Titel: | Ueber die Anwendung des Malzteiges zur Brodbereitung; von Dr. Jul. Schloßberger, Prof. in Tübingen. |
Autor: | Julius Eugen Schloßberger [GND] |
Fundstelle: | Band 104, Jahrgang 1847, Nr. LXXXIII., S. 375 |
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LXXXIII.
Ueber die Anwendung des Malzteiges zur
Brodbereitung; von Dr. Jul.
Schloßberger, Prof. in Tübingen.
Schloßberger, über die Anwendung des Malzteiges zur
Brodbereitung.
Malzteig nennt man in den Bierbrauereien die nach dem Processe des Einmaischens bei
der Würzebereitung niederfallende teigartige Masse, welche größtentheils aus den
Trebern liegt (daher auch Oberteig genannt), theils aber auch bei dem Stehenlassen
der durch den Siebboden durchgelaufenen Würze sich noch ablagert. Sie wurde bisher
theils zur Bereitung des sogenannten Nachbiers, vorzugsweise aber zur Viehfütterung
und zum Branntweinbrennen benützt. Daß dieselbe nicht so arm an Bierbestandtheilen
seyn kann, ergibt schon die ganze Art ihrer Bildung, dann ihre Tauglichkeit, bei neu
aufgegossenem warmen Wasser noch eine, wenn auch substanzarme, doch immer noch Pier
genannte Flüssigkeit (eben das Nachbier) zu liefern. Auch wurde vor einigen Jahren
schon in der Chemical Society zu London von Septimus Piesse
darauf aufmerksam
gemacht, daß selbst die Treber eine nicht unbedeutende Menge Stärkmehl enthalten,
und wie damals Piesse etwas einseitig annahm, hierin ihre
große Brauchbarkeit zur Viehfütterung begründet liege.London and Edinb. Philosoph. Magazine, Oct.
1482, S. 317. Doch auch diese Sache wurde während der Zeiten des Ueberflusses liegen
gelassen, bis erst in neuester Zeit, durch die Roth gedrängt, derselben wieder eine
größere Aufmerksamkeit zugewandt, und namentlich die Frage gestellt wurde, ob diese
bisher zu den Abfällen gerechnete Substanz nicht fähig wäre, in der Brodbäckerei
eine nützliche Verwendung zu finden, und dabei namentlich einen erklecklichen
Antheil an Getreidemehl zu ersparen.
Zuerst gingen einige
praktische Versuche voran, die wir besonders Hrn. Essig in Leonberg verdanken, und die laut den
veröffentlichten Nachrichten sehr günstig ausfielen. Ich wandte mich nun an den
Redacteur des Hohenheimer landwirthschaftlichen Wochenblatts, Hrn. Prof. Riecke, der diese Nachrichten in
sein Blatt aufgenommen hatte, und erhielt durch seine gütige Vermittlung eine reiche
Anzahl von Proben von Malzteigbrod zugesandt, theils solche, die von Hrn. Essig selbst bereitet, theils
solche, die anderwärts schon in ziemlich großem Maaßstabe gebacken worden waren. Sie
waren zum Theil aus Malzteig allein dargestellt, zum größeren Theile aber aus
demselben in Verbindung mit verschiedenen Quantitäten gewöhnlichen Getreidemehls bereitet; so wenig sich das Aussehen und
die Beschaffenheit der ersteren empfahl, so sehr besaß ein großer Theil der
letzteren alle Eigenschaften eines guten Schwarzbrodes, und da die Berechnungen den
finanziellen Vortheil einer solchen Verwendung erwiesen, so griff ich die Sache auf
und unternahm zuerst eine Untersuchung des Oberteigs
selbst.
Die mikroskopische Untersuchung desselben ergab nun vor
Allem darin, neben einer Masse von zerkleinerten Hülsentheilchen, eine gar nicht
unbeträchtliche Menge von theils veränderten, theils ganz unveränderten
Stärkmehlkörnern, die durch Jod bei verschiedenen Proben in allen Nüancen des
Weinrothen bis des Tiefdunkelblauen gefärbt wurden. Die directe Bestimmung des
Stärkmehls geschah nach der althergebrachten, freilich wenig befriedigenden Methode
(Auskneten in Leinwand, mit Wasser u.s.w.), da die von Kroker in der jüngsten Zeit vorgeschlagene Methode (Liebig's Ann. 1846) wegen der Anwesenheit von
viel Zucker nicht wohl anwendbar war. Die Mengen des so aus dem Malzteig zu
erhaltenden Stärkmehls waren sehr verschieden, schwankten zwischen 4 und 7 Proc., ja Hr. Wiedersheim erhielt aus einer Probe
einmal in meinem Laboratorium 8 Proc. (in der feuchten Substanz). Die einzelnen Acte
des Brauverfahrens, je nachdem sie mehr oder weniger vollständig gelingen oder
durchgeführt werden, haben natürlich den größten Einfluß auf die in den Teig
übergehenden Stärkmehlquantitäten; besonders reich daran war der beim bayerischen
Brauverfahren erhaltene Oberteig, wie natürlich überhaupt da, wo es sich darum
handelt, ein sehr substanzreiches Bier zu erhalten. Die angegebenen Stärkmehlmengen
müssen sehr beträchtlich erscheinen, wenn man in Erwägung zieht, daß der Oberteig
75–78 Proc. Wasser enthält. Die Menge des Zuckers und Dextrins, sowie die des
nicht geronnenen Eiweißes variirten wesentlich je nach der Art der einzelnen
Verfahrungsarten im Brauen; immer aber fanden sich die angegebenen Substanzen,
manche in mehr als einem Procente in dem Oberteig vor. Die übrige Masse bestand aus
kleinen Hülsentheilchen, die zum Theil bedeutend aufgequollen waren, und aus
Gerinnseln von Eiweiß nebst den amorphen Partikelchen von Pflanzenfibrin.
