Titel: | Die Kunst, Carneole, Chalcedone und andere verwandte Steinarten zu färben; von Nöggerath. |
Fundstelle: | Band 108, Jahrgang 1848, Nr. XCVI., S. 447 |
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XCVI.
Die Kunst, Carneole, Chalcedone und andere
verwandte Steinarten zu färben; von Nöggerath.
Aus dem Archiv für Mineralogie von Karsten und von Dechen.
Bd. XXII S. 262.
Nöggerath, über das Färben der Carneole, Chalcedone und anderer
Steinarten.
Die Steine, welche die Alten Gemmen nannten, waren viel
zahlreicher und mannichfaltiger als unsere Edelsteine, unter denen nur eine mäßige
Anzahl von Steinen begriffen wird, welche sich durch Farbe, Durchsichtigkeit, Glanz,
Härte u.s.w. und durch eine größere Seltenheit als Schmucksteine auszeichnen.
Besonders hoch wurden von den Allen die sehr zahlreichen, schön gefärbten, sowohl
einfarbigen als mannichfach gestreiften und gefleckten Arten und Varietäten der
Quarzgattung (sogenannte Halbedelsteine) geschätzt, und zwar vorzüglich darum, weil
sie für die Kunst ein vortreffliches und werthvolles Material lieferten und weil sie
durch ihre verschiedenen Farbenstreifen sich selbst besser, als die eigentlichen,
meist einfarbigen Edelsteine zu in Relief geschnittenen Steinen, zu Cameen,
eigneten, bei welchen die verschieden gefärbten Lagen die Kunst in der Schönheit und
Mannichfaltigkeit ihrer Erzeugnisse trefflich unterstützten. Ueberdieß waren es auch
gerade die vielfarbigen Quarze, welche in ihren natürlichen Farbenmischungen am
meisten sogenannte Naturspiele darboten, und auch diese wurden als besondere
Seltenheiten sehr hoch gehalten. So erzählt Plinius von einem Achat, der in seinen
natürlichen Flecken das Bild des Apollo mit den neuen Musen dargestellt habe.
Bei dem großen Werthe, welcher im Alterthume auf Gemmen überhaupt, insbesondere aber
auf geschnittene Kunstwerke aus solchen gelegt wurde, die nicht bloß zum Schmucke
dienten, sondern auch in Daktyliotheken von den Häuptern der Nation mit großem Aufwande gesammelt
wurden, kann es nicht befremden, daß die damalige Industrie sich auch auf die
Verfälschung und Verschönerung der Gemmen geworfen hat, und Plinius versichert, daß
keine Art von Betrug so lohnend sey, wie diese. Man machte Gemmen aus Glasflüssen
künstlich nach (wahre antike Pasten); man kittete Platten von verschiedenen Stemmten
auf einander, um auf diese Weise andere Steine, z.B. Sardonyre etc., nachzuahmen;
man verschönerte durchsichtige Steine durch Unterlagen von Folien; man erhöhte oder
änderte endlich die natürlichen Farben derselben durch verschiedenartige
Manipulationen. Unter diesen Manipulationen führt Plinius eine an, die man bisher
mit Unrecht für eine Fabel gehalten hat; sie besteht darin, daß man die Steine
längere Zeit (sieben Tage lang) mit Honig kocht. In den Achatschleifereien zu
Oberstein und Idar, im Fürstenthume Birkenfeld, wendet man seit 20–25 Jahren
dasselbe Verfahren an, um unscheinbare Steine, Chalcedone und fahlgelbe Carneole
(Sarder) in sehr schöne Onyxe umzuwandeln. Dieses Verfahren war in den ersten Jahren
Geheimniß eines einzigen Achathändlers in Idar. Früher besuchten Steinschneider aus
Italien, Romanen, wie sie von den Steinschleifern in Oberstein und Idar genannt
werden, diese Gegend und kauften alle onyxartigen Steine auf. Von diesen hat jener
Achathändler das Geheimniß erlauscht oder erkauft. Ob jene Römer durch Plinius auf
die Sache geführt worden sind, was kaum wahrscheinlich ist, da dieser das Verfahren
nur halb beschreibt, oder ob sich nicht vielmehr die Kunst durch Tradition in
Italien erhalten haben mag, ist schwer zu bestimmen.
Diese Kunst beruht auf der Eigenthümlichkeit, daß die feinen Streifen von Chalcedon,
welche in den sogenannten Achatkugeln oder Mandeln übereinander liegen, oder
dieselben auch ganz erfüllen, und welche sich oft bloß durch ganz geringe, meist nur
lichte Farbennüancen und sehr unbedeutende Unterschiede im Durchscheinen des Lichtes
zu erkennen geben, je nach diesen Streifen in sehr verschiedenen Graden von
färbenden Flüssigkeiten durchdringbar sind. Dadurch wird es möglich, sehr
unansehnliche, kaum mattgefärbte Steine in sehr schöne Onyxe u.s.w. zu verwandeln,
welche sich zu Cameen mit verschiedenen übereinander liegenden Farben eignen, und
überhaupt sehr viele Achate, welche zu anderen Zwecken verarbeitet werden, bedeutend
in der Höhe und selbst in der Art und Zeichnung der Farben zu verschönern.
