Titel: | Untersuchung des Krapps; von Eduard Schunck. |
Fundstelle: | Band 110, Jahrgang 1848, Nr. X., S. 40 |
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X.
Untersuchung des Krapps; von Eduard Schunck.
Im Auszug aus den Annalen der Chemie und Pharmacie,
1848, Bd. LXVI Heft 2.
Schunck, Untersuchung des Krapps.
Die große Wichtigkeit der Wurzel der Krapppflanze (Rubia
tinctoria) für die Färbekunst hat schon viele Chemiker
zur Untersuchung derselben veranlaßt, theils um die chemischen Eigenschaften der
darin enthaltenen Substanzen kennen zu lernen, theils in der Absicht etwas Licht in
den ziemlich complicirten Proceß der Krappfärberei zu bringen und somit zu
Fortschritten in dieser Kunst beizutragen. Nach den vorläufigen Versuchen von Watt, Kuhlmann (1823), Buchholz und John erschien die
erste genauere Untersuchung von Robiquet und Colin im Jahr 1826, welche das Alizarin entdeckten, ein
flüchtiger, in orangerothen Nadeln krystallisirender Körper, der nach diesen
Chemikern den Farbstoff des Krapps im Zustande der Reinheit darstellte. Diese
Substanz wurde mit Hülfe der Hitze gewonnen, und es war bis jetzt eine Streitfrage,
ob dieser Stoff in der Krappwurzel als solcher enthalten sey, oder ob er aus anderen
Substanzen durch die Einwirkung der Wärme erst gebildet werde. Ich werde in dieser
Abhandlung Gelegenheit haben die Ansicht Robiquet's zu
bestätigen, daß das Alizarin fertig gebildet in der Pflanze vorhanden ist und in der
Wärme nur verflüchtigt wird. Etwa zur selben Zeit veröffentlichten Gaultier
de
Claubry und Persoz ihre
Versuche über Krapp. Diese Chemiker untersuchten zuerst die Einwirkung der
concentrirten Schwefelsäure auf Krapp und zeigten, daß der Farbstoff hierbei nicht
zerstört werde. Indem sie Krapp nach der Einwirkung von Schwefelsäure mit
kohlensaurem Natron und hierauf mit Alaun behandelten, erhielten sie zwei
Substanzen, deren einen sie Krapproth-, den anderen
Krapprosa-Farbstoff nannten. Bald darauf machte Kuhlmann die Entdeckung eines eigenthümlichen Stoffes im Krapp bekannt,
den er Xanthin nannte und den er für eine Art Farbstoff hielt. Im Jahr 1835
veröffentlichte Runge eine Abhandlung über Krapp, in
welcher er fünf von ihm dargestellte Substanzen beschrieb, nämlich Krapppurpur,
Krapproth, Krapporange, Krappgelb und Krappbraun. Die drei ersten derselben hielt er
für geeignet zum Färben. Die beiden ersten wurden kürzlich von Schiel untersucht. Seine Darstellungsart weicht nicht wesentlich von der
Runge's ab. In Folge von Analysen des Krapproths und
Krapppurpurs gibt er ersterem die Formel: C28
H9
O9, letzterem dagegen:
C28
H10
O15. Er ist der Ansicht daß diese
beiden Substanzen durch Einwirkung der Wärme zersetzt werden und daß die in Folge
dessen auftretenden Krystalle eine von den ursprünglichen Substanzen abweichende
Zusammensetzung haben.
Ich beabsichtige in dem Folgenden eine Darstellung meiner Untersuchung dieses
verwickelten Gegenstandes zu geben. Ich schicke voraus, daß die Versuche mit
Krappwurzeln angestellt wurden, welche wenige Wochen zuvor geerntet worden waren. Um
alle in der Wurzel enthaltenen Substanzen ausziehen zu können, fand ich es am
besten, die grob zerriebene Wurzel zuerst mit kochendem Wasser zu behandeln. Es
waren auf 1 Pfd. Wurzeln 16 Quart Wasser erforderlich. Nach mehrstündigem Kochen
wurde die Flüssigkeit noch kochend durch ein Stück Zitz gegossen. Sie war von
dunkelbrauner Farbe und auf Zusatz von Säure entstand ein dunkelbrauner
Niederschlag, während die Flüssigkeit eine hellgelbe Farbe annahm. Dieser braune
Niederschlag, einerlei, ob man Schwefelsäure, Salzsäure oder Oxalsäure anwenden
mochte, wurde durch Decantiren und Filtriren von der Flüssigkeit getrennt und der
Säure-Ueberschuß desselben mit kaltem Wasser ausgewaschen. Obgleich die Menge
dieses Niederschlags verhältnißmäßig gering ist, so enthält er doch allen Farbstoff
der Lösung, im ganzen aber sieben verschiedene Substanzen, nämlich: zwei Farbstoffe,
zwei Harze, einen Bitterstoff, Pektinsäure und eine dunkelbraune Substanz,
wahrscheinlich oxydirten Extractivstoff. Der eine der beiden Farbstoffe ist Robiquet's Alizarin, der andere aber ein neuer Körper,
den ich Rubiacin nennen werde. Den Bitterstoff, der, soviel ich weiß, bis jetzt noch
nicht beobachtet wurde, nenne ich Rubian. Wird der dunkelbraune Niederschlag mit
kochendem Wasser erschöpft, so lösen sich Alizarin, Rubian, Pektinsäure, nebst einer
geringen Menge des Harzes auf, während Rubiacin, der größere Theil der Harze und die
dunkelbraune Substanz zurückbleiben. Wird die kochende Flüssigkeit durch ein Tuch
gegossen und hierauf erkalten gelassen, so scheidet sich das Alizarin, gemengt mit
etwas Harz, in Flocken von schmutzigrother Farbe aus. Der ungelöst bleibende
Rückstand hat eine hellere Farbe als zuvor. Wird derselbe mit Wasser vermischt und
im Sonnenschein bewegt, so bemerkt man in ihm krystallinische Theile, welche
Rubiacin sind. Wird der dunkelbraune Niederschlag mit kochendem Alkohol behandelt,
so lösen sich Alizarin, Rubiacin, Rubian und die beiden Harze auf, während
Pektinsäure und die dunkelbraune Substanz zurückbleiben. Wird derselbe mit
verdünnter Salpetersäure gekocht, so entwickelt sich salpetrige Säure und man
bemerkt außerdem einen eigenthümlichen stechenden Geruch, während der Rückstand eine
hell- oder
orangegelbe Farbe annimmt. Durch die Einwirkung der Salpetersäure werden Alizarin,
Rubian und die dunkelbraune Substanz zerstört, während Rubiacin, die zwei Harze und
Pektinsäure unverändert bleiben. Der dunkelbraune Niederschlag besitzt eine große
färbende Kraft. Wird etwas davon mit wenig Wasser vermischt und ein gebeiztes Zeug
eingebracht, so nimmt dasselbe, während die Flüssigkeit allmählich zum Kochen
erhitzt wird, die nämliche Farbe an, als wenn es mit Krapp gefärbt worden wäre. Wird
derselbe Versuch aber mit dem Niederschlag wiederholt, der durch die Einwirkung der
Salpetersäure gelb geworden ist, so findet man, daß er vollständig seine färbende
Kraft verloren hat, zum Beweise daß der eigentliche Farbstoff des Niederschlags
zerstört worden ist.
Ungeachtet der großen Umständlichkeit im Vergleich zur geringen Menge des braunen
Niederschlags habe ich doch gefunden, daß die angegebene Methode in der That die
einfachste ist, um die Farbstoffe des Krapps, die den Hauptgegenstand der
Untersuchung bilden, darzustellen. Alle Versuche dieselben durch Ausziehen mit
Alkali z. B. zu erhalten, scheiterten in Betracht der großen Menge von anderen
Substanzen, welche zugleich mit ausgezogen wurden. Nach zahlreichen Versuchen habe
ich die folgende Trennungsmethode der in dem Niederschlag enthaltenen Stoffe als die
beste erkannt. Nachdem derselbe bis zur Entfernung der zum Niederschlagen
angewandten Säure mit kaltem Wasser ausgewaschen worden ist, aber auch nicht länger,
wird er, noch feucht, mit siedendem Alkohol behandelt und die Flüssigkeit kochend
abfiltrirt. Dieselbe besitzt eine dunkel gelb-braune Farbe; der Rückstand auf
dem Filter ist bräunlich-purpurn und flockig. Er wird wiederholt mit
kochendem Alkohol behandelt, bis die Flüssigkeit nur noch eine schwach gelbe Farbe
annimmt. Aus der heißen Flüssigkeit scheidet sich beim Erkalten häufig ein
dunkelbraunes Pulver ab, das aus dem einen Harz besteht. Die alkoholische Lösung
wird wieder zum Kochen erhitzt und alsdann mit frischgefälltem Thonerdehydrat
versetzt. Die Thonerde nimmt eine rothe Farbe an, indem sie das Alizarin, Rubian,
Rubiacin und einen Theil der Harze bindet, und man fährt mit dem Zusatz von Thonerde
so lange fort, bis der Alkohol beinahe vollständig entfärbt ist. Die gefärbte
Thonerde bringt man auf ein Filter und wäscht sie mit neuem Alkohol aus, worauf man
dieselbe in eine starke, kochende Lösung von kohlensaurem Kali einträgt. Von allen
den Substanzen nun, welche mit der Thonerde verbunden sind, ist das Alizarin die
einzige, welche der Einwirkung eines starken Alkali's widersteht, während die
Verbindungen der übrigen Substanzen mit Thonerde zersetzt werden. Die Substanzen selbst lösen sich in
der Lauge auf und theilen ihr eine tiefrothe Farbe mit und nur die
Alizarinverbindung und der Ueberschuß der Thonerde bleiben ungelöst. Man wiederholt
das Kochen mit kohlensaurem Kali, bis die Flüssigkeit nur noch eine schwachpurpurne
Färbung annimmt. Die zurückbleibende Alizarin-Thonerde besitzt eine tief
braun-rothe Farbe. Dieselbe wird durch kochende Salzsäure zersetzt, wobei ein
hellrothes, etwas krystallinisches Pulver zurückbleibt, welches das Alizarin
darstellt. Man wirft es auf ein Filter und wäscht es bis zur Entfernung aller Säure
und der salzsauren Thonerde aus, löst es dann in kochendem Alkohol und läßt die
filtrirte Lösung 24 Stunden lang stehen. Im Falle dieselbe concentrirt war, findet
man auf dem Boden des Gefäßes lange, glänzende, rothgelbe Krystalle, welche reines
Alizarin sind. Häufig zeigt sich zugleich eine geringe Menge eines braunen Pulvers,
das eines der Harze ist und zwischen die Krystalle sich absetzt. Dasselbe läßt sich
leicht entfernen, indem man die Krystalle mit Alkohol bewegt, wobei das Pulver
suspendirt bleibt und abgegossen werden kann, während die schwereren Krystalle sich
auf dem Boden absetzen. Man trocknet die Krystalle auf Filtrirpapier an der Luft.
