Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 113, Jahrgang 1849, Nr. , S. 150 |
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Miscellen.
Miscellen.
Instruction für die Maschinisten auf Dampfschiffen aus der
Werkstätte von Escher, Wyß und Comp. in Zürich.
I. Allgemeine
Bestimmungen.
§. 1. Der Geschäftskreis eines Maschinisten beschlägt im Wesentlichen:
a) Die Besorgung, Reinigung und
Instandhaltung der Dampfmaschine sammt aller Zubehör.
b) Die Leitung ihres Ganges
während den Fahrten.
c) Die Unterhaltung und die
Wiederherstellung der kleineren Beschädigungen und schadhaft gewordenen
Stücke, so weit hiezu seine Fähigkeiten und Kenntnisse ausreichen, oder es
ihm Zeit, Werkstätte und Werkzeug gestatten.
d) Die Reparatur wenigstens der
kleineren Beschädigungen u.s.w. am Eisenwerk des Schiffes, insofern sie ihm
vom Verwalter oder Capitän aufgetragen wird.
§. 2. Der Maschinist hat demzufolge alle Fahrten des Schiffes, welchem er
zugetheilt ist, mitzumachen und seinen Dienst unausgesetzt auszuüben.
§. 3. Urlaubsbegehren hat er seinem Capitän unter Angabe der Gründe.
Ursache und Dauer zu Handen des Verwalters zu melden. Dieser allein ist zur
Ertheilung eines Urlaubs, wie zur Bestellung eines Stellvertreters befugt.
§. 4. Der Maschinist steht unter den unmittelbaren Befehlen des
Schiffcapitäns oder dessen Stellvertreters. Er ist denselben im Dienste zu
Wasser und zu Land Gehorsam schuldig; es wäre denn, daß durch die Vollziehung
allfälliger Anordnungen die Sicherheit des Schiffes gefährdet würde, was er
jenem mit Anstand zu bemerken und bei erster Gelegenheit dem Verwalter zu
berichten verpflichtet ist. Er soll sich in und außer dem Dienste durch
Nüchternheit und durch ein gesetztes und höfliches Benehmen sowohl gegen seine
Obern, als gegen die Reisenden und Untergebenen auszeichnen.
§. 5. Unter dem unmittelbaren Befehle des Maschinisten stehen die Heizer.
Sie sind ihm unbedingten Gehorsam schuldig; er wird daher ihren Dienst und ihre
Aufführung genau überwachen und die vorkommenden Nachlässigkeiten, Versäumnisse
und dergleichen nebst andern Fehlern und Vergehen dem Capitän ungetheilt und
wahrheitsgemäß anzeigen.
§. 6. Er hält die Heizer zur möglichsten Reinlichkeit in ihrer Kleidung
wie an ihrer Person an, und gibt ihnen auch hierin ein gutes Beispiel.
§. 7. Die Matrosen sind dem Maschinisten in allem, was er ihnen für den
allgemeinen Schiffsdienst befiehlt, insoweit es ihr specieller Dienst nur immer
gestattet, Gehorsam schuldig.
§. 8. Der Maschinist hat seinem Capitän täglich, zu der von diesem zu
bestimmenden Zeit, diejenigen Angaben und Meldungen zu machen, deren er zur
Ausfertigung seines täglichen Rapports bedarf; er muß ihn bei diesem Anlaß von
Allem in Kenntniß setzen, was auf den Zustand der Maschinen, Kessel u.s.w. Bezug
hat, und dieses unter mündlicher oder schriftlicher Begutachtung über die
nothwendigen Reparaturen und wünschbaren Verbesserungen.
Bei Anträgen oder Vorschlägen dieser Art hat er sich der größten Genauigkeit und
der strengsten Gewissenhaftigkeit zu befleißen. Er ist auch befugt, seine
Ansichten über Steuerungsart und Führung des Schiffes dem Capitän zu eröffnen;
deßgleichen über die Beschaffenheit des Brennholzes, der Fettwaaren u.s.w.
II. Fahrtendienst.
§. 9. Der Maschinist muß sich, wenn seine Maschine keiner besonderen
Vorarbeit bedarf, wenigstens eine halbe Stunde vor der bestimmten Abfahrtszeit
des Schiffes zum Dienste stellen.
§. 10. Er beginnt mit der nochmaligen Besichtigung und genauen
Untersuchung der Feuerherde. Kessel, Maschinen, Pumpenröhren, Ventile u.s.w. und
ordnet, wenn es nicht vorher geschah, die Feuerung an.
§. 11. Während der Fahrt wird der Maschinist hauptsächlich beobachten:
a) Die Feuerung unter fortwährender
Berathung des Hitze- und Wassermessers zur Verhütung übermäßiger
Spannung des Dampfes, sowie des zu starken, unnützen und oft gefährlichen
Verbrauchs von Brennholz.
b) Den Gang der Maschinen und den
der Räder, wobei er die größte Sorgfalt auf Schonung jener und des Kessels
anwendet, was nur durch eine umsichtige, genaue und geschickte Bedienung der
ersteren, wie der Feuerung erzweckt werden kann.
c) Dem Rufe des Capitäns oder dessen
Stellvertreters, den Gang der Maschine betreffend, unbedingt aufs genaueste
und augenblickliche Folge zu leisten.
§. 12. Ueber den Verbrauch an Brennholz, Maschinenspeise und alles Andern,
was an die Maschine u.s.w. verwendet wird, als Mennig, Bleiweiß, Quecksilber,
Kuder, Packseile. Radschaufeln u. dgl. hat er in seinem Dienstbuche genaue
Vormerkung zu machen; er bescheinigt den Bezug aller dieser Gegenstände
denjenigen, welche sie ihm liefern. Im gleichen Buch wird er auch die Angaben
über die Fahrzeit u.s.w. in den dießfälligen Rubriken sorgfältig eintragen.