Es gibt ein empirisches Kennzeichen, dessen sich die Achathändler in Oberstein und
Idar bedienen, um den Werth der rohen Steine in Hinsicht der Eigenschaft sich färben
zu lassen, beim Ankaufe ungefähr abzuschätzen. Sie schlagen ein dünnes Stück von dem
brauchbar scheinenden Theile der Kugel ab, befeuchten es mit der Zunge und
beobachten dann, ob das Trocknen der Feuchtigkeit streifenweise abwechselnd rascher
oder langsamer von statten geht. Findet sich nun streifenweise eine mannichfache
Abwechselung des Einsaugens der Feuchtigkeit auf dem Steinscherben, so ist er zum
Färben und namentlich zum Onyxfärben geeignet. Sehr große, ganz mit Chalcedon
erfüllte Kugeln, worin viele dünne Streifen vorkommen, besonders wenn sich darunter
auch rothe befinden, haben einen bedeutenden Werth. Im Jahr 1844 fand man einen
solchen Stein, der einen Centner schwer war und für 700 fl. rhein. verkauft wurde;
man schliff aus demselben mit einem Aufwande von 200 Gulden Cameensteine, welche
einen Erlös von 2200 Gulden brachten.
Die Färbung dieser Steine geschieht auf folgende Weise. Die dazu bestimmten Steine
werden erst sauber gewaschen und dann wieder, jedoch ohne Anwendung einer höheren
Temperatur getrocknet. Hierauf legt man sie in Honig, welcher mit Wasser verdünnt
ist. Der anzuwendende Topf muß durchaus rein, namentlich ohne Fett seyn. Er wird mit
den in die Flüssigkeit gelegten Steinen in heiße Asche oder auf den warmen Ofen
gestellt, die Flüssigkeit darf aber nicht zum Kochen kommen. Die Steine müssen immer
von der Flüssigkeit bedeckt bleiben, daher wird diese öfters nachgegossen. So werden
die Steine vierzehn Tage bis drei Wochen behandelt; dann nimmt man sie aus dem
Honig, wäscht sie ab, und gießt in einem anderen Topfe so viel Vitriolöl darauf, daß
sie davon bedeckt werden. Der Topf wird mit einer Schieferplatte bedeckt und in
heiße Asche, um welche glühende Kohlen gelegt werden, gestellt. Die größeren,
sogenannten weichen Steine sind schon in einigen Stunden gefärbt, andere bedürfen
einen ganzen Tag, und manche nehmen gar keine Färbung an. Zuletzt werden die Steine
aus der Schwefelsäure genommen, abgewaschen, auf dem Ofen getrocknet, geschliffen
und einen Tag lang in Oel gelegt, wodurch etwa vorhandene feine Risse verschwinden
und die Steine auch einen bessern Glanz bekommen; das Oel wird endlich mit Kleie
abgerieben.
Durch dieses Verfahren werden die nur in ganz lichtgrauen Streifen angedeuteten
Farben, nach ihrer größeren oder geringeren Porosität, grau, braun oder ganz
dunkelschwarz gefärbt; die weißen undurchdringbaren Streifen erhalten eine weißere
Farbe unter Einbuße ihrer Durchscheinenheit, und manche rothe Streifen werden in
ihrer Farbe erhöht. Der hierbei stattfindende chemische Proceß ist sehr einfach: der
Honig dringt in die porösen Schichten des Steines ein und wird dann im Innern des Steines durch die
Schwefelsäure verkohlt. Die weißen und manche rothe Streifen scheinen gar nicht
durchdringlich von dem Honig zu seyn; die Intensität ihrer Farbe wird durch die
Behandlung nur erhöht.
Außer den Chalcedonen werden gegenwärtig noch sehr häufig die sogenannten
brasilianischen Carneole zu Oberstein und Idar auf die angegebene Weise in Onyxe
umgewandelt. Von diesen Steinen werden große Quantitäten importirt und der Centner
davon im Durchschnitt mit 50 fl., die ausgelesenen, gerade gestreiften, die
besonders zu Cameensteinen brauchbar sind, aber selbst mit der großen Summe von 2500
fl. à Centner bezahlt. Diese Carneole enthalten
Eisenoxydhydrat und sind zugleich entweder ganz oder in den meisten Streifen
durchdringbar; die röthlichen Tinten werden aber durch das Schwarze der Kohle
unterdrückt und kommen entweder gar nicht oder nur als geringe Beimischungen der
grauen und schwarzen Farben zum Vorschein, welche daher meist mehr oder weniger ins
Braune fallen.
