Titel: | Ueber die Trag- und Bufferfedern der Eisenbahnwagen; von J. W. Adams. |
Fundstelle: | Band 116, Jahrgang 1850, Nr. LXXXII., S. 414 |
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LXXXII.
Ueber die Trag- und Bufferfedern der
Eisenbahnwagen; von J. W.
Adams.
Aus dem Civil Engineer and Architect's Journal, April
1850, S. 117.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Adams, über die Trag- und Bufferfedern der
Eisenbahnwagen.
Die Buffer- und Tragfedern haben den Zweck, die Gewalt und das Moment der
Stöße, welchen die Eisenbahnwagen in ihrem gewöhnlichen Betrieb ausgesetzt sind, so
viel wie möglich zu absorbiren und zu neutralisiren. Eine vollkommene Trag-
oder Bufferfeder wäre eine solche, welche die ganze Gewalt und die Stärke des Stoßes
absorbiren würde, ohne den Beharrungszustand des Wagens zu hemmen. Dieses ist jedoch
wegen der veränderlichen Belastung der Tragfedern und wegen des veränderlichen
Drucks gegen die Bufferfedern in der Praxis unmöglich. Am nächsten kommen der
Erfüllung obiger Bedingung die Tragfedern der ersten Wagenclasse, bei welcher das
Mißverhältniß des Totalgewichtes zwischen dem belasteten und unbelasteten Wagen,
geringer als bei einem andern Wagen ist.
Es gibt gegenwärtig, so weit es dem Verfasser dieser Abhandlung bekannt ist, keine
Regel oder Formel, durch welche die Ingenieure oder Fabrikanten die genaue Form, das
Gewicht oder die Qualität des zu einem vollkommenen Federsystem erforderlichen
Materials ermitteln könnten, und so kommt es, daß der Güter- oder
Steintransport, wovon im Durchschnitt 35 bis 40 (englische) Centner auf die Feder
kommen, gegenwärtig auf Federn ruht, deren Gewicht zwischen 35 bis 110 Pfund
variirt.
In allen Fällen ist es eine Hauptsache zwischen gutem und schlechtem Material zu
unterscheiden, und in dieser Hinsicht haben genaue vergleichende Versuche gezeigt,
daß die Elasticität, das Tragvermögen und die Dauerhaftigkeit des englischen Stahls
weit größer ist als diejenige des aus schwedischem Eisen bereiteten Stahls.
Die gebräuchlichste Form für die Federn der Eisenbahnwagen ist die aus übereinander
gelegten Schienen bestehende Feder (laminated spring).
Man gibt gewöhnlich den Schienen gleiche Breite und Dicke, und erlangt die nöthige
Verstärkung gegen den Tragpunkt hin durch die abnehmende Länge der Schienen. Besteht
eine Feder nur aus einer einzigen Schiene, welche überall gleiche Breite aber
zunehmende Dicke hat, so muß man der Verstärkung die Gestalt einer Parabel geben, da
die Stärke im Verhältniß zum Quadrat der Dicke steht. Diese Form ist in Fig. 2 durch
die Linie AA dargestellt. Fig. 1 stellt die eine
Hälfte einer gewöhnlichen Tragfeder, Fig. 2 die nämliche Feder
im flach gedrückten Zustande dar, jedoch unter der Annahme, daß die Schienen nicht
über einander verschiebbar sind.
Bestände die Feder aus einer Anzahl sehr dünner paralleler Schienen, so würde, wie
Fig. 2
zeigt, eine gleichförmige Abnahme von der Mitte gegen die Enden die richtige Form
darbieten, weil die Stärke jedes Theils der Feder von der Anzahl der Schienen an
dieser Stelle abhängen würde. In der Wirklichkeit liegt die richtigste Gestalt der
Feder zwischen dem Dreieck und der Parabel, jedoch mit Annäherung an das Dreieck,
indem die Dicke der Schiene nur einen kleinen Bruchtheil der mittleren Länge
ausmacht.
Die auf der Midland-London- und North-Western-Eisenbahn
eingeführte Tragfeder Fig. 1 ist 3 Fuß 3 Zoll
lang, 4 13/16 Zoll dick und 3 Zoll breit; die Größe ihrer Biegung beträgt 6 1/2
Zoll; sie besteht aus 15 Schienen, wovon zwei 3/8 Zoll und die übrigen 5/10 Zoll
dick sind. Das Gewicht der Feder beträgt 93 Pfund; die Belastung übersteigt nicht 6
Tonnen auf 4 Federn, und da der Wagenkörper selbst 2 Tonnen wiegt, so kommt auf die
Feder eine Totallast von 2 Tonnen. Angestellten Versuchen zufolge beträgt die
Biegung dieser Feder mit
1
Tonne
2 Tonnen
3 Tonnen
7/8 Zoll
2 Zoll
3 1/4 Zoll.