Der Alkohol, woraus sich dieselben abgeschieden haben, läßt sich zur Auflösung neuer
Mengen von Alizarin benutzen, da die Löslichkeit des letzteren in Alkohol nicht sehr
groß ist. Hat man indessen anfangs soviel Alkohol gewonnen, daß sich keine Krystalle
abgesetzt haben, so muß man denselben freiwillig verdunsten lassen, wodurch
gleichfalls Krystalle erhalten werden. Erhält man statt langer nadelförmiger
Krystalle nur eine krystallinische Masse, in welchem Falle das Alizarin in der Regel
unrein ist, so muß es einer neuen Krystallisation unterworfen werden.
Die Lösung von kohlensaurem Kali, welche mit dem Thonerde-Niederschlag gekocht
worden war, besitzt eine tiefrothe Farbe. Sie enthält Rubiacin, Rubian und die zwei
Harze in Verbindung mit Kali. Diese Substanzen werden zusammen durch Zusatz von
Salzsäure in braunen Flocken gefällt, die man auf einem Filter sammelt und mit
kaltem Wasser auswäscht. Sobald die Säure ausgewaschen ist, beginnt das Rubian sich
zu lösen und die nun gelbe Flüssigkeit wird für sich aufgesammelt, so lange dieselbe
noch gefärbt und von bitterem Geschmack ist. Durch Abdampfen dieser Lösung erhält
man das Rubian als durchsichtigen, gelben Extract, der in größeren Massen
dunkelbraun erscheint. Das was in dem Wasser sich nicht löste, besteht aus Rubiacin
und den beiden Harzen. Man vereinigt es mit dem Rückstand der alkoholischen Lösung,
aus welcher das Alizarin und die anderen Substanzen durch Thonerde niedergeschlagen
wurden, da derselbe ebenfalls Harz enthält Obgleich nun Rubiacin ein krystallisirbarer Körper ist,
so ist es doch unmöglich, ihn von den damit gemengten Substanzen durch
Krystallisation zu trennen. Die einzige Methode welche ich brauchbar gefunden habe,
ist folgende: das Gemenge der drei Substanzen wird mit einer kochenden Lösung von
Eisenchlorid oder salpetersaurem Eisenoxyd behandelt. Rubiacin besitzt die
Eigenschaft sich durch Einwirkung dieser Substanzen aufzulösen, wobei stets ein
beträchtlicher Theil desselben eine Veränderung erleidet. Es nimmt Sauerstoff auf
und verwandelt sich in eine Säure, welche ich Rubiacinsäure nennen werde. Die
Verbindung dieser Säure mit Eisenoxyd bleibt gleichfalls im Wasser gelöst. Zugleich
löst sich eines der Harze, das ich Alphaharz nenne, in der Eisenoxydlösung auf. Das
andere Harz, das ich mit Betaharz bezeichne, bleibt in Verbindung mit Eisenoxyd
ungelöst. Nachdem das Eisenoxydsalz einige Zeit mit dem Gemenge der drei Substanzen
gekocht worden ist, nimmt es eine tiefrothbraune Farbe an, ähnlich der von
Schwefelcyaneisen. Wenn man abfiltrirt, so bleibt eine dunkelbraune, fast schwarze,
flockige Substanz zurück, welche das Betaharz in Verbindung mit Eisenoxyd ist. Setzt
man Salzsäure zu dem Filtrat, so bildet sich ein hellgelber Niederschlag, der ein
Gemenge von Rubiacin, Rubiacinsäure und Alphaharz ist; man wirft ihn auf ein Filter
und wäscht ihn bis zur Entfernung der Salzsäure und des Eisenoxyds mit Wasser aus.
Während des Waschens, besonders wenn man warmes Wasser anwendet, verschwindet die
gelbe Farbe und er wird braun. So lange er noch feucht ist, wird er nun mit
kochendem Alkohol behandelt, welcher Rubiacin und Alphaharz aufnimmt und in Folge
dessen eine tief braungelbe Farbe annimmt. Wenn man denselben heiß filtrirt und
erkalten läßt, so scheidet sich ein citronengelbes Pulver ab, das aus kleinen
Krystallen von Rubiacin besteht. Die in kochendem Alkohol fast unlösliche
Rubiacinsäure bleibt auf dem Filter zurück. Sie wird wiederholt mit kochendem
Alkohol behandelt, bis die Flüssigkeit nur noch schwach gelb gefärbt erscheint. Der
Rückstand wird hierauf mit einer Lösung von kohlensaurem Kali gekocht, worin er sich
mit blutrother Farbe auflöst. Durch Filtration trennt man eine gewöhnlich
zurückbleibende geringe Menge von Eisenoxyd und die Lösung setzt beim Erkalten eine
Masse von hellrothen Krystallen von rubiacinsaurem Kali ab, die man durch
Umkrystallisiren reinigt. Das aus Alkohol abgeschiedene Rubiacin läßt sich kaum
durch Umkrystallisiren reinigen und es ist daher räthlicher, dasselbe wiederholt in
Eisenchlorid aufzulösen und mit Salzsäure, kochendem Alkohol und kohlensaurem Kali
wie früher zu behandeln. Der einzige mir bekannte Weg Rubiacin in reinem Zustande
darzustellen, ist der,
dasselbe in reines rubiacinsaures Kali zu verwandeln und hieraus, nach später zu
beschreibender Methode, wieder Rubiacin herzustellen. Das Alphaharz bleibt, wie
erwähnt, in dem Alkohol gelöst. Durch Verdampfen desselben erhält man einen dunkel
braunrothen Rückstand, in welchem man dunkelbraune Kugeln unterscheiden kann. Diese
Masse ist ein Gemenge von Rubiacin und Alphaharz. Bringt man dieselbe in kochendes
Wasser, so schmilzt sie zu dunkelbraunen Tropfen, welche sich vereinigen und zu
Boden sinken, während das Rubiacin als ein leichtes Pulver im kochenden Wasser
schwebend bleibt und abgegossen werden kann. Nach mehrmaliger Wiederholung dieses
Verfahrens, so lange man noch ein gelbes Pulver in dem kochenden Wasser bemerkt,
bleibt das Harz als dunkel rothbraune Masse zurück, welche nach dem Erkalten
zerreiblich ist. Das Betaharz blieb, wie erwähnt, in Verbindung mit Eisenoxyd
ungelöst zurück. Durch Kochen mit Salzsäure wird das Eisenoxyd gelöst und das Harz
kann auf ein Filter gebracht und durch Waschen mit Wasser von Eisenoxyd und
Salzsäure befreit werden. Behandelt man es nun mit kochendem Alkohol, so löst es
sich mit gelblichbrauner Farbe auf und wird beim Erkalten als braunes Pulver
abgesetzt, das man auf dem Filter sammelt und trocknet.
Ich kehre nun zu dem Theil des dunkelbraunen, durch Säuren in der Abkochung von Krapp
entstandenen Niederschlags zurück, der in kochendem Alkohol unlöslich ist. Er
besitzt eine dunkel purpurbraune Farbe. Derselbe wird wiederholt mit kochendem
Wasser behandelt, bis sich nichts mehr löst. Die filtrirte Flüssigkeit ist hellbraun
und etwas schleimig. Beim Abdampfen zur Trockne bleibt eine dunkelbraune,
durchsichtige Substanz, welche sich leicht von dem Gefäß in dünnen Blättchen ablöst.
Es ist, wie die später zu beschreibenden Reactionen zeigen werden, Pektinsäure. Das
was das Wasser ungelöst zurückließ, ist dunkelbraun und gleichfalls in kochendem
Alkohol unlöslich. Es wurde mit Kalilauge behandelt, worin es sich größtentheils mit
dunkelbrauner Farbe löste, während ein Gemenge von Eisenoxyd und schwefelsaurem Kalk
zurückblieb. Auf Zusatz von Säure scheiden sich aus der Lösung dunkelbraune Flocken
ab, die man auf dem Filter sammelt, auswäscht und trocknet. Beim Erhitzen auf
Platinblech verbrennt diese Substanz ohne bedeutende Flamme und hinterläßt viel
Asche. Sie wird durch verdünnte Salpetersäure beim Kochen leicht zersetzt und unter
Entbindung von rothen Dämpfen in eine gelbe flockige Substanz verwandelt. Da diese
Substanz in allen Lösungsmitteln, mit Ausnahme der Alkalien, unlöslich ist, so
glaube ich daß dieselbe durch Einwirkung der Luft auf irgendeine Substanz des
wässerigen Auszugs des Krapps entstanden ist, und ich werde später eine damit wohl identische Materie
beschreiben, welche durch Einwirkung der Luft auf den Extractivstoff des Krapps
entsteht. Es kann indessen kein Zweifel obwalten, daß die braune Farbe des durch
Säuren in der Krappabkochung entstandenen Niederschlags dieser Substanz
zugeschrieben werden muß, da alle andern darin enthaltenen Substanzen nicht braun,
sondern gelb oder orangefarben niedergeschlagen werden.
