mehr.
Um einen für manchen Leser vielleicht passendern Maaßstab zu geben, kann berechnet
werden, wie viel Wasser dem Gewichte nach beim Versuche VIII und beim Versuche VII, mithin vor und
nach dem Einheizen, in der Luft des Zimmers vorhanden war. — Nimmt man den
Kubikinhalt des Hörsaales zu nahe 20,000 Kubikfuß, so berechnet sich der
Wassergehalt dieser Luftmasse vor dem Einheizen auf 5 Pfd. (= 2½ Maaß) Wasser
— nach dem Einheizen auf 7 Pfd. (= 3½ Maaß). Die Erwärmung des Zimmers
bis zum bezeichneten Temperaturgrade war binnen 2 Stunden vor sich gegangen —
mithin waren innerhalb der Zeit von 2 Stunden 2 Pfunde (1120 Gramme) Wasser
verdampft.
Es ist durch diese Thatsachen, die sich bei allen meinen Untersuchungen constant
zeigten, hinlänglich erwiesen, daß die Luft durch Erwärmen in einem mit
hygroskopischen Körpern umschlossenen Raume zugleich wasserhaltiger wird. Mit der
nämlichen Gewißheit darf man behaupten, daß mit dem Sinken der Temperatur eine entsprechende
Menge Wasser der Luft von den hygroskopischen Körpern wird entzogen und wieder
verdichtet werden. (Verhalten des ausgetrockneten Holzes an der freien Luft etc.)
— Das Wasser, was den Wänden eines Zimmers durch Einheizen, durch Erwärmen
der Luft entzogen wird, wird denselben beim etwaigen Abkühlen großentheils wieder
zurückgegeben, um bei abermaligem Erwärmen neuerdings zur Befeuchtung der Luft zu
dienen. Was übrigens an Feuchtigkeit durch Austreten der Luft, die sich während des
Erwärmens ausdehnt, durch Thüren, Fenster u. s. f., was durch Einströmen kalter,
jedenfalls wasserärmerer Luft, und durch Ausströmen warmer, wasserreicherer Luft
durch eben solche Oeffnungen verloren geht; dieser Wasserverlust muß wieder ersetzt
werden, wenn die Wände einer Wohnung nicht nach und nach bei länger fortgesetztem
Heizen die Fähigkeit verlieren sollten, Wasser an die erwärmte höchst wasserarme
Winterluft abzugeben. — Wenn unsere Heizungen die Winterluft von etwa
— 6° R. nur 20° R. wärmer, und nicht zugleich feuchter machen
würden, so wäre unserem Organismus damit mehr Unbehaglichkeit als Behaglichkeit
bereitet, denn wir würden uns fühlen, als wären wir in warmen Sand gesteckt, um
getrocknet zu werden. Warme und sehr trockene Luft zieht Wasser eben so leicht und
schnell aus der Oberfläche der Haut der Menschen, als aus andern wasserhaltigen
Körpern.
Das durch den Luftwechsel aus unsern Wohnungen im Winter ins Freie entführte Wasser
wird durch die hygroskopische Eigenschaft unserer Mauersteine — überhaupt des
Materiales, dessen wir uns zum Baue menschlicher Wohnungen bedienen, gewiß wieder
von der äußern Atmosphäre her compensirt. — Unsere Gebäude wirken auf das
atmosphärische Wasser im Kleinen ebenso, wie die Gebirge im Großen, beide wirken als
hygroskopische Körper. Die Quellenbildung, welche wir bei den Gebirgen im großen
Maaßstabe antreffen, können wir im Kleinen oft an unsern Wänden beobachten. —
Wir beobachten oft in beträchtlicher Höhe über der Erde einen feuchten Fleck in
einer Wand, und ringsherum ist jede Stelle trocken. Fast alle Ingenieure, die ich
über die Ursache befragte, welche am häufigsten feuchte Mauerstellen hervorrufe,
stimmten darin überein, daß sie in der Regel von zu dichten Mauersteinen, z. B.
verglasten Ziegelsteinen, herrühren. In einem Kreidegebirge, im Sandboden u. s. w.
kommen nur dort Quellen zu Tage, wo diese porösen und sehr hygroskopischen Körper
von andern dichter geschlossenen Massen unterbrochen werden, welche nicht mehr
soviel Wasser
hygroskopisch verschluckt halten können, sondern es auf ihrer Oberfläche in Tropfen
erscheinen lassen.
