Titel: | Stehlin's oscillirende Pfeiler für Hänge- oder Kettenbrücken. |
Fundstelle: | Band 114, Jahrgang 1849, Nr. LXXV., S. 403 |
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LXXV.
Stehlin's oscillirende Pfeiler für
Hänge- oder Kettenbrücken.
Aus dem Practical Mechanic's Journal, August 1849, S.
108.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Stehlin's oscillirende Pfeiler für Hänge- oder
Kettenbrücken.
Bei der gewöhnlichen Construction von Kettenbrücken scheint es der Aufmerksamkeit der
Baumeister entgangen zu seyn, daß durch die Verlegung der Frictionsrollen für die
Hauptketten auf den Gipfel der Thürme oder Pfeiler der Nachtheil der Kettenbewegung
in dem Maaße vergrößert wird, als die Höhe der Pfeiler wächst. Die bloße von dem
Gewichte der Brücke herrührende Kettenspannung wird auf diese Weise ein höchst
wirksames Agens, welches sehr nachtheilig auf die Stabilität der Pfeiler einwirkt,
und wenn noch die Stöße und die durch das Fahren mit schweren Wagen erzeugten
schwingenden Bewegungen dazu kommen, oder gar die Wirkung von Winden oder Stürmen,
so wird der Seitendruck auf die Pfeiler eine Quelle von keineswegs unbedeutender
Gefahr.
Ein junger Schweizer, Namens K. Stehlin, lenkte kürzlich
unsere Aufmerksamkeit auf diesen Constructionsfehler, und theilte uns eine Skizze
seines Planes mit, durch welchen derselbe den erwähnten Fehler beseitigen will. Sein
Plan ist ein einfaches und sinnreiches Verbesserungsmittel wenigstens für eine
gewisse Classe von Hängebrücken. Fig. 16 ist eine
Hauptansicht zweier gußeiserner Pfeiler, welche die Hauptketten zu tragen haben, und
Fig. 17
eine Seitenansicht derselben. Diese beiden Pfeiler haben unten Oeffnungen zur
Aufnahme einer Achse A, A, welche durch Keile oder
irgend ein anderes Mittel in denselben befestigt werden kann. Die Achse liegt in
vier Lagern, welche rechts und links von jedem Pfeiler angebracht sind, so daß sich
die letzteren neigen können, um sich nach jeder Kettenspannung zu richten. Die
beiden Pfeiler sind durch ein gußeisernes Querstück B,
welches zugleich den Portal-Bogen der Brücke bildet, fest mit einander
verbunden. Die Ketten der Brücke sind einfach durch Bolzen C,
C mit dem oberen Theile der Pfeiler verbunden. Auf diese Weise dient, statt
daß auf den oberen Theil des Pfeilers die ganze Kettenbewegung wirkt, dieser bloß
dazu, die Bewegung auf die Basis überzutragen, wo sie nicht schädlich seyn kann, und
wobei auf den Pfeiler immer nur ein Druck in der Richtung des Pfeilers kommt. Bei
der so eben erklärten Anordnung des Hrn. Stehlin, bilden
die zwei Pfeiler mit Achse und Querstück einen einzigen steifen und festen Rahmen, welcher sich auf dem
Grunde frei, wie es die Kette verlangt, bewegen kann, und stark genug ist, um irgend
einem durch Winde erzeugten Seitendrucke widerstehen zu können.