Titel: | Beschreibung einiger neuen Apparate für die analytische Chemie und die Probirkunst; von F. Le Play. |
Fundstelle: | Band 113, Jahrgang 1849, Nr. LXVI., S. 277 |
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LXVI.
Beschreibung einiger neuen Apparate für die
analytische Chemie und die Probirkunst; von F. Le Play.
Aus dessen Werke: „Description des Procédés metallurgiques
employés dans le Pays de Galles pour la Fabrication du
Cuivre etc.“ Paris
1848.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Le Play, über neue Apparate für die analytische Chemie und die
Probirkunst.
Die Methoden der Analyse von Rohstoffen für metallurgische Processe und von den bei
den letztern fallenden Producten weichen von den in andern Zweigen der chemischen
Analyse gebräuchlichen Verfahrungsarten mehrfach ab, und dieß liegt in der Natur der
Sache, indem jene Methoden Anforderungen ganz besonderer Art Genüge zu leisten
haben. Als Hauptbedingung für derartige analytische Verfahrungsweisen macht sich die
geltend, daß sie bei dem für solche Untersuchungen unumgänglich nöthigen Grade von
Genauigkeit auch eine möglichst schnelle Ausführung gestatten müssen, ohne welche
letztere es durchaus unmöglich seyn würde, die stets auf eine so große Anzahl von
Körpern sich erstreckenden Proben in einer ihrem eigentlichen Zwecke entsprechenden
Weise zu Ende zu bringen.
Chemische Untersuchungen von Hüttenproducten und den zu ihrer Darstellung verwendeten
Rohmaterialien sind in der bei weitem überwiegenden Mehrzahl der Fälle nur dann von
wirklichem Werthe und reellem Nutzen, wenn sie auf größere und zahlreiche Reihen von
Rohstoffen und Producten ausgedehnt werden.
Der im höchsten Grade mannichfaltige, regellos wechselnde Charakter der ersteren und
auch der meisten von den letzteren, macht dieß durchaus nöthig, und man würde zu
ganz falschen Schlüssen gelangen, wenn man sich – wie es leider bisher nicht
selten geschehen – auf die speciellere Untersuchung einer nur geringen Anzahl
von den erwähnten Substanzen beschränken wollte. Es wird durch diese
Eigenthümlichkeit eine Vervielfältigung der einzelnen chemischen Operationen nöthig,
und dadurch entstehen Hindernisse sehr bedeutender Art, ein Umstand, aus welchem das
große Mißverhältniß zwischen dem Werthe der metallurgischen Theorien und der vor
Jahrhunderten schon erreichten Vollkommenheit der praktischen Hüttenkunde zum Theil
wenigstens erklärlich werden dürfte.
Ein vorzügliches Mittel zur Vervollkommnung der theoretischen Metallurgie und zur
Begründung einer wissenschaftlichen, wahrhaft philosophischen Lehre von diesem Zweige des
Wissens und Könnens, ist unstreitig die Anlage von Sammlungen der bei allen als
vortheilhaft anerkannten Methoden verwendeten Materialien und der bei denselben
fallenden Producte. Seitdem ich an der Pariser Bergwerksschule den Lehrstuhl der
Hüttenkunde übernommen, habe ich mit der größten Sorgfalt in allen metallurgischen
Districten Europa's derartige Suiten gesammelt und wurde dadurch in den Stand
gesetzt, die von meinen Vorgängern Hassenfratz und Guényveau begonnene, und von einer großen Zahl
früherer Zöglinge der gedachten Anstalt fortgesetzte Sammlung, welche in Beziehung
auf Großbritannien besonders Dufrénoy's und E. de Beaumonts
thätiger Unterstützung sich zu erfreuen hatte, dem jetzigen Stande der Praxis
entsprechend zu vervollständigen. Jedenfalls darf ich behaupten, daß die
„Ecole des mines“ zu Paris
des Besitzes der vollständigsten und ausgezeichnetsten Sammlung dieser Art sich
rühmen kann, welche wohl jemals zusammengestellt ward.
Indessen ist es mit weniger Schwierigkeiten verknüpft solche Sammlungen anzulegen, als sie gehörig zu
benutzen, sie in allen ihren Beziehungen zu studiren und die
Mischungsverhältnisse der Rohstoffe und ihrer Producte genau zu erforschen.