Ich werde nun zur Betrachtung derjenigen Flüssigkeit übergehen, welche von dem durch
Säure erzeugten dunkelbraunen Niederschlag abfiltrirt wurde. Um in derselben keine
freie Säure zu lassen, wurde ein Theil der Krappabkochung mit Oxalsäure gefällt, von
dem braunen Niederschlag abfiltrirt und die freie Säure mit Kalk neutralisirt. Die
abermals filtrirte Flüssigkeit besaß eine hellgelbe Farbe und wurde auf dem Sandbade
abgedampft. Während des Abdampfens färbte sie sich allmählich dunkler und es
hinterblieb ein dicker dunkelbrauner Syrup, der sich auf dem Sandbade nicht trocknen
ließ. Beim Wiederauflösen in Wasser blieb ein dunkelbraunes Pulver zurück, und dieß
wiederholte sich jedesmal, so oft man die Lösung zur Trockne brachte und wieder
auflösen wollte. Es ist daher unzweifelhaft, daß dieses Pulver durch Einwirkung der
Luft in der Wärme des Abdampfens aus irgendeinem gelösten Stoff erzeugt wurde. Beim
Verbrennen einer Probe des Syrups im Platintiegel blähte er sich außerordentlich auf
und entwickelte empyreumatische Producte, die mit Flamme verbrannten, worauf eine
bedeutende Menge weißer Asche zurückblieb. Die Asche löste sich theilweise in Wasser
auf, die Lösung enthielt neben einer Spur von Kalk und Magnesia hauptsächlich Kali,
verbunden mit Kohlensäure, Schwefelsäure und Salzsäure. Der unlösliche Theil der
Asche bestand aus kohlensaurem Kalk, Magnesia, etwas Thonerde, phosphorsaurem Kalk
und phosphorsaurer Magnesia. Die wässerige Lösung des braunen Syrups besaß eine
saure Reaction. Sie enthielt keinen Gerbstoff und kein Gummi. Mit Salzsäure oder
Schwefelsäure gekocht wurde sie dunkel gefärbt und setzte einen tief grünen
Niederschlag ab. Bleizucker bewirkte in der Lösung einen schmutzigen, flockigen
Niederschlag, der auf Zusatz von Bleiessig noch reichlicher ausfiel. Der folgende
Versuch zeigte, daß durch die Säure sämmtlicher Farbstoff der Abkochung gefällt
worden war. Die selbe wurde nämlich mit Schwefelsäure gefällt und die filtrirte
Flüssigkeit mit Kalk neutralisirt und abermals von dem Niederschlag getrennt. Sie
theilte nun gebeiztem Zeug nicht die geringste Farbe mit, während der Niederschlag
nach Entfernung der freien Säure auf gleiche Weise färbte, wie der Krapp selbst.
Eine beträchtliche Menge des braunen Syrups wurde in Wasser gelöst, mit Bleiessig gefällt, vom
Niederschlag abfiltrirt und das überschüssige Bleioxyd aus der Lösung mit
Schwefelwasserstoff gefällt. Die Flüssigkeit wurde hierauf über Schwefelsäure
abgedampft, da sie bei Anwendung von Wärme ein braunes Pulver absetzte. Nach
mehrwöchentlichem Verweilen über Schwefelsäure blieb ein gelber oder
bräunlichgelber, honigartiger Rückstand, der nicht trocken wurde. Diese Substanz,
obgleich sie nicht rein war, halte ich für identisch mit Kuhlmann's Xanthin oder Runge's Krappgelb. Im
Fall der Krapp Zucker enthielt, mußte derselbe in diesem Rückstand enthalten seyn,
doch konnte ich keinen daraus darstellen. Indessen habe ich auf folgende Weise das
Vorhandenseyn irgendeiner Zuckerart nachgewiesen. Ein halber Centner Krapp wurde mit
Wasser einige Stunden lang gekocht und die Flüssigkeit hierauf kochend zum
geeigneten Volum eingeengt und mit Hefe versetzt. Ich erhielt hieraus durch
Destillation eine alkoholische Flüssigkeit, welche bei der zweiten Destillation
21½ Unzen Alkohol von 0,935 specifischem Gewicht lieferte und hiernach 9
Unzen absoluten Alkohol enthielt.
Der durch basisch-essigsaures Bleioxyd in der Lösung des braunen Syrups
erzeugte Niederschlag wurde mit Schwefelwasserstoff zersetzt und die Lösung
verdampft. Es blieb ein dunkelbrauner Syrup von saurem Geschmack und saurer
Reaction. Nach wiederholtem Auflösen und Abdampfen schied sich ein dunkelbraunes
Pulver ab, wie bei der ursprünglichen Lösung, ohne daß die saure Reaction aufhörte.
Er konnte vielleicht eine organische Säure enthalten, die indessen weder Oxalsäure,
Weinsäure, Aepfelsäure, noch Citronensäure seyn konnte. Indessen gab die wässerige
Lösung einen Niederschlag mit Ammoniak und schwefelsaurer Magnesia, und nach
Zerstörung der organischen Substanz durch Abdampfen mit Salpetersäure entstand auf
Zusatz von salpetersaurem Silberoxyd und Ammoniak ein gelber Niederschlag. Ich
schließe hieraus, daß die saure Reaction des braunen Syrups von Phosphorsäure
herrührte. Das bei obiger Zersetzung des Niederschlags erhaltene Schwefelblei wurde
kochend mit Kalilauge behandelt, wobei eine dunkelbraune Lösung entstand, welche mit
Salzsäure einen dunkelbraunen Niederschlag gab. Diese Substanz verhielt sich wie der
braune Körper, der beim Abdampfen des Xanthins in Folge der Einwirkung der Luft sich
ausschied und ich halte denselben für identisch mit dem dunkelbraunen Körper, der in
dem durch Säuren erhaltenen Niederschlag enthalten ist.
Ich gehe nun zur Betrachtung der in der Krappwurzel zurückgebliebenen Substanzen
über. Es ist schon längere Zeit bekannt, daß schon zum Färben gebrauchter Krapp
durch Behandlung mit Schwefelsäure oder Salzsäure und Entfernung der Säure durch Waschen mit
Wasser sich in gleicher Weise wie frischer Krapp zum Färben benutzen läßt. Das auf
solche Art gewonnene Fabricat kommt unter dem Namen Garanceux im Handel vor. Es
wurde daher Krapp so lange mit siedendem Wasser behandelt, bis die Flüssigkeit mit
Säuren nicht den geringsten Niederschlag mehr gab. Es bedurfte hiezu eines lange
dauernden Kochens. Die Farbe des Krapps ging hierbei von gelblichbraun in
schwachroth über. Er wurde hierauf mit siedender Kalilauge behandelt, welche sich
braun färbte und mit Salzsäure einen gallertartigen Niederschlag von brauner Farbe
gab. Derselbe wurde auf ein Filter gebracht und nach dem Auswaschen mit einer
beträchtlichen Menge siedenden Wassers behandelt, worin er sich vollständig mit
hellbrauner Farbe löste. Die Lösung gab mit Säuren, Baryt und Kalkwasser, Alkohol
und den meisten Salzen Niederschläge. Sie hinterließ beim Abdampfen hellbraune,
durchsichtige Schüppchen, welche sich als Pektinsäure auswiesen. Weder Farbstoff
noch eine andere Substanz schien durch das Alkali ausgezogen zu seyn. Die
Pektinsäure rührte wahrscheinlich von pektinsaurem Kalk her, der in Wasser unlöslich
ist, durch Kalilauge aber aufgenommen wird.
Ein anderer Theil des mit Wasser erschöpften Krapps wurde mit kochender Salzsäure
behandelt, die Lösung nach einiger Zeit durch ein Tuch gegossen und mit Ammoniak
übersättigt, wodurch ein röthlichweißer Niederschlag entstand. Der Niederschlag
wurde ausgewaschen und zum Theil getrocknet und in einem Platintiegel zum Rothglühen
erhitzt. Hiebei entwickelte sich ein geruchloses Gas, das mit blauer Flamme
verbrannte, wahrscheinlich Kohlenoxydgas. Nach dem Ausglühen löste sich der
Rückstand unter Aufbrausen in Salzsäure, ohne viel Kohle zu hinterlassen. Durch
Ammoniak entstand ein Niederschlag von Thonerde Eisenoxyd, phosphorsaurem Kalk und
Magnesia und die Lösung enthielt viel Kalk, sowie etwas Magnesia. Da es hiernach
wahrscheinlich schien, daß der Niederschlag oxalsauren Kalk enthielt, so untersuchte
ich ihn in dieser Hinsicht und stellte aus ihm Oxalsäure dar.
Die mit Salzsäure ausgezogene Krappwurzel wurde mit Wasser ausgewaschen und hierauf
mit siedender Kalilauge behandelt. Es entstand eine dunkelrothe Lösung, welche durch
ein Tuch geseiht und mit Säure übersättigt wurde, wodurch ein
dunkel-braunrother Niederschlag entstand. Dieser Niederschlag färbte
gebeiztes Zeug auf gleiche Weise wie Krapp selbst und enthielt demnach ohne Zweifel
Alizarin. Durch Behandlung desselben mit siedendem Alkohol entstand indessen eine
braungelbe Flüssigkeit, die beim Verdampfen einen röthlichbraunen Rückstand ließ. Wurde dieser
zwischen zwei Uhrgläsern erhitzt, so entstanden an dem oberen Uhrglas orangefarbene
Krystalle von sublimirtem Alizarin. Durch Behandlung des Niederschlags mit siedendem
Wasser schieden sich aus der erkaltenden Flüssigkeit orangefarbene Flocken von
unreinem Alizarin aus. Die Flüssigkeit gab beim Verdampfen Pektinsäure. Der von
Wasser ungelöst bleibende Rückstand wurde mit einer kochenden Lösung von
salpetersaurem Eisenoxyd behandelt. Das Filtrat gab auf Zusatz von Salzsäure einen
hellgelben Niederschlag, der wahrscheinlich Rubiacinsäure war. Der größere Theil
wurde von salpetersaurem Eisenoxyd nicht gelöst, er enthielt eine reichliche Menge
von Betaharz.
