Titel: | Ueber die Anwendung des Gypses und Kohlenpulvers zum Desinficiren und augenblicklichen Austrocknen der menschlichen Excremente, ferner über die Vortheile des so entstehenden desinficirten Staubdüngers für die Landwirthschaft; von Dr. Herpin zu Metz. |
Fundstelle: | Band 114, Jahrgang 1849, Nr. XIII., S. 64 |
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XIII.
Ueber die Anwendung des Gypses und Kohlenpulvers
zum Desinficiren und augenblicklichen Austrocknen der menschlichen Excremente, ferner
über die Vortheile des so entstehenden desinficirten Staubdüngers für die
Landwirthschaft; von Dr. Herpin zu Metz.
Aus dem Bulletin de la Société
d'Encouragement, Juni 1849, S. 259.
Herpin, über Desinficiren der Excremente mit Gyps und
Kohlenpulver.
Die Société centrale d'agriculture sowohl,
als die Société pour l'Encouragement de
l'industrie nationale haben schon vor 12 bis 15 Jahren auf Verfahrungsarten
zum Desinficiren der menschlichen Excremente und ihre Anwendung als Dünger hohe
Preise gesetzt. Es verflossen mehrere Jahre, ohne daß die Erwartungen erfüllt worden
wären. Dieß bestimmte mich, meine frühern Versuche darüber mit ausschließlicher Anwendung zur Vegetation nothwendiger Substanzen wieder aufzunehmen. Schon im Jahr 1845 hatte ich
den Satz aufgestellt, daß die rationellste und beste Lösung des Problems in der
schnellen Austrocknung und Desinficirung der Kothsubstanz bestehe.
Im Jahr 1847 wurde die Preisfrage gewissermaßen zurückgenommen. Es hatten sich zwar
viele Bewerber eingestellt; auch wurde die Frage unstreitig gefördert; keiner hatte
sie aber in landwirthschaftlicher sowohl, als in industrieller und ökonomischer
Beziehung vollkommen gelöst. Ich sprach damals meine Verwunderung darüber aus, daß
Niemand auf den Gedanken kam die Mittel anzuwenden welche sich mir durch die
Erfahrung als die besten bewährt hatten, nämlich einerseits die Kohle, bekanntlich ein Desinfectionsmittel und
Hauptbestandtheil der Gewächse, und andererseits den Gyps, bekanntlich eines der besten Anregungsmittel für die Vegetation der auf
künstlichen Wiesen wachsenden Pflanzen, welcher zugleich absorbirend und
fäulnißwidrig wirkt und die schätzbare Eigenschaft besitzt, das sich sonst in die
Luft verflüchtigende und verlorengehende Ammoniak in ein fixes Salz zu verwandeln,
welches den Pflanzen den ihnen zum Wachsen nothwendigen Stickstoff allmählich liefert.
Ich halte es jetzt für meine Pflicht, meine früher nur mittelbar und unvollständig
zur Kenntniß des Publicums gelangten Versuche über diesen Gegenstand näher
darzulegen.
Versuche. Die festen Excremente eines Individuums von
einer Woche wurden in einem Gefäße gesammelt und sogleich nach jeder Entleerung auf
ihrer ganzen Oberfläche mit gepulvertem, gebranntem Gyps
und feinstem Kohlenpulver bestreut. Am Ende der Woche
waren 1 Kil. 200 Gr. (1 1/10 Liter) Gyps und 260 Gramme (1/2 Liter) Kohle
verbraucht. Etwa ein Drittheil des Pulvers war zuviel, d.h. nutzlos zugesetzt
worden.
Sobald dieses Desinficirpulver aufgestreut war, verminderte sich der Geruch des Koths
bedeutend; er wäre ganz verschwunden, wenn der Koth mit dem Pulver vermengt worden
wäre, was nicht geschah; dessenungeachtet war er ein paar Tage darnach trocken und
ganz geruchlos. Später wurde die organische Substanz sehr hart; sie behielt zwar
ihre Gestalt bei, aber die Cylinder schrumpften auf 2/3 ihres ursprünglichen Volums
ein; sie waren porös, d.h. sie enthielten eine Menge Höhlungen und waren ungemein
leicht.
