Titel: | Ueber die Wirkungen der natürlichen Elektricität auf elektro-magnetische Telegraphen; von Prof. A. Baumgartner in Wien. |
Fundstelle: | Band 111, Jahrgang 1849, Nr. LXXXVII., S. 418 |
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LXXXVII.
Ueber die Wirkungen der natürlichen Elektricität
auf elektro-magnetische Telegraphen; von Prof. A. Baumgartner in
Wien.
Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, 1849 Nr.
1.
Baumgartner, über die Wirkungen der natürlichen Elektricität auf
elektro-magnetische Telegraphen.
Es ist längst bekannt, daß sich nicht bloß zur Zeit, wo sich ein Gewitter ausbildet,
oder zum Ausbruch kommt, Elektricität in der Luft befindet, sondern daß dieses sogar
bei ganz heiterem Himmel der Fall ist; doch kannte man diese bisher nur im Zustande
des Gleichgewichts als elektrische Spannung. Strömungen in der Luft oder von der
Luft zur Erde und umgekehrt wurden bisher, mit Ausnahme jener zerstörenden Ausbrüche
die man Blitzschläge nennt, und anderer durch Blitzableiter vermittelten, auch nur
zur Zeit eines Gewitters bemerkbaren, nicht wahrgenommen. Von solchen kann man sich
aber bei telegraphischen Wirkungen überzeugen, wenn man statt der gewöhnlichen, zum
Telegraphiren bestimmten, und aus guten Gründen nicht sehr empfindlichen Indicatoren
andere besonders empfindliche Multiplicatoren in die Leitung einschaltet, und die
beiden Enden der Leitung in die Erde versenkt. Ich wurde sie zum erstenmal gewahr,
als ich zum Behufe einer anderen Forschung einen sehr empfindlichen
Differential-Multiplicator in die Leitung einschaltete, welche von Wien bis
Prag reicht, und eine Länge von nahe 61 Meilen hat. Dieses geschah im Monat März, zu
einer Zeit wo die Luftwärme noch gering war, sich noch keine Neigung zur
Gewitterbildung gezeigt hatte, und man nicht annehmen konnte, die bemerkte
Elektricität bestehe aus Ueberbleibseln eines vorausgegangenen Gewitters. Um sie
näher zu studiren, wurde auf der südlichen Telegraphenlinie, die 40 Meilen lang ist,
ein Multiplicator nach Nobili's Einrichtung in die Kette gebracht, und von Seite der zum
Telegraphiren bestellten Organe fleißig und regelmäßig beobachtet. Die Beobachtungen
auf der nördlichen Linie mittelst des besonders empfindlichen Multiplicators
zeigten, daß die Magnetnadel fast immer in Schwankungen begriffen war, und daß nur
kurze Pausen der Ruhe vorkamen; die Schwankungen erschienen von verschiedener Größe,
und es folgten stärkere auf schwächere in ungleichen Zeitabschnitten, so daß man
hätte glauben können, es würden diese Bewegungen durch unregelmäßige Luftströme
hervorgebracht, wenn man nicht die Ueberzeugung gehabt hätte, daß die Nadel
gegen Luftstöße vollkommen geschützt war. Die auf der südlichen Linie dauernd,
jedoch mit weniger empfindlichen Instrumenten angestellten Beobachtungen ließen
schon Einiges über die Richtung und Dauer der Ströme entnehmen, von welchen diese
Schwankungen herrührten. Es ergaben sich da nämlich nachstehende Wahrnehmungen:
1. Nur äußerst selten spielt die Nadel auf den Punkt ein, welcher durch die Torsion
des Aufhängungsfadens und ihren nicht vollkommen astatischen Zustand bestimmt wird,
sondern fast immer weicht sie von diesem stets mehr oder weniger ab, zum Beweise,
daß sie von einem elektrischen Strome afficirt wird.
2. Die beobachteten Abänderungen sind von zweifacher Art, größere, die selbst
50° erreichen, und kleinere von 1/2°–8°. Erstere treten
seltener ein, und wechseln an Richtung und Stärke so, daß sich daran kein Gesetz
wahrnehmen läßt, während letztere an ein einfaches Gesetz gebunden zu seyn scheinen.