Untersuchungen von so bedeutendem Umfange möchten wohl nur durch das Zusammenwirken
mehrerer Chemiker durchgeführt werden können, welche, von derselben
wissenschaftlichen Idee durchdrungen, einem leitenden
Plane folgten. Allerdings macht sich das Bedürfniß derartiger scientifischer
„Verbindungen“ heutzutage in allen Zweigen der
Naturforschung in gleichem Grade geltend; bis indessen die
„Stiftung“ derselben wirklich zur Ausführung kommt, kann
der einzelne Hüttenmann Versuche zur Lösung der wichtigsten Aufgaben machen.
Hauptsache dabei ist, stets Methoden zu erfinden, welche auf dem kürzesten Wege zum
Ziele führen. Dieß war als unerläßliche Bedingung für die hüttenmännische Praxis
selbst schon seit langen Zeiten anerkannt worden, und somit hat die Behauptung, daß
die praktischen Metallurgen die Chemie in gewisser Beziehung gegründet, sie
wenigstens sehr gefördert haben, insofern sie Mittel und Wege aufsuchten, durch ein
kurzes, möglichst einfaches Verfahren den Gehalt der Erze an nutzbarem Metall zu
bestimmen, ihr Wahres. Doch jetzt bildet die Probirkunst
(Dokimasie) einen der sinnreichsten, eigenthümlichsten Zweige der analytischen
Chemie.
Um der theoretischen Metallurgie eine sichere Grundlage zu schaffen, ist es durchaus
nothwendig, die chemischen Analysen der Materialien und Producte in einem
großartigen Maaßstabe auszuführen. Dadurch werden aber ganz besondere
Unterstützungsmethoden bedingt, und somit wird ein neuer, der Probirkunst verwandter
Zweig der analytischen Chemie entstehen.
So habe ich z.B. bei meinen Forschungen über die Producte des Waleser Kupferhüttenprocesses mich zu überzeugen vielfache Gelegenheit
gehabt, von wie großem Nutzen gewisse Manipulationen und Untersuchungsmethoden sind,
welche in dem Laboratorium des Analytikers gewöhnlich nicht in Anwendung kommen.
Die Operationen, welche am häufigsten vorkamen, waren: Fällungen metallhaltiger Auflösungen durch Schwefelwasserstoffgas, und
Abdampfen der verschiedenartigsten Flüssigkeiten. Immer erforderte die
Ausführung derselben einen beträchtlichen Zeitaufwand, und ich stellte vielfache
Versuche an, um diese Unannehmlichkeiten zu vermeiden. Es glückte mir auch, und zwar
durch die im folgenden beschriebenen einfachen Vorrichtungen.
Neuer Apparat zum Ausfällen der Metalle
aus ihren Lösungen durch Schwefelwasserstoffgas.
Die bisher zu dem angegebenen Zwecke gebrauchten Apparate hatten das Unangenehme, daß
ein großer Theil des entwickelten Gases in manchen Fällen sogar neunzehn
Zwanzigstel, ohne alle Wirkung auf die Flüssigkeit bleibt. Somit geht diese ganze
überschüssige Gasmenge verloren, und übt überdieß im Laboratorium einen dem Gelingen
mancher anderen Operationen, so wie hinsichtlich der Aufbewahrung der Reagentien und
für die aus Metall bestehenden Apparate, namentlich für die Waagen, sehr
nachtheiligen Einfluß aus; auch bleibt es nicht immer ohne eine, wenn auch im
Anfange kaum merkbare schädliche Wirkung auf die Gesundheit des Arbeitenden. Um
diese Nachtheile zu vermeiden, sucht man sich bekanntlich dadurch zu helfen, daß man
die Fällungen mittelst Schwefelwasserstoffgas wo möglich an freier Luft, in mehr
oder weniger großer Entfernung von dem eigentlichen Arbeitsraume vornimmt; indeß hat
auch dieß seine großen Unbequemlichkeiten. Da die Einwirkung des Gases auf die
auszufällende Flüssigkeit fast gleich Null wird, sobald die Entwickelung des Stromes
allzulangsam von statten geht, so ist eine fortwährende Aufsicht, und eine
Beschleunigung der Gasentwickelung nöthig; wird nun aber die Aufmerksamkeit des
Analytikers anderweitig in Anspruch genommen, so muß dadurch die Operation nothwendigerweise
gegen die andern, im Innern des Laboratoriums gleichzeitig vorgenommenen
vernachlässigt werden. Diese, dem Anschein nach ziemlich bedeutungslosen Umstände
geben in Wahrheit nicht selten Veranlassung, daß die Anwendung eines der
ausgezeichnetsten, unentbehrlichsten Reagentien, welche die analytische Chemie
aufzuweisen hat, unterbleibt.