§. 13. Es ist ihm strenge untersagt, während der Fahrten Jemand ohne
besondere Erlaubniß des Capitäns in den Maschinenraum einzulassen oder
einzuführen In diesem sollen keine andern als die zum Maschinendienst gehörigen
Gegenstände aufgehängt seyn, wofür der Maschinist persönlich verantwortlich
ist.
§. 14. Der Maschinist soll das Schiff während der Fahrt nie verlassen; nur
bei plötzlicher Erkrankung darf der Capitän hiezu die Erlaubniß geben.
III. Dienst außer der
Fahrt.
§. 15. Sowohl in den Zwischenzeiten der Fahrten als nach Ankunft auf einer
Hauptstation ordnet der Maschinist die Reinigung der Maschinen, des
Maschinenraums und der Feuerherde an; er sorgt auch für Herbeischaffung des
Brennholzes, der Fettwaaren u.s.w.
§. 16. Die mehrstündige Ruhezeit soll je nach Bedarf zur Herstellung der
Maschinen in den besten Stand, zur Reinigung der Kessel und des Kamins verwendet
werden.
§. 17. Der Maschinist darf sich nach beendigter Fahrt nie vom Schiffe
entfernen, ehe er den Maschinenraum besucht und nachgesehen hat, ob das Feuer
völlig ausgelöscht sey und ob nichts Gefährliches sich vorfinde.
§. 18. Er hat dem Capitän und der Schiffswache anzuzeigen, wo er außer dem
Schiffe, in dem Orte wo das Schiff vor Anker liegt, zu finden sey; er darf
diesen ohne besondere Erlaubniß des Capitäns, auch auf wenige Stunden, nicht
verlassen. Sein Nachtquartier muß der ganzen Schiffsmannschaft bekannt seyn.
§. 19. Der Maschinist hat die ihm übergegebenen Arbeiten am Eisenwerk des
Schiffes mit Genauigkeit, Fleiß und Oekonomie zu machen, besonders aber die von
andern Handwerkern oder Mechanikern gelieferten Gegenstände oder gemachte
Reparaturarbeiten, soweit seine Kenntnisse ausreichen, zu untersuchen und gegen
den Capitän zu begutachten.
IV. Verantwortlichkeit des
Maschinisten.
§. 20. Der Maschinist ist der Gesellschaft für allen durch seine
Nachlässigkeit, Unvorsichtigkeit, Unachtsamkeit, mit einem Worte durch sein
Verschulden, den Maschinen nebst Zubehör, oder dem Dampfschiffe, oder andern
Schiffen, Personen u.s.w. erwachsenden Schaden und Verlust verantwortlich und
haftbar.
§. 21. Für das ihm übergebene Maschinengeräth und für das Werkzeug, ist er
persönlich verantwortlich, er führt davon ein genaues, den Zuwachs wie den
Abgang ausweisendes Verzeichniß.
§. 22. Genaue und treue Pflichterfüllung, möglichste Sparsamkeit und
ehrenhaftes Betragen werden belobt und anerkannt. Das Gegentheil wird mit
Entlassung bestraft.
V. Verschiedenes.
§. 23. Der Maschinist ist verpflichtet, die ihm zugetheilten Heizer in der
Leitung der Maschine mit Fleiß und Genauigkeit zu unterrichten, und sie so
auszubilden, daß sie ihn in allen Fallen ersetzen können und mithin der Dienst
des Dampfbootes durch seine Abwesenheit keine Unterbrechung erleide.
§. 24. Es ist dem Maschinisten zur strengsten Pflicht gemacht, gegen jeden
Dritten, dem Dienste seines Schiffes nicht Angehörenden, über dessen
Verhältnisse, Beschaffenheit u.s.w. das tiefste Stillschweigen zu beobachten; es
wird auch von ihm erwartet, daß er sich jedes Tadels über andere, der
Gesellschaft angehörende Dampfboote enthalte.
§. 25. Es ihm ferner untersagt, sich außer dem Capitän und dem von diesem
allfällig Beigezogenen, mit Jemand anderem, sey es aus der Schiffsmannschaft
oder mit wem immer, über den Gang der Maschine oder überhaupt zu berathen.
§. 26. Der Maschinist wird die weiteren Weisungen über das Specielle
seines Dienstes und seine Verhältnisse vom Verwalter erhalten.
Specielle Dienstanweisung für den
Maschinisten.
§. 1. Der Maschinist sorgt dafür, daß der Dampf 12–15 Minuten vor
Abfahrt in gehöriger Spannung da sey und wegblase.
§. 2. Nach einem Halt von mehreren Stunden wird der Maschinist den
Cylinder wieder anwärmen und den Condensator ausblasen.
§. 3. Hierauf wendet er die Maschine vor- und rückwärts, nachdem er
sich bei dem Capitän oder Steuermann versichert hat, daß das Schiff gehörig
befestigt sey.
§. 4. Das Wenden der Maschine bezweckt das allfällig über und unter dem
Kolben liegende Wasser wegzubringen, worauf der Maschinist besonders achten muß,
da er sonst leicht die wichtigsten Theile der Maschine brechen kann.
§. 5. Der Maschinist hat besonders darauf zu achten, daß die Spannung des
Dampfes vor der Abfahrt, während der Fahrt und noch besonders beim Anhalten auf
den Zwischenstationen, das richtige Maaß nie übersteige. Sowie er demnach
bemerkt, daß Dampf durch das Sicherheitsventil ausströmt, und die Spannung im
Kessel sich dennoch vermehrt, was am Quecksilbermaaße zu sehen ist, muß er das
Ventil von Hand ziehen, und entweder die Feuerthüre aufmachen oder die
Aschenlöcher schließen.