Die Gebirge führen das von ihren Gipfeln und Oberflächen condensirte Wasser abwärts:
— daß auch unsere Gebäude es thun, kann nicht bezweifelt werden. Zu München
im englischen Garten wurde vor einigen Jahren ein HausDie anatomische Anstalt der königl. Veterinärschule. auf sehr
feuchtem Grund gebaut. Um zu verhindern, daß etwa durch Capillarattraction der
Ziegelsteine Wasser in die Wände hinaufgezogen würde, hat man am Ende des Sockels
eine Asphaltlage statt einer Mörtellage angewendet, als einen für Feuchtigkeit
undurchdringlichen Körper. An diesem Gebäude nun zeigt sich schon seit Jahren das
sonderbare Phänomen, daß nicht unter der Aspaltlage, sondern gerade über der
Asphaltlage ringsherum ein handbreiter feuchter Streifen geht, der sowohl im Sommer
als Winter zu beobachten ist. Darunter und darüber ist die Mauer wieder trocken. Es
kann dieses von keiner andern Ursache herrühren, als daß die über der
Asphaltschichte befindliche Steinlage alles Wasser der vielen darüberliegenden
empfängt, aber der nächsten nach unten nicht mittheilen kann, da die
Leitungsfähigkeit für Wasser durch die Asphaltschichte unterbrochen ist. Ebenso wie
wenn ein Tuffgebirge u. s. w. durch ein Thonlager unterbrochen wird, zeigt sich
hier, wenn auch im kleinsten Maaßstabe, eine Quellenbildung dadurch, daß eine in die
Luft ragende Mauer aus Ziegelsteinen und Mörtel von einer Asphaltlage unterbrochen
wird. Mir scheint deßhalb ein trockener Grund zur Trockenheit der Wände vorzüglich
insofern beizutragen, als er fähig ist das von der Wand mitgetheilte Wasser
beständig zu absorbiren.
Aus den hier angedeuteten Gründen ist die Wahl des Bausteines und möglichste
Gleichförmigkeit desselben in seiner inneren Structur so wichtig für das, was man
gewöhnlich Salubrität einer Wohnung nennt. Eine gewisse Gleichförmigkeit trotz
verschiedenem Baumateriale erzielt der Mensch dadurch, daß er die Wände, sie mögen
nun aus Holz, aus Bruchsteinen oder Backsteinen erbaut seyn, meist mit ein und
demselben Materiale überkleidet, nämlich mit Mörtel, der als ein Gemenge von Sand
und Kalkhydrocarbonat in ziemlich unveränderlichen Verhältnissen betrachtet werden
kann. Dieser Kalkmörtel ist bekanntlich ein hygroskopischer Körper. Man liebt
durchgehends nur hygroskopische Substanzen zur Verkleidung der Wohnungen. Unsere
Papiertapeten sind sehr hygroskopisch; und wenn wir auch nichthygroskopische Gewebe,
wie Seide, hie und da
zur Ueberkleidung der Wände benützen, so darf man nicht vergessen, daß diese
Ueberzüge höchst porös sind, und daß die Mörtelwand sich unmittelbar hinter ihnen
befindet. — Eine Wandverkleidung mit Wachstuch, Metall, Glas u. s. w. würde
eine höchst lästige für unser Befinden seyn. Ein Haus, dessen Wände polirter Granit
sind, paßt für keinen Sterblichen zur Wohnung. Ein gewisses richtiges Gefühl, was
den Menschen trotz aller Raffinerie nie verläßt, wird uns auch noch ferner vor der
Einführung gußeiserner Wohnhäuser schützen, wovon man schon hie und da gesprochen
hat, und worauf ich weiter unten bei Würdigung der Kohlensäure in der Luft noch zu
sprechen kommen werde.
Ein gewisses Quantum von hygroskopisch in unsern Wänden aufgespeichertem Wasser,
halte ich für nothwendig, wenn die Erwärmung der höchst wasserarmen Winterluft in
unsern Wohnungen auf die Temperatur des Sommers, unsern Organismus nicht in eine
unnatürliche Atmosphäre bringen soll. In dem Maaße als wir die Winterluft der
Sommerluft durch Temperatur-Erhöhung ähnlicher zu machen streben, müssen wir
auch durch Vermehrung der Feuchtigkeit diese Aehnlichkeit zu vermehren streben. Es
zeigen die Beobachtungen über den Feuchtigkeitszustand der Luft zu verschiedenen
Zeiten des Jahres, daß er mit der Temperatur fällt und steigt. Wir haben im Monat
Januar durchschnittlich die niedrigste Temperatur und den geringsten Wassergehalt in
der Luft (in 1 Kubikmeter Luft 4,3 Gramme Wasser), während wir im Monate Juli die
höchste Temperatur und den höchsten Wassergehalt haben (in 1 Kubikmeter Luft 11,7
Gramme Wasser). Für München ist die mittlere Temperatur des Winters —
0,32° R., die mittlere Temperatur des Sommers + 14° R.
