Titel: | Fortsetzung der Untersuchungen über den Einfluß des dem Futter zugesetzten Salzes auf die Entwickelung des Viehes; von Boussingault. |
Fundstelle: | Band 107, Jahrgang 1848, Nr. LXXIII., S. 304 |
Download: | XML |
LXXIII.
Fortsetzung der
Untersuchungen über den Einfluß des dem Futter zugesetzten Salzes
auf die Entwickelung des Viehes; von Boussingault.
Aus den Comptes rendus, Nov. 1847, Nr. 21.
Boussingault, über den Einfluß des dem Futter
zugesetzten Salzes auf die Entwickelung des Viehes.
Die Resultate, welche ich im Folgenden mittheile, ergänzen die
früher von mir angestellten und bereits (im polytechn. Journal
Bd. CIII S. 307 und Bd. CV S. 51) veröffentlichten Versuche. In
der ersten Reihe jener Versuche erhielten die in zwei
Abtheilungen gebrachten Thiere ein bestimmtes Gewicht Futter; in
der zweiten erhielten sie Futter nach ihrem Belieben. In beiden
Fällen aber konnte der Einfluß des dem Futter zugesetzten Salzes
in seinen Wirkungen auf das Wachsthum des Viehes nicht gehörig
bemessen werden.
Ich beabsichtigte damals die Versuche fortzusetzen, um einen
Theil dieser Thiere einer andauernden Entbehrung des Salzes zu
unterziehen, das geeignetste Mittel, um die Wirkung desselben
auf die Gesundheit zu erkennen. Letztere Beobachtungen wurden
bis zum 31. Oct. 1847 fortgesetzt, so daß sie im Ganzen 13
Monate dauerten; während dieser Zeit erhielten die Stiere der
Abtheilung Nr. 2 kein Salz.
Vom 11. März an erhielten die Stier-Abtheilungen die
Stallration im Verhältniß von 2,5 Kil. Heu auf 100 Kil. lebenden
Gewichts berechnet. Am 31. Jul. wurde abgewogen und folgendes
waren die Resultate:
Abtheilung Nr. 1 (welche Salz erhielt):
Textabbildung Bd. 107, S. 304
Wägung; vom 11.
März; vom 31. Jul.; Zunahme.
In 142 Tagen also hatte die Abtheilung Nr. 1 das Aequivalent von
2294 Kilogr. Heu verzehrt, welche 195 Kilogr. lebenden Gewichts,
oder 8,50 Kil. auf 100 Kil. Heues erzeugten.
Abtheilung Nr. 2 (ohne Salz):
Textabbildung Bd. 107, S. 305
Wägung; vom 11.
März; vom 31. Jul.; Zunahme.
Das verzehrte Heu betrug 2171 Kilogr.; 100 Kil. dieses Futters
gaben 6,17 Kil. lebenden Gewichts.
Diesen Wägungen zufolge wurde durch das mit Salz gereichte Futter
mehr lebendes Gewicht erhalten.
Nach dem 31. Jul. wurde die Heuration auf 3 Proc. des Gewichts
der Thiere gesteigert und die Abtheilungen der Stiere am 1.
October gewogen.
Abtheilung Nr. 1 (mit Salz):
Textabbildung Bd. 107, S. 305
Wägung; vom 31.
Jul; vom 1. Octbr.; Zunahme.
Bei einer Zunahme um 60 Kilogr. consumirte also diese Abtheilung
1427 Kil. Heu, d.h. 100 Kilogr. Futter gaben nur 4,20 Kil.
lebenden Gewichts.
Abtheilung Nr. 2 (ohne Salz):
Textabbildung Bd. 107, S. 305
Wägung; vom 31.
Jul; vom 1. Octbr.; Zunahme.
Da das von der Abtheilung Nr. 2 verzehrte Heu 1075 Kilogr.
betrug, so wurden von 100 Kil. Futter nicht über 3,52 Kil.
lebendes Gewicht erzeugt. Doch ist diese Ziffer offenbar zu
klein, weil während der Beobachtung folgender Nebenumstand
eintrat. Der Stier B' (Alix) von der
Abtheilung Nr. 2 wurde nämlich von einem Leiden in den Gedärmen
befallen, welches anfangs ziemlich heftig war, aber erweichenden
Injectionen, dem Gebrauch von Ingwer und schleimiger Getränke
wich; diese Behandlung machte auch eine Diät erforderlich,
während welcher das Gewicht des Stiers rasch um 40 Kilogr.
abnahm. Als diese Krankheit sich zeigte, enthielt der Stall 60
Stücke Viehes; seit mehr als einem Jahr war der Gesundheitsstand
desselben vortrefflich und es muß bemerkt werden, daß die
einzige Unterleibskrankheit, welche sich zeigte, gerade eines
der drei Thiere befiel, welche an der täglichen Salzvertheilung
keinen Theil hatten. Läßt man nun das Gewicht des Stieres B' weg, so findet man, daß A' und C' um 49 Kil. zunahmen, indem sie 617 Kil. Heu verzehrten,
oder um 7,94 Kil. auf 100 Kil. Futter. Nach den Wägungen vom 1.
Octbr. hätte also in der ohne Salz gefutterten Abtheilung die
stärkste Assimilation stattgefunden.
