Titel: | Ueber Blitzableiter bei elektrischen Telegraphen, und wie den störenden Einflüssen der atmosphärischen Elektricität auf die Apparate möglichst entgegengewirkt werden kann; von W. Fardely. |
Fundstelle: | Band 109, Jahrgang 1848, Nr. XX., S. 114 |
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XX.
Ueber Blitzableiter bei elektrischen Telegraphen,
und wie den störenden Einflüssen der atmosphärischen Elektricität auf die Apparate
möglichst entgegengewirkt werden kann; von W. Fardely.
Aus dem Mannheimer Gewerbvereins-Blatt, 1848, Nr. 4
und 5.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Fardely, über Blitzableiter bei elektrischen
Telegraphen.
Bei den elektrischen Telegraphen, deren Drahtleitungen (wie es jetzt in ausgedehnter
Weise geschieht) über der Erde auf Pfählen geführt sind, übt bekanntlich die
atmosphärische Elektricität, besonders aber auch dann, wenn Gewitterwolken sich
entladen, störende Einflüsse auf die Telegraphen-Apparate aus, indem sie
dieselben oft und manchmal auf eine nicht sehr zarte Weise in Bewegung setzt.
Eine unter der Erde geführte Leitung würde ohne Zweifel diesen Einflüssen weniger
ausgesetzt seyn, besonders auch wohl, wenn die Leitung nicht auf sehr lange
Strecken, in einer fortlaufenden Linie ausgeführt wäre, allein der allgemeinen
Einführung solcher unterirdischen Leitungen stehen vorderhand noch andere
Hindernisse im Wege, als da sind, die damit verknüpften größeren Kosten, und
namentlich die Schwierigkeit, die so nöthige Isolirung der Leitung von der
Feuchtigkeit der Erde zu bewerkstelligen.
Wie sehr eine sorgfältige Isolirung bei diesen Telegraphen nöthig ist, dazu kann hier
als Beweis dienen, daß, bei der Anlage eines elektrischen Telegraphen auf der
sächsisch-schlesischen Bahn, es im Anfange nicht möglich war, die
Kraftwirkung der Batterie auf eine Entfernung von nur zwei Meilen über die erste
Station hinaus zu bringen, weil die Pfähle nach der zweiten Station hin von grünem
Holze waren, und überdieß die Betheerung derselben im Freien bei Schnee und Regen
vorgenommen worden war. Eine Unterlegung des Drahts mit isolirendem Zeuge half
diesem Uebelstande ab.
Abgesehen nun von diesen störenden Einflüssen auf die Apparate, kann es auch
geschehen und ist schon mehrmals geschehen, daß der Blitzstrahl eine besondere
Neigung verspürt, sich auf der Drahtleitung einen Weg zur Erde zu suchen, wobei
nicht zu läugnen ist, daß, bei unvorsichtiger Einrichtung, Gefahr für die in der
Nähe befindlichen Personen entstehen könnte.
Es ereignete sich im vergangenen Sommer bei einem sehr heftigen Gewitter, daß der
Blitz auf die Drahtleitung des elektrischen Telegraphen der Taunuseisenbahn
einschlug. Die Wirkung war ziemlich heftig. Ueber ein Duzend Pfähle wurden zum Theil
gänzlich zertrümmert, zum Theil spiralförmig auf ihrer ganzen Länge eingefurcht,
alle getroffene, wie auch viele scheinbar nicht getroffene Pfähle mehr oder weniger
nach einer bestimmten Richtung in der Erde umgedreht. Bemerkenswerth ist hierbei,
daß die Drahtleitung, welche dort nur 1½ Millimeter dick ist, an keiner
Stelle geschmolzen wurde, obgleich es augenscheinlich war, daß der Blitz einen Weg
von mehreren Stunden auf derselben gemacht hatte.
Obgleich diese Telegraphenlinie mit keiner der nachfolgend beschriebenen
Schutzvorrichtungen damals noch versehen war, auch nicht mit solchen, welche die
Telegraphen-Apparate gänzlich von der Hauptleitung
absperren, so hatte hierbei dennoch nur einer der Elektromagnete der Apparate
Schaden genommen, und man konnte hieraus ersehen, daß die Entladung der Wolke
größtentheils durch die Pfähle nach der Erde stattgefunden hatte.