Ich schließe aus diesen Versuchen, daß die aus Krapp durch Kalilauge nach
vorhergehender Behandlung mit siedendem Wasser und Salzsäure ausgezogenen
Substanzen, in der Wurzel in Verbindung mit Kalk und Magnesia existirten, welche
Verbindungen in Wasser unlöslich sind, und gleichfalls mit Ausnahme von pektinsaurem
Kalk in Kalilauge sich nicht lösen. Um dieselben mit Wasser ausziehen zu können, muß
man zuerst Kalk und Magnesia durch Hülfe einer Säure entfernen.
Indem ich annahm, daß die Wurzel nach der Behandlung mit Wasser, Salzsäure und
Kalilauge nur noch aus Holzfaser bestand, habe ich dieselbe nicht weiter untersucht
und werde nun zur genaueren Beschreibung der einzelnen angeführten Stoffe
übergehen.
Alizarin.
Es ist unzweifelhaft, daß der von mir mit diesem Namen bezeichnete Farbstoff mit Robiquet's Alizarin identisch ist. Es krystallisirt aus
der alkoholischen Lösung in langen, durchsichtig bräunlichgelben Prismen von großem
Glanz, im allgemeinen dem Isatin ähnlich. Erhitzt man es auf dem Platinblech, so
schmilzt es und brennt mit heller Flamme. Beim Erhitzen in einer Glasröhre schmilzt
es und entwickelt gelbe Dämpfe, die sich an den kälteren Theilen der Röhre zu
orangefarbenen Krystallen verdichten. Schon unter 100° C. verlieren die
Krystalle Wasser, ohne ihre Form zu verändern, sie werden vollkommen undurchsichtig
und dunkler roth, ähnlich dem natürlichen chromsauren Bleioxyd. Bei stärkerem
Erwärmen verändern sie sich nicht, bis bei 215° C. ein Sublimat an dem oberen
Theil zu erscheinen anfängt. Die Sublimation des Alizarins läßt sich entweder nach
Robiquet in einem Platintiegel, oder nach Mohr's Methode in einer flachen eisernen Schale
ausführen, die mit Fließpapier überspannt wird, worüber man einen Hut von Papier
oder ein anderes Gefäß stülpt. Wie langsam man aber auch immer die Operation leiten
mag, stets bleibt ein beträchtlicher kohliger Rückstand, der um so größer ist, je schneller
man die Hitze erhöhte. Das Sublimat ist weit heller gefärbt als die ursprüngliche
Substanz; es besitzt eine hell orangene Farbe, ist vollkommen durchsichtig und von
großem Glanz. Es besitzt indessen dieselbe Zusammensetzung wie das bei 100°
getrocknete Alizarin. Im Fall das angewandte Alizarin nicht rein war, findet man
immer zwischen den Krystallen ölartige Tropfen. Alizarin ist wenig löslich in
kochendem Wasser. Die Lösung ist gelb gefärbt, enthält aber nur so geringe Mengen
von Alizarin, daß der Gehalt des Papiers an Erden oder Alkalien, durch das man sie
filtrirt, hinreicht, derselben eine rosenrothe oder hellpurpurne Farbe mitzutheilen.
Dieselbe Wirkung erreicht man durch Anwendung von Quellwasser. Die siedende Lösung
setzt beim Erkalten gelbe Flocken, die aus kleinen Krystallen von Alizarin bestehen,
ab. In siedendem Alkohol löst es sich mit gelber Farbe auf; die erkaltete Lösung
scheidet sogleich keine Krystalle ab, die erst bei freiwilligem Verdampfen in der
Form von Nadeln erscheinen. Setzt man zu der alkoholischen Lösung Wasser, so
scheiden sich kleine Krystalle ab, welche die Flüssigkeit irisirend machen. Der
Zusatz von wenig Säure veranlaßt die plötzliche Abscheidung des gelösten in gelben
Flocken. Alizarin löst sich auch mit gelber Farbe in Aether auf. Leitet man Chlorgas
durch in Wasser suspendirtes Alizarin, so geht die Farbe von Orange in Gelb über,
ohne daß scheinbar eine weitere Veränderung stattfindet. Indessen hat eine
Zersetzung stattgefunden, denn es löst sich nun in Alkalien ohne viel Farbe auf, und
wenn man es auf dem Filter sammelt und trocknet, so gibt es beim Erhitzen in einer
Röhre ein farbloses Sublimat. Durch Salzsäure wird es nicht verändert. In
concentrirter Schwefelsäure löst es sich mit dunkel gelbbrauner Farbe auf und beim
Erhitzen tritt keine Veränderung ein; durch Wasser wird es in tief orangefarbenen
Flocken gefällt. Verdünnte Salpetersäure zersetzt es beim Sieden unter Entwicklung
rother Dämpfe und löst es ohne Rückstand auf. Im Fall noch Harz vorhanden war,
bleibt dieß zurück, so daß man sich auf diese Weise von der Reinheit des Alizarins
überzeugen kann. Die Lösung enthält eine neue Säure, welche ich Alizarinsäure nenne.
Salpetersaures Eisenoxyd oder Eisenchlorid verwandelt das Alizarin beim Kochen
ebenfalls in Alizarinsäure. Durch chromsaures Kali und Schwefelsäure wird es beim
Kochen zersetzt. Goldchlorid wird erst auf Zusatz von Kalilauge davon reducirt.
Siedende Essigsäure färbt sich beim Sieden damit gelb ohne viel davon
aufzulösen.
Alizarin löst sich in kaustischen und kohlensauren Alkalien mit prächtiger
Purpurfarbe auf und wird durch Säuren in tief orangenen Flocken gefällt. Beim Abdampfen der
Lösung in Kalilauge bleibt eine dunkelpurpurne Masse, in der keine Spur von
Krystallisation wahrgenommen werden kann. Die Lösung von Alizarin in Ammoniak
verliert beim freiwilligen Verdampfen sämmtliches Ammoniak und bleibt in flachen
Gefäßen zuletzt als braune Kruste zurück, oder in engen Röhren in dunkelbraunen
Krystallen. Die Lösung in Ammoniak gibt mit Chlorbarium oder Chlorcalcium
Niederschläge von prächtiger Purpurfarbe, die nach dem Trocknen dunkelbraun, fast
schwarz sind. Reibt man sie dann mit einem harten Körper, etwa Achat, so nehmen sie
einen gelben metallischen Schein an. Die Verwandtschaft von Alizarin zu Kalk oder
Baryt ist so groß, daß auf Zusatz von Kalk oder Barytwasser eine Lösung des
Alizarins in Kalilauge entfärbt wird, indem sich Alizarin-Kalk oder Baryt
ausscheidet. Doch scheint Alizarin aus kohlensaurem Kalk keine Kohlensäure
auszutreiben; denn die Lösung von Alizarin in Alkohol kann mit kohlensaurem Kalk
gekocht werden, ohne daß dieser sich färbt. Wird Alizarin mit einer siedenden
Alaunlösung behandelt, so entsteht eine rothschillernde Flüssigkeit, aus der sich
beim Erkalten Alizarin in kleinen Krystallen abscheidet. Die überstehende
Flüssigkeit wird auf Zusatz einer Säure gelb, ohne daß sich etwas abscheidet. Eine
alkoholische Lösung von Alizarin wird von Thonerdehydrat entfärbt, das eine schöne
rothe Farbe annimmt. Kaustisches Kali verändert diese Farbe in Purpurn, ohne die
Verbindung zu zersetzen; im Gegentheil nimmt Thonerdehydrat das in Kali gelöste
Alizarin auf und es entsteht ein röthlich-purpurner Niederschlag, während die
Flüssigkeit entfärbt wird. Anstatt Thonerde läßt sich auch Eisenoxyd hiezu anwenden,
nur ist die Verbindung dunkel-purpurn. Eine ammoniakalische Lösung von
Alizarin gibt mit den Salzen von Magnesia, Eisenoxydul und Oxyd, Kupfer und
Silberoxyd purpurfarbige Niederschläge, die theils mehr einen rothen, theils einen
bläulichen Schein haben. Der Silberniederschlag wird nach einiger Zeit reducirt.
Eine alkoholische Lösung von Alizarin gibt mit einer alkoholischen Bleizuckerlösung
einen purpurnen Niederschlag, der nach längerem Stehen tiefroth wird. Durch eine
Auflösung von Zinnoxydul in kaustischem Kali wird das Alizarin reducirt.
Kocht man Alizarin in Wasser mit gebeiztem Zeug, so wird dasselbe vollständig davon
aufgenommen und das Zeug erhält dieselbe Farbe wie beim Krappfärben, nur schöner.
Keine andere Substanz im Krapp hat diese Eigenschaft und ich glaube demnach
gerechtfertigt zu seyn, wenn ich Runge's Krapppurpur und
-roth für Gemenge von Alizarin mit wechselnden Mengen der beiden Harze halte.
Runge's Krapp-orange ist dagegen eine andere
Substanz, welche ich sogleich anführen werde.
Das krystallisirte Alizarin hat nach meiner Analyse die Formel C14
H5
O4 + 3 HO und enthält 56,75 Proc. Kohlenstoff und 5,40 Proc.
Wasserstoff. Bei 100° C. gehen 3 Aeq. Wasser oder 18,24 Proc. fort und das
bei 100° getrocknete Alizarin hat die Zusammensetzung:
14
Aeq. Kohlenstoff
84
69,42
5
Aeq. Wasserstoff
5
4,13
4
Aeq. Sauerstoff
32
26,45
–––––––––––––
121
100,00.
Wenn dieß die wahre Zusammensetzung des Alizarins ist, so ist dasselbe von
Benzoësäure durch 1 Aeq. Wasserstoff verschieden.
