Titel: | Beschreibung von Nasmyth's Dampframmmaschine. |
Fundstelle: | Band 111, Jahrgang 1849, Nr. III., S. 13 |
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III.
Beschreibung von Nasmyth's Dampframmmaschine.
Aus dem Civil Engineer and Architect's, Oct. 1848, S.
289.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Nasmyth's Dampframmmaschine.
Diese Maschinen, welche sich Hr. James Nasmyth patentiren
ließ, werden von den HHrn. Nasmyth, Gasfell und Comp. in der Fabrik Bridgewater Foundry in Patricroft bei
Manchester ausgeführt.
Oeffentliche Werke erlangen selbst in ihren Details solche Größe und ihre
verschiedenen Theile werden so zahlreich, daß sie immer größere Ansprüche an die
Hülfsquellen machen, welche in der Mechanik oder der Maschinenbaukunst zu finden
sind. Es entstand daher oft ein Streit, ob eine gewisse Classe von Werken dem
Architekten oder dem Maschinenbaumeister zukomme, und Prof. Hosking geht so weit, das ganze Gebiet der Maschinenbaukunst als zur
Architektur gehörig zu erklären. Andere dagegen erklären viele der öffentlichen
Werke dem Wirkungskreis angehörig, in welchem sich der Mechaniker zu bewegen hat.
Die Röhrenbrücken über den Conway- und Menai-Meerbusen, die High
Level-Brücke in Newcastle, die eisernen und
Schraubenpfahl-Leuchtthürme, die Ketten- und Drahtbrücken sind
sicherlich mehr das Product des Mechanikers als des Architekten. Ein Beweis dafür
ist die sinnreiche von Hrn. Roberts erfundene
Jacquard-Maschine, um die Platten zur Röhrenbrücke über den Conway
(beschrieben im vorhergehenden Band des polytechn. Journals S. 402) zu lochen, und
zwar mit außerordentlicher Ersparniß an Zeit und Arbeit. Ein Seitenstück hiezu ist
die mächtige Dampframmmaschine des Hrn. Nasmyth, welche
in Folgendem beschrieben werden soll und mit größtem Erfolge beim Baue der High
Level-Brücke in Newcastle, der Docks in Plymouth und anderer großartiger
Werke angewandt wurde. Uebrigens müssen sich Architektur und Mechanik immer
gegenseitig unterstützen. Jedes mechanische Verfahren, welches die Productionskosten
verringert, sey es nun diejenigen einer Eisenbahn oder einer Nadel, trägt dazu bei,
die Anwendung des Products vielfältiger zu machen; wir sehen z.B. durch die
Fortschritte und Verbesserungen im Eisenbahnenbau einer großen Verringerung der
Eisenbahnkosten entgegen, und folglich einer Ausdehnung des Systemes unter
Umständen, wo eine Ausführung desselben der Kosten wegen bisher unmöglich war. Zeit
ist Gelb, und Geld gewinnt oft Zeit. In der gegenwärtigen Zeit hängt sehr viel von
dem schnellen und wohlfeilen Fördern der Werke ab, und es wird doppelt wichtig
überall da in der Mechanik Hülfe zu suchen, wo vorauszusehen ist, daß durch ihre
Anwendung wirksamer und wohlfeiler gearbeitet werden wird.
Die Vorzüge der Dampframmmaschine, mit welcher wir uns jetzt beschäftigen wollen,
bestehen: 1) in der directen Art, wie die Dampfkraft als Agens angewandt wird, um
den Rammklotz (monkey, d.h. den eisernen Block, welcher
auf den Pfahlkopf schlägt) so hoch zu heben, als es für den beabsichtigten Zweck
nöthig ist; 2) in der eigenthümlichen Art, wodurch der Pfahl selbst zur einzigen
Stütze des wirksamen oder rammenden Theils des Apparates gemacht wird. Bei dieser
Anordnung wird das ganze Gewicht der Maschine verwendet den Pfahl einzudrücken, und
wenn dann zu demselben noch der Schlag des Rammklotzes kommt, so wird natürlich das
Eindringen des Pfahls durch die starke Belastung noch befördert. Das auf dem Pfahle
ruhende Gewicht ist also ein sehr wirksames Mittel, um das Zurückspringen des
Pfahles zu verhüten, soweit dieß nämlich durch eine Belastung von drei Tonnen
erreicht werden kann; 3) in der eigenthümlichen Art, durch welche dem arbeitenden
(rammenden) Theile des Apparates gestattet ist, sich nach und nach mit dem Pfahle
tiefer zu stellen und so denselben beim Eindringen in die Erde beständig zu leiten,
sowie das Verdrehen desselben oder ein Verlaufen von der beim Beginne gegebenen
Richtung zu verhüten; 4) in der eigentümlichen Weise, durch welche den Schlägen des
Rammklotzes eine ohne Vergleich größere Wirksamkeit ertheilt werden kann, als durch
die Fallgeschwindigkeit allein zu erreichen wäre.