Vom 1. Octbr. an benützte man den schönen Kleenachwuchs des
Spätjahrs, um nach und nach den ganzen Stall auf grüne Fütterung
zu setzen. Die letzten Wägungen fanden am 31. Oct. statt.
Abtheilung Nr. 1 (mit Salz):
Textabbildung Bd. 107, S. 306
Wägung; vom 1.
Oct; vom 31. Octbr.; Zunahme.
Im Monat October hat die Abtheilung Nr. 1 verzehrt:
Grummet
150 Kil.
Grünen Klee 2400 Kil.,
welker
Klee
672 „
––––––
Trockenes Futter
822 Kil.
Mithin erzeugten 100 Kilogr. trockenes Futter 9,37 Kil. lebenden
Gewichts.
Abtheilung Nr. 2 (ohne Salz):
Textabbildung Bd. 107, S. 306
Wägung; vom 1.
Oct; vom 31. Octbr.; Zunahme.
Verzehrt:
Grummet
150 Kil.
Grüner Klee 2160 Kil.,
trockener
Klee
605 „
–––––––
Trockenes Futter
755 Kil.
Die einer Consumtion von 100 Kil. trockenen Klees entsprechende
Gewichtszunahme beträgt 15,45 Kil. Diese außergewöhnliche
Assimilation rührt daher, daß der Stier C' das Gewicht, welches er während
seiner Krankheit verloren hatte, nicht nur wieder gewann,
sondern sogar noch schwerer wurde; wird C' nicht in die Rechnung gezogen, so beträgt die durch
die Consumtion von 100 Kil. trockenen Futters erzielte
Gewichtszunahme 10,14 Kilogr.
Diese sowie die frühern Versuche beweisen, daß das Salz auf die
Entwickelung des Viehes und auf die Fleischproduction den ihm
gewöhnlich zugeschriebenen Einfluß bei weitem nicht ausübt, und
die Abweichungen in den erhaltenen Resultaten zeigen
hinlänglich, daß dieser Einfluß gering genug seyn kann, daß er
sich bei Versuchen von kurzer Dauer nicht offenbart. Man braucht
nur alle meine Beobachtungen zu vereinigen, so stellt sich die
geringe Wirkung heraus, welche das Salz bei der Ernährung des im
Wachsen befindlichen Viehes äußert; sämmtliche Versuche umfassen
einen Zeitraum von 13 Monaten und das Resultat derselben ist
folgendes:
Die Abtheilung Nr. 1, welche Salz erhielt:
Ursprüngl. Gewicht.
Gewicht am
Ende.
Zunahme in
13 Mon.
Verzehrtes
Heu.
Von 100 Kil.
Heu erzeugtes leb. Gew.
434 Kil.
950 Kil.
516
Kil.
7178 Kil.
7,19 Kil.
Die Abtheilung Nr. 2, welche kein Salz erhielt:
407 Kil.
855
Kil.
452
Kil.
6615
Kil.
6,83 Kil.
Nach diesen Resultaten erzeugte also die durchschnittliche
tägliche Ration der Abtheilung Nr. 1, = 18,2 Kil. Heu, täglich
1,309 Kil. lebendes Gewicht.
Ohne den Zusatz von 102 Grammen Salz hätte dieselbe Ration 1,243
Kil. erzeugt. Der Mehrbetrag an Fleisch beim lebenden Thier,
welcher durch Mitwirkung von 102 Grammen Salz erzielt wurde, ist
also 66 Gramme, eine sehr unbedeutende Menge, die nicht einmal
die Kosten des angewandten Kochsalzes deckt.
Obgleich das dem Futter zugesetzte Salz keine auffallende Wirkung
auf das Wachsthum des Viehes hatte, scheint es aber einen desto
wohlthätigeren Einfluß auf das Aussehen und die Eigenschaften
der Thiere zu äußern. Bis Ende März war an den beiden
Abtheilungen der Stiere in ihrem Aussehen noch kein auffallender
Unterschied zu bemerken; erst im Verlauf des Monats April wurde
dieser auch für ein weniger geübtes Auge bemerklich. Es waren
damals 6 Monate verflossen, seitdem die Abtheilung Nr. 2 kein
Salz erhalten hatte. Wohl zeigten die Thiere beider Abtheilungen
beim Anfühlen eine feine, kernige Haut, die sich von den Rippen
losziehen ließ und sich ablöste; allein die Haare, welche bei
den Stieren Nr. 2 matt waren und wider den Strich stunden, waren bei den Stieren von Nr. 1 glänzend und glatt. Je länger
der Versuch fortdauerte, um so deutlicher traten diese
Charaktere hervor, und so hatte die Abtheilung Nr. 2 am Anfange
Octobers, nachdem sie 11 Monate lang des Salzes beraubt war,
zerzauste Haare und zeigte hie und da Stellen, wo die Haut ganz
nackt stund. Die Stiere der Abtheilung Nr. 1 hingegen behielten
das Ansehen des Stallviehes; ihre Lebhaftigkeit und die häufigen
Anzeichen ihres Bedürfnisses zu bespringen, stachen sehr ab
gegen den langsamen Gang und das kalte Temperament, welche an
der Abtheilung Nr. 2 zu bemerken waren. Ohne Zweifel wäre auf
dem Markte von den unter Mitwirkung von Salz gezogenen Stieren
ein besserer Preis erzielt worden.