§. 6. Es gibt Maschinisten, welche die verderbliche und strafbare
Gewohnheit haben das Quecksilberrohr zu schließen, weil der Dampf das
Quecksilber hinauswirft. Auf solche Weise kann man die Stärke der Dampfspannung
gar nicht mehr wahrnehmen. Sowie der Schwimmstab auf dem Quecksilber zu hoch
hinaufgetrieben oder gar das Quecksilber hinausgeworfen wird, so ist dieß ein
untrügliches Zeichen, daß der Dampf übermäßig gespannt ist.
§. 7. Eine übermäßige Spannung ist höchst gefährlich, und kann vielen
Menschen, besonders aber dem Maschinisten und Heizer das Leben kosten, in einem
minderen Grade zerstört sie auch den Kessel.
§. 8. Wenn sich auf der Außenseite der Bleche des Kessels Biegungen
zeigen, so ist das ein untrüglicher Beweis, daß der Dampf zu Zeiten überspannt
wurde, und ein Maschinist, der sich dieß zu Schulden kommen läßt, verdient
augenblickliche Entlassung, wie dieß auch schon in Anwendung gebracht worden
ist.
§. 9. Der Schwimmstab auf dem Quecksilbermaaß muß so regulirt seyn, daß er
den Stand des Quecksilbers genau angibt und nicht etwa zu wenig anzeige. Hiefür
ist der Maschinist bei hoher Strafe verantwortlich.
§. 10. Obwohl eine starke Spannung zum schnellen Gang eines Schiffes
beiträgt, so ist doch die vollkommene Condensation des Dampfes hiezu
Haupterforderniß. Zu diesem Ende muß der Maschinist besonders aufmerksam seyn,
daß der Condensator und die Luftpumpen immer luftdicht geschlossen und die
Kolben, Ventile und Dampfkasten gut gepackt seyen. Er muß auch dafür sorgen, daß
das für die Injection erforderliche Wasser in genügender Quantität vorhanden
sey.
Ueberhaupt übernimmt der Maschinist die Verantwortlichkeit, daß die Packungen der
Pumpen, Kolben, Stopfbüchse etc. wohl unterhalten und zeitweise erneuert werden.
Die Pistons mit Metallliederung müssen wenigstens alle zwei Monate auseinander
genommen und, nachdem sie gereinigt und die Segmente mit feinem Oele
eingeschmiert worden, wieder sorgfältig zusammengesetzt werden. Das Gleiche
versteht sich für die Stopfbüchse mit Metallliederung. Der Maschinist ist ferner
gehalten, von Zeit zu Zeit die Metallschalen aller beweglichen Theile der
Maschine zu untersuchen, und wenn er sie lose findet, denselben durch
Nachschlagen der Keile mit einem Hammer nachzuhelfen. Die Unterlassung dieser
Vorschriften würde zu einem unausweichlichen Verderbniß der betreffenden
Maschinentheil führen.
§. 11. Sowie der Maschinist bemerkt, daß Condensator oder Luftpumpe an
irgend einer Stelle Luft haben, muß dieß gleich angezeichnet und bei erster
Gelegenheit verbessert werden.
§. 12. Ein eben so wichtiger Punkt wie die Spannung des Dampfes ist die
Erhaltung des gehörigen Wasserstandes im Kessel. Wird zu viel Wasser in den
Kessel gepumpt, so erhält man wenig Dampf und braucht viel Brennstoff. In der
Regel ist ein Stand von 8 Zoll über der obersten Röhrenreihe, welcher mit der
mittleren Höhe des Wasserstands-Anzeigers correspondirt, hinlänglich. Ist
hingegen zu wenig Wasser im Kessel, so können leicht die Züge glühend und
dadurch der Kessel gleich einem Pulvermagazin in die Luft gesprengt werden.
§. 13. Aus diesem Grunde muß sich der Maschinist fortwährend an dem
Wasserglase und von Zeit zu Zeit an den Probirhahnen überzeugen, daß der
regelmäßige Wasserstand im Kessel erhalten werde, und wird er seine Pumpen
darnach reguliren. In der Regel unterhält man den Wasserstand in Tubularkesseln,
wie oben bemerkt, 8 Zolle über den oberen Röhren. Bei Ankunft auf einer Station,
wo einige Stunden gehalten wird, oder nach beendigter Fahrt, ist es nothwendig,
das Wasser einige Zolle höher als gewöhnlich zu halten, da solches bei
abnehmender Spannung zurücksinkt.
§. 14. Der gute Gang der Pumpen muß fortwährend beobachtet und die Ventile
gereinigt werden.
§. 15. Wenn eine oder die andere Pumpe den Dienst versagt, so fehlt es
gewöhnlich am Ventil, und ist dieses entweder während der Fahrt, oder wenigstens
beim ersten Halt in Ordnung zu bringen.
§. 16. Bei Untauglichkeit der Maschinenpumpen ist sogleich und in Zeiten
die Handpumpe zu gebrauchen; wenn aber auch mit derselben und mit vermindertem
Feuer das Wasser nicht auf gehörigem Stand erhalten werden kann, so ist es
unumgänglich nothwendig, das Feuer aus dem Ofen zu ziehen und zu löschen.
§. 17. Alle 14 Tage, oder bei trübem Wasser auch öfters, soll der Kessel
ausgeblasen werden. Nachdem das Feuer ausgelöscht worden, öffnet man bei
Niederdruckkesseln allmählich einen Ausblashahnen nach dem andern; bei
Mittel- oder Hochdruckkesseln muß man, sobald das Feuer gelöscht ist,
zuerst den Dampf durch die Sicherheitsventile ausströmen lassen, bis der Druck
auf 10 Pfd. per Quadratzoll heruntergesunken ist, da
sonst das Ausblasen zu heftig und auf eine dem Kessel schädliche Weise vor sich
gehen würde. Auf diese Weise wird viel Unreinigkeit aus dem Kessel
geschafft.