Die Nothwendigkeit, während der Wintermonate in einem engen Laboratorium, dessen
Räumlichkeiten ein Arbeiten im Freien, in nicht zu großer Entfernung, nicht
gestatten, Schwefelwasserstoffgas unausgesetzt als Fällungsmittel anzuwenden, führte
mich zur Erfindung eines Apparates, bei dessen Anwendung alle die angeführten
Nachtheile und Unbequemlichkeiten vermieden wurden. Die Metalle werden aus ihren
Auflösungen vollständig ausgefällt, ohne daß eine Spur des Gases verloren geht und
sich im Laboratorium verbreitet. Da verhältnißmäßig wenig Gas verbraucht wird, so
kann die Entwickelung desselben langsam seyn und bedarf somit keiner speciellen
Ueberwachung.
Apparat. Der Apparat, den ich hiermit jedem Chemiker aufs
Angelegentlichste empfehle, ist in den Figuren 25 und 26 abgebildet.
Er unterscheidet sich von den gewöhnlichen Vorrichtungen zu diesem Zwecke dadurch,
daß an dem untern, in die auszufällende Flüssigkeit eintauchenden Ende des
senkrechten Schenkels vom Leitungsrohre a, a eine Art
gläserner Haube oder Glocke b, b angelöthet ist.Die Anfertigung dieses Theils des neuen Apparates ist nicht ohne ziemlich
bedeutende Schwierigkeiten für den Glasbläser. Hr. Fastré, Quai des Augustins, Nr. 63 in Paris, hat dergleichen schon seit
mehreren Jahren für mein Laboratorium geliefert. Jede durch das Leitungsrohr streichende Gasblase dringt zunächst unter diese
Glocke und verdrängt aus derselben ein ihr gleiches Volum der metallhaltigen
Flüssigkeit. Da das Gas einem gewissen Drucke unterworfen ist, den man nach Belieben
verstärken oder vermindern kann, und da es unter der Glocke mit einer großen
Oberfläche der Flüssigkeit in Berührung kommt, so ist seine Wirkung durchaus
vollständig. Sobald die durch das Gas fällbaren Metalle gänzlich ausgefällt sind,
d.h. sobald die Flüssigkeit einen schwachen Geruch nach Schwefelwasserstoff zeigt,
kann man mit dem Abfiltriren der ausgeschiedenen Schwefelmetalle beginnen.
Als Gefäße zur Fällung benutze ich schwach conische, mit einem kleinen Ausguß an
ihrer Mündung versehene Bechergläser. Die durch den der Zeichnung beigefügten
Maaßstab angegebenen Dimensionen des Becherglases, welche einem Volum des letztern
von 0,460 Liter (etwa 25 Kubikzoll rhn.) entsprechen, genügen für die Menge der
Flüssigkeit, welche man beim Auflösen von 1 Grm. kupferhaltiger Substanz (Stein,
Rohkupfer, Schlacke etc.) erhält. Um zu verhüten, daß in Folge der nicht zu
vermeidenden Bewegungen der Luft im Laboratorium geringe Mengen Gas aus der
theilweise mit demselben gesättigten Flüssigkeit entweichen, muß der Rand des
Gefäßes sorgfältig eben geschliffen seyn, so daß es mit einer gleichfalls
abgeschliffenen Glasplatte d, d bedeckt werden kann.
Diese letztere ist in der Mitte mit einer Oeffnung versehen, deren Durchmesser etwas
größer ist als der des Leitungsrohres, so daß die Platte, wenn nöthig, über dieses
hinaufgeschoben werden kann, z.B. bis d', d'. Durch die Glasplatte wird zugleich die Flüssigkeit
vor jeder Verunreinigung durch Staubtheilchen, wie sie selbst in den saubersten
Laboratorien nicht selten die klarsten Lösungen trüben, aufs Sicherste
geschützt.