So weit die Beobachtungen in Wien und Gratz bis jetzt reichen, scheint angedeutet zu
seyn, daß der elektrische Strom bei Tage von Wien und Gratz nach dem höher gelegenen
Semmering hinziehe, während bei Nachtzeit seine Richtung umgekehrt ist. Der Wechsel
der Stromrichtung scheint nach Sonnenaufgang- und Untergang einzutreten.
3. Bei trockener Luft und heiterem Himmel wird der regelmäßige Strom durch andere
unregelmäßige weniger gestört, als bei kühlerer Zeit und bei regnerischem
Wetter.
4. Der bemerkte elektrische Strom ist in der Regel stärker, wenn die Leitung in einer
geringeren Entfernung vom Beobachtungsorte geschlossen wird, als wenn dieser Schluß
in einer großen Entfernung erfolgt, ja oft ist der Strom in der langen Kette dem in
der kurzen gar entgegengesetzt. Da wo ein Unterschied in der Stromstärke
stattfindet, ist derselbe weit größer, als daß er von dem im längeren Leiter
größeren Leitungswiderstande hergeleitet werden könnte.
Bei bewölktem Himmel, besonders beim Beginn eines Strichregens oder gar, wenn ein
Gewitter am Himmel steht, zeigen sich oft elektrische Ströme im telegraphischen
Leitungsdrahte, die stark genug sind um die keineswegs besonders empfindlichen
telegraphischen Indicatoren zu afficiren. Mehrmal fängt die Magnetnadel zu spielen
an, und man glaubt eine Aufforderung von irgend einer auswärtigen Station her zur
Bereitschaft für eine bevorstehende Correspondenz erwarten zu müssen; allein die
Zeichen haben keine Bedeutung, wechseln unregelmäßig und erfolgen meistens nur nach einer
Richtung hin, und nicht selten stellt sich die Nadel eine gute Weile hindurch in die
Lage der größten Abweichung. Durch solche Einwirkungen wird oft der Magnetismus der
Nadel zerstört und deren Polarität umgekehrt, so daß man sie auswechseln und neu
magnetisiren muß, um sie wieder diensttauglich zu machen. Auf der südlichen Linie,
wo die elektrischen Erscheinungen überhaupt eine viel größere Rolle spielen als auf
der nördlichen, wurde sehr oft zur Zeit, als noch der Nachtdienst nicht eingeführt
war, und man die Indicatorkästen allenthalben über Nacht gesperrt hatte, am Morgen
der Magnetismus der Nadeln völlig zerstört gefunden, und doch war nicht daran zu
denken, daß dieses durch absichtlich erzeugte künstliche Ströme bewirkt worden
sey.
Schon beim Einziehen der Leitungsdrähte auf der nördlichen Linie klagten die Arbeiter
häufig über einen Krampf, den sie beim Anfassen der Drähte zu fühlen vorgaben; in
der höher gelegenen Steiermark kam man aber bald zu der Ueberzeugung, daß dieser
Krampf von elektrischen Entladungen herrühre, sie unterblieben auch als man die
Drähte nicht mehr mit bloßen Händen anfaßte. Einer der Arbeiter, Namens Hell, erhielt bei Kranichfeld in Steiermark einen so
starken Schlag, daß er zusammensank und den rechten Arm nicht bewegen konnte. Der
Unterinspector Schnirch, der diesen Erscheinungen eine
besondere Aufmerksamkeit widmete und die Beobachtungen auf der südlichen Linie
leitete, erzählte, daß er öfter beim Auslösen der Drähte, das man wegen eines sich
nähernden Gewitters für nöthig hielt, mehr oder weniger heftige Stöße empfunden
habe. Namentlich berichtete er mir, daß er einmal, als er einen Indicator an den
Apparatkasten anschrauben wollte und zufällig die beiden Leitungsdrähte berührte,
einen Schlag in den Händen empfunden habe, der bis in die Armgelenke reichte.