§. 18. Alle Monate sollte jeder Kessel
gereinigt werden. Dabei wird erst alles Wasser ausgeblasen und dann das
Mannsloch und die Schlammthüren geöffnet, das Schiff erst auf die eine, dann auf
die andere Seite gelegt, und der Schlamm mit Krücken ausgezogen; auch die Züge
so viel als möglich vom Wasserstein befreit und dann der Kessel mit der Spritze
ausgespült.
§. 19. Bei der Reinigung der Tubularkessel ist weiter erforderlich, daß
mittelst eigens dazu gefertigter Instrumente der Wasserstein von der äußeren
Oberfläche der Röhren abgekratzt werde, denn sonst laufen sie zu verbrennen
Gefahr. Die Thüren neben den Röhren müssen öfters aufgemacht und mit einem
Wischer nach Art der Kanonenwischer von Ruß, Asche und anderem in denselben sich
befindenden Unrath gereinigt werden. Auf gleiche Weise muß die hinter den Röhren
angehäufte Asche herausgeschafft werden.
Alle Jahre wenigstens zweimal muß die Totalreinigung des Kessels vorgenommen
werden, die dann einen Stillstand von einigen Tagen erfordert.
§. 20. Hiebei wird aller Wasserstein aufs sorgfältigste abgeklopft,
losgemeißelt und mit alten Feilen losgerieben. Zu diesem Behufe müssen für die
jeweiligen Formen des Kessels Meißel und Schroteisen von verschiedenen Formen
gemacht werden, um die Operation mit möglichster Sorgfalt vorzunehmen.
§. 21. Der Maschinist muß sich nicht begnügen, dieß seinen Heizern zu
überlassen, sondern muß selbst in den Kessel gehen und alle Theile desselben
untersuchen. Bei diesem Anlaß muß er sich überzeugen, daß keine Anker-
oder Verbindungsschrauben los oder gebrochen seyen.
§. 22. Bei der Reinigung muß der Kessel und auch der Dampfkasten soviel
als möglich abgedeckt und von allen Seiten untersucht werden, ob sich lecke
Stellen oder Nieten finden, die dann von dem Maschinisten selbst oder von
Kesselarbeitern sorgfältig wieder hergestellt werden müssen; auch müssen die
Dampfröhren abgeschraubt und der Kessel so viel als möglich gehoben werden, um
den Boden zu untersuchen, auszubessern und an den Stellen, wo er auf den Trägern
liegt, wieder frisch mit dickem Minium anzustreichen.
§. 23. Wird diese Vorsicht unterlassen, so fault der Boden leicht an, wo
er aufsitzt, und wird dann ganz schlecht; auch werden die Platten durch das
allfällige Durchsickern von Wasser angefressen.
§. 24. Auch auf den Fall hin, daß der Maschinist die Reparatur des Kessels
nicht selbst zu besorgen im Stande wäre, muß er sich nichts desto weniger
persönlich davon überzeugen, daß alles, und auf welche Weise alles gemacht werde.
§. 25. Besondere Aufmerksamkeit ist beim Schließen der Schlammthüre zu
empfehlen, da sonst Wasser durchsickern und die Platten anfressen kann.
§. 26. Auch die Züge müssen, wenn der Kessel wieder gefüllt wird, inwendig
sorgfältig untersucht werden, ob sich irgendwo lecke Stellen finden, die dann
sogleich auszubessern sind.
§. 27. Von der gewissenhaften oder nachlässigen Pflichterfüllung des
Maschinisten hängt es ab, diesen kostspieligen Theil der Maschine lange zu
erhalten oder in kurzer Zeit zu zerstören.
§. 28. Jeder Kessel wird durch den Gebrauch mit der Zeit an einigen
Stellen leck. Durch schnelle und sorgfältige Nachbesserung, die meistens vom
Maschinisten selbst geschehen kann, wird aber allen übeln Folgen vorgebeugt.
Nachtrag.
Zu obigen im Jahr 1847 erlassenen Bestimmungen sind in Folge einiger in neuester
Zeit vorgekommenen Kesselbeschädigungen die nachstehenden weiteren Vorschriften für die Reinigung der Dampfbootkessel
gegeben worden:
1) Jeden Tag soll bei Ankunft des Schiffs auf der letzten Station das Wasser im
Kessel bis auf das Zeichen Nr. 3 ausgeblasen werden, gleich nachher wird der
Kessel wieder bis auf das Zeichen Nr. 2 gefüllt. Dieser Wasserstand sollte
während der ganzen Fahrtzeit bestmöglich beibehalten werden. Ein Paar Minuten
vor Ankunft auf der letzten Station läßt der Maschinist das Wasser im Kessel bis
auf das Zeichen Nr. 1 ansteigen, um es zum Ausblasen des Kessels, wie oben
bemerkt, bis auf Nr. 3 bereit zu haben. (Das Zeichen Nr. 1 ist um circa 6 Zoll über dem gewöhnlichen Wasserstand am
Kessel anzubringen. Das Zeichen Nr. 2 zeigt den gewöhnlichen Wasserstand und das
Zeichen Nr. 3, auf welches gewöhnlich von Nr. 1, dem höchsten Wasserstand,
ausgeblasen wird, kommt um 6 Zoll unter den mittleren Wasserstand zu stehen, so
daß also gewöhnlich um 12 Zoll das Wasser ausgeblasen wird.)
2) Alle acht Tage wird das Wasser im Kessel ganz ausgeblasen, und derselbe erst
nach Verlauf von 4 bis 5 Stunden, wenn er etwas abgekühlt ist, wieder bis auf
das Zeichen Nr. 2 gefüllt.
3) Spätestens alle 4 Wochen sollen nach dem gänzlichen
Ausblasen alle Schlammthüren geöffnet und der Kesselboden und Wände sorgfältig
von Wasserstein gereinigt werden.