Nach den hier in der Kürze angeführten Erfahrungen ergibt sich, daß man nun, um
diesen Wirkungen der atmosphärischen Elektricität entgegenzuwirken, und namentlich
auch die Gefahr bei einem etwaigen Einschlagen des Blitzes möglichst gering zu
machen, zwei Punkte im Auge halten muß, und zwar:
1) die Telegraphen-Leitung so mit der Erde in nahe Verbindung zu bringen,
unbeschadet der guten Isolirung derselben, daß die, durch die Wirkungen des Blitzes
auf derselben angehäufte Elektricität, möglichst auf dem kürzesten Wege, den der
Blitz, wo gute Leiter sind, auch stets einschlägt, nach der Erde zugeführt und
unschädlich gemacht werde, und
2) bei den Stationsgebäuden, in welchen Telegraphen-Apparate aufgestellt sind,
solche Einrichtungen zu treffen, daß etwaige starke Entladungen gar nicht durch die
Gebäude selbst gehen können, sondern in einiger Entfernung von denselben ab-
und vorbei geleitet werden.
Das erstere läßt sich durch Blitzableiter, wie diese schon früher in Vorschlag und
Ausführung gebracht worden sind, bezwecken, nur müssen diese Blitzableiter an den
Pfählen so angebracht seyn, daß dieselben ganz nahe an die Telegraphenleitung
reichen, ohne jedoch dieselben unmittelbar zu berühren; auch dürfte es hierbei nicht
geradezu nöthig scheinen, daß alle diese Ableiter mit einer Spitze, ähnlich den
gewöhnlichen Blitzableitern, über die Drahtleitungen hervorragen müssen; denn sie
haben hier hauptsächlich den besondern Zweck, eine Entladung der Telegraphenlinie
nach der Erde zu bewirken. Auf der Zeichnung Fig. 50 sind zwei solcher
Ableiter, welche von starkem Kupfer- oder Eisendraht seyn können, abgebildet,
über deren zweckmäßigste Form die Erfahrung am besten Aufschluß geben wird. Bei der
Einrichtung derselben muß man aber bedacht seyn, daß weder Regen noch Schnee sich so
daran setzen kann, daß eine Verbindung zwischen den Ableitern und der
Telegraphenleitung hervorgebracht werden, und folglich die Isolirung der Leitung von
der Erde dadurch beeinträchtigt werden könnte. Sie befinden sich deßhalb unter dem
über jedem Pfahl angebrachten kleinen Dache, welches die Drähte gegen Regen und
Schnee schützt. Diese Ableiter müssen mehrere Fuß tief in die feuchte Erde, oder
noch besser in Kohksgruben geleitet werden.
In je größerer Anzahl nun diese Blitzableiter angebracht sind, um so größer ist
natürlich auch der Schutz den sie gewähren. Besonders aber sollten einige Duzend
derselben an den Pfählen zu beiden Seiten jedes Stationsgebäudes angebracht
werden.
Die zweite Aufgabe, deren Erfüllung als Hauptbedingung erscheint, wird durch folgende
Einrichtung gelöst, wobei die Zeichnung Fig. 51 zur bessern
Verständigung dienen wird.
In einiger Entfernung vor und hinter dem Stationsgebäude wird die fortlaufende
Telegraphenleitung in zwei Theile getrennt, und auf einem starken, mit einem
Dächelchen versehenen Pfahl dergestalt angebracht und befestigt, daß die beiden
Enden derselben bis auf einen ganz geringen Raum, etwa einen halben Millimeter,
genähert sind.
Zu beiden Seiten des Pfahls sind zwei, wenigstens zwanzig Fuß lange feine
Kupferdrähte (wie Breguet in Paris auch schon in
Vorschlag gebracht hat) an die Hauptleitung festgelöthet, welche feine Dräthe in das
Stationsgebäude geführt, und dort mit den Telegraphen-Apparaten in Verbindung
gebracht sind.
Bei dieser Einrichtung werden nun die Entladungen der atmosphärischen Elektricität an
der Trennungsstelle bei A
Fig. 51
vorüberspringen und vorbei geleitet werden, ohne den weit längeren Weg durch die
feinen Dräthe und die mit denselben in Verbindung stehenden Apparate zu nehmen. Im
allerschlimmsten Falle aber würden diese dünnen Drähte abgeschmolzen, die
Hauptentladung aber, deren Kraft schon durch die Ableiter der Telegraphenlinie
geschwächt worden, würde stets durch die Telegraphenlinie und bei der
Trennungsstelle A an den Gebäuden vorübergeleitet
werden.