In der Zeichnung ist eine Patent-Dampframmmaschine abgebildet, welche zwei
Reihen von Pfählen zugleich einrammt, ohne daß es nothwendig wäre zum Aufstellen der
Maschine vorher ein besonderes Gerüste zu bauen, da dieselbe sich ihren Weg selbst
macht, wenn sie vorwärts bewegt wird. Fig. 1 ist eine
Seitenansicht, Fig.
2 ein Durchschnitt nach der Linie A, B von
Fig. 4.
Fig. 3 ist
eine Ansicht von vorne; Fig. 4 ein Grundriß, in
welchem die auf der Platform angebrachte Dampfmaschine zu sehen ist. Fig. 5 ist ein Grundriß
des Rahmenwerkes, welches die Platform und die Sägen trägt. Fig. 6 und 7 stellen in größerem
Maaßstabe den Dampfcylinder und den Rammklotz dar.
Der Apparat und die Maschine bestehen aus folgenden Theilen: Erstens aus einem
Dampfkessel A, welcher, den Locomotivkesseln ähnlich,
einen höherliegenden Dampfraum hat. Dieser Kessel steht auf einer Platform B, welche mit eisernen Rädern b versehen ist, die auf Eisenbahnschienen b¹ laufen; letztere sind auf Balken b² gelegt, welche aus den Köpfen der eingerammten Pfähle aufruhen. Aufrecht auf
der Platform stehen verticale Leitbalken C, C, welche an
ihrem oberen Ende Rollen c, c, c¹, c¹ tragen.
Zweitens aus einer kleinen Dampfmaschine D, welche
horizontal in der Mitte der Platform liegt. Dieselbe hat eine Bläuelstange d, einen Krummzapfen d¹ und auf der Kurbelachse ein Getriebe d², welches in ein Zahnrad e eingreift, das
an dem Ende einer Achse E befestigt ist. An der
entgegengesetzten Seite der Achse E befindet sich ein
Getriebe e¹, welches in ein zweites Zahnrad f eingreift, und letzteres steckt auf einer langen Welle
F, die mit zwei Getrieben f¹ und f¹ versehen ist, welche
in zwei Räder f² und f² eingreifen. Diese Räder sind auf den Achsen von zwei
spiralförmig genutheten Kettentrommeln f³, f³ fest, um welche sich die Ketten f⁴, f⁴
wickeln, wenn der Dampframmapparat gehoben werden soll. Auf den Enden der Achse F stecken zwei kleinere Seil- ober Kettentrommeln
G zur Aufnahme der Seile oder Ketten g¹, durch welche die Pfähle in die Höhe gezogen
werden.
Drittens aus dem eigentlichen Rammapparat, welcher aus einem Cylinder H besteht, dessen Kolbenstange durch seinen Boden geht
und direct mit dem 35 Cntr. schweren eisernen Rammklotz I verbunden ist. Letzterer liegt innerhalb eines schmiedeisernen Kastens
von quadratischem Querschnitte J, der dem Hammer beim
Heben und Fallen als Führung dient und auf den Schultern j,
j des Pfahles K aufruht. Da durch das
Uebergreifen des Kastens der Pfahl an seinem oberen Ende festgehalten wird, so kann
sich derselbe weder verdrehen, noch von der Lage abweichen, welche ihm durch die
verticalen Pfosten C gegeben wird. Der Kasten J ist nämlich durch die Führungsbacken j¹, j¹ so mit
der Bahn an den Pfosten C verbunden, daß er nur
geradlinig sich auf- und abwärts bewegen kann. L,
L sind Dampfröhren, welche von dem Kessel A aus
zu dem Dampfcylinder H führen; sie sind durch gußeiserne
Wirbelgelenke mit einander verbunden.
Viertens aus horizontalen Sägen M, M, welche sich unter
der Platform befinden und die Köpfe der eingetriebenen Pfähle in gleicher Höhe
abschneiden. Die Sägen werden durch conische Räder m in
Bewegung gesetzt, von denen das eine auf der mittleren Welle E fest ist.