Alizarinsäure. Ich habe oben erwähnt, daß Alizarin durch
verdünnte Salpetersäure zersetzt und in eine eigenthümliche Säure verwandelt wird,
welche ich Alizarinsäure genannt habe. Dieselbe Säure entsteht auch durch Einwirkung
der Eisenoxydsalze. Zur Darstellung dieser Säure ist es nicht nothwendig reines
Alizarin anzuwenden. Folgendes ist die einfachste Methode der Gewinnung. Man bringt
in eine Retorte Salpetersäure von 1,20 specifischem Gewicht und Garancin und
erwärmt, so lange rothe Dämpfe sich entwickeln, wobei die Farbe des Garancins von
Dunkelbraun in Gelb übergeht. Die rothgelbe Flüssigkeit wird abfiltrirt und zur
Krystallisation verdampft, wobei eine gelbe krystallinische Masse, ein Gemenge von
Oxalsäure und Alizarinsäure, erhalten wird. Nach dem Auswaschen der Salpetersäure
mit kaltem Wasser löst man den Rückstand in kochendem Wasser auf und setzt bis zum
Verschwinden der sauren Reaction Kalk zu. Die von dem oxalsauren Kalk abfiltrirte
Flüssigkeit wird mit Salzsäure versetzt und zur Krystallisation abgedampft. Es
bleibt eine gelbe Masse, aus welcher das Chlorcalcium durch kaltes Wasser
ausgewaschen wird, worauf der Rückstand abermals in kochendem Wasser gelöst wird.
Man erhält eine gelbe Lösung, die sich fast vollständig durch Thierkohle entfärben
läßt. Durch Abdampfen erhält man nun Alizarinsäure in großen Krystallen. Sollten
dieselben noch nicht ganz farblos seyn, so leitet man durch die kochende Lösung
derselben Chlorgas, wodurch jede Spur von Farbe weggenommen wird.
Die Alizarinsäure besitzt folgende Eigenschaften: sie krystallisirt aus der
wässerigen Lösung in großen, platten rhombischen Tafeln, die durchsichtig und
farblos sind. Die Lösung besitzt einen sauren Geschmack und röthet Lackmuspapier. In
Alkohol ist sie leicht löslich. Auf Platinblech erhitzt, schmilzt sie und brennt mit
rußender Flamme. Beim Erhitzen in einer Glasröhre schmilzt sie und verflüchtigt sich
vollständig und ohne den
geringsten Rückstand. Die an den kälteren Theilen der Röhre verdichteten Dämpfe
sammeln sich zu ölartigen Tropfen, die bald zu einer Masse von weißen Nadeln
erhärten. Am schönsten erhält man dieses Sublimat in langen, seideglänzenden Nadeln
nach Mohr's Methode. Diese Krystalle sind nicht
unveränderte Alizarinsäure, sondern es ist aus derselben Wasser ausgetreten. Ich
schlage vor, sie Pyro-Alizarinsäure zu nennen. Alizarinsäure wird von
Chlorgas nicht zersetzt. Sie löst sich in concentrirter Schwefelsäure auf und beim
Erhitzen der Lösung entwickeln sich, ohne daß Schwärzung eintritt, Dämpfe, die sich
an den kälteren Theilen zu weißen Nadeln, wahrscheinlich Pyro-Alizarinsäure,
verdichten. In kaustischen und kohlensauren Alkalien löst sich die Säure leicht auf.
Die Lösung in Ammoniak wird von Chlorbarium oder Chlorcalcium nicht gefällt. Die
wässerige Lösung von Alizarinsäure gibt mit Eisenchlorid einen gelblichen
Niederschlag, mit Bleizucker einen weißen, der sich in Essigsäure nicht löst.
Salpetersaures Silberoxyd wird von der Säure nicht getrübt, aber auf Zusatz von
wenig Ammoniak entsteht ein weißer flockiger Niederschlag, der nach einiger Zeit
krystallinisch wird. Mit essigsaurem Kupferoxyd entsteht erst auf Zusatz von
Ammoniak eine hellblaue Fällung. Beim Erhitzen von Alizarinsäure mit gebranntem Kalk
entweicht ein gelbes Oel, das einen angenehmen, dem des Benzins sehr ähnlichen
Geruch besitzt. Nach einiger Zeit wird dieses Oel fest und krystallinisch,
vielleicht wegen einer Beimengung von Pyro-Alizarinsäure. Diese Reactionen
waren vollkommen dieselben, mochte die Säure durch Einwirkung der Salpetersäure oder
des Eisenchlorids erhalten seyn.
Die Salze der Alizarinsäure sind meist löslich. Alizarinsaures Kali erhält man durch
Neutralisation der Säure mit kohlensaurem oder kaustischem Kali. Beim Abdampfen
bleibt eine zerfließliche Masse. Alizarinsauren Kalk, durch Auflösen von
kohlensaurem Kalk in Alizarinsäure dargestellt, erhält man beim Abdampfen in Prismen
von großem Glanz. Alizarinsaurer Baryt krystallisirt in seideglänzenden Nadeln.
Alizarinsaures Silberoxyd, durch doppelte Zersetzung dargestellt, löst sich in
kochendem Wasser und krystallisirt beim Erkalten daraus. Alizarinsaures Bleioxyd ist
ein weißes unlösliches Pulver. Uebersättigt man eine Lösung der Säure mit Ammoniak,
so nimmt die Lösung beim Abdampfen eine saure Reaction an und zuletzt krystallisirt
ein Salz in platten Tafeln, ohne Zweifel ein saures Ammoniaksalz. Alle Alizarinsalze
werden bei starkem Erhitzen zersetzt; sie entwickeln einen benzinartigen Geruch und
man erhält ein braunes Oel, während im Rückstand die Basen oder kohlensauren Basen,
gemengt mit viel Kohle bleiben.
Nach meiner Analyse besteht die Alizarinsäure aus 14 Aeq. Kohlenstoff, 5 Aeq.
Wasserstoff und 7 Aeq. Sauerstoff. Bei der Einwirkung von Salpetersaure auf Alizarin
nimmt dasselbe daher 3 Aeq. Sauerstoff auf, ohne Wasserstoff zu verlieren. C14
H5
O4 + 3 O = C14
H5
O7.
Rubiacin. Diese Substanz hat man immer in Lösung, wenn
Krapp oder der dunkelbraune Niederschlag daraus, mit Eisenchlorid behandelt wird und
es wird zugleich mit Alphaharz als gelbes Pulver niedergeschlagen, wenn man einen
großen Ueberschuß von Salzsäure oder Schwefelsäure hinzubringt. Indessen schien es
mir unmöglich, dasselbe in reinem Zustande darzustellen, außer durch geeignete
Behandlung der Rubiacinsäure. Man nimmt nämlich reines rubiacinsaures Kali, löst es
in siedendem Wasser auf und versetzt es mit einem kleinen Ueberschuß von kaustischem
Kali. Man leitet nun längere Zeit Schwefelwasserstoff durch die Lösung, worauf
Chlorbarium einen purpurnen Niederschlag erzeugt, der eine Verbindung von Rubiacin
mit Baryt ist. Man wirft denselben auf ein Filter, wäscht ihn mit kaltem Wasser aus
und zersetzt ihn mit Salzsäure, welche Rubiacin zurückläßt. Dasselbe wirb in
kochendem Alkohol gelöst und scheidet sich beim Erkalten in gelben Blättchen aus,
die man durch eine zweite Krystallisation reinigen kann.
Das so bereitete Rubiacin stellt prächtig krystallisirte Tafeln und Nadeln von großem
Glanze dar, die mit Jodblei Aehnlichkeit haben. Die Farbe hat mehr einen grünen als
einen rothen Schein. Auf dem Platinblech erhitzt, schmilzt es und verbrennt ohne
Rückstand mit rußender Flamme. Beim Erhitzen in einer Glasröhre schmilzt es und an
den kälteren Theilen der Röhre condensiren sich ölige Tropfen, die bald zu einer
krystallinischen Masse erstarren; es bleibt hierbei ein geringer kohliger Rückstand.
Erhitzt man es vorsichtig zwischen zwei Uhrgläsern, so verflüchtigt es sich
vollständig und setzt sich an dem oberen Glas in prächtig gelben Schuppen ab. In
kochendem Wasser ist es wenig löslich; es wird dadurch röthlichgelb gefärbt und beim
Erkalten scheiden sich gelbe Blättchen wieder aus. Kochender Alkohol löst mehr als
kalter. Die Lösung besitzt eine hellgelbe Farbe; Wasser scheidet aus ihr gelbe
Flocken ab. In concentrirter Schwefelsäure löst es sich mit gelber Farbe und die
Lösung kann zum Kochen erhitzt werden, ohne daß sie sich schwärzt oder ein Gas
entwickelt; Wasser scheidet daraus gelbe Flocken ab. Concentrirte Salpetersäure
zersetzt es beim Sieden unter Entbindung rother Dämpfe. Aus kochender, verdünnter
Salpetersäure setzt sich beim Erkalten unverändertes Rubiacin ab. In einer kochenden
Lösung von Eisenchlorid oder salpetersaurem Eisenoxyd löst es sich vollständig auf und es entsteht eine
dunkel braunrothe Flüssigkeit, welche auf Zusatz starker Säuren gelb wird und gelbe
Flocken von Rubiacinsäure absetzt. Schwefelsaures Eisenoxyd bewirkt diese
Veränderung nicht, ebensowenig Salpetersäure. Rubiacin löst sich in kohlensaurem
Kali beim Kochen mit blutrother Farbe auf und beim Erkalten scheiden sich etwas
krystallinische rothe Flocken aus. In kaustischen Alkalien löst es sich mit schöner
Purpurfarbe, die einen mehr rothen Stich hat, als die Lösungen von Alizarin. Säuren
fällen es wieder in gelben Flocken. Die Lösung in Ammoniak gibt mit Chlorbarium oder
Chlorcalcium schmutzig rothe Niederschläge. Die alkoholische Lösung gibt mit einer
alkoholischen Bleizucker-Lösung einen dunkelrothen Niederschlag. Bringt man
zu einer siedenden Lösung von Rubiacin in Alkohol Thonerdehydrat, so nimmt letzteres
eine orangene Farbe an und die Lösung wird frei von Rubiacin. Dieser
Thonerdeniederschlag wird indessen leicht von kaustischem Kali mit Purpurfarbe
aufgelöst und unterscheidet sich hierdurch wesentlich von der Alizarinverbindung.