4) Jedes drittemal der vorgeschriebenen Reinigung in §. 3, oder alle 12
Wochen, soll auch das Mannsloch geöffnet und die Röhren und Kesselwände
sorgfältig vom Wasserstein gereinigt werden.
Obige vier verschiedene Reinigungen des Kessels sollen jedesmal im Rapportbuch
des Capitäns eingetragen und der Verwaltung eingegeben werden.
(Eisenbahn-Zeitung, 1849 Nr. 24.)
Verfahren die gußeisernen Wasserleitungsröhren mit
Steinkohlentheer zu überziehen; von Robert Smith in
Manchester.
Der Steinkohlentheer muß hiezu vorher durch Destillation concentrirt werden, bis er
eine dicke pechähnliche Masse bildet. Dieselbe wird dann bei einer Temperatur von
120° R. (einer Wärme, welche hinreicht um die Masse in flüssigem Zustand zu
erhalten) in einem offenen Gefäß geschmolzen, dessen Größe und Tiefe den zu
behandelnden Röhren angemessen ist.
Die innere Oberfläche der Röhren muß zuvor von allem Oxyd gereinigt werden, worauf es
gut ist, dieselbe mit Leinöl zu überziehen, besonders wenn die Röhren nicht sogleich
mit Steinkohlentheer überzogen werden können.
Die Röhren werden zuerst auf etwa 120° R. in einem geschlossenen Raum erhitzt;
dann taucht man sie in den geschmolzenen Kohlentheer, worin man sie etwa eine Stunde
lang liegen läßt. Nach Verlauf dieser Zeit wird der Ueberzug an der äußeren und
inneren Oberfläche der Röhren fest haften; es kommt natürlich hauptsächlich darauf
an, daß die Innenseite einen guten Ueberzug erhält.
Beim Herausnehmen der Röhren aus dem geschmolzenen Kohlentheer soll man eine Portion
Leinöl auf die überzogenen Oberflächen gießen, welches jeden Ueberschuß von
Kohlentheer beseitigt; man läßt dabei das Oel in den Kohlentheer ablaufen; es erhält
nicht nur diesen Theer flüssig, sondern verhindert auch daß er zum ferneren
Ueberziehen von Röhren untauglich wird.
Anstatt die Röhren vor dem Eintauchen zu erhitzen, kann man sie sogleich in den
geschmolzenen Kohlentheer tauchen (nachdem ihre innere Oberfläche gereinigt worden
ist) und sie darin noch einige Zeit lassen, nachdem sie bereits die Temperatur des
Kohlentheers angenommen haben. (London Journal of arts,
Mai 1849.)
Verfahren das Zink zu amalgamiren; von Prof. O. N. Stoddart.
Ich benutze dazu eine Auflösung des Doppelsalzes von salzsaurem Zink und Salmiak
(welche man bekanntlich so vortheilhaft beim Zusammenschweißen von Eisen und Stahl
anwendet).
Das zu amalgamirende Zink erhitzt man auf etwa 186 bis 208° Reaumur, trägt die
Flüssigkeit mit einem Tuch oder Schwamm auf und läßt das Quecksilber unmittelbar
über seine Oberfläche laufen, während sie noch naß ist.
Die Vereinigung geschieht augenblicklich und vollständig; je nach der Menge
Quecksilbers, welche man mit dem Zink in Berührung läßt, kann man eine beliebig
tiefe Amalgamation hervorbringen.
Diese Methode ist sogar anwendbar, wenn das Zink auf seiner Oberfläche durchaus
oxydirt ist; wenn es aber vorher in einer galvanischen Batterie gebraucht wurde, ist es am besten,
zuerst seine Oberfläche durch Eintauchen in ziemlich concentrirte Salzsäure zu
reinigen. (Silliman's
Journal, Mai 1849.)
Kohle zur Färbung von Vergoldungen.
Bei der Darstellung der Pariser Vergoldungen, welche sich besonders durch ihre schöne
Färbung auszeichnen, mittelst Eisenoxyd (Wienerroth), ist die Kohle, welche man zur Erhitzung der Gegenstände anwendet, von großem
Einfluß. Vetter theilte in der Berliner polytechn.
Gesellschaft mit, daß die schönste Farbe nur mit Anwendung von sogenannter
Knüppelkohle aus harten Hölzern erzeugt werden könne,
niemals aber mit Kohle von Nadelholz. Eine Pariser Kohle, welche eine ausgezeichnete
Vergoldung lieferte, bestand nach Elsner's Untersuchung
aus Cylindern von etwa 6 Zoll Höhe und 2 Zoll Breite; das Ansehen des Bruchs ergab
augenscheinlich, daß dieselbe künstlich aus gröblich gepulverten Kohlenstückchen mit
Hülfe eines Bindemittels dargestellt und in Cylinderform gebracht worden war. Das
Ansehen des Bruchs war ungleichartig, theils matt, theils schimmernd, und es zeigten
sich sehr deutlich die Bruchstücke einzelner Holzkohlentheile, gemengt mit
schimmernden seinpulverigen Kohlenpartien. Diese Kohle sank in Wasser unter, während
Aststücke von Holzkohle, wie bekannt, auf dem Wasser schwimmen. Die Untersuchung
ergab, daß das Bindemittel eine Auflösung von Dextringummi war womit gröblich
gepulverte Kohle zu einem Teig geknetet und aus diesem hierauf Cylinder von der
angegebenen Größe gefertigt worden waren. Die mikroskopische Untersuchung und die
Aschenprocente, nebst deren qualitativer chemischer Prüfung zeigten, daß die Kohle
wenigstens von keinem Nadelholz herrührte, sondern
vielmehr als eine Mengung aus gröblichem Holzkohlenpulver mit Kohkspulver anzusehen
war. (Polytechn. Notizblatt, 4849, Nr. 5.)
Dauerhafte kalte Verkupferung des Eisens; von Reinsch.