Es ist leicht einzusehen, daß die Wirkungen der Elektricität auf Telegraphen am
stärksten ausfallen müssen, wenn ein Gewitter am Himmel steht, oder im Ausbruche
begriffen ist. Diese Wirkungen sind in der That oft von solcher Stärke, daß sie
zerstörend auf einzelne Theile der Apparate wirken und dem Personale gefährlich
werden. Man mußte darum gleich anfangs darauf bedacht seyn, diese Wirkungen dadurch
unschädlich zu machen, daß man den Strom der natürlichen Elektricität längs der
Leitungsträger in die Erde abzuleiten suchte. Zu diesem Ende wurde längs bestimmten
Tragsäulen ein Draht befestiget, der mit seinem unteren Ende in die Erde reichte,
mit dem oberen aber dem telegraphischen Leitungsdrahte an der Stelle gegenüberstand,
wo dieser den Isolator
verlassen hatte, und darum keiner Schwankung unterlag, so daß der Abstand beider nur
1/2–1 Linie betrug.
Was nun die Wirkung von Gewitterwolken auf die telegrafischen Indicatoren anbelangt,
so kann man Nachstehendes als durch die Erfahrung bestätiget ansehen: Ziehen
Gewitterwolken, wenn auch in bedeutender Entfernung, längs der Telegraphenlinie hin,
so wird der Zeiger des Indicators bleibend abgelenkt. Die Richtung dieser Ablenkung
ist verschieden, nach Maßgabe des elektrischen Charakters der Wolke und der
Richtung, welche ihre Bewegung in Bezug auf den Leiter befolgt. Nähert sich die
Wolke der Telegraphenstation, so dauert die Ablenkung des Zeigers so lange, als
diese Annäherung besteht; sobald aber die Wolke anfängt sich wieder zu entfernen,
geht auch die Ablenkung in die entgegengesetzte über. Erfolgt in der Nähe der
Station eine Entladung, so wird mit jedem Schlage auch der Zeiger mit Heftigkeit
abgelenkt, und oft auch der Magnetismus der Nadel zerstört.
Schlägt der Blitz in den telegraphischen Leitungsdraht, so läuft der elektrische
Strom im Drahte oft auf eine sehr bedeutende Entfernung fort, oder er verpflanzt
sich längs der hölzernen Stützen in die Erde. In letzterem Falle werden die Stützen
meistens beschädiget. So z.B. pflanzte sich die Wirkung eines am 17 August v. J. in
Olmütz losgebrochenen Gewitters bis nach Triebitz, d.h. 10 Meilen weit, fort, und
ein im letzteren Orte mit der Drahtspannung beschäftigter Arbeiter erhielt beim
Anfassen des Drahtes einen so starken Schlag, daß er einige Schritte zurücktaumelte,
und an den Fingern, mit welchen er den Draht gefaßt hatte, empfand er einen Schmerz,
als hätte er einen sehr heißen Körper berührt. Zu dieser Zeit war in Triebitz der
Himmel ganz heiter. Am 25 desselben Monats kam bei Olmütz um 5 Uhr Nachmittags ein
heftiges Gewitter zum Ausbruch, und zerschmetterte auf der Strecke gegen Brodek hin
eine Tragsäule. Ein Theil des elektrischen Stromes fuhr an dieser Säule zur Erde,
ein anderer ging in der Richtung gegen die Prager Bahn im Drahte fort, und in die
dahin führende Luftleitung über. Da diese aber damals noch nicht vollendet, und der
Draht in einer Wagenremise unter einer blechernen Rinne endete, so ist die
Elektricität wahrscheinlich auf diese Rinne übergesprungen, denn der Draht war
daselbst so abgeschmolzen, daß er am Ende eine kleine Kugel bildete. Um Mitternacht
vom 18 zum 19 Junius v. J. entlud sich ein schweres Gewitter zwischen Brünn und
Raigern, zerschmetterte zwei Tragsäulen ganz, und beschädigte neun andere mehr oder
weniger. Am 9 Jul. desselben Jahres schlug der Blitz zwischen Kindberg und Krieglach