Das wichtigste Resultat lieferte aber die Stickstoffbestimmung, indem dieselbe im getrockneten Malzteig eine
beträchtlich höhere Zahl ergab, als dieselbe für das Getreidemehl selbst aufgestellt
ist. Es fanden sich nämlich bei mehrfachen Analysen verschiedener Malzteigproben,
die von meinem Assistenten, Hrn. Schramm, mit großer Sorgfalt und unter meiner Aufsicht angestellt
wurden, stets 3,9, zuweilen selbst 4,8 Proc. Stickstoff darin, Zahlen, die also dem
durchschnittlichen Stickstoffgehalt der Hülsenfrüchte gleichkommen. Es war mir
dieses Ergebniß, nach der Bereitungsart der Maische und Würze zu schließen, kein
unerwartetes, indem bei der Würzegewinnung offenbar sehr viel geronnenes Eiweiß sich
niederschlägt, und dieses nach der Eigenschaft der Eiweißgerinnsel die suspendirten
Klebertheilchen mit niederreißen muß. Ebenso entgeht gewiß auch bei dem
vollendetsten Brauverfahren ein ziemlicher Antheil von Stärkmehl der Veränderung
durch die Diastase, und diese Stärkekörner finden sich größtentheils in dem
Oberteige, und nur diejenigen, die den größeren Hülsentheilchen anhängen oder die
noch ganzen Hülsen nicht verlassen haben, gehen selbst in die Treber über. Noch
zeigte der Malzteig, wie nach seinem großen Gehalt an stickstoffhaltigen Substanzen
mit Sicherheit erwartet werden durfte, einen bedeutenden Reichthum an phosphorsauren
Salzen.
Diese Ergebnisse der chemischen Prüfung mögen hinreichen, die vorzügliche
Tauglichkeit des Malzteiges zur Brodbereitung physiologischchemisch nachzuweisen; es
enthält derselbe durchaus dem Getreidemehl selbst gleichartige,
oder (soweit durch die Malzbereitung, die höhere Temperatur u.s.f. Veränderungen
hervorgerufen wurden) demselben wenigstens höchst ähnliche
Substanzen, wie ja sein Ursprung schon erwarten ließ. Aber sein größerer
Reichthum an plastischem Nährstoff läßt ihn gerade in Betreff der allerwichtigsten,
unentbehrlichsten Nährsubstanz selbst dem Getreidemehl den Vorrang abgewinnen, da er
wenigstens in diesem Punkte gleichsam eine Concentration erlitten hat.
Allerdings ist sein Reichthum an Stärkmehl gegen den des Getreides sehr
zurückgetreten; allein die Respirationsmittelzufuhr ist auch relativ entbehrlicher
als die an plastischem Nährstoffe, und der etwaige Mangel an Respirationsvorrath im
Malzteige durch viele an stickstoffiger Substanz arme Mehlsurrogate wohlfeil und
leicht zu ersetzen, und wem sollte nicht hier der Gedanke kommen, daß auf diese
Weise das (bei den niederen Graden meist gar nicht veränderte) Stärkmehl der kranken
Im Winter 1845 wohnte ich in der Royal polytechnical
Institution in London einer Vorlesung an, in der sehr viele Punkte
der immerhin noch nützlichen Verwendung der erkrankten Kartoffeln aufgeführt
wurden; besonders aber nachgewiesen wurde, wie vortrefflich die nur wenig
und selbst in mittlerem Grade erkrankten Kartoffeln sich noch zur Gewinnung
eines ganz untadelhaften Stärkmehls verwenden lassen. Auch dieser Punkt
scheint mir bei uns nicht immer und genügend beachtet zu werden.
Kartoffeln, nach völligem Auswaschen u.s.w. mit Malzteig
versetzt, zu einem brauchbaren Brode sich dürfte verbacken lassen.
Außer den eben gerühmten physiologisch-chemischen Vorzügen und den
ökonomischen Vortheilen, die später zur Sprache kommen sollen, hat aber der Malzteig
noch die nicht genug anzuerkennende Eigenschaft, daß das aus ihm mit etwa einer
gleichen Menge Getreidemehl dargestellte Brod vollständig das Aussehen, die Porosität, die Farbe, den
Wohlgeschmack unseres Schwarzbrodes besitzt, so daß es oft fast unmöglich
erscheint, die Beimengung von Malzteig in solchem Brode überhaupt zu erkennen. Wie
ganz anders verhält sich dieses bei einem Brode, dem irgend größere Mengen des Mehls
von Bohnen, Erbsen oder Linsen beigefügt wurden! Ich bin überzeugt, jeder Bedürftige
könnte sich glücklich schätzen, ein solches Malzteigbrod täglich und in gehöriger
Menge auf seinem Tische zu sehen. Auf die Tafel des Reichen wird es sich allerdings
keinen Eingang verschaffen, so wenig als dieses mit unserem trefflichen Roggenbrode
der Fall ist; die Mehlsurrogate sollen aber zunächst dem Armen und minder
Wohlhabenden die Ertragung der theuren Zeit leichter machen, und diese werden in der Farbe des
Malzteigbrodes gerade so ihr Schwarzbrod wieder erkennen, wie in dem Geschmack.
Aus der oben gegebenen chemischen Analyse des Malzteigs läßt sich schon entnehmen,
daß sein Zusatz zum Brode den Stickstoffgehalt desselben (abgesehen vom Wasser)
erhöhen und den an Stärkmehl etwas herabdrücken müsse. Die directen von mir und von
Hrn. Schramm unter meiner
Leitung vorgenommenen Untersuchungen bestätigen denn auch diese Voraussetzung auf
das entschiedenste. Gehen doch alle Bestandtheile des Malzteigs in das Brod über,
außer etwa einem Theile seines Wassers und wohl allem oder einem Theile seines
Zuckers, der aber gerade durch seine Umwandlung in Weingeist und Kohlensäure
anerkanntermaßen so wesentlich zum sogenannten Gehen des Teiges und zur Porosität
des Brodes beiträgt.
