Titel: | Verfahren das Getreide vor der Keimung zu bewahren. |
Fundstelle: | Band 114, Jahrgang 1849, Nr. XL., S. 230 |
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XL.
Verfahren das Getreide vor der Keimung zu
bewahren.
Aus dem Agriculteur-praticien, Septbr. 1849, S.
360.
Verfahren das Getreide vor der Keimung zu bewahren.
Folgenden Verfahrens bedient man sich im untern Seine-Departement schon seit
dem Jahre 1816 allgemein, um das Getreide vor der Keimung zu bewahren, welche bei
häufigem Regen zwischen der Zeit der Ernte und dem Garbenbinden sonst häufig
eintritt.
Man vereinigt beim Schneiden des Getreides 5–6 Garben von etwa 30 Pfd.
Gewicht, stellt sie auf und macht einen Büschel daraus, den man unterhalb der Aehre
mit ein paar Halmen zusammenbindet; hierauf öffnet man den Büschel unten, theils
damit er stehen bleibt, theils damit die Luft hindurchziehen kann; endlich versieht
man ihn mit einer Decke,
die man aus einem starten Armvoll Halmen bildet, welche man, die Aehren abwärts
gerichtet, um den Kopf des Büschels herumlegt und dann mittelst eines starken
Strohbands befestigt.
In Folge dieser Vorkehrungen, welche einige Aehnlichkeit mit dem beim Hanf
gebräuchlichen Verfahren haben, gleitet der Regen längs der Halme herab, ohne in den
Büschel einzudringen, und selbst wenn er 2–3 Wochen andauern sollte, würde
das Innere des Büschels nicht von ihm berührt werden, und man könnte den ersten
schönen Tag benützen, um die Garben zu binden, ohne daß man einen andern Schaden
erlitte, als daß etwa das Stroh im Umkreis des Büschels ein wenig verdorben
wäre.
Dieses Verfahren, dessen Verbreitung so wichtig wäre, ersetzt im untern
Seine-Departement seit mehr als 30 Jahren das Schwadenlegen. Es erfordert kaum mehr Arbeit als letzteres, selbst wenn es
bei günstiger Witterung ganz entbehrlich wäre, und ist viel weniger kostspielig,
wenn ungünstige Witterung ein öfteres Umwenden der Schwaden nothwendig macht;
überdieß ist der Vortheil damit verbunden, daß es den Arbeitslohn sicher
nutzbringend macht, während die Schwaden, wenngleich öfters umgewendet, nach einige
Tage andauerndem Regen nur ein verdorbenes Getreide und Stroh liefern.
Es hat sich ergeben:
1) daß das Getreide in Büscheln (welche in den verschiedenen Ortschaften villottes und moyettes genannt werden) auch nach dem
Schneiden noch an Güte zunimmt und zwar mehr als dasjenige in Schwaden;
2) daß es wegen seiner schöneren gelben Farbe auf den Märkten gesuchter ist und per Sack von 200 Kilogr. (2 1/2 Hektoliter; nicht ganz 2
bayer. Schäffel) wenigstens um 2 Francs höher verkauft wird;
3) daß dieses Verfahren den noch im Boden stehenden Ernten dadurch schon einen
größern Werth verleiht, daß es dem Käufer die Erhaltung des ihm Verkauften
sichert;
4) daß es der Entwickelung des jungen Klees minder nachtheilig ist als das
Inschwadenlegen;
5) daß das Korn nicht so leicht aus der Aehre fällt, die überdieß dem Hagelschlage,
sowie der Begierde der Vögel und Insecten nicht mehr so ausgesetzt ist.
Diejenigen Landwirthe, welche dieses Verfahren angenommen haben, befanden sich so
wohl dabei, daß sie es nicht nur bei Weizen, sondern auch bei Roggen und Haber anwenden, und sogar
dann, wenn ihnen der Zustand der Atmosphäre die größte Sicherheit einstößt; es wurde
im Jahr 1847 von dem Staatsministerium den HHrn. Bischöfen und Präfecten zur
möglichsten Verbreitung empfohlen.