Einen ganz festen und glänzenden Ueberzug, welcher sich mittelst des Polirstahls
poliren läßt, erhält man, wenn man Salzsäure mit ihrem dreifachen Volum Wasser
verdünnt, in diese einige Tropfen einer Kupfervitriollösung bringt, hierauf das
zuvor mit Cremor tartari abgeriebene und mit Holzkohlenpulver glänzend gemachte
Eisen in die Lösung legt, einige Stunden darin läßt und mit einem Lappen reibt. Man
setzt nun der Salzsäure etwas mehr Kupfervitriollösung zu und legt das Eisen wieder
in die Lösung. Durch wiederholtes Einlegen unter jedesmaligem Zusatz von
Kupfervitriollösung läßt sich die Schicht willkürlich verstärken. Zuletzt legt man
das überkupferte Eisen in eine starke Sodalösung, trocknet es ab und putzt es mit
Kreide blank. Diese Verkupferung soll der theuren galvanischen an Haltbarkeit nicht
nachstehen. (Jahrbuch für Pharmacie, 1848.)
Rothe Farbe für die Tapetenmalerei; von Dr.
Elsner.
Der Verfasser schlägt das rothe Chromchlorid als eine
paffende, metallisch glänzende, tief violettrothe Farbe für den Tapetendruck vor.
Das Präparat wird bekanntlich dadurch bereitet, daß über eine Mischung von
Kohlenpulver und geglühtem Chromoxyd, welche sich in einer Glasröhre befindet,
trocknes Chlorgas geleitet wird. Bei der Darstellung desselben ist jedoch zu
bemerken, daß wegen der geringen Flüchtigkeit des Products bei der ersten Operation
das gebildete Chlorid mit Kohlenpulver vermengt bleibt; es ist daher nothwendig, das
hierbei erhaltene Gemenge von Kohle und Chromchlorid nochmals derselben Operation zu
unterwerfen, wobei darauf zu sehen ist, daß die Mischung nur den Boden der Glasröhre
bedecke, in welchem Fall
sich alsdann das Präparat in dem obern Theile der Glasröhre sublimirt. Die Hitze
einer Argand'schen Lampe, deren Flamme man nach und nach auf die Röhre einwirken
läßt, reicht zur Bildung des Chlorids hin. Dasselbe stellt schön glänzende,
pfirsichblüthrothe, glimmerartige Blättchen dar, die, in einem Mörser zerrieben, mit
Gummischleim verdickt und auf Papier aufgetragen, eine für das Auge sehr
ansprechende Farbe darbieten, die sich zugleich durch eine große Beständigkeit
auszeichnet, da sie ebenso der Einwirkung der Säuren und Alkalien, als der des
directen Sonnenlichts vollständig widersteht. (Berliner Gewerbe-,
Industrie- und Handelsblatt, Bd. XXIX, Nr. 6.)
Ueber die Zusammensetzung des Santorins und dessen technische
Verwendung; von Dr. L. Elsner.
Nach Mittheilungen des Hrn. Baumeisters Salzenberg wird
der Santorin ganz allgemein als ein vortreffliches Kieselcement zur Darstellung
eines hydraulischen Mörtels bei den Wasserbauten an der Küste von Dalmatien
angewendet. Der von Hrn. Salzenberg mitgebrachte Santorin
hat die größte äußerliche Aehnlichkeit mit dem Traß des Brohlthals bei Andernach,
nur ist der Santorin von noch hellerer Farbe; er ist sehr zerreiblich, sein Ansehen
zeigt ganz deutlich, daß er ein Gemenge von verschiedenen zersetzten Kieselfossilien
ist: auch besteht, nach Dr.
Fiedler (dessen Reise durch alle Theile des Königreichs
Griechenland, zwei Bände 1840–41) die Insel Santorin aus Bimmsstein und ihr
innerer Theil (ein ehemaliger Krater, jetzt mit dem Meere durch zwei Einschnitte in
Verbindung stehend) aus Trachyt.
Die von dem ehemaligen Zöglinge des königlichen Gewerbe-Instituts zu Berlin,
Schöne im Laboratorium der Anstalt angestellte
chemische Analyse ergab folgende Resultate:
Kieselerde
68,50
Eisenoxyd
5,50
Thonerde
13,31
Manganoxydul
0,73
Kalkerde
2,36
Kali
3,13
Natron
4,71
Durch Behandlung mit destillirtem Wasser
ausziehbares Kochsalz, schwefelsaures
Natron und organische Substanz
0,31
–––––
98,55
Der Verlust bestand in hygroskopischem Wasser. Ich übergehe den Gang der Analyse, da
er der allgemein bekannte ist, bemerke nur, daß die Bestimmung der Alkalien mittelst
flußsaurer Dämpfe geschah; der Santorin scheint demnach ein durch plutonische
Einwirkung metamorphosirtes, dem Labrador ähnliches Kieselfossil zu seyn. Durch
Behandlung mittelst Salzsäure wurde nur ein höchst geringer Antheil aufgeschlossen,
wodurch sich der Santorin in chemischer Hinsicht von dem Traß des Brohlthals, den
vulcanischen Bomben und Laven wesentlich unterscheidet,
da alle genannten vulcanischen Gebilde in bedeutender Menge durch Salzsäure
aufschließbar sind. Das Resultat der Analyse zeigt übrigens, daß der Santorin ein
vortreffliches Kieselcement für die Darstellung des hydraulischen Mörtels seyn muß,
wie ja auch die Erfahrung bestätigt. Nach einer, mir von dem wirklichen Geheimenrath
Hrn. Beuth zugegangenen Notiz unterscheidet sich der
Santorin als Baumaterial von dem Traß und Noman Cement wesentlich darin, daß er nur
so lange hart bleibt, als er stets unter Wasser ist. Bei Wasserbauwerken mit
veränderlichem Wasserstande dagegen löst er sich da, wo er nicht stets unter Wasser
bleibt, zu einer zerreiblichen Masse auf. Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese
Thatsache ihren Erklärungsgrund in dem allotropisch verschiedenen Zustande der Kieselerde
hat, welche im Traß zum großen Theile durch Salzsäure, als Hydrat-Verbindung
aufschließbar, hierdurch schon ihre Tendenz zeigt, leicht
mit Wasser chemische Verbindungen einzugehen; in dem Santorin dagegen befindet sich
die Kieselerde, nach der chemischen Analyse, nicht in diesem der Hydratbildung
günstigen Zustande; es ist daher erklärlich daß der Santorin stets mit Wasser in
Berührung bleiben muß, um die zum hydraulischen Mörtel nothwendige Hydratverbindung
bilden zu können.