Sechs Monate darnach hatte das Gemenge, welches sich an einem tiefen und dunkeln Orte
befand, etwas Schimmelgeruch angenommen und ließ sich leicht zerreiben und pulvern;
in diesem Zustande besaß es nicht im Geringsten das Ansehen oder den Geruch, welche
auf dessen Ursprung hätten schließen lassen. Sein Volum betrug 1,8 Liter; sein
Gewicht 1,5 Kilogr. Da die angewandten Pulver nur 1,460 Gramme gewogen hatten, so
bleiben für die trockene organische Materie noch 40 Gramme übrig, was als zu wenig
erscheint; wahrscheinlich ging also etwas von den Pulvern verloren oder wurde von
dem Wind fortgeführt.
Das Gemenge wurde nun befeuchtet und mit Wasser angerührt. Es zeigte in diesem
Zustande nicht die mindeste Spur eines Geruchs oder einer sonstigen Eigenschaft, die
an dessen Ursprung erinnerte.
Endlich wurden mit diesem Dünger im gepulverten Zustande bei Getreidearten, Klee,
Kohl, Bohnen etc. Proben angestellt und sehr bald die gute Wirkung desselben,
namentlich bei den Kohlarten und überhaupt den kreuzblüthigen Pflanzen (Cruciferen)
wahrgenommen.
Bereitung des desinficirten Düngpulvers (poudrette desinfectée). Die erste Bedingung ist
die Trennung der festen von den flüssigen Excrementen. Am besten bewerkstelligt man
diese Trennung durch abgesondertes Aufsammeln derselben, da die Natur selbst
sie schon getrennt hat.
Die zweite Bedingung ist eine gute Auswahl der zu diesem Dünger verwendeten
Excremente; die Erfahrung lehrt nämlich, daß die Excremente aus Spitälern, Casernen
oder Gefängnissen, bei weitem keinen so guten Dünger liefern, wie diejenigen aus
Gasthöfen, Speisehäusern, überhaupt aus den Häusern der Reichen und
Wohlhabenden.
Drittens sind die Mengenverhältnisse des Gypses und der Kohle nicht gleichgültig. Für
weit zu verführenden Dünger, dessen Transport also viel kostet, müßte von der
organischen Materie möglichst viel und die beste Qualität, vom Gyps hingegen,
welcher das Gewicht des Gemenges sehr erhöht, sehr wenig angewandt werden.
Die in tragbaren Gefäßen oder Nachtstühlen gesammelten festen Excremente werden, wie
gesagt, mit dem Gemenge von Kohlen- und Gypspulver gleich nach der Entleerung
auf ihrer ganzen Oberfläche bestreut und alle acht bis vierzehn Tage in die
Centralanstalt geschafft, wo die Poudrette im Großen bereitet wird.
Gyps und Kohle sollen stets recht trocken seyn und alle vierzehn Tage frisch
gepulvert werden. Mittelst eines sehr einfachen Mechanismus, durch Ausziehen oder
Umdrehen eines Knopfes, oder auch durch das bloße Gewicht des auf dem Stuhle
sitzenden Körpers, läßt das am Stuhle angebrachte Behältniß die erforderliche Menge
desinficirenden Pulvers ausfallen, wie dieß bei den sogenannten englischen
Vorrichtungen mit dem Wasser der Fall ist. Man könnte durch denselben Mechanismus
sogar die Vermengung der Excremente mit den Pulvern bewerkstelligen lassen. Endlich
könnte das Bassin (der Trichter) auf bekannte Weise mittelst Wassers hermetisch
verschlossen werden.
In der Fabrik angelangt, werden die Excremente mit dem Desinficirpulver gemengt und
zusammengerieben, was mittelst mechanischer Vorrichtungen und eines Pferdegöpels
oder durch bloßes Tretenlassen von Pferden oder Ochsen geschehen kann. Hierauf
bringt man die Masse in Kasten, in welchen sie mittelst einer starken Presse oder
eines Fallwerks zusammengepreßt, oder bloß mit Keulen gestampft und in würfelförmige
Kuchen von 25 Centim. Seitenlange und ungefähr 15 Kilogr. Gewicht geformt
werden.
In diese Würfel wird mittelst eines eisernen Spießes durch und durch ein kleines Loch
gestoßen, damit die innere Feuchtigkeit einen Ausweg erhält; dann werden sie einige
Tage lang unter Schoppen der Luft ausgesetzt, um sie vollends auszutrocknen. Sie
können nun ohne Anstand
aufgespeichert und ohne alle Verpackung zur Versendung verladen werden.
Ein nur kurze Zeit andauernder Regen schadet den Düngerkuchen nicht, wenn ihre noch
feuchte Oberfläche mit einer dünnen Schicht Gypspulver bestreut worden ist.