Die Luft im Freien ist nach zahlreichen Beobachtungen durchschnittlich mehr als halb
gesättigt mit Wasserdampf (66 bis 86 Proc.). Bei einer Temperatur von 16° R.,
welche die Zimmerluft beim Versuche I in der Residenz
hatte, kann ein Kubikmeter Luft 17 Gramme Wasser enthalten. Die geheizte Zimmerluft
enthielt aber bei dieser Temperatur nur 3,6 Gramme, oder nur 21 Proc. der ganzen
möglichen Größe, während die Luft im Freien doch immer nahezu halb (i. e. zu 50 Proc.) gesättigt ist. — Beim Versuche
IV war die Luft im Freien bis zu 38 Proc. mit
Wasserdampf gesättigt, was eine sehr trockene Luft ist.Die warme Luft im Frühlinge trocknet bekanntlich sehr schnell, was davon
herrührt, daß sie von ihrem Sättigungspunkte mit Wasserdampf sehr weit
entfernt ist. — Bei dem Versuche VIII hatten wir im Freien bei 9,8° C. 6,33 Gramme Wasser in 1 Kubikmeter Luft
oder 66 Procent der Menge, wodurch die Luft gesättigt gewesen wäre; bei dem Versuche
VII der erwärmten Luft des Hörsaals I in der Universität, waren bei 16° R. in 1
Kubikmeter Luft 8,1 Gramme Wasser, oder 47 Proc. der Sättigungsmenge.
Bei dem Versuche X im Freien 33 Proc. Wasser, bei dem
Versuche IX im geheizten Hörsaale II, welcher den ganzen Winter über geheizt worden war, 34 Proc. der
Sättigungsmenge.
Ich habe den größten Theil dieses Winters (1850/51) in einem gewölbten Zimmer des
Erdgeschosses, welches mittelst eines Thonkachelofens mit eiserner Durchsicht
geheizt wird, zugebracht, und den Aufenthalt daselbst stets behaglich gefunden. Ich
habe häufig mittelst eines August'schen Psychrometers den
Feuchtigkeitsgrad der bis 14 und 16° R. geheizten Zimmerluft ermittelt, und
denselben stets zwischen 40 und 56 Proc. der Sättigungsmenge gefunden.
Es ist nun zuvörderst zu untersuchen, ob Gründe dafür aufgefunden werden können, daß
die eine oder andere der beiden in Frage stehenden Heizungsmethoden die Luft neben
Wärme zugleich in höherem oder geringerem Grade mit Feuchtigkeit versieht, oder ob
sich beide Methoden hierin ganz gleich verhalten. Die vorliegenden Zahlen sprechen
entschieden zu Gunsten der Ofenheizung. Selbst bei sehr großer Trockenheit der Luft
im Freien (Versuch X 33 Proc.) zeigte die durch einen
Zimmer-Ofen geheizte Luft (Versuch IX) bei
16° R. dennoch 34 Proc. ihrer Sättigungsmenge. Hätte man die Luft aus dem
Freien (von 10½° R.) bloß erwärmt, ohne daß ihr zugleich mit der Wärme
Wasser zugeführt worden wäre, so würde sie (Versuch X)
bei 16° R. nur 23 Procent ihrer Sättigungsmenge enthalten haben. In dem
Versuche I enthielt die durch Luftheizung auf 16°
R. erwärmte Luft nur 21 Proc. ihrer Sättigungsmenge.
Zu entscheiden, welcher Feuchtigkeitsgehalt der Luft der Gesundheit am zuträglichsten
ist, ist Aufgabe der Aerzte und Physiologen.
Da das Wasser, welches mehr in die Luft treten muß, während sie wärmer wird, in
unsern Gebäuden hygroskopisch aufgespeichert ist, so wird es sich einfach darum
handeln, ob ein Gebäude mehr durch Luftheizung oder durch Ofenheizung ausgetrocknet
wird. — Jene Heizung wird offenbar mehr trocknen, welche einen größern
Luftwechsel im Gebäude verursacht. Dieses thut unstreitig die Luftheizung.
Wenn man einem Raume, der mit 1000 Kubikfuß Luft von 8° R. erfüllt ist, so
viel Wärme zuführt, daß die Luft eine Temperatur von 14° R. annimmt, so
dehnen sich diese 1000 Kubikfuß um 26 Kubikfuß aus, welche aus dem Raume entweichen
müssen.
Heizt man die nämliche Luftmasse von 8° R. bis zu 14° R. mit heißer
Luft von 57° R. (Versuch V), so braucht man
mindestens 140 Kubikfuß von letzterer dazu. Nach vollbrachter Temperaturaustauschung
hat man (1000 + 26 Kubikf.) + (140 - 30 Kubikf.) = 1136 Kubikf. Es müssen deßhalb
136 Kubikf. aus dem Raume entweichen.
Der Luftwechsel, durch Ofenheizung und Luftheizung hervorgebracht, wird sich
verhalten wie die Anzahl von Kubikfußen Luft, welche nach vollendeter Heizung aus
dem Raume entweichen mußten, d. i. wie 26 zu 136, oder wie 1 zu 5. Der Luftwechsel
ist daher bei Luftheizung fünfmal größer als bei Ofenheizung (angenommen, daß der
Ofen von außen gefeuert wird).