Man braucht hierbei nicht zu besorgen, daß die Wirkung des Telegraphen selbst durch
diese Einrichtung geschwächt werde, oder daß die Elektricität der Volta'schen
Batterie allenfalls bei A überspringen, und so die Kette
geschlossen werden könnte, ohne daß die Wirkung derselben bis an das Ende der
Telegraphenlinie ginge, denn leichter wird die durch die Volta'sche Batterie
erzeugte Elektricität in einem Moment hundert Meilen durch die ununterbrochene
Telegraphenleitung gehen, als den kürzeren Weg durch die Trennungsstelle nehmen,
selbst wenn diese Trennungsstelle nur die Breite eines Haars betragen sollte; die
Volta'sche Elektricität wird stets den durch die Pfeile angedeuteten Weg nehmen.
Anders aber verhält es sich mit der atmosphärischen Elektricität, welche immer eine
Neigung zum Ueberspringen äußert.
Der mit D
Fig. 51
bezeichnete Ausschluß- oder Absperr-Apparat, welcher im
Telegraphen-Bureau, in einiger Höhe über dem Telegraphen-Apparat selbst angebracht wird,
dient noch außerdem dazu, um durch einen Ruck eines isolirten Handgriffs den
Telegraphen-Apparat gänzlich von der Hauptleitung
zu trennen, ohne daß die Hauptleitung selbst hiebei getrennt wird, und er wird bei
Gewittern gleichfalls in Anwendung gebracht. Der besondere Zweck dieses
Ausschlußapparats ist nebenbei auch noch der, ungestört, und ohne das Telegraphiren
der andern Stationen zu hemmen, die Telegraphen-Apparate, wenn nöthig,
reguliren zu können.
Alle solche Einrichtungen, die man in Vorschlag gebracht hat, um bei herannahendem
Gewitter die Linie zu trennen, oder die Elektricität von den Gebäuden wegzuleiten,
sind nur so lange gut, als man auch versichert seyn kann, daß dieß zur gehörigen
Zeit, und ehe es zu spät wird, geschieht, was wohl schwerlich immer der Fall seyn
dürfte.
Man muß also dafür sorgen, daß solche Einrichtungen getroffen werden, bei welchen
auch im schlimmsten Falle wenig Gefahr zu besorgen seyn dürfte.
Daß diese Schutzmittel auch bei jenen Glockentelegraphen, bei welchen die Drähte
unmittelbar in die Bahnwärterhäuschen geleitet werden, Anwendung finden sollten,
braucht kaum hier in Erwähnung gebracht zu werden.
Auch jene elektrischen Entladungen, welche im Sommer und zuweilen auch im Winter,
selbst bei ganz heiterem Himmel, durch die Drahtleitung der Telegraphen gehen, und
oft kräftig genug sind, Erschütterungen in dem thierischen Organismus zu
verursachen, und als überspringende Fünkchen wahrgenommen zu werden, könnten, wenn
auch nicht gänzlich vermieden, doch sehr geschwächt werden durch die Vorrichtung,
welche oben beschrieben wurde.
Indem ich das Princip dieser Schutzmittel, welche im Sommer v. J. auf einer
Telegraphenlinie von 14 Meilen Länge in directer Linie ausgeführt wurden, hiemit
deutlich erklärt zu haben glaube, geschah dieß keineswegs in der Absicht, dasselbe
für ein unfehlbares Schutzmittel gegen ein oft in so eigenthümlicher Gestalt
auftretendes Zerstörungselement, wie das des Blitzes ist, ausgeben zu wollen, denn
es könnte unter besondern Umständen geschehen, daß der Blitz sich direct auf ein
Stationsgebäude entladete, ohne daß der Telegraph daran Ursache ist; eine nach dem
obenbeschriebenen Princip sorgfältig ausgeführte Telegraphenlinie könnte aber selbst
gegen solche Entladungen nicht ohne Grund einigermaßen als Schutzmittel angesehen
werden.