Zur Entfernung der atmosphärischen Luft, welche in der Glocke b nach dem Einsenken des Apparates in die zu verarbeitende Flüssigkeit
zurückbleibt, dient ein kleines gebogenes Glasrohr e, f
von 2 Millim. innerem Durchmesser. Verschließt man die Oeffnung f desselben mit dem Finger, und führt dann den Schenkel
e so unter die Glocke, daß das Ende e den obersten Theil der Glockenwandung berührt, so wird
eine Communication zwischen der in der Glocke befindlichen, durch den Druck der
Flüssigkeit comprimirten und zwischen der äußern Luft hergestellt, und jene
entweicht gänzlich. Vermittelst des gedachten Glasrohres kann man auch, wenn es
nöthig, von Zeit zu Zeit das während der Operation mit dem Schwefelwasserstoff etwa
sich entwickelnde unwirksame Wasserstoffgas entfernen. Zu größerer Bequemlichkeit
legt man die Röhre in ein mit destillirtem Wasser gefülltes Kelchglas K, so daß sie, wie e', f' stets zur Hand ist. Der Inhalt des Glases muß
natürlich zuletzt mit der auszufällenden Flüssigkeit vereinigt werden.
Um die Flüssigkeiten, welche ich bei der Auflösung von jedesmal 1 Gramm der zu
untersuchenden kupferhaltigen Substanz erhalte, mit Schwefelwasserstoffgas
vollkommen zu sättigen, verfahre ich folgendermaßen: Gegen Abend setze ich eine der
Anzahl der vorhandenen Auflösungen entsprechende Anzahl der Apparate der
beschriebenen Art, z.B. ein halbes Duzend, zusammen. Hierauf entwickle ich das Gas,
und beaufsichtige die Operation etwa eine Viertelstunde lang, worauf ich die
Apparate die Nacht hindurch stehen lasse. Am folgenden Morgen sind die Lösungen in
den meisten Fällen vollkommen mit Schwefelwasserstoff gesättigt, und ich kann dann
sogleich aus Filtriren gehen. Zu diesem Behufe nehme ich das Becherglas c, c weg, füge mit Hülfe eines Platindrahtes und einer
Spritzflasche mit passend geformtem geradem oder gebogenem Spitzröhrchen die an dem
Glasrohr a, a und an der Glocke b, b noch hängende Flüssigkeit und die etwa daran haftenden Theile der
gefällten Schwefelmetalle zu dem Inhalte des Becherglases hinzu, spüle Rohr, Glocke
und Platindraht in dem zu drei Viertel mit destillirtem Wasser gefüllten Kelchglase
völlig rein ab, und benutze dieses Wasser zum Auswaschen des Niederschlags.
Entwickelung des Gases. Um eine die ganze Nacht hindurch
möglichst gleichmäßig andauernde Entwickelung von Schwefelwasserstoffgas zu
vermitteln, habe ich vielfache Versuche angestellt, und diese führten mich zu
verschiedenen Methoden, von denen ich nur die folgende, als diejenige hervorhebe,
welche mir die günstigsten Resultate gab. Man unterwirft frische, recht feine
Feilspäne von möglichst weichem Eisen, wie sie beim
Abschlichten gewisser geschmiedeten Stücke in Maschinenfabriken fallen, einer
anhaltenden Pulverisirung, wirft oder schwingt das Pulver in einer großen Schale
oder dergleichen, um etwa anhängende Staubtheilchen und Eisenoxyd zu entfernen,
schlägt es darauf durch ein feines Sieb, mengt 100 Th. desselben mit 80 Th.
ebenfalls durch ein ganz feines Sieb geschlagener Schwefelblumen zu einer möglichst gleichartigen Masse und trägt dieselbe
in das Entwickelungsgefäß g ein. Dann setzt man, unter
vorsichtigem Umrühren mit einem starken, am besten massiven Glasstabe, soviel Wasser
hinzu, daß das Ganze einen Teig bildet; dabei muß man aber ja die Vorsicht
beobachten, nicht mehr Wasser anzuwenden, als durchaus nöthig ist, und ebenso
sorgfältig muß man sich hüten den etwa bis zur Hälfte mit dem Teige gefüllten Kolben
im Geringsten zu erschüttern. Denn ein Ueberschuß an Wasser sowohl, als
Erschütterungen des Gefäßes, würden eine mechanische Zersetzung der Masse bewirken,
zu welcher ohnehin schon – in Folge der so großen Verschiedenheit in der
Eigenschwere des Eisens und des Schwefels – eine große Neigung vorhanden ist.