Ein Gemach 30 Fuß lang, 15 Fuß breit und 20 Fuß hoch, hält 9000 Kubikfuß Luft. Um
diese Luftmasse mittelst heißer Luft nur einmal von 0° bis 14° R. zu
erwärmen, müssen nahezu 3000 Kubikf. Heizluft von 57° R. eingelassen werden,
und 2938 Kubikfuß Luft von 14° R. entweichen, während bei Ofenheizung nur 574
Kubikf., mithin fünfmal weniger zu entweichen haben.
Wenn daher einem Gebäude durch Heizung überhaupt die nöthige und nützliche
Feuchtigkeit bis zu einem schädlichen Grade entzogen werden kann, so wird dieses bei
der Luftheizung fünfmal leichter als bei der Ofenheizung der Fall seyn können.
Etwas günstiger dürften die Annahmen gestellt werden bei Luftheizungen, wo die durch
Einströmen der warmen Luft verdrängte kältere in eigenen Canälen gesammelt und
wieder über den Heizofen ins Zimmer geführt wird (bei sogenannter Circulation). Doch
wird auch hier durch den bedeutenden Luftwechsel das Innere der Gemächer sehr
getrocknet werden, weil die durch die Abzugscanäle fortgehende, die Feuchtigkeit der
Zimmerwände enthaltende Luft sich in diesen Canälen abkühlt, und proportional dem
Wärmeverluste wieder Wasser an die gemauerten hygroskopischen Canäle abgibt, so daß
die Luft an dem Heizofen wieder kalt und wasserarm ankömmt.
Die Klage über größere Trockenheit der Luftheizung im Vergleiche mit Ofenheizung ist
ohne Zweifel eine gegründete Klage. Der Grad der Trockenheit dieser geheizten Luft
richtet sich natürlich nach einer großen Anzahl von Nebenumständen. Räume, welche
selten geheizt werden, eignen sich sehr für Luftheizung; ebenso Räume, in welchen
sehr viele
Menschen, brennende Lichter oder andere ergiebige Quellen für Wasserdampf sich
befinden, wie Theater, Opernhäuser etc. Weniger geeignet wird die Luftheizung für
gewöhnliche Wohnräume seyn, die einen ganzen Winter unseres Klima's hindurch mit
heißer Luft geheizt werden sollen. Dort wird sich zwar nicht gleich am Anfange des
Winters, aber gewiß in der Mitte, wenn die Wände bereits mehr Wasser verloren haben,
als ihnen durch Absorption aus der freien Atmosphäre wieder täglich ersetzt wird,
die Klage über Trockenheit der Luft erheben.
Wir haben nun noch die Mittel zu untersuchen, welche man gewöhnlich anwendet, um der
zu großen Trockenheit der geheizten Zimmerluft zu begegnen. Das gewöhnlichste ist,
eine Schüssel mit Wasser im Zimmer, am besten in der Nähe des Luftheizungscanales,
oder selbst in demselben aufzustellen, damit die Luft dieses Wasser trinke. Es hilft
etwas, aber nur wenig, ja zu wenig. Man weiß, daß Flüssigkeiten proportional ihrer
Oberfläche verdampfen. Nun denke man sich das zur Befeuchtung der Luft nöthige
Wasser in einer Schüssel, die selbst einen Quadratfuß Oberfläche darbietet, und auf
der Oberfläche der Wände ausgebreitet. Es ist oben erwähnt worden, daß durch Heizung
(Versuch VII) die Luft eines Hörsaales (46½ Fuß
lang, 30 Fuß breit und 15 Fuß hoch) 2 Pfd. Wasser binnen 2 Stunden aufgenommen hat.
Denkt man sich diese Wassermenge auf nur drei stehenden Wänden ausgebreitet, so
erhält man eine Vertheilung auf 1845 Quadratfuß. Wenn 2 Pfd. Wasser aus einer
Schüssel mit 1 Quadratfuß Oberfläche binnen 30 Stunden verdunsten, so verdunsten sie
bei einer Ausbreitung auf 1800 Quadratfuß binnen einer Minute.
Hieraus geht hervor, daß man in Zukunft andere Wege einschlagen muß, um der
Trockenheit der Luftheizung mit mehr Erfolg begegnen zu können. Man muß Apparate
construiren, welche die Verbreitung des zu verdampfenden Wassers auf einer möglichst
großen Oberfläche gestatten.
(Der Schluß folgt.)