Um die Wirkung dieser Maschine deutlich beschreiben zu können, wollen wir annehmen,
daß der rammende Theil derselben, welcher in Fig. 1 und vergrößert in
Fig. 6 und
7
abgebildet und mit den Buchstaben H, I, J bezeichnet
ist, durch die kleine Maschine D und das Räderwerk F in die Höhe gewunden sey. Ist nun der Pfahl K senkrecht gestellt, so läßt man den Rammapparat auf
dessen Schultern nieder. Der Dampf wird dann unter den Kolben in den Cylinder H eingelassen, und zwar durch die gegliederten
schmiedeisernen Röhren L, L, L welche den Kessel A mit dem Cylinder H
verbinden, auf welcher Höhe auch immer der Cylinder stehen mag. Durch das Eintreten
des Dampfes unter den Kolben wird der Dampfhammer gehoben und der 35 Cntr. schwere
Block I macht nun 75 bis 80 Schläge in der Minute bei
einem Fall von 3 Fuß, und trifft den Pfahlkopf mit solcher Wirksamkeit, daß der
Pfahl durchschnittlich je nach der Beschaffenheit des Erdreichs 5 bis 10 Fuß tief
per Minute in den Boden einsinkt. Der Apparat H, I, J folgt bei jedem Schlage dem sinkenden Pfahle, da
die Schultern desselben die einzige Stütze für den rammenden Theil der Maschine
bilden, welcher deßhalb so angeordnet ist, daß er an der Seitenfläche der verticalen
Stütze C hinabgleiten kann, so oft ein Schlag den
Pfahlkopf getroffen und ihn tiefer gestellt hat. Die Wirkung dieser Vorrichtung ist
so rasch, daß das Auge kaum einen Moment des Stillstandes an dem Pfahl wahrnehmen
kann. Die abgegliederte Dampfröhre richtet sich dabei von selbst nach jeder neuen
Lage, welche der sinkende Pfahl den Apparat anzunehmen zwingt. Um den Dampfschieber
zu öffnen und zu schließen, ist innerhalb des eisernen Kastens an dem Rammklotz eine
kleine schiefe Ebene angebracht, welche mit dem Ende eines kleinen Hebels in
Berührung kommt, der durch einen Schlitz an der Seite des Kastens J in denselben hineinreicht, wie dieß aus Fig. 6 und 7 ersichtlich
ist, und so den Schieber in der an den Cylinder H
angegossenen Dampfbüchse bewegt. Ist der Kolben durch den Dampf auf die bestimmte
Höhe gehoben, so wird der Schieber mittelst des Hebels geschlossen und zugleich die
Auslaßmündung geöffnet, so daß der Dampf in die Luft entweichen und der Rammklotz
fallen kann.
Sobald der Pfahl bis zu der nöthigen Tiefe eingetrieben ist, wird der Apparat durch
die kleine Dampfmaschine D wieder in die Höhe gewunden.
Der nicht folgende Pfahl K¹, welcher zu gleicher
Zeit durch die Maschine D und die Trommeln G aufgerichtet worden seyn kann und zum Eintreiben
bereits hergerichtet ist, wie aus Fig. 1 ersichtlich, wird
dann auf den Platz gestellt, wo er eingetrieben werden soll. Das ganze Rammwerk wird
sodann auf seinen Rädern vorwärts bewegt und der Apparat auf die Schultern des neuen
Pfahles niedergelassen. Die Zugkette f⁴ wird nun
ganz nachgelassen, so daß der Apparat allein auf dem Pfahle aufruht und mit
demselben, wie vorher beim Rammen, sinken kann. Hierauf läßt man wieder Dampf in den
Cylinder H und das Rammen geht nun wie früher vor sich.
Man muß die Leichtigkeit und Schnelligkeit, mit welcher der ganze Proceß ausgeführt
wird, gesehen haben, um
den Werth der Maschine beurtheilen zu können. Mit derselben wurden in einem
besonderen Falle Pfähle eingerammt, wo alle Versuche mit gewöhnlichen Rammmaschinen
gänzlich erfolglos gewesen wären.
Bemerkenswerth ist, daß ungeachtet der ungeheuren Schläge, welche diese Maschine auf
die Pfahlköpfe ausübt (in Folge des Falles eines 35 Cntr. schweren Hammers, wenn
derselbe auch nur die Geschwindigkeit annimmt, die er bei einem Falle von 3 Fuß
erreichen kann), dennoch die Pfahlköpfe beim Rammen nicht den mindesten Schaden
leiden; so zwar, daß die Pfahlköpfe nach dem Einrammen regelmäßiger gestaltet sind
als zuvor.
Um dem Schlage des Rammklotzes einen größeren Grad von Wirksamkeit zu verschaffen,
als er bloß aus dem Falle von 3 Fuß Höhe hervorgehen kann, wurde der obere Theil des
Cylinders H luftdicht gemacht und bei h eine Reihe von Oeffnungen angebracht. Sobald der
Kolben bei seinem Aufsteigen diese Oeffnungen bedeckt, muß bei jeder weiteren
Bewegung in dieser Richtung die Luft comprimirt werden, welche sich zwischen dem
Deckel und der oberen Kolbenfläche befindet. Diese comprimirte Luft ertheilt bei
ihrer nachherigen Ausdehnung dem Schlage dieselbe Wirksamkeit, die er erreicht haben
würde durch den Fall des Rammklotzes von derjenigen Höhe, auf welche solchen das
beim Heben durch den Dampf erzeugte Moment geschleudert hätte.
Schließlich theilen wir noch folgendes Zeugniß des Hrn. Robert Stephenson über die beschriebene Maschine mit: „Die
Patent-Dampframmmaschine des Hrn. Nasmyth
wurde vor einiger Zeit beim Fundamentiren der High Level-Brücke in
Newcastle-upon-Tyne und des Viaductes über den Fluß Tweed bei
Berwick angewandt. Ihre Arbeit war triumphirend erfolgreich (triumphanthy successful). Pfähle wurden mit großer
Ersparniß und merkwürdiger Geschwindigkeit da eingetrieben, wo die gewöhnlichen
Methoden durchaus erfolglos geblieben wären. Ich betrachte diese Maschine als
eines der schätzbarsten und wichtigsten mechanischen Hülfsmittel, welche in
neuerer Zeit zu Gunsten des Bauwesens erfunden wurden.“