Titel: | Ueber die Darstellung des Cyankaliums; von Carl Clemm. |
Fundstelle: | Band 106, Jahrgang 1847, Nr. XI., S. 34 |
Download: | XML |
XI.
Ueber die Darstellung des Cyankaliums; von
Carl
Clemm.
Aus den Annalen der Chemie und Pharmacie, 1847 H.
2.
Clemm, über die Darstellung des Cyankaliums.
Die Darstellung des Liebig'schen Cyankaliums –
welches gegenwärtig zur galvanischen Vergoldung, Versilberung und Verkupferung
vielfache Anwendung findet – ist von dem Entdecker so genau beschrieben
wordenPolytechn. Journal Bd. LXXXIV S.
226., daß ein Jeder in chemischen Arbeiten nur etwas Geübte bei genauer
Beobachtung des bezeichneten Ganges der Operation sicher ein gutes Präparat erhalten
muß; aber dessenungeachtet hört man noch öfters Klagen wegen mißlungener
Bereitung.
Durch öfters wiederholte Bereitung des Cyankaliums glaube ich alle dabei vorkommenden
Erscheinungen und auch die Ursachen, welche möglicher Weise ein Verderben des
Präparats herbeiführen, genau kennen gelernt zu haben. Ich erlaube mir daher, auf
diese Ursachen aufmerksam zu machen und das Wesentliche der Liebig'schen Vorschrift zu wiederholen.
Schmelzt man ein inniges Gemenge von 8 Theilen (durch Rösten) vollkommen entwässerten
Blutlaugensalzes mit 3 Theilen ganz trocknem kohlensaurem Kali in einem bedeckten,
am besten eisernen Tiegel, bis die schmelzende Masse schwache Rothglühhitze
angenommen hat, klar geworden ist und eine durch Eintauchen mit einem Eisenspatel
herausgenommene und erkaltete Probe vollkommen weiß erscheint, so ist alles
Blutlaugensalz reducirt. Nimmt man nun den Tiegel aus dem Feuer, so hört durch die
gelinde Abkühlung die Gasentwickelung alsbald auf und das ausgeschiedene schwammige
Eisen setzt sich, besonders durch sanftes Aufstoßen des Tiegels, bald ab, so daß man
mit einiger Geschicklichkeit das meiste Cyankalium von dem Eisen abgießen kann. Um
es ganz von Eisen frei zu haben, gießt man es am besten durch einen fein
durchlöcherten, zuvor stark erhitzten Eisenlöffel in ein mehr hohes als flaches erwärmtes Gefäß von
Silber, Eisen oder Porzellan (oder Steingut) mit glatten Wänden aus und läßt es
darin langsam erkalten. Man kann dann später den unteren eisenhaltigen Theil von dem
eisenfreien mit einem scharfen Instrument abschlagen. Die Reinheit des Cyankaliums
hängt natürlich von der Reinheit der dazu verwendeten Materialien ab; besonders ist
der Schwefelsäuregehalt des kohlensauren Kalis zu vermeiden,Hr. Prof. R. Böttger macht in seinem
„polytechnischen Notizblatt“ darauf aufmerksam, daß
man ebenso die Anwendung des gewöhnlichen rohen
Blutlaugensalzes vermeiden muß, welches fast ohne Ausnahme schwefelsaures Kali enthält; man reinige es daher
zuvor durch mehrmaliges Umkrystallisiren. Auch hält er es für zweckmäßig und
glaubt daß eine größere Ausbeute von Cyankalium zu erwarten sey, wenn man,
statt des kohlensauren Kalis, gereinigten
Weinstein nimmt. weil alsdann der Schwefel in Form von Schwefelkalium in das Cyankalium
kommen, und dadurch seine Anwendung sowohl zu analytischen Zwecken wie zur Bereitung
von Gold-, Silber- und Kupfersolutionen behufs galvanischer
Metallüberzüge mehrfache Nachtheile mit sich führen würde.
Bei dieser Schmelzung bildet sich zuerst nur Cyankalium und kohlensaures Eisenoxydul.
Das letztere zerfällt aber bei dieser Hitze schon in Kohlensäure, Kohlenoxydgas und
Eisenoxyduloxyd, welches durch das schmelzende Cyankalium zu metallischem Eisen
reducirt wird. Erst bei lang anhaltender Hitze zersetzt
sich das kohlensaure Eisenoxydul vollständig, und deßhalb bemerkt man nach längst
beendigter Zersetzung des Blutlaugensalzes und Bildung des Cyankaliums immer noch
eine Gasentwickelung. Von der Dauer der Schmelzung muß daher der Gehalt des
Cyankaliums an cyansaurem Kali sehr abhängig seyn.
Das zurückbleibende Eisen von lange geschmolzenem Cyankalium, bei Luftabschluß mit
kaltem Wasser ausgewaschen, entwickelte mit Säure übergossen, außer Wasserstoffgas,
immer noch etwas Kohlensäure.
Schmilzt man nach Angabe mancher Bücher, in welche sich die Liebig'sche Bereitungsart des Cyankaliums nicht ganz richtig übertragen
hat, indem gesagt wird: man solle schmelzen, bis die Masse bei hellem Rothglühen
ruhig fließe, so erhält man meistens ein graugefärbtes Präparat. Macht man die
Schmelzung in einem verschlossenen Gefäß von Eisen und fängt die sich entwickelnden
Gase auf, so bemerkt man, wie sich bei gesteigerter Hitze die relativen Mengen von
Kohlensäure und Kohlenoxydgas verändern, indem sich die Menge des Kohlenoxyds
vermehrt. Offenbar muß bei der höheren Temperatur ein Theil der durch das Cyankalium
streichenden Kohlensäure zu Kohlenoxyd reducirt worden seyn und diese Reduction
erstreckt sich gewiß auch noch theilweise auf das Kohlenoxyd; es scheidet sich Kohle
aus, und daher die Färbung des Cyankaliums.
Löst man auf diese Weise grau gewordenes, von Eisentheilchen ganz freies Cyankalium
kalt in Wasser auf, so bleibt bei der Filtration ein schwarzer Körper zurück,
welcher getrocknet auf dem Platinblech ganz verbrennt und in der That alle
Eigenschaften der Kohle hat. – Diese so fein zertheilte Kohle läßt sich durch
Umschmelzen und Absetzenlassen ihres geringen specifischen Gewichts wegen natürlich
nicht mehr aus dem Cyankalium entfernen. Man kann bei neuen Schmelzungen einen Theil
von solchem grau gewordenen Cyankalium zusetzen, ohne dadurch zu schaden. Das
ausgeschiedene Eisen scheint hier die feinzertheilte Kohle mit niederzureißen.