Wird gebeiztes Zeug in kochendes Wasser gebracht, worin Rubiacin vertheilt ist, so
nimmt dasselbe eine Spur einer Färbung an, die so gering ist, daß offenbar dieser
Stoff bei der Krappfärberei keine Wirkung haben kann. Rubiacin nähert sich in seinen
Eigenschaften dem Farbstoff des Rhabarbers und der Parmelia
parietina.
Man könnte bezweifeln, ob Rubiacin als solches in dem Krapp vorkommt oder ob es durch
die Behandlung mit Eisenchlorid aus einem andern Stoffe entsteht. Obgleich ich nun
nicht diese Frage positiv zu lösen im Stande bin, so gewinnt doch die erstere
Annahme an Wahrscheinlichkeit, da man es auch durch andere Mittel aus dem Krapp
darstellen kann. Runge hat angegeben, daß ein Auszug aus
Krapp mit kaltem Wasser nach einigen Stunden allmählich kleine Krystalle absetzt.
Diese Krystalle trennte er durch Filtration, löste sie in kochendem Alkchol auf und
gab dem beim Erkalten abgeschiedenen Pulver den Namen Krapporange. Ich habe nun
gefunden, daß dieser krystallinische Niederschlag unreines Rubiacin ist. Wird
zerriebener Krapp auf einem Tuch mit wenig kaltem Wasser ausgezogen, so erhält man
eine hellbraune Flüsigkeit, welche nach längerem Stehen mit zahlreichen,
haarförmigen Krysallen erfüllt erscheint. Diese Krystalle sind deutlich sichtbar,
sobald man die Flüssigkeit bewegt, indem sie derselben einen Glanz wie Seide
ertheilen. Jhre Menge nimmt fortwährend zu und in gleichem Maße wird die Flüssigkeit
mehr und mehr sauer, und nach Verlauf von etwa 12 Standen sammeln sie sich an der
Oberfläche in gelben Massen. Allmählich fängt indessen auch eine Substanz in gelben
Flocken an sich
auszuscheiden, die, wie ich glaube, aus Betaharz besteht, hierauf endlich ein
schleimiger Körper, worauf die Fäulniß beginnt. Einige Krappsorten zeigen diese
Erscheinungen besser als andere und manche setzen gar keine Krystalle ab. Eine Probe
Krapp, von welcher ich mir indessen keine größere Menge verschaffen konnte, gab eine
Infusion, welche nach wenigen Tagen einen dicken, hellgelben Schaum absetzte, der
bei der Behandlung mit siedendem Alkohol eine reichliche Menge von Rubiacin
lieferte. Die Krystalle müssen indessen auf einem Filter gesammelt werden, bevor das
Betaharz sich abzuscheiden begonnen hat, da dasselbe von Rubiacin nicht durch
Krystallisation getrennt werden kann. Durch Behandlung eines Centners Krapp mit
kaltem Wasser und zwölfstündigem Stehenlassen desselben, erhielt ich indessen soviel
Substanz, daß nach der Behandlung mit verdünnter Salpetersäure und Umkrystallisiren
aus Alkohol ich mich versichern konnte, daß dieselbe in der That Rubiacin war. Ich
glaube daß Folgendes die Theorie dieses Processes ist:
Rubiacin kommt in der Wurzel als solches vor, verbunden mit einer Basis, vielleicht
mit Kalk, welche Verbindung in kaltem Wasser löslich ist. Durch Aussetzen des
Auszugs an die Luft tritt eine Fäulniß ein, in Folge deren eine Säure entsteht,
welche zuerst Rubiacin und hierauf dte anderen Substanzen ausscheidet.
Der großen Schwierigkeit wegen reines Rubiacin darzustellen, habe ich nur eine
Analyse desselben vorgenommen, wonach es aus 31 Aeq. Kohlenstoff, 9 Aeq. Wasserstoff
und 10 Aeq. Sauerstoff besteht.
Rubiacinsäure. Ich habe im Vorhergehenden die Darstellung
dieser Säure mittelst Eisenoxydsalzen aus Rubiacin beschrieben. Es ist kein Grund
vorhanden, die Gegenwart dieser Säure in der Pflanze selbst anzunehmen. Sie bildet
sich ohne Zweifel aus Rubiacin. Zu ihrer Darstellung löst man reine Krystalle von
rubiacinsaurem Kali in siedendem Wasser und bringt Salzsäure oder irgendeine andere
starke Säure hinzu, welche die Rubiacinsäure als citronengelbes Pulver fällt. Sie
kann nicht krystallisirt erhalten werden. Kochendes Wasser, worin die Säure nur
wenig löslich ist, wird von ihr gelb gefärbt. Auch in kochendem Alkohol löst sie
sich in geringer Menge mit gelber Farbe auf; beim Erkalten scheidet sich nichts aus,
aber auf Zusatz von Wasser wird die Lösung irisirend, indem sich kleine Krystalle
abscheiden. Auf dem Platinblech erhitzt, schmilzt sie und verbrennt mit heller
Flamme ohne Rückstand. Erhitzt man die Säure in einer Proberöhre, so schmilzt sie
und entwickelt Dämpfe die sich zu einem Oel verdichten, das zwar fest aber nicht
krystallinisch wird. Rubiacinsäure löst sich in concentrirter Schwefelsäure zu einer
gelben Flüssigkeit auf, die durch Wasser in gelben Flocken gefällt wird. Die
Lösung wird beim Erhitzen dunkler, ohne Gas zu entwickeln und auf Zusatz von Wasser
entsteht nun kein Niederschlag mehr, zum Beweis, daß eine Zersetzung stattfand.
Concentrirte Salpetersäure löst Rubiacinsäure mit gelber Farbe auf und zersetzt sie
beim Erwärmen allmählich unter Entwicklung rother Dämpfe. Von chromsaurem Kali und
Schwefelsäure wird sie selbst beim Sieden nicht verändert. Sie löst sich in
Eisenchlorid mit rothbrauner Farbe auf und wird durch Säuren daraus in Flocken
gefällt. Durch die Einwirkung von Schwefelwasserstoff geht die in Alkalien gelöste
Rubiacinsäure wieder in Rubiacin über. Rubiacinsäure theilt gebeiztem Zeug in
kochendem Wasser oder Alkohol eine geringe Färbung mit.
Rubiacinsaures Kali ist das einzige von mir untersuchte Salz dieser Säure. Es
krystallisirt aus der wässerigen Lösung in Nadeln und Prismen von hell ziegelrother
Farbe. In Alkohol ist es löslich. Die Lösungen besitzen eine blutrothe Farbe, sind
aber ganz durchsichtig. Beim Erhitzen wird das rubiacinsaure Kali sogleich zersetzt,
wobei eine schwache Explosion stattfindet. Setzt man zu der wässerigen Lösung des
Salzes Kalilauge, so ändert sie die Farbe von Roth in Purpurn und die siedende
concentrirte Lösung krystallisirt nicht beim Erkalten, sondern gibt erst beim
Abdampfen Krystalle. Die wässerige Lösung des Salzes gibt mit den Erd- und
Metallsalzen folgende Reactionen. Mit Chlorcalcium entsteht ein orangefarbener
krystallinischer Niederschlag, mit Chlorbarium ein gelber Niederschlag, mit Alaun
ein gelber, mit schwefelsaurem Eisenoxydul ein grünlichgrauer, mit Eisenchlorid eine
rothbraune Flüssigkeit und ein geringer Niederschlag von derselben Farbe, mit
Bleizucker ein rother Niederschlag, mit schwefelsaurem Kupferoxyd ein dunkelrother,
mit salpetersaurem Silberoxyd ein gelber Niederschlag, der beim Kochen in der
Flüssigkeit sich nicht ändert, mit salpetersaurem Quecksilberoxydul ein gelber
Niederschlag, mit Quecksilberchlorid ein gelber, krystallinischer Niederschlag, mit
Zinnchlorür ein schmutziggelber, mit Zinnchlorid ein hellgelber Niederschlag, mit
Goldchlorid ein gelber Niederschlag, der beim Kochen mit der Flüssigkeit sich nicht
verändert und in Kalilauge sich mit Purpurfarbe löst.
Aus meiner Analyse des rubiacinsauren Kali geht hervor, daß die Rubiacinsäure, indem
sie sich mit Kali vereinigt, ein Aequivalent Wasser abgibt; ferner, daß Rubiacin bei
der Verwandlung in Rubiacinsäure 1 Aeq. Wasserstoff verliert und 6 Aeq. Sauerstoff
aufnimmt. Diese Umwandlung, sowie die umgekehrte der Säure in Rubiacin, gehen mit
derselben Leichtigkeit und Sicherheit von statten, wie ähnliche Processe bei
unorganischen Körpern.
Rubian. Ich habe diesen Namen dem Bitterstoff des Krapps
gegeben. Es bildet einen Bestandtheil des durch Säuren in der Krappabkochung
erzeugten braunen Niederschlags und löst sich nach Entfernung des Säureüberschusses
in kaltem Wasser, neben Pektinsäure auf. Beide Körper lassen sich, nach dem
Abdampfen der Lösung, durch Behandlung mit Alkohol trennen, worin Rubian sich
auflöst. Dasselbe besitzt folgende Eigenschaften: in dünnen Schichten ist es
vollkommen durchsichtig und von gelber Farbe, in dickeren Massen erscheint es
dunkelbraun. Die wässerige Lösung desselben ist gelb und von intensiv bitterem
Geschmack. Eine concentrirte siedende Lösung desselben bildet beim Erkalten eine
Gallerte und hiernach erklärt es sich, daß man durch Behandlung von Krapp mit sehr
wenig kochendem Wasser eine Flüssigkeit erhält, die beim Erkalten gelatinirt. Diese
Gallerte trocknet an einem warmen Orte zu einer gelben, firnißartigen Haut ein. Beim
Erhitzen auf dem Platinblech schmilzt das Rubian, bläht sich außerordentlich auf und
hinterläßt einen kohligen Rückstand, der bei stärkerem Glühen vollständig
verschwindet. Erhitzt man es in einer Proberöhre, so schmilzt es unter Entwicklung
gelber Dämpfe, die sich zu Krystallen condensiren. Das krystallinische Sublimat hat
dem Ansehen und den Eigenschaften nach große Aehnlichkeit mit Rubiacin. In
concentrirter Schwefelsäure löst sich Rubian mit rother Farbe, die beim Erhitzen
unter Entwicklung von schwefliger Säure in Schwarz übergeht. Durch Salpetersäure
wird es zersetzt. Die wässerige Lösung von Rubian gibt mit allen Säuren flockige
gelbe Niederschläge, die ohne Zweifel aus der Substanz selbst bestehen. Die Lösung
gibt mit Kalk und Barytwasser rothe flockige Niederschläge, mit Eisenchlorid einen
dunkel rothbraunen Niederschlag, mit Bleizucker braune Flocken, mit Silberlösung
einen flockigen Niederschlag, mit Sublimat, Gallustinctur und Leimlösung keine
Fällung. Alkalien röthen die Lösung und beim Kochen mit Kalilauge entwickelt sich
Ammoniak, ein Beweis, daß Rubian Stickstoff enthält. Rubian ist der einzige
stickstoffhaltige Bestandtheil des Krapps, welchen ich aufgefunden habe. Die
wässerige Lösung desselben theilt gebeiztem Zeug eine schwache Färbung mit, die
indessen so unbedeutend ist, daß es als Farbstoff durchaus nicht betrachtet werden
kann.
