Titel: | Ueber die chemische Zusammensetzung einiger Sorten Steinguts; von Hrn. Salvétat, Chemiker an der Porzellanfabrik von Sèvres. |
Fundstelle: | Band 109, Jahrgang 1848, Nr. LXXIX., S. 440 |
Download: | XML |
LXXIX.
Ueber die chemische Zusammensetzung einiger
Sorten Steinguts; von Hrn. Salvétat, Chemiker an der Porzellanfabrik von Sèvres.
Aus den Annales de Chimie et de Physique, Jun. 1848, S.
249.
Salvétat, über die chemische Zusammensetzung einiger Sorten
Steinguts.
Bis jetzt hatte man noch gar keinen Anhaltspunkt über die Zusammensetzung, welche die
Masse (der Thon) zur Fabrication von Steingut oder Steinzeug haben muß. Da ich oft
über die Anwendbarkeit plastischer Thone zu diesem Zweck consultirt wurde, so
entschloß ich mich, den Kieselerde- und Thonerdegehalt mehrerer
Steingutsorten zu bestimmen, um zu erfahren, in welchen Gränzen der Gehalt an diesen
beiden Erden mit Rücksicht auf die angewandte Glasur wechselt. Von den bekanntesten
und beliebtesten Steingutsorten, welche ich hiezu wählte, waren fünf unglasirt und
fünf nach verschiedenen Methoden glasirt.
Alle diese Steingutsorten wurden pulverisirt, hierauf mit Wasser behandelt und
getrocknet. Das Wasser entzog ihnen aber nichts. Diese Operation mußte mit ihnen
vorgenommen werden, um Alkalien, welche während des Glasirens mit Salz allenfalls
mechanisch in die Masse eindrangen, nicht als wesentlichen Bestandtheil zu
betrachten.
Das getrocknete feine Pulver wurde mit Flußsäure angegriffen und die Analyse dann
nach den bekannten Verfahrungsarten beendigt Die Kieselerde wurde direct durch
Aufschließen mit kohlensaurem Natron bestimmt.
In folgenden Tabellen sind die erhaltenen Resultate zusammengestellt.
Glasirtes Steinzeug.
Bestandtheile.
Bauxhall.(1).
Helsinborg.(2).
Frechen.(3).
Voisinlieu.(4).
St.-Amand.(5).
Kieselerde
74,00
74,60
64,01
74,30
75,00
Thonerde
22,04
19
24,50
19,50
22,10
Eisenoxyd
2,00
4,25
8,50
3,90
1,00
Kalk
0,60
0,62
0,56
0,50
0,25
Bittererde
0
Spuren.
0,92
0,80
Spuren.
Alkalien
1,06
1,30
1,42
0,50
0,84
Verlust
0,13
0,23
0,09
0,50
0,81
(1) Steingut von Bauxhall, feine weißliche Masse, gut aufgedreht, mit poröser äußerer
Oberfläche, mit Kochsalz glasirt.
(2) Steingut von Helsinborg, grobe schlecht aufgedrehte grauliche Masse, mit Kochsalz
glasirt.
(3) Steingut von Frechen, dunkelbraune Masse, gut aufgedreht, mit erdiger Glasur.
(4) Steingut von Ziegler in Voisinlieu, gut gearbeitete
weißliche Masse, mit Kochsalz glasirt.
(5) Steingut von Saint-Amand, gewöhnliche Masse, mit erdiger Glasur. Berthier's Analyse desselben bestätigt die meinige.
Unglasirtes oder mattes Steingut.
Bestandtheile.
Saveignies.(6).
China.(7).
Japan.(8).
Baltimore.(9).
Wedgewood.(10).
Kieselerde
65,80
62,00
62,04
67,40
66,49
Thonerde
27,64
22,00
20,30
29,00
26,00
Eisenoxyd
4,25
14,00
15,58
2,00
6,12
Kalk
1,12
0,50
1,08
0,60
1,04
Bittererde
0,64
Spuren.
Spuren.
00
0,15
Alkalien
0,24
1,00
Spuren.
0,60
0,20
Verlust
0,31
0,50
1,00
0,40
0,00
(6) Steingut von Saveignies, hellbraune Masse, grob, sehr klingend.
(7) Chinesisches Steingut, sehr feine und gut bearbeitete Masse, stark rothbraun
gefärbt.
(8) Steingut von Japan, die Masse der chinesischen ähnlich.
(9) Steingut von Baltimore, sehr feine weißliche Masse.
(10) Wedgewood-Geschirr, sehr feine gelbliche Masse, sehr klingend und gut
aufgedreht.
Um den Einfluß der Temperatur auf die Schmelzbarkeit dieser Steingutsorten zu
ermitteln, brachte ich Stücke davon in die Porzellanöfen von Sévres; sie hielten
größtentheils die Hitze derselben aus ohne sich zu verändern; nur das Steingut von
China und Japan wurde in bedeutendem Grade weich; dasjenige von Frechen in geringem
Grade ebenfalls. Hiebei färbten sich sämmtliche Steingutsorten im Verhältniß ihres
Eisengehalts.