Kostenberechnung. Man schlägt die festen Excremente einer
Person durchschnittlich per Tag zu 125 Grammen, im Jahr
also zu 45 Kilogr. 625 Gr. an. Dieselben enthalten aber im Normalzustand ungefähr
75–80 Gewichtsprocente Wasser, betragen daher im trocknen Zustand nur 9
Kilogr. Es handelt sich sonach darum, einen Theil (1/3 oder 1/4) des normalen
Wassers zu entfernen oder absorbiren zu lassen, um sie dadurch so zu desinficiren
und auszutrocknen, daß man sie ohne Uebelstand und Gefahr bearbeiten kann. Nun wiegt
nach meinen Versuchen 1 Kubikdecimeter oder 1 Liter gebrannten, gepulverten und
gesiebten weißen Gypses (von Montmartre) 1 Kilogr. 90 Gramme und verschluckt 1
Kilogr. 100 Gr. Wasser, wenn man ihn so einrührt, daß er einen Teig bildet, welcher
erhärten kann. 1 Liter feinstes Kohlenpulver wiegt 550 Gramme und absorbirt 260
Gramme Wassers, um einen ziemlich festen Teig zu bilden.
Um sonach die 45 Kilogr. Excremente gehörig zu desinficiren und auszutrocknen, müßte
ihnen 1/4 oder 1/3 ihres Gewichts von dem mit Kohle vermengten Gyps zugesetzt, oder,
mit andern Worten, 1/4 oder 1/3 ihres überflüssigen Wassers absorbirt werden, wozu
ungefähr 12 Kilogr. (11 bis 12 Liter) Gyps und 2 1/2 Kilogr. (also 5 Liter)
Kohlenpulver erforderlich sind.
Die Kosten dieser Materialien berechnen sich (in Paris) für die Excremente einer
Person im Jahr auf 24 Centimes; der Kubikmeter oder die Tonne von 1000 Kilogr.
trockner Poudrette, aus 600 bis 700 Kil. trockner organischer Materie, 300 Kilogr.
Gyps und 100 Kilogr. Kohlenpulver bestehend, folglich auf höchstens 7 Franken. Diese
Kosten können noch verringert werden durch Anwendung von weniger Gyps und
Kohlenpulver, und schärferes Austrocknen der Kuchen, durch Zusatz von Asche und Ruß
aus den Kaminen, oder des beim Kohlenbrennen in Wäldern verloren gehenden
Kohlenstaubs, sowie von Anthracit- oder Steinkohlenpulver, die sich ebenso
gut dazu eignen wie die Holzkohle. Es wären ein Streicher, zwei Karrenzieher und
zwei Personen zum Durcharbeiten oder Treten (oder auch 1 Mann und 1 Pferd)
erforderlich, um täglich 1600 bis 1800 Düngerziegel zu 15 Kilogr. per Stück, oder 25 Kubikmeter fertig zu machen. Diese
Arbeiter würden im Tage
zusammen 13 Franken kosten, wonach sich der Kubikmeter oder die Tonne von 1000
Kilogr. (66–70 Kuchen) auf 52 Centimes Arbeitslohn stellt. Die Gesammtkosten
berechnen sich demnach bei 1000 Kilogr.
für Gyps und Kohle, wie oben
7 Franken
Arbeitslohn
– 52 Cent.
kleine Nebenkosten und Nutzen
2 48 –
–––––––––––––
Zusammen auf
10 Franken.
Es ist dabei vorausgesetzt, daß der Transport der Excremente auf Kosten der
Hausbesitzer geschieht (wie dieß gegenwärtig zu Montfaucon und Bondy der Fall
ist.)
Von den Vorzügen der desinficirten Poudrette und ihrer
Anwendung in der Landwirthschaft. Vor allem will ich die Ansichten mehrerer
Sachverständigen über den landwirthschaftlichen Werth des Menschenkoths hier
zusammenstellen:
A. „Der Menschenkoth ist als eine der besten
Düngerarten zu betrachten, welche dem Landwirth zu Gebote stehen.“
(Boussingault's
Economie rurale Bd. II).
B. „In den flüssigen und festen Excrementen
von Menschen und Thieren finden wir allen Stickstoff, so wie alle auflöslichen
und unauflöslichen anorganischen Stoffe wieder, welche in den verzehrten
Nahrungsmitteln enthalten sind. Da nun diese anorganischen Stoffe aus dem Boden
kommen, so folgt daß die Excremente diesem die Elemente zurückgeben, welche wir
ihm in Form von Kräutern, Körnern und Wurzeln entzogen haben.“ (J.
