Titel: | Ueber natürliche Quellen von Schwefelsäure und ein neues Verfahren diese Säure zu bereiten; von C. Blondeau. |
Fundstelle: | Band 115, Jahrgang 1850, Nr. XLII., S. 210 |
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XLII.
Ueber natürliche Quellen von Schwefelsäure und
ein neues Verfahren diese Säure zu bereiten; von C. Blondeau.
Aus dem Moniteur industriel, 1849, Nr.
1390.
Blondeau, über natürliche Quellen von Schwefelsäure und ein
Verfahren Schwefelsäure zu bereiten.
Es gibt in der Natur reichliche Quellen von Schwefelsäure; so enthält z.B. der
Rio-Vinagre oder Pasiambo in Amerika nach Boussingault in 1000 Theilen beiläufig 2 Th. Schwefelsäure, so daß er von
letzterer in 24 Stunden 38610 Kil. abführt. Welches Verfahren wendet die Natur an,
um diese ungeheuren Quantitäten von Schwefelsäure zu bilden? Folgende Erscheinung im
Kohlengebirge von Aveyron dürfte uns darüber Aufschluß
geben. Nahe bei dem Orte Cransac befindet sich nämlich ein Hügel, welcher unter dem
Namen des „brennenden Berges“ bekannt ist; in demselben
entstehen von Zeit zu Zeit weite Spalten, durch welche Wasserdampf und saure Dämpfe
entweichen und an deren Rand die Hitze unerträglich ist. An einigen Stellen hat sich
das ursprüngliche Gestein – Schiefer, Sandstein und Thon – durch die
Einwirkung der Hitze gänzlich verändert, so daß es dem Chalcedon, Jaspis, Glas,
Ziegeln etc. ähnlich ist. Die Aggregate, welche diese Substanzen mit dem Thon
bilden, besitzen bisweilen die Härte der compactesten Steine. Der Boden, durch die
in seinem Innern vorgehenden chemischen Wirkungen nach und nach unterminirt, sinkt
endlich ein, wodurch kegelförmige Schluchten entstehen, welche mit den Kratern der
Vulcane Aehnlichkeit haben; durch die entstandenen Oeffnungen treten Säulen von
Dämpfen aus, welche bisweilen hoch in die Luft aufsteigen, manchmal aber auch durch
den Wind in die Thäler hinabgetrieben werden. An diesen Stellen blühen aus dem
Erdboden in großer Menge Schwefel, Salmiak und Vitriolkrusten heraus, welche bereits
technisch benutzt werden. Die Ursachen dieser Erscheinungen sind augenfällig; in den
verschiedenen Schichten des Kohlengebirges ist nämlich der Schwefelkies reichlich
verbreitet, welcher in Berührung mit Wasser und Luft in Brand kommt und
schwefligsaures Gas erzeugt; letzteres verwandelt sich unter dem Einfluß der Luft
und von Basen (Thonerde und Eisenoxyd) in Schwefelsäure. Die schwefelsaure Thonerde
und das schwefelsaure Eisen, welche sich unter diesen Umständen bilden, werden durch
die Wirkung der Hitze zersetzt und Schwefelsäure wird frei.
Die Temperatur-Erhöhung in Folge dieser verschiedenen Reactionen ist bisweilen
so hoch, daß die Steinkohlenschichten an der Oberfläche des Bodens in Brand
gerathen, so daß ihre Verbrennungsproducte sich mit den Wasser- und
Schwefelsäuredämpfen vermischen, wodurch das Phänomen um so großartiger wird. Die
Schwefelsäure, welche unter den erwähnten Umständen frei wird, greift sowohl die
mineralischen als die organischen Substanzen, womit sie auf ihrem Wege in Berührung
kommt, stark an; die Baumstämme in der Nähe des „brennenden
Berges“ zeigen auf ihrer ganzen Oberfläche die schwarze Farbe der
organischen Substanzen, welche man in Schwefelsäure getaucht hat; eben so stark
greift sie die Gebirgsarten an und verwandelt deren Basen in schwefelsaure Salze,
wobei sich insbesondere Kali-Alaun in solcher Menge bildet, daß man ihn
technisch gewinnen kann.
Die Efflorescenzen auf dem „brennenden Berge“ sind weiß, stark
sauer, röthen das blaue Lackmuspapier und ziehen Feuchtigkeit aus der Luft an. Ich
habe sie behufs einer Analyse im luftleeren Raum ausgetrocknet und folgende
Zusammensetzung gefunden:
Kali-Alaun
24,25
schwefelsaure Thonerde
53,51
schwefelsaure Bittererde
3,47
schwefelsaures Mangan
1,35
schwefelsaures Eisen
10,29
freie Schwefelsäure
7,33
–––––––
100,00.
Die große Menge Schwefelsäure, welche sich hier aus der schwefligen Säure unter dem
Einflusse von atmosphärischer Luft und basischen Körpern erzeugt, führte mich auf
die Idee, zu versuchen, ob es nicht möglich seyn sollte, unter Beachtung der
angegebenen Umstände mittelst des schwefligsauren Gases unmittelbar Schwefelsäure
darzustellen.
Hiezu füllte ich ein Porzellanrohr mit thonigem Sande, und verband das eine Ende
dieses Rohrs mit zwei Kolben, aus deren einem schwefligsaures Gas und aus dem andern
Wasserdampf entbunden werden konnte; beide mußten zugleich mit atmosphärischer Luft,
welche ein Gasometer lieferte, durch das Rohr geleitet werden. Am anderen Ende des
Porzellanrohrs wurde eine gekrümmte Röhre angebracht, welche unter das Wasser einer
Flasche mit zwei Tubulirungen tauchte, wovon die eine mit einem Entbindungsrohr
versehen war. Ich umgab nun das Porzellanrohr mit glühenden Kohlen, so daß es auf
die dunkle Rothglühhitze gebracht wurde, und ließ langsam Luft, Wasserdampf und schweflige Säure
hindurchstreichen. Der Körper, welcher am Ende des Rohrs austrat, war Schwefelsäure;
wenn man die Luft im Ueberschuß unterhält, zieht nur sehr wenig schweflige Säure ab,
sondern dieselbe verwandelt sich fast gänzlich in Schwefelsäure.
Um nach dieser Methode Schwefelsäure im Großen zu fabriciren, müßte man das
schwefligsaure Gas durch Verbrennen von Schwefel oder Schwefelkies erzeugen und die
Verbrennungsproducte in einen stark erhitzten gußeisernen Cylinder leiten, welcher
mit thonigem Sand gefüllt ist, durch welchen man zugleich Wasserdampf in Ueberschuß
ziehen läßt; die Schwefelsäure würde am anderen Ende des Cylinders gesammelt.