in Steiermark in den Telegraphendraht und zerschmetterte drei hölzerne Tragsäulen, ohne jedoch
den Leitungsdraht zu beschädigen. Am 19 Julius um 2 Uhr Nachmittags traf der Blitz
die Telegraphenleitung in der Nähe von Kindberg auf der südlichen Staatsbahn und
richtete an den Tragsäulen eine große Verwüstung an. Drei dieser Säulen mußten
alsogleich ausgewechselt werden, zwölf andere aber waren wohl noch diensttauglich,
hatten aber starke Beschädigungen erhalten. Die in der Nähe der Bahn beschäftigten
Arbeiter wurden zwar betäubt, aber nicht beschädiget. Zwei Beamte, welche unter dem
Vordache des Aufnahmegebäudes zu Kindberg standen, bemerkten an einer der Säulen,
die zerschmettert wurde und die volle fünf Kl. von ihnen entfernt stand, an dem
Ableiter einen Feuerbüschel und vernahmen einen Schall, als würde ein Zündhütchen
abgebrannt. Am Telegraphendrahte wurde nirgends eine Beschädigung wahrgenommen, aber
die Spitzen der Ableiter waren überall abgeschmolzen. An demselben Tage erfolgte um
7 Uhr Abends eine zweite elektrische Entladung, etwa 800 Kl. unterhalb Bruck an der
Mur, durch welche wieder drei Tragsäulen ganz zersplittert und 17 andere mehr oder
weniger beschädiget wurden. Der Ableiter einer Säule, die aber selbst unbeschädigt
blieb, war an der Spitze dermaßen abgeschmolzen, daß das Porzellan des Isolators
einen schillernden Kupferüberzug erhielt. Auch der Ableiter einer nahe drei Meilen
weit entfernten, bei Marein, und der einer anderen bei Mixniz stehenden Säule war
abgeschmolzen und ins Porzellan eingebrannt, so daß es keinem Zweifel unterliegt,
der Strom habe im Leitungsdraht einen so großen Weg zurückgelegt. An demselben Tage
fand man auch den Indicator in der Station Mürzzuschlag dienstuntauglich, und als
man ihn näher untersuchte und den Draht des Multiplicators abwickelte, fand man ihn
abgeschmolzen. Wahrscheinlich hat sich an diesem Tage auch ein Blitzschlag in der
Nähe dieser Station ergeben. Im April dieses Jahres fand man alle an den Trägern des
Telegraphendrahtes über den Semmering angebrachten Ableiter mit dem Ende an dem
Isolator ausgeschmolzen. Am 12 April bemerkte man an der Drahtklemme des südlichen
Telegraphen in Wien eine zwei Zoll lange Flamme, die mit Schnalzen übersprang. Dabei
blieb der Zeiger der Magnetnadel eine halbe Stunde lang an der Glocke hängen.
Ich kann die Relation über die Wirkungen der Blitzschläge auf Telegraphen nicht
verlassen, ohne über die dabei beschädigten hölzernen Träger etwas Näheres zu sagen.
Mehrere dieser Säulen wurden so zersplittert, daß sie völlig in Fasern aufgelöst
erschienen, bei anderen trennten sich nur einzelne Späne vom Stamme. Alle diese
Späne, die noch am
Hauptkörper befestiget blieben, hafteten mit dem unteren Ende an demselben, und
bildeten mit demselben einen Winkel, dessen Scheitel nach abwärts gekehrt war, als
wären sie durch ein von oben nach unten wirkendes Stemmeisen abgestemmt worden. Wo
eine Zersplitterung stattfand, da zeigte sie sich aus leicht begreiflichen, in der
Natur der Verbindung der Holzfasern liegenden Gründen am betreffenden Ende der Säule
stärker, als gegen die Mitte zu. Bei einigen Säulen, namentlich bei denjenigen
welche durch die ebenerwähnte, zwischen Brünn und Naigern erfolgte Entladung
zerstört wurden, fand man die Blechdächer abgerissen und die Isolatoren geschwärzt.