Zuletzt gießt man noch zwanzig Theile Wasser vorsichtig und leise auf das Gemenge,
und stellt den Kolben bis an den Hals in den Sand eines bis auf beinahe 100°
C. erhitzten Sandbades. Nach Verlauf von etwa einer Viertelstunde verändert sich die
graulich gelbe Färbung der Masse, und zwar von der Oberfläche aus nach dem
Mittelpunkte zu, ins Schwärzliche; unter ziemlich lebhafter Reaction bildet sich
Schwefeleisen und in Folge der dadurch bedeutend erhöheten Temperatur entweicht ein großer
Theil des den festen Körpern beigemengten Wassers in Dampfform. Sobald die Bildung
des Wasserdampfes etwas nachläßt, verschließt man den Kolbenhals mittelst eines mit
einer engen Oeffnung versehenen Korkes; hat sie ganz aufgehört, so ersetzt man
diesen Pfropfen durch einen andern Kork, welcher mit zwei Oeffnungen zur Aufnahme
der Sförmigen Röhre h, h und
des Gasleitungsrohres i, i versehen ist. – Ein
Kolben, wie er in Fig. 25 abgebildet ist, und dessen Rauminhalt 0,700 Liter beträgt, vermag
700 Gramme des Gemenges von Eisen und Schwefel aufzunehmen.
Um nun Schwefelwasserstoffgas zu entwickeln, gießt man vermittelst des
Trichter- und Sicherheitsrohres h, h eine
Mischung von 1 Th. Schwefelsäure und 4 1/2 Th. Wasser auf das Gemenge, worauf die
Zersetzung sofort beginnt. Das Gas enthält nur eine geringe Menge Wasserstoffgas
beigemengt, dessen Quantität um so geringer ist, je genauer die zu seiner Bereitung
gegebene Vorschrift befolgt wird. Der Berechnung nach muß die mit 100 Grammen
Eisenfeilspäne bereitete Menge des Sulfuretes 63 Grm. Schwefelwasserstoff geben,
welche 117 Grm. metallisches Kupfer niederzuschlagen vermögen. In der Praxis kann
man demnach mittelst eines Apparates, welcher 700 Gramme von dem Gemenge enthält,
eine Anzahl von etwa hundert Flüssigkeiten, die man bei
ebensoviel Analysen erhält, ausfällen, und so würde ein jeder derartiger Apparat in
einem Laboratorium, wo er beständig im Gebrauch ist, nur alle vier Monate, höchstens
vierteljährlich, durch einen neugefüllten zu ersetzen seyn.
Neue Apparate zum raschen und sichern
Abdampfen von Flüssigkeiten.
Das Abdampfen, eine Operation, die ich besonders häufig auszuführen hatte, war
besonders in folgenden Fällen nöthig:
1) um die von der Behandlung der Kupferschlacken mit Säuren herrührenden
Flüssigkeiten zur Trockne abzudampfen und so die abgeschiedene gallertartige
Kieselsäure in die unlösliche Modification zu verwandeln;
2) um in Lösungen, welche neben einem Oxyde oder einem Gemenge von mehreren Oxyden
nur Salpetersäure, Schwefelsäure und Ammoniak enthalten, jene Oxyde, deren Nitrate
und Sulfate durch eine höhere Temperatur zersetzt werden, quantitativ auf trockenem Wege zu bestimmen, indem dieß Verfahren
weit genauere Resultate gibt, als wenn jene Oxyde aus mehr oder weniger verdünnten
Flüssigkeiten gefällt werden;
3) um zu stark verdünnte Lösungen zu concentriren, wie dieß z.B. bei der Bestimmung
der Talkerde durchaus nöthig ist, welche fast immer in den durch wiederholte, auf
einander folgende Auswaschungen sehr verdünnten Flüssigkeiten bleibt.