Interessant ist der Gehalt des Santorins an in Wasser auflöslichen Salzen, wie
Kochsalz, Glaubersalz etc., ein Umstand, der darin leicht seine Erklärung findet,
daß die Insel Santorin ein submarines plutonisches Gebilde ist. (Verhandlungen des
Vereins zur Beförderung des Gewerbfl. in Preußen, 1849, 2te Lief.)
Verunreinigung des käuflichen Broms.
Bei der Destillation einiger Brommuster fand Poselger den
Siedepunkt (statt 40° R.) 96° R. und das Destillat immer leichter
werdend, zuletzt sogar farblos. Beim Abdampfen zur Trockne blieb Kohle als
Rückstand. Beim Trennen des Broms von der zuletzt übergegangenen Flüssigkeit
mittelst Kali's, erhielt er eine aromatische, ölige und farblose Flüssigkeit, die
sich bei der Analyse als Bromkohlenstoff erwies, welcher in verschiedenen Mustern
6–8 Proc. betrug und wahrscheinlich von dem zur Bereitung des Broms
angewandten Aether herrührt. (Journal de Pharmacie et de
Chimie, Febr. 1849.)
Tinte um auf Weißblech zu schreiben; von Bossin.
Wir haben bereits (polytechn. Journal Bd. CXII S.
463) die Vorschrift zu einer Tinte mitgetheilt, womit man auf Zinkblech
den Namen oder die Nummer der Pflanzen schreiben kann. Um eine Tinte zu erhalten,
womit man auf Weißblech schreiben kann, nimmt man nach Chevallier:
Salpetersäure (Scheidewasser)
10
Theile
Wasser
10
„
Kupfer
1
„
Man löst das Kupfer in der Salpetersäure auf und wenn es
aufgelöst ist, setzt man das Wasser zu.
Man kann mit dieser Flüssigkeit mittelst eines Federkiels auf Abschnitzel von
Weißblech schreiben. Sollte das Weißblech mit fettigen Substanzen beschmutzt seyn
und deßhalb die Flüssigkeit nicht annehmen, so reibt man es vorher mit Leinwand,
welche man mit trockener geschlemmter Kreide überzog. (Agriculteur-praticien, Julius 1849.)
Erzeugung von Zucker im Harn durch Verwundung des
Gehirns.
Wie Hr. Magendie der französischen Akademie ankündigte,
hat Hr. Bernard die höchst wichtige und überraschende
Entdeckung gemacht, daß wenn man eine gewisse Stelle am Boden der vierten Hirnhöhle
verwundet, die Zusammensetzung des Harns eine andere wird und Zucker in ihm
erscheint. Den Stich macht man durch Einführung des Instruments in die untere
Oeffnung der Höhle und bald darauf fließt der, vorher trübe, alkalische und
zuckerfreie, Harn des Thieres (Kaninchens) reichlich, hell, enthält eine große Menge
Zuckers und gleicht dem diabetischen Harn. Zu dieser Veränderung sind in der Regel
im Ganzen nicht über 1 1/2 oder 2 Stunden erforderlich. Auch das Blut enthält dann viel
Zucker. Die Versuche wurden bisher mit 16 Kaninchen angestellt. Die Stelle, wo die
Verwundung geschehen muß, ist sehr eng begränzt und befindet sich etwas oberhalb des
achten Nervenpaares. Eine Erklärung dieser gänzlich neuen Wahrnehmung ist noch nicht
möglich; aber sie ist ein Beweis für den merkwürdigen Einfluß des Nervensystems auf
die Functionen der Ernährung. (Chemical gazette 1849, Nr. 158.)
Ueber die Sheabutter.
Diese Substanz ist ein Pflanzenproduct aus dem westlichen Afrika, welches uns durch
Mungo-Park's Reise im J. 1796 zuerst bekannt
wurde. Der Baum, welcher sie liefert, soll der amerikanischen Eiche sehr ähnlich
sehen, und die Frucht – deren an der Sonne getrockneter Kern durch Kochen in
Wasser die Butter liefert – hat einige Aehnlichkeit mit einer spanischen
Olive. Der Kern ist von einem süßen Mark unter einer dünnen grünen Rinde umgeben,
und die Butter daraus, abgesehen von ihrem Vorzug, daß sie sich das ganze Jahr ohne
Salz erhält, soll weißer, fester und schmackhafter seyn als die beste aus Kuhmilch
erzeugte. Die Erzeugung dieses Artikels scheint ein Hauptgegenstand der
afrikanischen Industrie zu seyn; sie wird am Gambia und am Niger betrieben. Duncan beschreibt den Baum als dem Lorbeer ähnlich und
18–20 Fuß Höhe erreichend. Die Nuß ist von der Größe eines Taubeneies und von
hellbrauner Farbe. Die Substanz der Schale ist derjenigen eines Eies ähnlich. Der
noch frische Kern besteht beinahe ganz aus Butter. Die Schale wird gebrochen und
abgelöst, der Kern wird zerdrückt, eine halbe Stunde lang mit wenig Wasser gekocht
und dann, in einem Grassack, durch eine Matte gepreßt. Ein wohlbeschaffener Baum
gibt einen Bushel Nüsse.