Die verschiedenen, von Hrn. Essig und Hrn. Prof. Riecke mir zugesandten Malzteigbrode, sowie diejenigen, die in der
Gegend von Tübingen an manchen Orten von Landleuten dargestellt worden waren,
enthielten, je nach der Quantität des zugesetzten Teiges, 3–4 Proc.
Stickstoff, während selbst künstlich panificirtes Brod aus Glasgow (nach R. Thompson) nur 2–2,5 Proc. davon enthält. Die
Vorsichtsmaaßregeln, die bei der Bereitung eines wirklich guten und gehörig lockeren
Malzteigbrodes zu nehmen seyn dürften, werben übrigens alsbald bei der Besprechung
des technisch-chemischen Gesichtspunktes näher erörtert werden. Hier möchte
nur so viel noch beizufügen seyn, daß das gut zubereitete Malzteigbrod selbst nach
14tägiger Aufbewahrung sich noch feucht und sehr schmackhaft erhielt, ohne auch nur
eine Spur von Schimmelbildung oder von dem Beginne eines Uebergangs in die saure
oder faulige Gährung zu zeigen. Ein Brod, das zu gleicher Zeit in einer Portion bloß
mit gewöhnlichem Schwarzmehl, in einer andern mit gleichen Theilen des letzteren und
von Malzteig, auf meine Veranlassung hin bereitet worden war, wurde in der
angegebenen Zeit bei reinem Schwarzmehle schon ganz hart und wenig genießbar,
während bei der Mischung (also in der zweiten Portion) das Innere der Krume noch
sehr feucht und wohlschmeckend sich erhalten hatte.
Die Gewinnung eines porösen, gut gebackenen Brodes ist bekanntlich an das
Vorhandenseyn jener eigenthümlichen Substanz geknüpft, die man Kleber nennt und welche vermöge ihrer Elasticität bei dem Gehen des Teiges
und eines eigenthümlichen Erstarrens bei dem Backen im Stande ist, das Skelett der
schwammigen Masse zu bilden, die wir eben ein gut gebackenes Brod nennen. Außer dem
Kleber kommt in zweiter
Linie zur Darstellung eines wahrhaft brodähnlich aussehenden, schmeckenden und
wirkenden Gebäckes ein bedeutender Stärkmehlgehalt in
Anschlag, dessen Zuckerbildung bei der Brodgährung sammt der nachherigen Verwandlung
des Zuckers in Weingeist und Kohlensäure wesentlich zur Gewinnung eines leicht
verdaulichen Brodes beiträgt.
Der Malzteig nun ist in Betreff dieser zwei einzig wesentlichen Bestandtheile des
Getreidemehls im Vergleich mit diesem im Vorzug rücksichtlich der stickstoffhaltigen
Substanzen, im Nachtheil rücksichtlich der Stärkmehlmengen. Durch seinen großen
Klebergehalt ist er aber sicher im Stande, einen Zusatz von reinem Stärkmehl oder
daran überreichen Substanzen, physiologisch wie technisch auszugleichen, ja er wird
dadurch selbst nur in seiner Brauchbarkeit zur Brodbereitung gewinnen. Eine zu große Menge Kleber nämlich seht an sich dem
Poröswerden auch wieder eine bestimmte Gränze, indem dann die bei der Brodgährung
und dem Backen sich entwickelnden Gase und Dämpfe in verhältnißmäßig zu geringer
Menge auftreten, um die ganze Masse lockerzellig zu gestalten und der ganze Teig zu
zäh und klebrig wird. Das Brod kann nämlich ebensogut deßhalb speckig und schwer
werden, weil es zu viel Kleber, als weil es zu wenig enthält. Ersterer Grund findet
sich denn nun auch bei allen denjenigen Broden, die ausschließlich oder mit
vorwiegenden Mengen von Malzteig bereitet wurden; und es dürfte als technische Regel aufzustellen seyn, daß zur Erzielung
eines wirklich guten, porösen Malzteigbrodes mindestens eine
dem Malzteig selbst gleiche Gewichtsmenge von Mehl, besonders gut von Getreidemehl, sollte zugemischt werden, welch
letzterem recht leicht dann noch eine stärkmehlreiche, aber stickstoffarme Substanz
in mäßiger Menge beigesetzt werden könnte. Von allen mir zugeschickten Proben von
Malzteigbrod waren diejenigen sicher die vorzüglichsten, in welchen etwa gleiche
Theile gewöhnlichen Schwarzmehls und Oberteig verbacken wurden.
Von größtem Einfluß auf die Beschaffenheit des Brodes ist die Operation des Knetens und Einteigens. Man
hat öfters behauptet, daß eine Mehlsorte um so vorzüglicher sey, und um so reicher
an Kleber seyn werde, je mehr Wasser sie zu verschlucken und zu binden im Stande
sey; wenn dieses Kriterium aber auch manche Ausnahmen zeigt (so nach Fontenelle der beste Odessaer Weizen), so muß doch
zugestanden werden, daß im allgemeinen um so mehr und um so inniger Wasser gebunden
wird, je mehr Gluten vorhanden ist, und in dieser Beziehung sollte sich schon beim
Einteigen des bloßen Getreidemehls der Wasserzusatz einigermaßen nach der Güte, d.h.
vorzugsweise dem Kleberreichthum des letzteren richten (geben doch manche Praktiker
die Vorschrift, daß man selbst je nach der Jahreszeit in der beim Einteigen
zuzusetzenden Wassermenge Unterschiede treffen müsse!). Bei gutem Getreidemehl wird
nach dem Diction. technologique im allgemeinen
mindestens ein Drittheil bis die Hälfte Wasser zum Kneten erfordert, ganz anders muß
sich aber die nöthige oder zweckmäßige Wassermenge beim
Malzteig verhalten. Der letztere enthält nämlich nicht weniger als 75 Proc.