Fig. 3 stellt
die Waggon-Tragfeder, oder richtiger gesagt Stütze (prop) dar, welche auf dem nördlichen Zweig der London- und
North-Western, so wie auf einigen andern Eisenbahnen eingeführt ist. Die
wohlfeile Feder ist 2 Fuß 5 Zoll lang, 4 Zoll breit, 2 Zoll dick und besitzt eine
Krümmung von 4 Zoll;
sie besteht aus vier einen halben Zoll dicken Schienen und wiegt ungefähr 40 Pfund.
Angestellte Versuche ergaben folgende Biegungen:
1
Tonne
2 Tonnen
3 Tonnen
3/8 Zoll
3/4 Zoll
1 1/8 Zoll.
Ist nun schon die Fig. 1 abgebildete Feder zum Nachtheil der Bahn und der Wagen zu starr,
wie groß muß erst die durch diese Feder veranlaßte Abnützung der Eisenbahnschienen,
Achsen und Radkränze seyn.
Fig. 4 stellt
die durch Hrn. Wharton auf der
London- und Northwestern-Eisenbahn als das Resultat praktischer
Versuche und Verbesserungen eingeführte Tragfeder für Eisenbahnwagen im Zustande der
Belastung dar. Diese Feder ist 5 Fuß 3 Zoll lang, 3 Zoll breit, 2 13/16 Zoll dick
und besteht aus neun 5/16 Zoll dicken Schienen. Bei Befestigung dieser Feder wird
das Spannband (tension-brace) zwischen Rolleisen
(scroll irons) mit zwischenliegenden compensirenden
beweglichen Bügeln (shackles) adjustirt. Das Spannband
ist 3 Zoll breit, 3/8 Zoll dick, und an den Enden bis zu 5/8 Zoll verstärkt. Die
Feder wird sodann zwischen der Achsenbüchse und dem Band comprimirt. Die Wirkung der
Feder und des Bandes ist die eines Federhebels in Verbindung mit einem Spannband.
Die Feder wird jedoch durch die Hebelwirkung des Spannbandes und das Gewicht der
Belastung in der Art überwältigt, daß sie außer derjenigen Kraft, vermöge welcher
sie ihre ursprüngliche Lage wieder erlangt, nur eine geringe rückwirkende Kraft
ausübt, und daher ein sanftes und stetiges Spiel darbietet. Die Wirkung auf das Band
erfolgt hauptsächlich an der Stelle A; aber
dessenungeachtet wird, wenn die durch die Bahn veranlaßte Erschütterung den Punkt
B trifft, und die Feder und das Band an dieser
Stelle gerade streckt, die Biegung und Streckung des Bandes bei A durch die Streckung und Verlängerung bei C ausgeglichen, so daß die Größe der Spannung bei D stets ungefähr die gleiche ist. Das Spannband macht
die Kraft der Feder stetig und wirkt ihr entgegen, und die Feder dient dem Bande bei
A als erleichternde Stütze.
Buchanan's Tragfeder, Fig. 5, besteht aus vier
flachen horizontalen Schienen, 4 Fuß und 4 Zoll breit, deren Dicke von der Mitte
gegen die Enden von 1/2 Zoll bis zu 1/4 Zoll abnimmt. Sie sind in der Mitte
befestigt und stoßen nur an den Enden aneinander. Den gewöhnlichen Federn gegenüber
besitzt diese Feder nur den Vortheil, daß zwischen den Schienen mit Ausnahme an den Enden keine
Reibung stattfindet; dagegen ist zu bemerken, daß bei den gewöhnlichen Federn mit
übereinander liegenden Schienen der Stahl concav gewalzt ist, und daß daher die
Schienen sich nur an den Kanten berühren, wodurch die Reibung bedeutend reducirt
wird.
Die Nachtheile der in Rede stehenden Feder scheinen darin zu bestehen, daß die
äußersten Tragpunkte bei belasteter Feder bedeutend unter der Tragstelle liegen, und
daher die Anwendung tieferer Rolleisen und Tragblöcke bei Wagen und Waggons nöthig
machen. Ihre Herstellung ist ferner kostspielig und unsicher, weil die Schienen von
abnehmender Dicke und daher schwer zu Härten und anzulassen sind.
Fig. 6 stellt
eine spiralförmige Tragfeder dar. Die Dimensionen dieser unter den Tendern der
Midland-Eisenbahn in Anwendung gebrachten Federn sind neun Zoll Höhe und
sechs Zoll Durchmesser; sie sind aus 7/8 Zoll dickem runden Stahl angefertigt.
