Titel: | Die Borsig'sche Dampfpumpe für Locomotiven. |
Fundstelle: | Band 104, Jahrgang 1847, Nr. LXXXVII., S. 408 |
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LXXXVII.
Die Borsig'sche Dampfpumpe für Locomotiven.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Die Borsig'sche Dampfpumpe für Locomotiven.
Die aus der großartigen Locomotivenbau-Anstalt von Borsig in Berlin hervorgehenden Locomotiven sind mit Dampfpumpen
ausgerüstet, mittelst welchen die Maschinen während des Stationirens und
erforderlichen Falls, wenn die andern Pumpen unbrauchbar werden, auch während der
Fahrt gespeist werden können. In den Verhandlungen des preußischen Gewerbvereins vom
Jahr 1846 befindet sich eine Abbildung und Beschreibung dieser Pumpen, erstere ist
in nachstehenden Abbildungen wiedergegeben und aus der Beschreibung fügen wir zur
Erläuterung Folgendes bei.
Fig. 5 und
6 sind
zwei Ansichten, Fig.
7 ein Verticaldurchschnitt der Dampfpumpe. Das Saugrohr derselben f mündet in das Speiserohr der an der linken Seite des
Locomotivekessels angebrachten Speisepumpe, das Druckrohr mündet unmittelbar in den
Mantel des Feuerkastens. Der Dampfkolben (siehe Fig. 7) hat einen
Durchmesser von 4 Zoll, die Kolbenstange, etwas dicker als der Kolben der Pumpe, hat
3 Zoll Durchmesser, so daß der Dampf beim Aufsteigen des Kolbens, also beim Saugen
der Pumpe, nur auf eine Ringfläche von 1/2 Zoll Breite drückt. Die sonstige an sich
sehr einfache Anordnung ist aus den Zeichnungen deutlich zu ersehen.
Um die Vorzüge dieser Dampfpumpe im Vergleiche mit einer zu demselben Zweck
angewendeten Handpumpe herauszustellen, mag angenommen werden, daß die Locomotive
den Bahnzug mit einer Geschwindigkeit von 6 Meilen in der Stunde fortbewegt, daß in
Folge der Ladung stündlich 90 Kubikfuß Wasser verbraucht werden, und daß der Dampf
im Kessel eine Spannung von 85 Pfd. habe. Die Handpumpe hat also das Wasser gegen
einen Ueberdruck von 70 Pfd. oder 4 Atmosphären in den Kessel zu drücken; dem
Ueberdrucke von etwa 4 Atmosphären entspricht eine Wassersäule von 4 X 32 = 128 Fuß;
und nimmt man für die Pumpe einen Wasserverlust von 1/5 an, so sind die Dimensionen
derselben auf ein stündliches Wasserquantum von 90 X 5/4 = 112,5 Kubikfuß zu
bestimmen. Die mechanische Arbeit, welche in der Stunde zur Kesselspeisung während
der Fahrt aufgewendet werden muß, ist hiernach gleich 712,5 X 66 X 128 Pfd. Fuß,
also auf die Minute (112,5 X 66 X 128)/60 = 15840 Pfd. Fuß, wenn die Reibung des
Druckkolbens der Pumpe in der Stopfbüchse ganz außer Acht gelassen wird. Ein Mann, welcher an dem Hebel
der Druckpumpe einen Druck von 40 Pfd. ausübt und den Hebel in der Minute 30mal 2
Fuß hoch hebt und niederdrückt, verrichtet eine sehr anstrengende Arbeit und leistet
beim Niederdrücken einen mechanischen Effect von 40 X 3 X 2 = 2400 Pfd. Fuß; es sind
also 15840/2400 = 6,6 oder in ganzer Zahl 7 Mann erforderlich, um das zur Fahrt von
6 Meilen erforderliche Wasser in den Kessel zu schaffen. Da aber an der Pumpe nur 2
Mann arbeiten können, so dürfen die Dimensionen der letzteren auch nur auf 2/7 des
verlangten Wasserquantums bestimmt seyn und die Fahrt kann nur mit 2/7 der
verlangten Geschwindigkeit fortgesetzt werden; der Bahnzug wird also anstatt 6
Meilen nur 1 5/7 Meilen in der Stunde zurücklegen, wenn übrigens der Pumper durch
Ablösung hinreichende Ruhezeit finden, um sich von der anstrengenden Arbeit zu
erholen.
Durch Anwendung der Dampfpumpe hingegen ist der Führer in den Stand gesetzt, mit
einem geringen Dampfaufwande zur Bewegung der Pumpe den Kessel hinreichend mit
Wasser zu versehen, um die Fahrt mit der verlangten Geschwindigkeit fortzusetzen und
auch bei Steigungen der Bahn die Speisung zu unterbrechen, um die Dampfentwickelung
im Kessel durch den Zutritt des kalten Wassers nicht zu beeinträchtigen. (Eisenbahn-Zeitung, 1847 Nr. 13.)