Wasser (einige Analysen ergaben sogar 77 und 78 Proc.), während das Getreidemehl
unter den gewöhnlichen Umständen nur etwa 12–16 Proc. enthält. Wenn man nun
erfahrungsmäßig zum Einteigen des Getreidemehls 50–70 Proc. Wasser anwenden
darf, so läßt sich aus den vorher angeführten Daten ermessen, daß ein solcher Wasserzusatz beim Einteigen eines Gemenges von
Mehl und Oberteig viel zu hoch seyn müßte, und daß bei
der Nichtbeachtung dieser Vorsichtsmaaßregeln das Malzteigbrod dann durch eine übermäßige Wassermenge zu feucht und speckig werden muß.Der Wassergehalt des gutgebackenen, aus etwa gleichen Theilen Malzteig und
Getreidemehl bereiteten Malzteigbrodes betrug nach fünf von mir gemachten
Analysen bei Proben, die mir von sehr verschiedenen Seiten zugekommen waren,
stets 50–52 Proc. Es stimmten diese Zahlen sehr gut mit den Angaben
über den Wassergehalt des sogenannten Commisbrodes u.s.w. (so bei Dumas); dagegen fand Boussingault in verschiedenen Sorten weißen Weizenbrodes
35–44 Proc. Wasser. Es ist dieses um so sorgfältiger zu berücksichtigen, als der Malzteig eben
durch seinen Reichthum an Kleber und Eiweiß auch das Wasser viel fester binden
dürfte, so daß wohl selbst ein längeres Verweilen solcher Brode im Backofen den
Nachtheil eines beim Einteigen geschehenen zu reichlichen Wasserzusatzes nicht ganz
ausgleichen möchte. Durch das Aussehen und die augenscheinliche Consistenz des Teigs
darf man sich hier nicht allein leiten lassen, sondern es müssen dabei die genannten
Eigenthümlichkeiten des Oberteigs wohl mit in Erwägung gezogen werden.
Aus denselben Gründen möchte ich beim Malzteigbrod ein ganz
besonders sorgfältiges Kneten vorschlagen, und hiebei die Knetmaschine (Lambertine und
A.) wieder in Erinnerung bringen, die so viele entschiedene Vorzüge der
Reinlichkeit, der Gleichförmigkeit des Products, der Unabhängigkeit von der Laune
und dem Fleiße des Arbeiters, der großen Ersparniß an Arbeitslohn u.s.w. vor dem
Kneten mit den Händen darbietet. Wenn Gemeinden sich ebenso
solche Knetmaschinen erkaufen wollten, wie sie jetzt in größerer Ausdehnung
Gemeindebacköfen einrichten, so ließe sich entschieden dadurch ein Erkleckliches ersparen, und
die Güte des Brodes könnte dabei nur gewinnen.
Ebenso möchte ich wegen des großen Wassergehalts und noch mehr um der so hohen
wasserbindenden Kraft des Oberteigs willen durchaus anrathen, den Malzteig nur in
kleinen, flachen Laiben zu verbacken, umsomehr als
das Malzteigbrod am allerwenigsten der Gefahr ausgesetzt ist, schnell und
vollständig auszutrocknen und durch Härte ungenießbar zu werden.
Die zum Verbacken des Malzteiges nöthige Menge Hefe oder
Sauerteig wird wegen (nicht trotz) des hohen Klebergehaltes darin eher vermehrt als
vermindert werden müssen, wofür sich auch die mir von Seite verschiedener Praktiker
zugekommenen Mittheilungen durchaus erklären. Dann möchte der Zusatz einer kleinen
Kochsalzmenge beim Malzteigbrod viel entschiedener
als beim gewöhnlichen Getreidebrod anzuempfehlen seyn, ob es gleich auch bei
letzterem nur von Vortheil (in Betreff des Wohlgeschmacks und der Verdaulichkeit)
seyn kann. Es hat nämlich das Malzbrod oft einen malzähnlichen, etwas süßlichen
Nachgeschmack, der zwar allerdings kaum je unangenehm seyn dürfte, aber doch gemäß
mehrerer oben ausgesprochenen Maxime sehr zweckmäßig durch das Salzen des Brodteiges
verbessert werden kann. Der Salzzusatz bei der Brodbereitung wird überhaupt bei uns
(in Süddeutschland) meist viel zu sehr vernachlässigt, und dieses eben so wohlfeile
als werthvolle Würzemittel der wichtigsten Nahrung auf eine unverzeihliche Weise
sehr oft geradezu übersehen. Doch hüte man sich davor, den Sauerteig mit einer
Kochsalzlösung anzumachen; dieser Vorschlag ist entschieden unpraktisch, denn seine
Befolgung stört die Brodgährung wesentlich.
Der Umstand, daß der Malzteig nur in gewissen Zeiten des Jahres, während der
Brauzeit, zu erhalten ist, wäre allerdings ein Hinderniß für seine fortwährende
Anwendung, umsomehr als derselbe im feuchten Zustande und bei warmer Temperatur sich
nur ganz kurze Zeit vor Schimmelbildung und saurer ja fauliger Währung verwahren
läßt. Hingegen aber möchte ich den Rath geben, denselben zur Zeit seiner Gewinnung
bei 80–100° C. zu trocknen, die trockene braune Masse mit Getreide
zusammen zu vermahlen und mit denselben Vorsichtsmaaßregeln aufzubewahren, die ja
auch so nöthig zur völligen Conservirung des Getreidemehls selbst sind. Es dürfte
sich nach diesen Vorbereitungen das Mehl des Oberteiges auf unbestimmte Zeit
aufbewahren, und immer, wenn es wünschenswerth wäre, zur Brodbäckerei verwenden
lassen.