Wird eine wässerige Lösung von Rubian bei Luftzutritt in der Wärme abgedampft, so
scheidet sich eine dunkelbraune Substanz ab, welche in harzartigen Tropfen zu Boden
sinkt, so daß der Rückstand nach dem Verdampfen des Wassers nicht wieder vollständig
darin aufgelöst werden kann und bei abermaliger Verdampfung der filtrirten
Flüssigkeit wiederholt sich diese Abscheidung, sowie es bei dem Extractivstoff der
Fall ist. Diese
dunkelbraune Substanz schmilzt in kochendem Wasser zu Tropfen, die beim Erkalten
spröde sind. Ueberhaupt zeigt dieselbe große Aehnlichkeit mit dem Körper, den ich
Alphaharz genannt habe. Indessen scheint mir dieselbe aus mehr als einer Substanz zu
bestehen, denn beim Erhitzen in einer Glasröhre gibt sie ein reichliches Sublimat,
das aus durchsichtigen gelben Krystallen besteht. Diese Krystalle haben viel
Aehnlichkeit mit Rubiacin. Wird es mit einer kochenden Lösung von Eisenchlorid
behandelt, so wird die Flüssigkeit rothbraun und gibt nach dem Filtriren mit Säuren
einen gelben Niederschlag, woraus folgt, daß es entweder Alphaharz oder Rubiacin
oder beide enthält.
Alphaharz. Es besitzt eine dunkelbraune oder
röthlichbraune Farbe. In der Kälte ist es spröde und pulverisirbar; bei 65°
wird es weich und schmilzt gegen 100° zu dunkelbraunen Tropfen. In kochendem
Wasser ist es wenig löslich; beim Erkalten setzen sich gelbe Flocken ab, die auf
Zusatz von Säure sich vermehren. In Alkohol löst es sich mit orangener Farbe; die
Lösung röthet nicht Lackmuspapier. In concentrirter Schwefelsäure löst es sich mit
dunkelorangener Farbe und wird durch Wasser wieder in gelben Flocken gefällt. In
kaustischen und kohlensauren Alkalien löst es sich mit purpurrother Farbe auf. Die
ammoniakalische Lösung verliert beim Kochen kein Ammoniak, aber der durch Abdampfen
erhaltene Rückstand enthält nur wenig Ammoniak. Die ammoniakalische Lösung gibt mit
Chlorbarium und Chlorcalcium purpurne, mit Alaun und mit salpetersaurem Silberoxyd
schmutzigrothe Niederschläge. Es löst sich in Eisenchlorid mit dunkel rothbrauner
Farbe auf und wird durch Säuren wieder in Flocken daraus gefällt. Leitet man
Chlorgas durch eine alkalische Lösung des Harzes, so wird sie entfärbt und Säuren
geben nun keinen Niederschlag mehr. Wird gebeiztes Zeug in siedendem Wasser gekocht,
in welchem etwas Harz suspendirt ist, so nimmt dasselbe bei Alaunbeize eine orangene
Farbe, bei Eisenbeize eine braune Farbe an. Die Färbung ist indessen so gering, daß
es nicht wahrscheinlich scheint, daß dieses Harz irgendetwas bei der Krappfärberei
zu dem erwünschten Effect beiträgt. Im Gegentheil äußert es einen schädlichen
Einfluß, indem die ungebeizten Stellen des Zeugs welche weiß bleiben sollten, eine
unangenehme gelbe Färbung annehmen.
Betaharz. Dieses Harz wird aus der siedenden alkoholischen
Lösung als hellbraunes Pulver abgesetzt. Bei der Temperatur des siedenden Wassers
schmilzt es kaum, sondern wird dabei weich und zusammenhängend. Auf dem Platinblech
erhitzt schmilzt es und verbrennt mit Hinterlassung einer geringen rothen Asche. In
siedendem Wasser löst es sich wenig mit gelber Farbe auf; die Lösung scheidet beim
Erkalten nichts ab, aber
auf Zusatz von Säure fallen einige gelbe Flocken nieder, worauf die Flüssigkeit
farblos erscheint. Die alkoholische Lösung ist dunkelgelb und röthet Lackmuspapier.
In concentrirter Schwefelsäure löst es sich mit dunkelbrauner Farbe auf und wird
durch Wasser daraus wieder gefällt. In kaustischen und kohlensauren Alkalien löst es
sich mit schmutzigrother Farbe auf, die im ersteren Falle einen Stich ins Purpurne
hat. Chlor zerstört diese Farbe. Die ammoniakalische Lösung gibt mit Chlorbarium und
Chlorcalcium schmutziggelbe Niederschläge. Gegen gebeiztes Zeug verhält sich dieses
Harz wie das vorige.
Pektinsäure. Der Theil des durch Säuren in der
Krappabkochung erzeugten dunkelbraunen Niederschlags, der in Alkohol unlöslich, in
Wasser dagegen löslich ist, besteht aus Pektinsäure. Ich habe denselben nicht
genauer untersucht, da seine Reactionen zeigen, daß er Pektinsäure ist. Beim
Abdampfen der wässerigen Lösung scheidet sie sich allmählich in bräunlichen Schuppen
an der Oberfläche der Flüssigkeit aus. In diesem Zustande hält sie etwas Farbstoff
zurück, wie man aus ihrer rothgefärbten Lösung in Alkalien sieht. Beim Verbrennen
hinterläßt sie beträchtlich viel Asche. Die wässerige Lösung hat eine schwach saure
Reaction; sie gibt mit allen Säuren flockige, gelbe Niederschläge; durch Alkohol
wird sie gallertartig gefällt; mit fast allen Alkalisalzen gibt sie flockige
Niederschläge, mit Kalk- und Barytwasser gallertartige, rosenrothe Fällungen.
In kaustischen und kohlensauren Alkalien schwillt sie außerordentlich auf und wird
beim Kochen gelöst.
Xanthin. Die nach früher angegebenem Verfahren
dargestellte Substanz ist natürlich nicht rein, indem sie beim Verbrennen sehr viel
Asche hinterläßt und wahrscheinlich Zucker enthält. Sie bildet einen dicken, gelben
oder braunen Syrup, der sich nicht trocknen läßt und an der Luft noch mehr
Feuchtigkeit anzieht. Beim Erhitzen schwillt sie auf und entwickelt den Geruch nach
Aceton. Die Asche besteht aus kohlensaurem Kalk, Magnesia und Kali. Offenbar enthält
die Substanz die essigsauren Salze dieser Basen, die sich bei der Fällung mit
Bleiessig gebildet haben, während phosphorsaures Bleioxyd niederfiel. Xanthin
besitzt einen widrigen Geschmack, der zugleich bitter und süß ist. Es löst sich auch
in Alkohol auf, ist in Aether aber unlöslich. Kocht man es in Salzsäure oder
verdünnter Schwefelsäure einige Zeit, so entwickelt sich ein eigenthümlicher Geruch
und die Lösung wird allmählich dunkelgrün und setzt ein dunkelgrünes Pulver ab.
Setzt man zu einer Lösung kaustisches Alkali, so wird dieselbe braun und beim Kochen
entweicht wenig Ammoniak. Es gibt mit keinem Reagens Niederschläge, außer in Folge
einer Zersetzung. Dampft man die wässerige Lösung desselben wiederholt bei Luftzutritt ab,
so wird dieselbe braun und setzt ein braunes Pulver ab.
Gebeiztes Zeug nimmt in einer kochenden Xanthinlösung keine Färbung an; wenn aber die
Lösung in Folge der Einwirkung der Luft braun geworden ist, so nehmen sowohl
Thonerde als Eisenbeizen eine braune Färbung an, während die ungebeizten Stellen
einen braunen Stich erhalten. Es ist daher dasselbe beim Krappfärben sehr
nachtheilig und seine Entfernung ist ein Vortheil, der bei der Umwandlung von Krapp
in Garancin stattfindet.
Ueber den Proceß des
Krappfärbens.
Ich habe im Vorhergehenden alle diejenigen Substanzen beschrieben, welche ich aus
Krapp ausziehen und von einander trennen konnte, und ich werde nun einige Worte über
den Proceß des Krappfärbens hinzufügen.