Die Sheabutter scheint dieselbe zu seyn wie die sogenannte Galambutter und kömmt von
einer Bassia; von welcher Species dieser Gattung ist
noch nicht ermittelt. Dieses Fett ist weiß mit einem Stich ins Grüne; bei
gewöhnlicher Temperatur fest; bei 28° R. nimmt es Butterconsistenz an, bei
35° ist es ein Helles, flüssiges Oel. Mit Alkohol gekocht, löst es sich zum
größten Theil auf und krystallisirt beim Abkühlen in Nadeln; es löst sich in kaltem
Aether auf und scheidet sich bei dessen Verdunstung ebenfalls in Nadeln aus. Mit
Aetzkali verseift sich dasselbe. Durch Kochsalz ward die Seife aus ihrer Lösung
abgeschieden und durch Weinsteinsäure zersetzt. Aus Alkohol 5–6mal
herauskrystallisirt und durch Pressung von anhangender Oleïnsäure befreit,
bildete die Säure feine perlähnliche Schuppen, welche bei 49° R. schmolzen;
mit Natron verbunden gab sie ein schönes Salz in perlglänzenden Schuppen.
Mehrfache, mit dem Silbersalze dieser Säure angestellte Analysen ergaben, daß sie die
Zusammensetzung der Margarinsäure hat, welche sich auch im Menschenfett und in der
Butter findet. Es ist nicht zu bezweifeln, daß diese Säure im Pflanzenreich häufig
vorkommt. R. D. Thomson und Edward T. Wood, (Philosophical
Magazine, Mai 1849.)
Chinesischer Pflanzentalg.
Es ist dieß ein fettes Oel, dessen sich die Chinesen zur Kerzenfabrication bedienen.
Man gewinnt dasselbe aus den Samen der Stillingia
sebifera, welche man im November und December sammelt. Diese Samen werden
in einem hölzernen Cylinder mit durchlöchertem Boden auf ein eisernes Gefäß gesetzt,
welches mit Wasser gefüllt ist, das man zum Kochen bringt, um sie wohl von Dampf
durchdringen zu lassen und den Talg zu erweichen; nach 10 Minuten schüttet man sie
in einen steinernen Mörser und stößt sie mit steinernen Keulen, um den noch in den
Samen befindlichen Talg abzusondern. Man bringt die Masse nun auf ein erwärmtes
Sieb, damit der Talg durchlauft, und preßt den Rückstand noch aus. Dieser Talg wird
in England als ein
hartes, etwas grünlich weißes Oel eingeführt, welches bei 21 bis 22° R.
schmilzt.
Die aus der Verbindung dieses Oels mit Natron abgeschiedene Säure besteht
größtentheils aus Margarinsäure, enthält jedoch etwas Stearinsäure. Ohne Zweifel
eignet sich dieses Oel auch zur Seifenbereitung; es kann in jeder Menge durch den
Handel bezogen werden. Thomson und Wood. (Philosophical Magazine, Mai 1849.)
Chinesischer Hanf.
Der Same des chinesischen Hanfs (lo-ma-corchorus) wurde von Hrn. Itier in Frankreich eingeführt und von Hrn. Garnier-Savatier zu Marseille gezogen und
einheimisch gemacht. Derselbe wächst 7–8 Meter (21–24 Fuß) hoch und
hat 15–20 Centimeter (5 1/2 bis 7 Zoll) im Umfang; jeder Stock liefert
2–3 Kilogr. Samen und so viel Faser, daß mehr als 1 Meter herrlichen
Battisttuches davon erhalten wird. Ein mildes Klima (wie im südlichen Frankreich)
eignet sich für seine Fruchtbildung am besten, obwohl er, was die Faser betrifft,
auch in andern Gegenden gedeiht. (Agriculteur-praticien, Juni 1849.)
Neues weiniges Getränke.
Ein sehr angenehmes und sehr gesundes Getränke bereitete ein französischer Arzt aus
10 Pfd. Weinblätter und junger Stengel und 20 Pfd. Türkischkornstengel. Er läßt
dieselben durch die Läufersteine einer Oelmühle mahlen, bringt sie dann in ein Faß,
gießt 200 Pfd. warmes Wasser darauf und rührt stark um. Diese Mischung gährt und
gibt eine weinige Flüssigkeit. Das Weinlaub enthält nämlich Ferment, die Maisstengel
Zucker; diese Stoffe mit Wasser verdünnt und durch Wärme unterstützt, geben bei der
Gährung Alkohol. Man kann diesen Wein färben und seinen Geruch und Geschmack durch
Zusätze erhöhen. Die nach der Gährung und Abfüllung in Fässer zurückbleibenden
Trestern können als Viehfutter verwendet werden. (Journal de
Pharmacie, Mai 1849.)
Ueber die Beschaffenheit des von Blutegeln eingesaugten und
von ihnen ergossenen Blutes.
Hr. Reveil setzt voraus, daß das Blut der Capillargefäße
ganz gleiche Zusammensetzung mit dem der Venen habe. Um das von Blutegeln gesaugte
Blut analysiren zu können, entleerte er vollgesogene Blutegel durch Druck, so daß
das Blut durch den Saugrüssel auslief; dasselbe war ganz fibrinfrei, das Fibrin bleibt nämlich gänzlich im Egel zurück, und es
findet also eine vollkommene Zersetzung des Bluts statt. Es läßt sich daraus
erklären, warum man die Blutegel erst wieder nach einem oder zwei Monaten gebrauchen
kann; sie müssen das Fibrin, welches ihnen durch den Druck nicht entzogen werden
konnte, verdaut haben. (Journal de Chimie
médicale, Jun. 1849.)