Innerhalb der Windungen dieser Spirale ist eine nach entgegengesetzter Richtung
gewundene zweite Spirale von kleinerem Durchmesser befestigt. Die Thätigkeit der
Spiralfeder besteht hauptsächlich in einer Torsion der Stahlstange durch den Winkel
ACB, zum Theil auch in einer seitlichen
Abweichung in Folge der Vergrößerung des Durchmessers, wenn die Feder
zusammengedrückt wird.
Fig. 7 stellt
die doppelte Zugfeder mit einer Stange A, A dar, welche
die Größe des Zuges in gewissen Gränzen hält. Die Federn sind zwei Fuß lang, 3 9/16
Zoll dick, 3 Zoll breit, und bestehen aus eilf Schienen, von denen zwei 3/8 Zoll und
die übrigen 5/16 Zoll dick sind. Die Stärke (der Sinus versus) der Krümmung beträgt
vor der Befestigung der Federn 3 1/2 Zoll; bei ihrer Befestigung werden jedoch die
Federn um 1/2 Zoll zusammengedrückt.
De Bergue's Bufferfeder ist mit vier Ringen von
vulcanisirtem Kautschuk gepackt, deren jeder 5 1/2 Zoll im Durchmesser hält und 1
1/4 Zoll dick ist. Dieser Buffer ist nach der Ansicht des Verfassers von geringer
Wirkung, da er nur einen sehr kurzen Spielraum hat und seine Kraft unter einem
enormen Drucke nur sehr mäßig sich entwickelt. Der Spielraum dieses Buffers beträgt
ungefähr 3 Zoll. Um ein Paar derselben 1 1/2 Zoll weit hineinzutreiben, ist eine
Kraft von 3 Tonnen erforderlich, während bei der gewöhnlichen aus übereinander
gelegten Schienen bestehenden Feder der Spielraum bei einer Kraftentwickelung von 2
3/4 Tonnen 12 Zoll beträgt. Auch fragt es sich, ob der vulcanisirte Kautschuk jene Unzerstörbarkeit
besitzt, die man ihm am Anfange zugeschrieben hat.
Todd's Korkbuffer ist eben so
beschaffen wie de Bergue's Buffer, mit dem Unterschiede,
daß die Packung des ersteren aus Kork besteht, nämlich aus fünf 7 1/4zölligen 3/4
Zoll dicken Korkscheiben. Dieser Buffer ist dem de
Bergue'schen vorzuziehen, indem der Kork zusammendrückbarer ist, als der
vulcanisirte Kautschuk; es fragt sich jedoch, ob der Kork seine Elasticität
beibehält.
Bei Adams' Scheibenbuffer, Fig. 8, besteht
die Packung aus 16 scheibenförmigen Stahlfedern von 8 Zoll Durchmesser und 1/8 Zoll
Dicke. Diese Scheiben sind mit einem Einschnitte A, A
versehen, um sie in conische Form pressen zu können. Diese Bufferfeder ist besser
als die vorhergehenden, indem sie einen vollständig entwickelten Spielraum
darbietet, und ihre Kraft durch die Dicke der Platten gehörig adjustirt werden kann.
Die Totallänge des Spiels beträgt 5 1/2 Zoll.
Webster's Luftbuffer zeugt von
vielem Scharfsinn, ist jedoch complicirter als die andern. Der Luftkolben hat 6 Zoll
im Durchmesser und die Lederliederung wird durch einen vulcanisirten Kautschukring
ausgespannt erhalten. Die Länge des Hubes beträgt 4 Zoll. Sollte, während der Kolben
hineingedrückt wird, eine Luftentweichung stattfinden, so würde der Kolben nicht in
seine ursprüngliche Lage zurückkehren können; es ist daher eine kleine Spiralfeder
angebracht, welche den Kolben zurücktreibt, während gleichzeitig ein kleines Ventil
Luft zuläßt, um die während des Hineindrückens entwichene Luft wieder zu
ersetzen.
Brown's conischer
Spiralfederbuffer, Fig. 9, hat an der Basis 7
1/2 Zoll Durchmesser; der Stahl ist hier 1 Zoll breit und 3/8 Zoll dick und verjüngt
sich gegen die Spitze hin bis auf 1/2 Zoll. Im zusammengedrückten Zustande bildet
die Feder eine flache Spirale. Wegen seiner Compactheit und Wohlfeilheit ist dieser
Buffer den andern außen angebrachten Bufferarten vorzuziehen, ohne jedoch der aus
übereinander gelegten Stahlschienen zusammengesetzten Bufferfeder an Wirksamkeit
gleichzukommen.