Mancherlei praktische Schwierigkeiten sind mit dieser Operation verbunden. Das Abdampfen über freiem Feuer erfordert eine stete,
ungetheilte Aufmerksamkeit, wenn nicht die Operation durch kaum vermeidliche
Störungen im Verbrennungsprocesse der Kohlen etc. unterbrochen, oder durch ein zu
lebhaftes Feuer und ein in Folge dessen entstehendes, mit Blasenwerfen verbundenes
Sieden der abzudampfenden Flüssigkeit ein Verlust an Substanz herbeigeführt werden
soll. Jedenfalls erhält man bei der Anwendung von Sandbädern eine bei weitem gleichmäßigere Temperatur doch ist auch dieses
Verfahren nicht ganz von den eben berührten Mängeln frei, und außerdem ist es auch
noch mit Unbequemlichkeiten anderer Art verbunden, die so bedeutend sind, daß
mehrere wegen der ausgezeichnet sorgfältigen Einrichtung und saubern Führung ihrer
Laboratorien bekannte deutsche Chemiker diese Art der Anwendung von Feuer beim
Behandeln von Flüssigkeiten gänzlich proscribirt haben. Ein langsames Abdampfen ist
weit weniger gefährlich, als ein zu sehr beschleunigtes. Gewöhnlich zieht sich die
Operation überhaupt sehr in die Länge, und das Abdampfgefäß wird durch Kohlenstaub,
Flugasche und andere Staubtheilchen, welche in der Luft der Laboratorien schwebend,
niemals fehlen, verunreinigt, wodurch die Ausführung unsauber und die Genauigkeit
der Resultate mehr oder weniger beeinträchtigt wird.
Nach vielfachen Versuchen, ein Verfahren in Ausführung zu bringen, welches von den
erwähnten Mängeln frei ist, kann ich besonders die folgenden Methoden empfehlen.
Erster Apparat. Bei der einen benutze ich Oefen, welche
im Herde meines Laboratoriums angebracht sind; den Abdampfapparat placire ich so,
wie es die Figuren
27 bis 30 zeigen. Auf den Rost h, h, Fig. 29, werden einige in
voller Gluth befindliche Kohlen gelegt, und darüber wird eine 5 bis 6 Centim. (2
Zoll) dicke Schicht von in Stücken zerschlagener Torfkohle geschüttet. Sobald diese
letztere in Brand gerathen ist, breitet man über dieselbe eine 2 Cent. (9 Linien)
dicke Lage von der leichten, beim Verbrennen der Torfkohle fallenden Asche aus. Die
Schale c, c, welche die abzudampfende Flüssigkeit
enthält, wird auf einen
Dreifuß t, t, t, Fig. 28, über die Mündung
des Ofens gestellt, etwa 1 Decimeter (3 Zoll 8 Lin.) höher als das Brennmaterial
liegt. Die Abdampfschale selbst wird mit einer Art Trommel umgeben, welche aus
Kupferblech verfertigt ist und aus zwei Theilen besteht. Der eine derselben, d, d, Fig. 27, hat eine
cylindrische Form und eine der Tiefe der Schale entsprechende Höhe; der andere, e, e, gewissermaßen der Deckel, ist kreisrund, und mit
einem runden Ausschnitte versehen, welcher so groß ist, daß er bis an den obern Rand
der Schale reicht und daß zwischen dieser letztern und dem Rande des Ausschnittes
ein Raum von 3 Millim. (1 3/10 Lin.) Breite bleibt. Auf den Deckel endlich wird ein
gläserner Trichter f, f gestellt, der dann die Schale
und den schmalen Raum zwischen derselben und dem kupfernen Deckel ganz verdeckt. Von
d, d und e, e muß man
verschiedene Exemplare anfertigen lassen, die einen gleichen Durchmesser haben; nur
müssen die verschiedenen cylindrischen Stücke d von
verschiedener Höhe, und die Ausschnitte in e von
verschiedenem Durchmesser angefertigt werden, damit man zwei bis drei Schalen von
verschiedenen Dimensionen anwenden kann. Die Abdampfschalen von Sèvres, wie
ich sie bei der Analyse von 1 Gramm kupferhaltiger Substanz anzuwenden Pflege, haben
einen lichten Durchmesser von 135 Millim. (5 Zoll). Füllt man eine solche Schale mit
Wasser, und setzt sie gegen Abend auf den in der beschriebenen Art vorgerichteten
Ofen, so wird das Wasser während der Nacht vollständig verdampft und ist am
folgenden Morgen leer, ohne daß die kleinste Nachhülfe von Seite des Chemikers
erfordert wird.
