Titel: | Sims' horizontale Dampfmaschine mit Doppelcylinder und Expansion. |
Fundstelle: | Band 117, Jahrgang 1850, Nr. LXXVIII., S. 401 |
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LXXVIII.
Sims' horizontale Dampfmaschine mit
Doppelcylinder und Expansion.
Aus dem Practical Mechanic's Journal, Juli 1850, S.
81.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Sims' horizontale Dampfmaschine mit Doppelcylinder und
Expansion.
Fig. 7 und 8 sind zwei
Ansichten eines Musters der neueren, mit den möglichsten Verbesserungen
ausgestatteten, direct wirkenden Dampfmaschinen mit liegenden Cylindern aus der
Werkstätte von James Sims in Redruth (Cornwallis),
welcher sich durch seine zweckmäßigen Constructionen großen Ruf unter den
Maschinenfabrikanten erworben hat. Wie bei der gewöhnlichen Woolf'schen Maschine
wurde auch bei unserm Muster ein Doppelcylinder angewandt, um die Expansion weiter
treiben zu können, als dieß in einem einzigen Cylinder möglich ist; die Maschine hat
35 Pferdekräfte, und ist in den Lewes Wasserwerken in Sussex im Gange.
Bei großen Maschinen werden zwei einzelne Cylinder mit ihren Enden
zusammengeschraubt; bei solchen dagegen, welche einen kurzen Hub haben, sind die
Cylinder aus einem Stück gegossen, wie dieß aus dem Durchschnitte derselben in Fig. 7 zu
ersehen ist; diese Ansicht zeigt die vollständige Maschine von der Seite gesehen,
nur die Cylinder, Canäle und Schieber sind durchschnitten. Fig. 8 ist ein
entsprechender Grundriß. Der große und kleine Kolben A
und B in den beiden Cylindern sind an derselben
Kolbenstange C befestigt, die außerhalb mit
Führungsstücken versehen ist, welche in der horizontalen Bahn D laufen. Diese Bahn ruht auf einem Traggestell mit kleinen Säulchen,
welche auf die ebene Fläche des Hauptgestelles aufgeschraubt sind. Das durch den
Kolbenstangenkopf gehende Querstück E verbindet den
Kolben mit der Zugstange, die an einem Ende mit einer weiten Gabel versehen ist, auf
welche Metallfutter und Bügel F aufgekeilt sind. Die
Seitentheile des Hauptgestelles bestehen aus drei gerieften Säulen, zwischen welchen
sich aufrechte
Felder und Querstreben befinden, und sind auf einen hölzernen Fundamentrahmen
aufgeschraubt. Die obere Fläche des Hauptgestelles trägt den ganzen Mechanismus, die
Cylinder, die Leitrahmen, die Kurbelachse etc. Der große Cylinder ist an vier
Traglappen, welche aus einem Stücke mit ihm gegossen sind, auf das Gestell
aufgeschraubt, ebenso der kleine, nur daß sie bei diesem länger sind.
Die Schieberbewegung ist von der allereinfachsten Art. Das Excentricum G auf der Schwungradachse steht durch seine Stange
direct mit dem Steuerhebel auf der Steuerungsachse H in
Verbindung. Der von derselben aufwärtsgehende Hebel I
tritt in einen Schlitz, welcher in der Schieberstange J
angebracht ist, und der Schieber selbst liegt oben auf dem größeren Cylinder.
Ist die Maschine im Gang, so tritt der Dampf zuerst auf die vordere Fläche des
kleinen Kolbens, und wird, außer bei sehr kurzhubigen Maschinen, durch Vorlaufen des
Schiebers wie gewöhnlich abgesperrt, so daß der kleine Kolben in Folge einfacher
Expansion den noch fehlenden Theil seines Weges zurücklegt. Sobald er umwendet,
tritt der Hochdruckdampf von seiner vorderen Fläche weg in den großen Cylinder und
zwar hinter den Kolben, so daß dieser seinen entgegengesetzten Lauf macht. Das
Verhältniß der Kolbenflächen ist wie vier zu eins, so daß wenn der Dampf aus dem
kleinen Cylinder in den großen tritt, und auf gleich große Flächen mit gleicher
Kraft drückt, der große Kolben noch einen Ueberdruck erhält, welcher dreimal so groß
ist als der Druck auf den kleinen Kolben, wodurch auch die zweite Hubhälfte (zurück)
bewerkstelligt wird.