Liebigs chemischen Briefe Nr. 25.)
C. „Indem wir dem Boden die thierischen
Excremente zurückerstatten, geben wir ihm die Stoffe wieder, welche ihm die
frühern Ernten entzogen und setzen ihn dadurch in Stand, eine neue Ernte zu
liefern.“ (Liebig ebend.)
D. „Mit Ausnahme einer gewissen Menge
Kohlenstoffs und Wasserstoffs, welche durch Haut und Lunge ausgeschieden werden,
müssen offenbar alle andern Stoffe, woraus die Nahrungsmittel zusammengesetzt
sind, in den festen und flüssigen Excrementen des Menschen und der Thiere wieder
gefunden werden.“ (Liebig ebend.)
E. „Die festen und flüssigen Excremente eines
Thieres, welches sich von gewissen Pflanzen nährte, sind der für diese Pflanzen
geeignetste Dünger; in jenen des Menschen findet man die mineralischen
Bestandtheile aller Samen in den größten Mengenverhältnissen.“ (Liebig ebend.)
F. „In Frankreich wird kaum der Dünger vom
fünften Theil der Bevölkerung in der Landwirthschaft angewandt, und doch könnte
alles, was verloren geht, im Boden ein Viertheil der Samen und Nahrungsmittel
erzeugen, welche zur Ernährung der ganzen Bevölkerung erforderlich
sind.“
„Nimmt man mit Liebig und Boussingault an, daß die flüssigen und festen Excremente eines
Menschen täglich nur 750 Gramme betragen, nämlich 625 Gr. Harn und 125 Gr.
Fäces, und daß sie zusammen 3 Proc. Stickstoff enthalten, so gibt dieß im Jahr
275 Kilogr. 750 Gramme Excremente, welche 8 Kilogr. 250 Gr. Stickstoff
enthalten, eine für 400 Kilogr. Weizen-, Roggen-, Hafer-
oder Gerstenkörner hinreichende Menge, welche mit dem aus der Atmosphäre
geschöpften Stickstoff mehr als hinreicht, um jährlich auf 50 Ares die reichste
Ernte hervorzubringen.“ (Girardin.)Frankreich enthält 52,760,298 Hectaren, wovon 5,586,786 jährlich mit Weizen
angebaut werden, und ebensoviel mit Roggen, Gerste, Mangkorn und Hafer,
wornach sich der ganze Flächenraum des jährlich mit Getreidearten angebauten
Landes ungefähr auf 12 Millionen Hectaren beläuft.
Wir gaben oben als unsern Hauptzweck an, die festen Excremente zu trocknen und zu
desinficiren mittelst zur Vegetation nothwendiger Stoffe,
um einen sehr wirksamen, dabei wohlfeilen und leicht transportabeln Dünger zu
bekommen, welcher für Gesicht und Geruch nichts Ekelhaftes hat.
Kohle und Gyps erfüllen von allen Substanzen, die wir versuchten, diese Bedingungen
am besten.
Die desinficirende, Kraft der Kohle kennt und benutzt man schon lange.
Der Kohlenstoff bildet das Gerippe der Pflanzen; er ist ihr Hauptbestandtheil; er
absorbirt die durch die freiwillige Zersetzung der organischen Substanzen erzeugten
Gase; er bewirkt, daß diese Zersetzung mäßiger und langsamer vor sich geht, und
indem er einer zu raschen Entweichung der Elemente des Düngers sich widersetzt,
erhöht er deren Nutzeffect. Die Kohle wird als eine den Wachsthum besonders
befördernde Substanz von den Landwirthen aller Länder mit dem besten Erfolge
benützt. Das Abschwenden, das Verbrennen der stehenden Stoppeln, die Anwendung der
ausgewaschenen Asche, der Kohle aus Zuckerraffinerien, selbst der Dammerde etc. sind
ebensoviele Mittel, den zur Ernährung der Pflanzen erforderlichen Kohlenstoff dem
Boden zuzusetzen.