Aus meinen Resultaten folgt, daß man die Steingutsorten hinsichtlich ihres
Kieselerdegehalts (ohne Rücksicht auf die zum Brennen derselben erforderliche
Temperatur) in zwei Gruppen eintheilen kann: in solche, welche viel Kieselerde
enthalten, nämlich 75 Proc.; und in solche, welche weniger Kieselerde enthalten,
nämlich nur 62 bis 66 Procent. Die übrigen Bestandtheile dieser zwei Gruppen sind
Thonerde, Eisenoxyd, Kalk und ein wenig Alkali in wandelbaren Verhältnissen; die
Thonerde ist unter denselben aber stets vorwaltend.
Die Schmelzbarkeit der Verbindung und folglich die Temperatur, auf welche man die
Töpferwaare bringen kann, ohne befürchten zu müssen, daß sie beim Brennen ihre Form
verändert, hängt von den Verhältnissen dieses Gemenges ab.
Die chemische Zusammensetzung der Masse scheint übrigens mit der Beschaffenheit ihrer
Glasur im innigen Zusammenhang zu stehen. Aus der zweiten Tabelle, welche die matten
Steingutsorten enthält, ersieht man sogleich, daß dieselben sämmtlich in die zweite Gruppe gehören, während die in der ersten Tabelle
aufgeführten der ersten Gruppe angehören, mit alleiniger Ausnahme des Steinguts von
Frechen, welches eine erdige Glasur hat. Die Steingutsorten Nr. 1, 2 und 4, welche
bloß mittelst Kochsalz glasirt wurden, enthalten beiläufig 75 Proc. Kieselerde.
Dieser Ueberschuß von Kieselerde, welcher nach der praktischen Erfahrung nöthig ist,
muß ohne Zweifel die Zersetzung des Kochsalzes erleichtern, welches man gegen das
Ende des Brennens in die Oefen wirft; sie erfolgt übrigens durch die vereinte
Mitwirkung des Wasserdampfs und der hohen Temperatur.
Diese Vermuthung hat sich auch vollkommen bestätigt bei den Versuchen, welche ich
anstellte um zu erfahren ob die Wirkung des Salzes auf die Kieselerde eine
verschiedene ist, je nachdem letztere im freien oder gebundenen Zustand in der Masse
vorkommt. Ich bereitete zwei Steingutmassen, so daß sie nach dem Brennen die
Zusammensetzung des Steinguts von Voisinlieu hatten; nämlich die eine mit einem
natürlichen plastischen Thon, welcher die erforderliche Zusammensetzung besaß und
dem ich die Fettigkeit durch Cement desselben Thons nahm; die andere mit einem Thon,
welcher mehr Thonerde enthielt und dem die Fettigkeit durch die geeignete Menge
reinen Sands genommen wurde. Beide wurden geformt und sodann neben einander gebrannt
und glasirt. Sie waren nach dem Brennen vollständig und gleichförmig glasirt. Ein
Geschirr aus Steingut von Saveignies, welches neben dieselben gestellt worden war,
hatte kaum einen schwachen Glanz angenommen.
Daß das Kochsalz auf die zwei vorhergehenden Verbindungen dieselbe Wirkung hat, kann
darin begründet seyn, daß die Thone bloß Gemenge von Sand und Thonerdesilicaten
sind; oder darin, daß sich der Sand selbst bei der hohen Temperatur mit der Thonerde
oder dem Thonerdesilicat direct verbindet; dieses läßt sich nicht entscheiden, für
die Praxis folgt aber daraus die wichtige Thatsache, daß das Kochsalz unter
geeigneten Umständen immer zersetzt wird, in welchem Zustande die Kieselerde in der
Masse enthalten seyn mag, wenn sie nur in hinreichender Menge vorhanden ist. Ich
will hier in Erinnerung bringen, daß Brongniart und Malaguti gebranntem Porzellangeschirr von Sévres durch
Behandlung mit Kochsalz eine kaum merkliche Glasirung zu ertheilen vermochten.Die Masse für Tafelgeschirr wird in Sèvres stets so zusammengesetzt, daß sie
enthält:Kieselerde58,0Thonerde34,5Kalk4,5Kali3,0–––––100,0.
Aus meinen Analysen und Versuchen lassen sich folgende Schlüsse ziehen:
1) Alle Steingutsorten kann man hinsichtlich ihres Kieselerdegehalts in zwei Gruppen
eintheilen; dieser Gehalt wechselt zwischen 75 und 62 Procent.
2) Das matte Steingut enthält in der Regel weniger
Kieselerde als das glasirte.
3) Das Glasiren mit Salz scheint einen Ueberschuß von Kieselerde zu erfordern; die
andern Glasuren eignen sich für jede Masse, wie auch deren Kieselerdegehalt seyn
mag.
4) Durch die erzeugte Glasur wird der Kieselerdegehalt der Masse kaum vergrößert; das
matte Steingut erhält sein Alkali durch den Thon; bekanntlich enthält solches jeder Thon.