Es waren vorzüglich die zwei letztbesprochenen Punkte – die Aussicht nämlich,
daß der Malzteig zu einem dauernden Ersatz- und
Ersparnißmittel eines
Theils Getreidemehls werden dürfte (so lange man überhaupt Bier brauen wird, und da
ist, glaube ich, kein Ende abzusehen), und die Möglichkeit denselben aufbewahrbar und zur beliebigen
Zeit verwendbar zu machen – die mich veranlaßten, den Malzteig so
nachdrücklich zu empfehlen; ohnedieß haben wir ja nichts weniger als eine
Bürgschaft, daß im laufenden Jahre die Kartoffelkrankheit ihr Ende erreicht habe und
eine der Roth entsprechend reiche Ernte sicher zu erwarten stehe. Noch aber kann mit
Recht erwartet werden, daß ich zum Schlusse thatsächliche Belege für sein gehörig
massenhaftes Vorkommen und die nöthige Wohlfeilheit vorbringe, und ich werde daher
hier noch die Angaben von Hrn. Essig und von dem Hohenheimer Wochenblatte eben über diese Momente
anschließen.
Nach den neuesten Erhebungen werden nämlich in Württemberg jährlich ungefähr
anderthalb Millionen Simri Malz in den Bierbrauereien verbraucht; jedes Simri
liefert aber beiläufig 2 Pfd. Teig. Da nun nach den Erfahrungen von Hrn. Essig und Anderen aus 7 Pfd. Teig 4
Pfd. Brod gewonnen werden, so könnten durch Benützung sämmtlichen Brauereiteigs zum
Brodbacken jährlich in Württemberg über 1,700,000 Pfd. Brod mehr gewonnen werden. Man denke, wenn unser
kleines Württemberg solche Zahlen liefert, an die Quantitäten, die sich in den
großen, so bedeutend mehr biererzeugenden nordischen Ländern, z.B. in
Großbritannien, würden gewinnen lassen!
Was endlich den Preis des Oberteigs anbetrifft, so findet sich an dem erwähnten Orte
noch folgende Berechnung: „da bei der Brodbereitung aus Malzteig 9 Pfd.
Mehl durch 21 Pfd. Teig ersetzt werden, so verwerthen sich, wenn das Brodmehl 5
1/4 kr. per Pfd. kostet, 3 Pfd. Teig zu 6 3/4 kr.,
während gegenwärtig 3 Pfd. Teig bei ihrer Verwendung als Viehfutter, wenigstens
in der Gegend von Leonberg, nur mit 2 kr. bezahlt werden. Aber selbst bei
höherem Preise wäre die Benützung dieser Abfälle zu Brod immer noch entschieden
vortheilhafter als ihre Verwendung zum Viehfutter.“
Wird nach Obigem die Gesammtmasse des dadurch herbeizuführenden jährlichen
Zuschusses an Brod für Württemberg zu 1,700,000 Pfd. angeschlagen, und das
Pfund dieses Brodes zu dem sehr mäßigen Preise von 2 1/2 kr. berechnet, so
beläuft sich der Gesammtwerth auf nahezu 70,000 fl. Wird davon die Summe
abgezogen, die der Malzteig bei seiner Benützung als Viehfutter (zu 3 Pfd.
à 2 kr.) ergäbe, so bleiben noch
nahezu 60,000 fl. Gewinn. Es hat diese Auseinandersetzung der Thatsachen auch manchem Bierbrauer schon
so eingeleuchtet, daß sie jetzt selbst ihren Oberteig zu Brod verbacken, und so nicht allein, wie Kielmeyer
sagte, das flüssige Brod, das Bier, sondern auch das feste Brod erzeugen.
––––––––––
Vorstehendes ist eine Zusammenstellung
der Bemerkungen des Verf. über diesen wichtigen Gegenstand in der kürzlich
erschienenen Schrift:
„Zur Orientirung in der Frage von den Ersatzmitteln des Getreidemehls,
besonders in der Brodbereitung, nebst einigen analytischen Belegen zur Würdigung
derselben. Von Julius Schloßberger, Dr. Med. et Chirur., außerordentl. Professor der
Chemie an der Universität Tübingen. Stuttgart, bei Ebner und Seubert, 1847. (3 1/2
Bogen).“
In diesem gediegenen Werkchen hat sich der Verfasser die Aufgabe
gestellt, Jedermann in Stand zu setzen, an der Hand der Wissenschaft und Erfahrung
über den Werth oder Unwerth der vielen bis jetzt empfohlenen Brodsurrogate ein richtiges Artheil zu fällen. Möchten folgende kurze
Auszüge zur Verbreitung und zum Studium desselben beitragen.
Bei Beurtheilung der Nahrungsmittel hat man vor Allem zu
unterscheiden zwischen Reproductionsmitteln und Respirationsmitteln, je nachdem nämlich dieselben zur
Bildung von Blut und Geweben im thierischen Körper oder mehr für den Athmungsproceß
und die Wärmeentwickelung dienlich sind. Zu den ersteren, welche die eigentlichen Nahrstoffe ausmachen, gehören alle
stickstoffhaltigen Bestandtheile (Kleber, Eiweißstoff, Käsestoff, Faserstoff etc.
oder die sogenannten Proteinsubstanzen), zu den Respirationsmitteln die
stickstofffreien Bestandtheile (Stärkmehl, Stärkegummi, Zucker oder die sogenannten
Kohlenhydrate und die Fette). In den meisten unserer Nahrungsmittel finden sich
beiderlei Stoffe vereinigt, aber das Verhältniß, in welchem sie sich vorfinden, ist
sehr verschieden. Als vortheilhaftestes Verhältniß zwischen den
Reproductions- und Respirationsmitteln in der täglichen Nahrung stellt Thompson das von 1 : 8 auf; je größer die letztere Zahl
und je kleiner die der sogenannten Proteinsubstanzen wird, um so weniger vollständig
geschieht die Ernährung.
In diesen Verhältnissen liegt auch der Grund, warum man in der
neueren Zeit den Werth der verschiedenen Nahrungsmittel einfach nach der in ihnen
enthaltenen Stickstoffmenge zu bestimmen versucht hat.