Der Gyps (schwefelsaure Kalk) ist ebenfalls eines der kräftigsten Anregungsmittel für
die Vegetation, besonders bei den Leguminosen, aus welchen die künstlichen Wiesen
bestehen. Außer seiner Eigenschaft, eine bedeutende Menge Wassers augenblicklich zu
absorbiren und in festen Zustand überzuführen, ist er auch ein kräftiges
fäulnißwidriges Mittel; insbesondere besitzt er die schätzbare Eigenschaft, das aus
den in Fäulniß begriffenen thierischen Substanzen sich entwickelnde und
verflüchtigende Ammoniak zu fixiren und in ein beständiges Salz (schwefelsaures
Ammoniak) zu verwandeln, welches dann später und allmählich den Pflanzen den ihnen
nothwendigen Stickstoff liefert. Ich glaube um so nachdrücklicher auf die
Zweckmäßigkeit des Gypses als Zusatz zu den Menschenexcrementen hinweisen zu müssen,
weil er bisher in dieser Hinsicht nicht gehörig beachtet wurde.
Um den Werth des desinficirten Staubmists würdigen zu können, muß er mit jenem eines
guten Stalldüngers verglichen werden. Dazu braucht man nur die chemischen
Bestandtheile, d.h. die Mengenverhältnisse des Kohlenstoffs, besonders aber des
Stickstoffs, beider zu kennen.
1000 Kilogr. Stalldünger enthalten nach Payen's und Boussingault's Analysen:
normales Wasser
800 Kil.
Kohlenstoff
100 „
Stickstoff
4 „
Zu einer guten Düngung behufs des Weizenbaues sind ungefähr 30 Kubikmeter oder 30,000
Kil. desselben auf die Hectare Landes erforderlich. Diese 30,000 Kil. enthalten:
normales Wasser
24,000 Kil.
Kohlenstoff
3,000 „
Stickstoff
123 „
Vergleichen wir mit diesem Stalldünger andere aus Excrementen erzeugte Düngerarten,
so enthalten diese in ihrem Normalzustande nach denselben Chemikern in 1000
Gewichtstheilen folgende Stickstoffmengen:
Poudrette von Montfaucon
15,6 Kil. Stickstoff.
Poudrette Belloni's
38,5
„
„
Colombine (Taubenmist) Belloni's
83,5
„
„
Guano, im Mittel
84 „
„
Unser desinficirter Staubmist in lufttrocknen Kuchen wird in 1000 Kil. wohl nicht
unter 20–24 Kil. (also 2 bis 2,4 Proc.) Stickstoff enthalten. Um eine 30,000
Kil. Stalldüngers, welche 123 Kil. Stickstoff enthalten, gleichkommende Düngung zu
erhalten, sind also von unserem Staubmist nur 5–6000 Kil. (5–6
Kubikmeter oder Tonnen) erforderlich. Berücksichtigt man hiebei noch, daß dieser Staubmist keinen Keim von
Schmarotzerpflanzen oder Unkraut enthält, welche sich gewöhnlich im Stalldünger
finden, wodurch ein häufiges Ausjäten der Felder nothwendig wird, und daß das
Hinführen dieses Mists auf das Feld nur 4/5 der bisher aufgewendeten Zeit und Arbeit
erfordert, so wird man in seiner Anwendung bedeutenden Vortheil finden.
Anwendung des desinficirten Staubmists. – Dieser
Dünger kann im Zustande eines gröblichen Pulvers oder in Wasser gerührt angewendet
werden. Erstere Anwendung ist die leichtere und bequemere. Man verbreitet ihn zur
rechten Zeit über die Erde, mengt ihn mit Stalldünger oder verbreitet ihn mit
letzterem in Schichten.
Auf künstlichen Wiesen muß man ihn im Frühjahr, wenn sie das Treiben und die Erde zu
überziehen beginnen, oder wohl auch nach dem ersten Schnitte, im Fluge verbreiten.
Nach dem ersten Schnitt wendet man ihn auch beim Klee an, der zum zweitenmal gesäet
oder mit Wintergetreide ersetzt werden soll.
Man kann ihn auch vor dem Umgraben behufs der Saat des Weizens oder zugleich mit der
Saat verbreiten. Ebenso bei Gerste, Hafer, Lein, Hanf, Kohlsaat, Rüben etc. im Fluge
einsäen.
Beim Anbau in Linien, wie bei Runkelrüben, Kohl, Bohnen, Kartoffeln, Tabak,
Oel- und Industriegewächsen muß der Dünger in die Linien oder manchmal auch
in die Löcher gebracht werden.
Endlich kann der Staubmist in Wasser zerrührt und die Flüssigkeit auf jede Pflanze
gegossen werden, wie dieß beim flandrischen Dünger geschieht; besser wäre es noch,
in Ländern, wo man sich dieses letztern bedient, den desinficirten Staubmist damit
zu vermengen.