Diese so höchst einfache Vorrichtung vereinigt fast alle die Vortheile in sich,
welche man von einem Abdampfapparate nur irgend verlangen kann; sie erfordert von
Seiten des Operirenden nur wenige Minuten Zeit, um das Feuer in Ordnung zu bringen,
und den Stand der zum Eindringen der nöthigen Luft gesparten mit einem Schieber
versehenen Oeffnung g (Fig. 30) zu reguliren.
Durch die Wärme, welche von der bis zum Dunkelrothglühen erhitzten Asche ausstrahlt,
und durch die im Ofen bei der Verbrennung gebildeten heißen Gase, welche mit der
Schale in Berührung kommen, wird diese letztere sehr allmählich und sparsam erhitzt.
Obwohl die Temperatur nie bis zum Sieden der Flüssigkeit steigt, so geht das
Verdampfen derselben dennoch sehr rasch vor sich, da der Strom der ganz trocknen
heißen Gase rasch durch den ringförmigen leeren Raum zwischen Deckel und Schale
hindurch- und über die Oberfläche der Flüssigkeit hinwegstreicht, ehe er
durch die Oeffnung des Trichters entweicht. Dieser letztere schützt die Flüssigkeit gegen die
Verunreinigung durch Stoffe, welche etwa in der Luft des Laboratoriums schweben.
Zweiter Apparat. Es kommt indessen zuweilen vor, daß sehr
feine Theilchen von Kohlenstaub und Asche vom Roste des Ofens durch den Strom der
heißen Gase weg- und in den Trichter hineingerissen werden, wo sie sich dann
auf die Schale absetzen. Jedoch läßt sich dieser Uebelstand gänzlich vermeiden, und
man kann auch außerdem die Zeit, welche das Reguliren des Feuers erfordert, sparen,
wenn man statt dieses Apparates sich der in den Figuren 31 bis 35
abgebildeten Vorrichtung bedient, welche auch noch den Vortheil darbietet, daß man
den kupfernen Deckel e, e, der durch die aus der Schale
entwickelten sauren Dämpfe stark angegriffen wird, nicht so oft zu reinigen
braucht.
Dieser zweite Apparat, den man Sicherheits-Ofen
(fourneau-veilleuse) nennen könnte, besteht
aus folgenden, in der in Fig. 31 angegebenen Weise
zusammengesetzten Stücken. a, a ist der Ofen, in welchem
die die Hitze erzeugende Vorrichtung angebracht ist. b,
b und c, c (Fig. 31, in Fig. 34 und
35
besonders dargestellt) sind bewegliche runde Platten mit Ausschnitten versehen oder
vielmehr breite Ringe, auf welchen die Abdampfschale d
ruht. Die Ausschnitte sind so angebracht, daß der Strom der erhitzten Gase nicht
unmittelbar aufsteigen kann, indem über jedem Ausschnitte der untern Platte ein
Vorsprung der obern liegt. Die oberste dieser beweglichen Platten oder Ringe e, e ruht auf dem Ofen selbst; die heiße Luft entweicht
durch einen kreisförmigen, 1 bis 3 Millim. breiten leeren Raum e, d zwischen jener Platte und der Abdampfschale. Der
Glastrichter f, f vermittelt den Zug des Stromes von
erhitzter Luft durch den Raum e, d hindurch, und schützt
die Schale mit ihrem Inhalte vor allem Staube etc. – Die zum Abdampfen
nöthige Hitze wird durch ein allenfalls mit doppeltem Dochte versehenes Oel-
oder Weingeistlämpchen h erzeugt. Die Erfahrung lehrt
bald, wie man die Zugöffnung g und die Flamme der Lampe
zu reguliren habe, um eine gleichmäßige Temperatur von der erforderlichen Intensität
zu erhalten, und ebenso wird man bald gewahr, welches Quantum Oel, Weingeist etc.
nöthig ist, damit im Laufe einer Nacht die ganze in der Schale enthaltene
Flüssigkeitsmenge verdampfe.
Bei Anwendung der im Vorstehenden beschriebenen Apparate wird die persönliche Arbeit
des Analytikers beinahe gänzlich durch die Wirkung physischer Agentien ersetzt.
Vermittelst ihrer Hülfe vermag der Chemiker in einer gegebenen Zeit eine auffallend große
Zahl von Analysen auszuführen, und in dieser Beziehung möchten diese Vorrichtungen
für die Fortschritte der theoretischen Metallurgie nicht ohne Bedeutung seyn.