Allerdings bedarf der menschliche Körper in seiner Nahrung außer den genannten
organischen Stoffen auch noch eine gewisse Menge von anorganischen Salzen; da aber
der Gehalt an phosphorsauren Salzen mit dem an stickstoffhaltigem Stoff immer
parallel zu gehen scheint, so ist mit der Angabe der Menge des sogenannten Proteins
auch die Zahl für jene Salze gegeben. Doch ist immer zu beachten, daß die
Tauglichkeit einer zur Nahrung angewandten Substanz nicht bloß durch die Menge an
plastischem Nährstoff bedingt ist, sondern auch durch die Form, in der sich derselbe darin befindet (als Kleber oder Käsestoff
etc.), indem davon die größere oder geringere Leichtigkeit der Aneignung oder
Verdaulichkeit abhängt.
Der Verf. zeigt vor Allem, daß sich Wohl selten Theorie und
Erfahrung in so vollständiger Uebereinstimmung finden, wie in der Anerkennung
unseres gewöhnlichen gut zubereiteten Getreidebrodes als der
gesundesten und zweckmäßigsten Nahrung. Daher ist es auch erfahrungsmäßig
beinahe als völlig festgestellt zu betrachten, daß kein vollständiges Mehlsurrogat
vorhanden ist, und nur nach einem partiellen Ersatzmittel
des Getreidemehls geforscht werden kann.
Die verschiedenen in Vorschlag gebrachten Mehlsurrogate sind:
a) solche, welche in einer Beimengung von Stoffen zum
Getreidemehl bestehen, die gar keinen oder doch nur außerordentlich wenig Nährstoff
enthalten, bei welchen es somit größtentheils nur auf eine Anfüllung des Magens mit
einem völlig unverdaulichen Ballaste abgesehen ist.
Hieher gehören das Holzbrod, das Brod aus Baumrinde, dann die Beimengung von großen
Quantitäten Kleie, von Haferhülsen, von feingemahlenem Roggenstroh, sowie das Brod
aus verschiedenen Flechtenarten und die Benützung der Biertreber und Malzkeime zu
diesem Zweck.
Holzbrod. Kanzler Autenrieth
ließ sich im J. 1817 bei seinen Versuchen durch die Aehnlichkeit von Holzfaser und
Stärkmehl zu dem Schlusse verleiten, daß es möglich seyn müsse, die erstere
künstlich und durch unsere Mittel in das letztere
überzuführen (so besonders durch leichtes Rösten etc.). So sehr aber auch manche in
der Pflanze vorgehende Processe nicht nur für die Möglichkeit dieser Ueberführung,
sondern sogar für ihre Wirklichkeit sprechen, so steht doch so viel fest, daß bis
jetzt dieses nicht durch unsere Mittel geschehen kann, und wenn Autenrieth glaubte, daß es ihm durch die in seiner
Schrift angerathenen Operationen gelungen sey, so erklärt sich das Ergebniß seiner
Versuche jetzt wohl auf eine sehr ungezwungene Weise. Siebzehn Jahre später wies
nämlich Hartig das Vorkommen einer unerwartet großen
Menge Stärkmehl in vielen unserer Bäume während des
Winters nach, Mengen, die nahezu mit der Quantität davon übereinstimmen,
die Autenrieth durch Rösten etc. aus dem Holze gebildet
zu haben glaubte. Wenn man aber auch den größtmöglichen Stärkmehlgehalt in dem zum
Brodbacken empfohlenen Holzmehle voraussetzt, so ist demselben doch immer so viel
durchaus unverdauliche Substanz in der Form von der an Menge weit überwiegenden
Holzfaser beigegeben, daß Wohl schwerlich ein Magen sich finden dürfte, der auf die
Dauer ohne Schwächung eine solche Nahrung bemeistern könnte.
Biertreber. In Betreff des Stickstoffgehalts wären sie
Wohl sehr vortheilhaft zur Brodbereitung, wie sie auch nie vollkommen von Stärkmehl
befreit sind. Niemand wird sie aber doch ernstlich zur Brodbereitung empfehlen, da
sie durch ihre weit überwiegende Menge von Hülsensubstanz sehr schwer verdaulich
seyn müssen.
Malzkeime. Sie sind ebenfalls sehr stickstoffreich, und
wenn sie auch schon wegen der vielen ihnen gewöhnlich beigemengten Unreinigkeit sich
nicht zur menschlichen Nahrung eignen, so möchten sie doch, in Wasser aufgeweicht,
ein gutes Viehfutter abgeben, wodurch sie sich höher verwerthen würden als bei ihrer
bisherigen Verwendung auf der Dungstätte.
b) Vegetabilische Stoffe, die gewöhnlich sonst, aber
meist nicht in der Form von Brod, zur menschlichen Nahrung verwendet werden. Sie
zerfallen wieder in zwei Abtheilungen, nämlich in solche, welche bedeutend ärmer an
plastischem Nährstoffe sind als die Cerealien, und in solche, welche letztere daran
übertreffen. Zu den ersteren gehören die eßbaren Wurzel-, Zwiebel- und
Knollenfrüchte und eine Reihe von Samen, wie Eicheln, wilde Kastanienet etc., zu den
letzteren (mit überwiegendem Stickstoffgehalt) die Hülsenfrüchte und die eßbaren
Schwämme.
Kartoffeln. Durch ihre vergleichungsweise bedeutende
Armuth an stickstoffhaltigen Materien wird auch das mit größeren Kartoffelmengen
versetzte Brod weniger tauglich zum Wiederersatz des Bluts und der Gewebe. Der Wohlhabende ist wenig im
Stande den Nachtheil, den ein an stickstoffhaltiger Substanz armes Brod herbeiführt,
an sich selbst zu erfahren, da er täglich nebenbei auch Fleisch, Milch, Eier etc.
genießt, die mehr als hinreichen, jenes Deficit zu decken. Anders beim armen Mann;
er sieht sich entweder gezwungen eine weit größere Menge des Kartoffelbrods zu
genießen, oder seine Ernährung geschieht mangelhaft und die übeln Folgen (die
Symptome schlechter Ernährung) werden nicht ausbleiben.