Es ist zu beachten, daß der Gyps und die Kohle die Wirkung des Staubmists zu einer
minder lebhaften und langsamern, aber auch nachhaltigern machen als diejenige des
flandrischen Düngers für sich allein ist, dessen Erfolg gleich nach der Anwendung
sichtbar wird, sich aber nicht bis zur folgenden Ernte erstreckt.
Bisher war nur von den festen Excrementen die Rede; es
sind jetzt noch die flüssigen zu besprechen, deren Volum ungefähr viermal so groß
ist.
Es gibt mehrere Mittel, den Urin vollkommen zu desinficiren, so daß er ohne Anstand
auf die Straße entleert und geschüttet werden kann; man braucht ihn hiezu nur mit
einer kleinen Menge Eisenvitriol, salpetersaurem Blei oder blos Gyps zu versetzen.
Zur Desinficirung von 100 Liter Harns braucht man nur 2–3 Kil. Eisenvitriol
oder 100 Gramme salpetersaures Blei.
Der Harn enthält aber auch eine große Menge organischer stickstoffhaltiger Materien,
Ammoniaksalze, die zur Befruchtung des Bodens sehr schätzbar sind. Es wäre daher zu
wünschen, daß ein wohlfeiles Verfahren gefunden würde, um
die organischen Materien und Ammoniaksalze aus dem Harn niederschlagen zu können
(bevor man ihn laufen läßt). Dieser Niederschlag wäre der wirksamste und kräftigste
Dünger, den es gibt, und zugleich würde sein Transport am wenigsten kosten. Dann
könnte das überstehende Wasser, seiner der Fäulniß fähigen Stoffe beraubt, ohne
Gefahr für die Gesundheit sowie ohne allen Verlust für die Landwirthschaft,
weggegossen werden.
Zusatz.
Hr. Schattenmann, Director der chemischen Fabrik zu
Buxweiler, hat an die Redaction des Courrier du
Bas-Rhin folgendes Schreiben gerichtet:
„Ich vernehme daß die Gesundheitscommission gegenwärtig vergleichende
Versuche anstellt über das Desinficiren der Abtrittgruben durch Eisenvitriol,
welcher in gewissen Verhältnissen mit Gyps und Kohle oder Torf vermengt ist.
Dieß veranlaßt mich auf eine im Jahr 1845 von mir erschienene (im polytechn.
Journal Bd. XCV S. 312 mitgetheilte)
Abhandlung „über die Desinfection der festen Excremente mittelst
Eisenvitriols und ihre Anwendung als flüssiger Dünger“ aufmerksam
zu machen, aus welcher hervorgeht, daß der Eisenvitriol das wirksamste und
wohlfeilste Mittel zu dieser Desinfection ist, welche er augenblicklich und
vollständig herstellt. Um das Desinficiren der Excremente zu begünstigen, hat
sich die Administration der Bergwerke von Buxweiler jetzt entschlossen, den
Preis des Eisenvitriols auf 8 Frc. per 100 Kil. (in
Straßburg gelegt) herabzusetzen. Dieses Salz kommt nun wohlfeiler zu stehen als
alle anderen bisher zur Desinfection gebrauchten MittelEine Zusammenstellung derselben enthält die Abhandlung von Chevallier, S. 306 in diesem Bande des
polytechn. Journals., welche viel schwerer anzuwenden sind und bloß unvollkommene Resultate
geben.
Der Gyps oder schwefelsaure Kalk kann nur das Aetzammoniak sättigen und es in
schwefelsaures Ammoniak verwandeln; er wirkt aber gar nicht auf das
Schwefelwasserstoffgas. Da sich der Gyps überdieß schwer zersetzt, so würde er
auf den Boden der Abtrittgruben fallen und nur eine schwache Wirkung ausüben.
Die Kohle und der Torf sind absorbirende Körper, welche auch desinficiren, wenn
man sie in hinreichender Menge anwendet; sie können aber nach ihrer chemischen Natur die
ammoniakalischen Ausdünstungen und das Schwefelwasserstoffgas nicht
zerstören.
Ich bin weit entfernt die Gesundheitscommission zu tadeln, daß sie über alle
Desinficirmittel vergleichende Versuche anstellt, was nur zweckmäßig und
nützlich ist; aber ich bin im voraus überzeugt, daß der Eisenvitriol allen
andern Desinficirmitteln bei weitem vorzuziehen ist, weil er bei seiner
augenblicklichen und vollständigen Wirkung auch am wohlfeilsten ist und den
Excrementen als Dünger mehr Kraft und Dauer verleiht.“