Hr. Casselmann erzählt
(polytechn. Journal Bd. CVIII S. 127), daß
durch einen auf der Telegraphenlinie der Taunusbahn gefahrenen Blitz mehrere
Tragsäulen zersplittert, andere durch Aussplittern beschädiget wurden und daß die
ausgesplitterten Stellen immer in einer in mehrfachen Windungen um die Säule
gehenden Spirallinie liefen. Dieselbe Erscheinung ist auch in den auf der südlichen
Linie beschädigten Säulen bemerkt worden. Es bestehen aber diese Säulen aus
Lärchenholz, das beim Austrocknen eine starke Neigung zeigt, sich in
schraubenförmigen Windungen zu drehen. In der Richtung, nach welcher diese Drehung
beim Trocknen erfolgt, lief auch die ausgesplitterte Spirale herum, so daß diese
Erscheinung in der mechanischen Anordnung und Verbindung der Holzfasern den Grund zu
haben scheint und mit der Natur der Elektricität nichts zu thun hat. Ich habe
mehrere der ausgesplitterten Säulen genau zeichnen lassen.
Ein anderer Umstand von Belang ist, daß in keinem Falle, wo mehrere Säulen durch eine
Entladung beschädiget oder zerstört worden, dieses nur unmittelbar
aufeinanderfolgende sind, sondern daß sich zwischen den beschädigten immer einige
unbeschädigte befinden. Bei dem zwischen Brünn und Raigern eingetretenen
Blitzschlage wurde dieß zuerst wahrgenommen, und man wird dadurch angeregt, auf
diesen Umstand näher zu achten. Bei einem am 9 Julius 1847 zwischen Kindberg und
Krieglach erfolgten Blitzschlage, der drei Säulen zerschmetterte standen eine
derselben diesseits, die zwei anderen jenseits der Wartburgerbrücke; die auf der
Brücke selbst stehenden Säulen aber blieben unversehrt. Die Entladung, welche am 19
Julius bei Kindberg erfolgte, zerschmetterte die Säulen Nro. 101, 106, 109 und
beschädigte mehr oder weniger die Säulen Nro. 100, 103, 104, 105, 107, 108, 110,
111, 112, 113, 115, 118, die dazwischen befindlichen Nro. 102, 106, 109, 114, 116,
117 blieben aber ganz unversehrt. Die an demselben Tage bei Bruck eingetretene
Entladung zerstörte die Säulen Nro. 174, 175 und 176 ganz, die Säulen 172, 173, sowie 177 und 178
aber nur zum Theil, an der Säule Nro. 209 ward noch der Ableiter weggeschmolzen, wie
schon früher erwähnt worden ist. Nach der zwischen Brünn und Raigern stattgehabten
elektrischen Entladung waren 11 Säulen theils beschädigt, theils zerstört, zwischen
diesen blieben aber mehrere ganz unversehrt.
Nun sey es mir noch erlaubt, einige Bemerkungen zu machen über das was sich bezüglich
des elektrischen Zustandes der Luft und der Erde aus dem Vorhergehenden mit
ziemlicher Wahrscheinlichkeit folgern läßt.
Der Umstand, daß bei Tage ein beständiger elektrischer Strom von der Erde in die Luft
nach der höher gelegenen Gegend zu stattfindet, deutet darauf hin, daß die Erde
selbst in sich die Quelle einer elektrischen Erregung habe, wie dieses schon früher
von mehreren Gelehrten vermuthet, von einigen sogar durch factische Nachweisung,
jedoch nur local, dargethan worden ist. Dieser Strom verbindet sich häufig mit
anderen durch Induction der Luftelektricität hervorgebrachten, und daher mag es
kommen, daß man in einer langen Kette so oft einen schwächeren, ja sogar einen
solchen von entgegengesetzter Richtung wahrnimmt, als in einer nicht weit vom
Beobachtungsorte geschlossenen. Wenn demnach ein Blitzstrahl von einer Wolke zur
Erde herabfährt, so wird dieses nicht immer durch den Umstand veranlaßt, daß die
betreffende Stelle durch Induction von Seite der Luftelektricität eine Spannung
erhalten hat, sondern es ist vielleicht noch öfter das Daseyn einer selbstständigen
elektrischen Erregung Schuld, und es befindet sich die Stelle, wo der Schlag
erfolgt, in einem Zustande, wie eine geladene Leidnerflasche, deren eine Belegung
die Erde, die andere die elektrische Luftschichte vorstellt, während sich zwischen
beiden eine gleichsam indifferente Luftschicht befindet, welche die Stelle der
Glaswand der Flasche vertritt. Weiter fortgesetzte Beobachtungen an Telegraphen
werden hierüber hoffentlich mehr Licht verbreiten.