Noch ist ein Umstand in der Bereitung des Kartoffelbrods, der von
gar nicht so geringer Bedeutung seyn dürfte. Wenn man nämlich die geschälte
Kartoffel geradezu zum Brodteig mischt, so erhält dasselbe von den im Safte
derselben enthaltenen Extractivstoffen und Spuren eines ätherischen Oels oft einen
sehr unangenehmen Geschmack) zugleich wird das Brod meist schwer und compact. Man
hat deßhalb vielfach durch Auspressen, Auswaschen etc. jene unangenehmen
Beimengungen zu entfernen anempfohlen, aber bei dieser Behandlung geht vollends die
stickstoffhaltige Substanz verloren, mit den Extractivstoffen des Saftes wird auch
sein Eiweiß entfernt und so gerade der Nachtheil unendlich gesteigert, der eine
Folge der natürlichen Armuth der Kartoffeln an plastischem Nährstoff ist.
Runkelrübe Sie empfiehlt sich dadurch sehr als
Brodsurrogat, daß sie nicht sonst schon direct zur menschlichen Nahrung verwendet
wird, und daß ferner durch ihre mäßige Beimengung zum Getreidemehl Geschmack und
Aussehen, sowie auch die Verdaulichkeit des daraus bereiteten Brodes kaum verändert
werden. das vortheilhafteste Verhältniß ist nach Payen 1
Theil Runkelrübenmasse auf 2 Theile Getreidemehl.Polytechn. Journal Bd.
CIII S. 377. Bei diesem Verhältniß kann allerdings der Schaden, aber sicher auch der
Gewinn nicht sehr groß seyn, da die Runkelrübe nicht weniger als etwa 85 Proc.
Wasser enthält. Deßhalb differirt auch ein solches Brod in seinem Stickstoffgehalt
nur wenig von anderem Brod, obgleich in der trockenen Substanz der Rübe eine
bedeutende Armuth an stickstoffhaltigen Materien nicht zu läugnen ist. Payen glaubt, daß durch einen Zusatz von 5 Procent Mehl
aus Hülsenfrüchten das ganze Minus an Stickstoff sich würde ersetzen lassen, das
durch 1/3 Runkelrübenmasse als Zugabe zum Brodteig herbeigeführt wird. Der Zusatz
von Runkelrüben darf aber das angegebene Verhältniß nicht übersteigen, sonst wird
das Brod sehr leicht speckig und schwer. Demgemäß ist die Rübe als Surrogat nicht
gerade zu verwerfen, allein praktisch möchte ihr Werth hiezu weit überschätzt worden
seyn.
Mais. An Stärkmehl und stickstoffhaltigen Substanzen kann
der Mais mit dem Weizen, Roggen etc. wetteifern, aber leider macht ihn ein großer
Gehalt an fettem Oel sehr geneigt, besonders wenn er in Brod verbacken ist,
demselben einen ranzigen Geschmack und Geruch zu ertheilen. Die zahlreichen bisher,
besonders in Frankreich und England angestellten Versuche, ihn auf wohlfeile und unschädliche Weise von diesem Fette zu
befreien, können bis jetzt nicht als vollständig gelungen angesehen werden. Doch
wird Jeder, der auch nur einige Zeit in gewissen Gegenden Tyrols zugebracht hat, die
große Nahrhaftigkeit und den Wohlgeschmack des dortigen Maisbrodes, sowie der
unzähligen andern Gerichte aus Welschkorn anerkennen.
Hülsenfrüchte. Bei den Hülsenfrüchten, also den Erbsen,
Linsen, gemeinen Bohnen, Ackerbohnen und Wicken, steigt der Stickstoffgehalt in der
trockenen Substanz auf
etwa 4 Proc., ja er erhebt sich bei einigen bis zu 5 1/2 Proc., übertrifft also den
der Halmfrüchte um das Doppelte, während ihr Gehalt an Stärkmehl meist auch nicht
gering, wenn auch dem der Halmfrüchte nachstehend ist. Aber sie alle eignen sich
dessenungeachtet wenig zur Brodbereitung, während sie als Gemüse meist angenehm und
sehr nahrhaft sind. Sie enthalten nämlich Vergleichungsweise nur sehr wenig Kleber; dagegen ist ihre stickstoffhaltige
Substanz zum größten Theil in der Form von Pflanzencasein, Legumin vorhanden, eine Materie, die im Wasser auflöslich ist, nicht bloß wie der Kleber damit
aufquillt, die also weder das Wasser so kräftig bindet, noch durch eine
eigenthümliche Elasticität die Porosität des Brodes so zu vermitteln fähig ist, wie
wir dieses von dem im Wasser unauflöslichen Pflanzenfibrin wissen. Fast alle mit
irgend größeren Zusätzen von Leguminosenmehl versetzten Brode sind deßhalb schwer,
wenig porös und wenig verdaulich.
Eßbare Schwämme. Sie sind nach den Untersuchungen des
Verf. eben so reich an stickstoffhaltigen Substanzen als die Leguminosen; doch ist
ihr Vorkommen zu beschränkt und die Gefahr einer Verwechslung mit den giftigen zu
groß.
Verschiedene specielle Vorschläge.
Gerstenbrod. In einigen Gegenden wird zwar Gerstenbrod
genossen, aber es steht dem Weizen- und Roggenbrode bedeutend nach und ist
nur in der Mischung mit 3/4 Weizen nahrhaft, brodartig und leicht verdaulich.