Sind beide Kolben an der vorderen Fläche der Cylinder angekommen, so tritt der
expandirte Dampf durch das Austrittsventil K aus dem
großen Cylinder. Dieses Austrittsventil wird von dem Schieberexcentricum mittelst
eines Hebels L. bewegt, welcher ebenfalls auf der
Steuerungsachse H aufgekeilt ist. Er steht durch die
Stange M mit dem Hebel N in
Verbindung, welcher sich auf der kurzen Achse O
befindet, die noch einen zweiten Hebel P trägt, der die
Ventilspindel Q in Bewegung setzt. Der Dampf entweicht
aus dem Behälter R in die Röhre S, welche zu dem Condensator T führt, und von
welcher aus eine kurze Verbindungsröhre U zu dem
zwischen beiden Kolben befindlichen Raume sich erstreckt, so daß auch in diesem das
Vacuum beständig hergestellt wird.
Aus dem bisher Gesagten ist zu ersehen, daß frischer Dampf bei jedem Doppelhube nur
einmal in den kleinen Cylinder eingelassen wird. Während dieß geschieht, wird
die Bewegung durch den directen Dampfdruck auf den kleinen Kolben hervorgebracht,
wobei nach Umständen schon Expansion eintreten kann. Das Vacuum zwischen beiden
Kolben ist hiebei behülflich, weil sich beide Flächen des großen Kolbens im Vacuum
befinden, und die innere Fläche des kleinen Kolbens also keinen Gegendruck erleidet.
Die rückgängige Bewegung wird durch die Differenz der Kolbenflächen hervorgebracht,
wenn durch das Schiebventil eine Verbindung zwischen den entgegengesetzt liegenden
Kolbenflächen hergestellt wird, wobei wieder das Vacuum zwischen den beiden Kolben
die Wirkung erhöht.
Der Umstand, daß für jeden Doppelhub nur ein einzigesmal Dampf aus der Maschine
entweicht, ist in Bezug auf Ersparniß sehr wichtig, da bei den gewöhnlichen
Anordnungen für jeden Hub eine beträchtliche Menge Dampf unbenutzt verloren geht.
Der Durchschnitt durch die Cylinder und den Schieber zeigt die eigenthümliche
Anordnung des letzteren. Bei der in der Zeichnung gewählten Stellung geht der Dampf
von der vorderen Fläche des kleinen Kolbens weg, und, wie dieß durch Pfeile
angezeigt ist, auf die Rückseite des großen. Oben auf dem großen Cylinder sind nur
zwei Dampfmündungen angebracht, und die daselbst anfangenden beiden Canäle führen zu
den entgegengesetzten Enden der zwei Cylinder. Wird bei dieser Anordnung der
Dampfschieber gegen das äußere Ende des großen Cylinders verschoben, so ist der zum
kleinen Kolben führende Canal unbedeckt, und der Dampf tritt vom Kessel her in den
kleinen Cylinder. Bei der entgegengesetzten Lage des Schiebers ist die erwähnte
Canalmündung bedeckt, und die Verbindung zwischen den beiden Canälen durch den
Hohlraum des Schiebers hergestellt, wie dieß die Zeichnung deutlich angibt.
Die Regelmäßigkeit der Bewegung, welche durch dieses Expansionssystem erzielt wird,
ist ausgezeichnet, daher für solche Fabriken, z. B. Baumwollspinnereien, wo manche
Operationen eine vollkommen gleichmäßige Bewegung unumgänglich erheischen, Sims' Maschine sehr schätzbar ist; außer in Spinnereien,
wird dieselbe auch bereits als Fördermaschine, als Wasserhaltungsmaschine für
Stampfwerke und zum Aufwinden von Lasten angewandt. Im Vergleiche mit den
doppeltwirkenden Maschinen von Boulton und Watt, welche ohne Expansion und mit einem Hube von vier
Fuß und darunter arbeiten, zeichnen sich die neuen Maschinen durch die
Brennmaterial-Ersparniß aus, welche im Durchschnitt 40 Proc. beträgt.
Die Verhältnisse der beiden Cylinder sind so gewählt, daß die Kolbenbewegung nach
beiden Richtungen mit genau gleicher Kraft erfolgt, und die Maschine verrichtet in
der That dieselbe Arbeit wie eine eincylindrige doppeltwirkende Maschine (mit einem
Cylinder, der die Größe des kleinen Cylinders an der neuen Maschine hat), abgesehen
von der Reibung des großen Kolbens, die sich auf ein Fünftheil berechnet. Für
Seeschiffe, wo der Raum zum Aufbewahren der Kohlen so sehr in Betracht kommt, wie
wohlfeil auch sonst das Brennmaterial seyn mag, halten wir diese Art von Maschinen
ganz besonders geeignet.
Wir sind der Ansicht, daß die horizontale Maschine sich bald noch mehr Eingang
verschaffen wird, als die früheren Maschinen mit übereinanderstehenden Cylindern von
demselben Hrn. Sims.