Man wird sich aus der Beschreibung der verschiedenen im Krapp enthaltenen Substanzen
erinnern, daß nur eine derselben, nämlich Alizarin, im Stande ist, die Farben
hervorzubringen, zu deren Erzeugung man den Krapp anwendet. Alle anderen haben
entweder keine Wirkung oder eine sehr geringe, ja selbst schädliche. Es ist daher
klar daß alle Theorien und Ansichten über das Vorhandenseyn verschiedener
gleichbedeutender Farbstoffe, über Krapppurpur, der die eine Wirkung, und Krapproth,
das eine andere hervorbringen soll u. s. w., durchaus der Begründung entbehren. Es
ist indessen nöthig, die Wirkung, welche durch Anwendung aller der Substanzen
zusammen entsteht, wie sie der Krapp enthält, in Betracht zu ziehen. Jedermann, der
sich mit diesem Gegenstand beschäftigt, hat die sonderbare und scheinbar
unerklärliche, aber wohl constatirte Thatsache beobachtet, daß es unmöglich ist,
schöne und dauernde Farben mit Krapp hervorzubringen, wenn nicht die Wurzel eine
gewisse Menge von Kalk enthält, oder man Kalk in einer oder der andern Form während
des Processes zusetzt. Wenn das zum Färben benutzte Wasser kalkhaltig ist, so ist
ein weiterer Zusatz von Kalk unnöthig, wie Hausmann schon
zu Ende des vorigen Jahrhunderts gefunden hat. Es läßt sich diese Thatsache leicht
auf folgende Art nachweisen: man behandelt von zwei gleichen Gewichtsmengen Krapp
die eine mit verdünnter Schwefelsäure oder Salzsäure, und wäscht hierauf die Säure
vollständig mit kaltem Wasser aus. Die Färbekraft der so behandelten Krappmenge ist
weit geringer als die der anderen. Die einzige Wirkung aber, welche Salzsäure oder
Schwefelsäure äußerte, war die Auflösung von Kalk und anderen Basen der Wurzel.
Versetzt man dagegen den
mit Wasser ausgewaschenen Krapp mit einer geringen Menge von Kalk, in der Form von
Kalkwasser oder Kalkmilch, so zeigt sich nun seine färbende Kraft nicht nur ebenso
groß wie früher, sondern im Falle man die richtige Menge Kalk anwandte, ist sie
selbst größer geworden. Um nun aber die Ursache der günstigen Wirkung des Kalks
aufzufinden, habe ich eine Reihe von Versuchen mit den einzelnen von mir getrennten
Substanzen des Krapps angestellt, welche folgende Resultate gaben:
Alizarin hat die größte Wirkung beim Färben, wenn es allein angewendet wird. Ein
Zusatz von Kalk, selbst in geringer Menge, vermehrt nicht die färbende Kraft,
sondern hebt im Gegentheil die Wirkung desjenigen Theils auf, mit dem es sich
verbunden hat. Rubiacin, Alphaharz und Betaharz im freien Zustande, gemeinschaftlich
mit Alizarin angewendet, sind etwa gleich nachtheilig. Roth, Schwarz und besonders
Purpur schwächen sie, während sie die weißen Theile gelblich färben. In Verbindung
mit Kalk verstärken sie nicht die färbende Kraft des Alizarins, aber sie wirken nun
nicht mehr nachtheilig auf dasselbe ein; Pektinsäure hindert die Wirkung des
Alizarins fast vollständig, pektinsaurer Kalk dagegen ist ganz ohne Einfluß. Rubian
hat im freien Zustande oder in Verbindung mit Kalk weder eine fördernde, noch eine
nachtheilige Wirkung. Von allen Substanzen des Krapps ist beim Färben nur Alizarin
nützlich, alle anderen aber im freien Zustande nachtheilig, am meisten Pektinsäure.
Wenn nun Alizarin und Pektinsäure in dem Färbebade zusammen sich befinden, so
verbindet sich, wie mir ein Versuch zeigte, letztere in Folge der größeren
Verwandtschaft zu Basen mit der Thonerde und dem Eisenoxyd und das Alizarin
krystallisirt beim Erkalten des Bades heraus. Dasselbe findet ohne Zweifel statt, im
Falle Rubiacin oder eines der Harze vorhanden sind. Der Nutzen des Kalks erklärt
sich hiernach sehr einfach; derselbe verbindet sich mit den im freien Zustande
schädlichen Substanzen, wie Pektinsäure, Rubiacin und die Harze, die mehr
elektronegativ sind, so daß Alizarin sich mit den schwächeren Basen, wie Thonerde
und Eisenoxyd, verbinden kann. Setzt man einen Ueberschuß von Kalk zu, so wird sich
auch das Alizarin damit vereinigen und die Thonerde und das Eisenoxyd werden farblos
bleiben. Der ganze Proceß ist hiernach mit unseren früheren Beobachtungen und den
Gesetzen der Verwandtschaft in Uebereinstimmung gebracht. Es ist wahrscheinlich, daß
der Kalk nicht absolut nothwendig ist, sondern auch durch Kali, Natron, Magnesia
oder Baryt ersetzt werden kann, da derselbe aber am wohlfeilsten ist, so wäre es von
keiner praktischen Bedentung, ein Ersatzmittel aufzufinden. Ich habe bei den vorhergehenden
Bemerkungen Xanthin außer Acht gelassen. Während des Krappfärbens wird diese
Substanz ohne Zweifel oxydirt und setzt die früher erwähnte braune Substanz an alle
Theile des Zeuges ab. Diese Substanz wird nebst der Pektinsäure, dem Rubiacin und
den Harzen später entfernt, indem man das Zeug durch eine siedende Seifenbrühe gehen
läßt. Das Alkali der Seife löst diese Substanzen auf, während die fette Säure in
Verbindung mit Alizarin, Thonerde und Eisenoxyd auf dem Zeuge bleibt. Um das
Alizarin in dem gefärbten Zeug analytisch nachzuweisen, habe ich mehrere Ellen
desselben, das nicht mit Seife behandelt war, mit Salzsäure behandelt, hiedurch
Thonerde und Eisenoxyd entfernt, und die darauf zurückgebliebene orangefarbene
Substanz mit kaustischem Kali behandelt. Die braunrothe Lösung wurde nun mit Säure
gefällt und der Niederschlag mit kochendem Alkohol behandelt. Die alkoholische
Lösung gab bei freiwilligem Verdampfen Krystalle von Alizarin, vermengt mit einem
Pulver, das wahrscheinlich Betaharz war und wenige glimmerartige Blättchen, die, wie
es schien, Rubiacin waren. Es blieb ein in Alkohol unlöslicher brauner Rückstand,
der wahrscheinlich das braune Oxydationsproduct des Xanthins war, nebst etwas
Pektinsäure, die durch kochendes Wasser gelöst wurde. Aus dem mit Seife behandelten
Zeug erhielt ich auf gleiche Weise Alizarin und eine weiße Masse einer fetten Säure.
Es blieb dabei nur eine Spur von in Alkohol unlöslicher Substanz.
Die vorstehenden Bemerkungen haben eine große Wichtigkeit für die Fabrication und
Behandlung des Garancins. Garancin ist der technische Name für ein Krapppräparat,
das durch Behandlung der Wurzel mit heißer Schwefelsäure, bis zur Annahme einer
dunkelbraunen Farbe erhalten wird, worauf man dieselbe mit Wasser bis zur Entfernung
der freien Säure auswäscht. Die Vortheile welche das Garancin vor dem Krapp
darbietet, bestehen in schönerer Färbung und darin, daß die weißen Partien des Zeugs
keinen Stich ins Gelbe oder Braune annehmen, sowie auch die färbende Kraft desselben
größer ist als die des Krapps, woraus es bereitet wurde. Man hat angenommen, daß
durch die Schwefelsäure der Gummi, Schleim, Zucker etc. zerstört werde, während der
Farbstoff unangegriffen bleibe, und in Betreff der größeren Wirkung hat man gesagt,
daß der Farbstoff in den Zellen der Pflanze enthalten sey, so daß er durch Wasser
nicht gelöst werden kann, was aber nach Zerstörung der Zellen durch Schwefelsäure
stattfinde. Diesen Annahmen muß indessen entgegengesetzt werden, daß die schädlichen
Bestandtheile des Krapps von Schwefelsäure nicht zerstört werden, mit Ausnahme des
Xanthins, und in Betreff der Zerstörung der Zellen kann ich versichern, daß man die
gleiche Wirkung erhält, wenn man so verdünnte Schwefelsäure nimmt, daß die Holzfaser
nicht davon angegriffen wird. Ich glaube daß die vorzüglichere Wirkung des Garancins
nur zwei Ursachen zugeschrieben werden kann. Ich habe früher gezeigt, daß ein Theil
des Farbstoffs in der Wurzel mit Kalk und Magnesia verbunden vorkommt, welche
Verbindung unlöslich und unfähig zum Färben ist und die eine Wirkung der Säure
besteht daher darin, daß Kalk und Magnesia entfernt werden und das Alizarin frei
gemacht wird. Zweitens wird aber auch das schädliche Xanthin durch das Auswaschen
mit kaltem Wasser entfernt, da es durch Säuren nicht niedergeschlagen wird. Im Falle
man heiße Säure anwendet, so wird das Xanthin, theilweise wenigstens, in die
dunkelgrüne Substanz umgewandelt und daher rührt die dunkle Farbe des Garancins und
nicht von zerstörter Holzfaser, wie man annahm. Nach der Behandlung mit Säuren
bleiben die erwähnten Substanzen des Krapps in freiem Zustande zurück und es ist
daher nothwendig eine Base zuzusetzen. Ich glaube daß die Fabrikanten von Garancin
gewöhnlich Soda anwenden, doch halte ich für besser Kalkwasser zu gebrauchen.
Zum Schlusse möchte ich noch einen Vorschlag machen, der für Fabrikanten in
Krappgegenden von Wichtigkeit seyn kann. Ich habe mehrmals nachgewiesen, daß aller
freie Farbstoff des Krapps sich durch kochendes Wasser ausziehen läßt und durch
Zusatz einer geringen Menge freier Säure wieder gefällt wird. Es wäre daher des
Versuchs werth, ob es nicht vorzuziehen sey, die Krappwurzel an dem Orte, wo sie
gezogen wird, mit siedendem Wasser auszuziehen, zur Flüssigkeit Säure zu setzen und
den Niederschlag absetzen zu lassen, ihn mit kaltem Wasser auszuwaschen und zuletzt
mit wenig Kalkwasser zu behandeln, worauf er endlich getrocknet und zu einem feinen
Pulver verarbeitet werden kann. Dieses Pulver würde alle Vortheile des Garancins
darbieten und zugleich sehr viel Transportkosten ersparen. Der Rückstand ließe sich
in Garancin für die Consumtion in der Nähe benutzen.