Anwendung von Kleienwasser zum Einteigen des Brodes. Das
Kleienwasser, welches man entweder durch Auskochen oder Auspressen, oder bloße
Digestion von Kleie mit Wasser und Abspülen derselben erhält, kann, wenn es zum
Einteigen des Brodes statt bloßen Wassers genommen wird, in der That die Menge
desselben nicht unbeträchtlich, und zwar (da die Kleie noch immer viel
Mehlbestandtheile enthält) durch eine Beigabe von wahren Nahrungsstoffen vergrößern.
Von 5 Pfd. Kleie kann man so eine Gewichtsvermehrung des Brodes um 1 Pfd. 24 Loth
erhalten, und das so bereitete Brod trocknet beim Backen weniger ein, hält sich
länger frisch und hat einen kräftigeren Geschmack als das mit bloßem Wasser
bereitete. Diese sehr empfehlenswerthe Methode ist seit dem J. 1771 wo sie zuerst
(in Frankreich) bekannt gemacht wurde, öfters in verschiedenen Zeitschriften erwähnt
worden, gerieth aber in den Zeiten des Ueberflusses immer wieder in Vergessenheit!
Die vom Auskochen der Kleie zurückbleibende Masse kann man noch zum Füttern des
Viehes und des Geflügels benutzen.
Künstliche Panification. Die künstliche Panification,
welche eine Ersparniß sowohl an plastischem Nährstoffe als an Zucker herbeiführt,
will bei uns trotz wiederholter Empfehlungen nicht recht aufkommen. Anders ist es in
Großbritannien, wo Colquhoun's
Verfahren an manchen Orten recht sehr im Großen schon
eingeführt ist. Am meisten eignen sich zu der Entwickelung der Kohlensäure
(um dem Teige die nöthige Porosität zu verleihen) kohlensaures Ammoniak und
doppeltkohlensaures Natron mit etwas Salzsäure; das entstandene salzsaure Ammoniak
entweicht beim Backen und das Chlornatrium ersetzt das Salzen des Teiges. Der Verf.
hatte während seiner Anstellung in Edinburgh täglich Gelegenheit künstlich
panificirtes Brod zu prüfen und erklärt dasselbe als vorzüglich hinsichtlich des
Wohlgeschmacks, des
Aussehens und der Verdaulichkeit; viele englische Aerzte haben solches Brod
namentlich zur Krankendiät empfohlen.
Brod aus Oelkuchen. Die Erfindung des Hrn. Pollack, die Oelkuchen aus Rübsamen
zur Brodbereitung zu verwenden, konnte der Verf., da die Methode desselben erst vor
Kurzem in den Zeitungen (ziemlich mangelhaft) veröffentlicht wurdeS. 238 in diesem Bande des polytechn. Journals. noch nicht praktisch prüfen. Ueber das neue Material fehlt es aber nicht an
sorgfältigen chemischen Untersuchungen.
Die Rückstände von der Oelbereitung haben einen bedeutenden Gehalt
an Stickstoff; die trockenen Oelkuchen aus Madia sativa enthalten nach Boussingault's Analysen 5,7 Proc. Stickstoff;
die aus Lein 6 Proc.; aus Reps 5 1/2 Proc.; aus Leindotter 5,9 Proc. Hienach
enthalten die Oelkuchen oft bis zu 34 Proc. Fleischbestandtheile und zwar in Form von käsestoffartigen Substanzen.
Außerdem halten alle Oelkuchen immer noch sehr beträchtliche Mengen fetten Oeles
zurück (8 bis 15 Proc.); da nun die Fette ungleich reicher an Kohlenstoff und
Wasserstoff sind als die Kohlenhydrate (Stärkmehl, Zucker etc.), so folgt, daß die
Oelkuchen eine sehr beträchtliche Menge Respirationsstoffe einschließen.
Diese Ergebnisse der chemischen Untersuchung erklären genügend den
anerkannten Werth der Oelkuchen zur Viehfütterung und Mästung. Dagegen begründen
ebendieselben zwei wesentliche Einwendungen gegen die
Benützung der Oelkuchen zur Brodbäckerei. Erstens nämlich
befindet sich die stickstoffhaltige Materie darin in der Form des Käsestoffs und es
ist daneben sehr wenig oder meist kein Kleber vorhanden; alle Nachtheile, welche aus
diesem Grunde das Brod der Hülsenfrüchte besitzt, müssen auch für das Brod aus
Oelkuchen gelten, daher aus denselben wohl eine Art Zwieback, aber schwerlich ein
ächtes poröses Brod erhalten werden dürfte. Ein zweites
Bedenken ist aus dem Mangel an Stärkmehl und dem großen Oelgehalt der Oelkuchen herzuleiten. Ohne
Stärkmehl ist kein poröses Brod zu erzielen; der Oelgehalt ist zwar physiologisch
vielleicht ein Aequivalent für den Stärkmehlgehalt, aber sicher nicht technisch,
nicht in Bezug auf Geschmack, Verdaulichkeit etc. Entweder nimmt nun die Methode von
Pollack den Oelkuchen alles oder fast alles Oel weg,
und dann fehlt dem Gebäcke daraus das Respirationsmittel; oder das Oel bleibt
zurück, dann wird auch ein Theil der Geruchstoffe dem Gebäcke anhängen und die
Neigung zum Ranzigwerden fortdauern.
Daß ein Zusatz von Getreidemehl vortheilhaft seyn müsse, ist
unzweifelhaft, daß er nothwendig sey um ein verdauliches und poröses Brod zu
erzielen, ist höchst wahrscheinlich.
Mit diesen Bemerkungen will aber der Verf. weitere Versuche nicht
abschneiden, sondern im Gegentheil anregen.
Ein Mittel, schließt der Verf., hätte ich noch anzuführen, das
alle Mehlsurrogate an Wirksamkeit weit übertrifft, es ist dieses die Staatsfürsorge für eine reiche Zufuhr und eine möglichst
beschränkte Ausfuhr des Getreides sowie der werthvolleren Mehlsurrogate.