Plinius, welcher das angegebene Verfahren nur von
Hörensagen kannte, erwähnt nur das sehr wesentliche Vorbereitungsverfahren mit dem
Honig, nicht aber die nachfolgende Behandlung der Steine mit Schwefelsäure, ohne
welche doch, wie leicht einzusehen, eine Färbung derselben nicht hervorgebracht
werden kann. Da es nun als erwiesen anzusehen ist, daß die alten Römer die
beschriebene Färbemethode kannten und vielfach anwendeten, so ist hieraus die
interessante Folgerung zu ziehen, daß ihnen auch damals die Schwefelsäure schon bekannt war. Directe Beweise dafür lassen sich
freilich nicht beibringen, aber die Schwefelsäure ist ja auch ein Product der
Vulcane, und warum sollten die Alten dieses nicht gekannt haben, da sie bereits so
gut mit dem Schwefel selbst und den natürlichen schwefelsauren Salzen bekannt waren.
Mochte ihnen selbst die Kenntniß der reinen Schwefelsäure noch abgehen, so kannten
sie doch gewiß andere flüssige oder feste Substanzen, welche freie Schwefelsäure
enthielten, und diese konnten sie ganz gut zu dem in Rede stehenden Zwecke
benutzen.
Man versteht in Oberstein und Idar auch Chalcedone sehr schön citrongelb zu färben, einfarbig oder wolkig und gestreift, dieses, wenn
die Beschaffenheit dazu schon im Steine angedeutet war. Die Behandlung ist folgende:
die Steine werden zuerst auf dem Ofen ein paar Tage lang getrocknet, doch darf der
Ofen nicht zu warm seyn; dann legt man sie in einen reinen Topf, übergießt sie mit
käuflicher Salzsäure, kittet eine Schieferplatte mit Thonbrei fest auf den Topf und
läßt diesen zwei bis drei Wochen unberührt an einem warmen Orte stehen. Es verdient noch näher
untersucht zu werden, ob die gelbe Farbe von einem Salze herrührt, welches sich
durch die Verbindung der Salzsäure mit irgend einem in dem Steine vorhandenen Stoffe
bildet, oder ob das färbende Princip in der käuflichen Salzsäure enthalten ist und
aus dieser in den Stein übergeht.
In der neuesten Zeit hat man auch sehr schöne blaue Farben
in den Chalcedonen erzeugt, Farben von allen Nüancen des Türkis; die
Verfahrungsweise ist jedoch noch Geheimniß und nur wenigen Schleifern bekannt.
In vielen Steinen endlich, namentlich in Achaten, Chalcedonen und brasilianischen
Carneolen, ruft man durch gelindes Brennen
Farbenänderungen hervor. Manche Chalcedone werden dadurch nur weißer, die rothen
Farben intensiver, und die fahlgelben sehr schön roth, welches besonders bei den
brasilianischen Carneolen der Fall ist, daher auch die gestreiften Steine dieser Art
in schöne Sardonyxe verwandelt werden und die einfarbigen erst ihre wahre
Carneolfarbe erhalten. Man verfährt dabei wie folgt: die Steine werden zuerst zwei
bis drei Wochen lang auf einem sehr heißen Ofen scharf ausgetrocknet, dann in einen
Tiegel gethan, mit Schwefelsäure angefeuchtet, nicht aber übergossen. Gewöhnlich
tauchen die Schleifer die Steine nur in Schwefelsäure und stellen sie nebeneinander
in den Tiegel. Dann wird der Tiegel mit dem Deckel verschlossen und in starkes Feuer
gestellt, bis er rothglühend geworden; man läßt nun das Feuer langsam ausgehen und
nimmt den Tiegel erst heraus, wenn er kalt geworden ist. Durch das Brennen wird das
Eisenoxydhydrat in den Steinen völlig entwässert, und die Farbe des Oxyds tritt
lebendig und in der durchscheinenden Masse in der eigenthümlichen Carneolfarbe
hervor. Die kleinen Waaren werden vor dem Schleifen gebrannt, die größeren, z.B.
Dessertteller, Schalen, Vasen u.s.w. aber erst, nachdem sie geschliffen sind. Kleine
Stücke zerspringen nicht leicht beim Brennen, wohl aber größere, daher man ihre
Masse erst durch das Schleifen dünner zu machen sucht.
Da einmal die Eigenschaft vieler quarziger Steine, daß sie sich durch und durch, in
Folge ihrer natürlichen Porosität, färben lassen, thatsächlich erkannt ist, so ist
es wahrscheinlich, daß die chemische Kunst denselben noch andere Farben zu geben
vermag; hoffentlich wird es gelingen, manche antike geschnittene Steine von
ungewöhnlicher Farbe, die ohne Zweifel von den Alten durch künstliche Mittel gefärbt
wurden, auf dem angedeuteten Wege nachzubilden.