Titel: | Ueber den Stand der Papierfabrication in Großbritannien und Frankreich; von Hrn. W. Oechelhäuser in Siegen. |
Fundstelle: | Band 104, Jahrgang 1847, Nr. LXVII., S. 303 |
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LXVII.
Ueber den Stand der Papierfabrication in
Großbritannien und Frankreich; von Hrn. W. Oechelhäuser in
Siegen.
Von dem k. preuß. Finanz-Ministerium dem
Gewerbsvereine zur Bekanntmachung mitgetheilt. Aus den Verhandlungen des Vereins zur Beförderung des
Gewerbsfleißes in Preußen, 1846, 6. Lieferung.
Oechelhäuser, über den Stand der Papierfabrication in
Großbritannien und Frankreich.
Die nachstehenden Bemerkungen über die Papierfabrication in Großbritannien und
Frankreich sind die Resultate einer gegen Ende vorigen und Anfangs dieses Jahrs
durch jene Länder unternommenen Reise, deren Zweck die Erforschung der ausländischen
Fortschritte in diesem Industriezweige war.
Beim Rohmaterial beginnend, so finden sich alle Lumpen, welche Deutschland in seinen
Fabriken verbraucht, im Lande selbst, ja es werden sogar aus den Oft- und
Nordseehäfen alljährlich noch ziemlich bedeutende Quantitäten ausgeführt.
Papierausfuhr findet gar nicht, oder doch nur höchst unbedeutend statt; die Einfuhr
ist zur Zeit nicht mehr von großer Bedeutung, wenigstens nicht im Vergleich gegen die Jahre 1839 bis 1841,
wo die Zollvereinsstaaten förmlich mit französischen und belgischen Post- und
Schreibpapieren überschwemmt wurden. In Frankreich findet dagegen eine ziemlich
bedeutende Lumpeneinfuhr statt und zwar von Italien, Griechenland, Ungarn und der
Levante. Die Ausfuhr geht nach Deutschland, Italien, den französischen und in
letzter Zeit auch nach den englischen Colonien. Seit dem Jahr 1841, wo die Preise in
Deutschland unter das Niveau der französischen heruntergegangen sind, hat sich die
Ausfuhr nach diesem Lande bedeutend vermindert, und dieß ist eine der Ursachen,
weßhalb die meisten französischen Fabriken so ungeheure Papierlager haben.
In Großbritannien ist die Papierfabrication verhältnißmäßig noch weit bedeutender als
in Frankreich und Deutschland. Das Land selbst liefert kaum ein Viertel des
erforderlichen Materials, obgleich man den bedeutenden Abfall in den
Baumwollspinnereien seit 15 Jahren gleichfalls zur Anfertigung von Druck- und
anderen ordinären Papieren benutzt. Die Einfuhr findet hauptsächlich aus Ungarn und
Indien statt; die ungarischen Lumpen gelten für die besten ausländischen und werden
in den Fabriken bis zu Liv. St. 25. die Tonne bezahlt.
In Frankreich sowohl als in Großbritannien wird eine ungemeine Aufmerksamkeit auf das
Sortiren und Reinigen der Lumpen verwandt, weit größer als dieß durchschnittlich bei
uns der Fall ist. Die Reinheit des Fabricats liefert hierfür den sprechendsten
Beweis. Eine Fabrik, welche in feinen Sorten täglich gegen 3000 Pfd. Lumpen
verbraucht, verwendet durchschnittlich in Deutschland nur 30 bis 35 Arbeiter auf dem
Lumpenboden, in Frankreich und England dagegen ein starkes Drittheil mehr. –
Mit Ausnahme der Aufseher sind dieß Mädchen, welche die Sortirung der Lumpen nach
dem feineren und gröberen Faden, das Auftrennen der Nähte, Reinigen etc. weit besser
lernen, als männliche Arbeiter. – Das Sortiren ist ganz besonders in
Frankreich auf dem höchsten Punkt der Vollkommenheit, und es gibt dort Fabriken, in
denen die weißen Lumpen allein in mehr als 20 Sorten geschieden werden. In Bezug auf
Reinheit des Fabricats stehen dagegen die englischen und schottischen Fabriken
obenan, wenn auch dort die Sortirung nach dem Faden und der Weiße nicht ganz mit
derselben ängstlichen Aufmerksamkeit betrieben wird. – Einen kleinen
Unterschied findet man zwischen englischen und französischen Fabriken in der
Verwendung der Lumpen zu einer bestimmten Papiersorte. Während man in Frankreich
gewöhnlich 3 bis 4 der mit größter Sorgfalt getrennten Sorten wieder hierzu unter einander mischt,
nimmt man in Großbritannien meistens nur eine, höchstens zwei Sorten Lumpen.
Das Reinigen der Lumpen geschieht durch die Hand, und wird diese Arbeit auch wohl nie
durch mechanische Vorrichtungen verrichtet werden können. Lumpensiebe und Wölfe
werden nachträglich angewandt, sind jedoch bei feinen Papieren nur von
untergeordneter Wichtigkeit. Apparate dieser Gattung, in denen die Lumpen auf sehr
gewaltsame Weise gereinigt werden, in der Absicht hiedurch viele Arbeiter auf dem
Lumpensaale zu sparen, sieht man wohl auch mitunter, die Resultate sind jedoch nicht
genügend und zugleich der Verlust an Material sehr bedeutend. Das Gesagte gilt indeß
nicht von ordinären Lumpen, wofür diese Apparate weit wichtiger, die Verluste von
Material zugleich aber von geringerer Bedeutung sind. Empfehlenswerth ist die
Methode, diese Lumpen vor dem Sortiren schon einmal in solche Apparate zu bringen;
dieß beschleunigt die spätem Arbeiten und entfernt viel Sand und Staub, welche die
Behandlung solcher Sorten für den Arbeiter so unangenehm machen.
Jede Arbeiterin auf dem Lumpensaal hat in Großbritannien einen viereckigen Tisch vor
sich, der mit einem Drahtgitter überzogen ist, unter welchem sich eine Schublade
befindet. Der Tisch hat 4 bis 6 Quadratfuß Oberfläche; in der Mitte trägt er ein
Messer oder eine Sense, etwa 1 Fuß lang. Zur rechten Hand steht ein 3 Fuß hoher
hölzerner Kasten mit 3 bis 4 Abtheilungen. Mitunter sieht man auch diese Tische
etwas größer und für zwei Mädchen eingerichtet, die sich dann gegenüber stehen.
– In den französischen Fabriken stehen die Arbeiterinnen meistens dicht neben
einander an einem langen mit Drahtgitter überzogenen Tisch und die schmalen, der
Länge nach durch drei Schieber getheilten Kasten befinden sich gerade gegenüber.
Diese Anordnung spart viel Raum und gestattet den Aufsehern eine vorzügliche
Controle.
Die Lumpen waren, wie sie auf diese Tische kommen, meistens bereits im Lumpenmagazine
in mehrere Hauptunterabtheilungen geschieden („ausgezogen“)
worden. Viele Fabrikanten bringen dieselben zwar auf die Sortirtische, wie sie im
Handel vorkommen, doch dieses Verfahren ist nicht empfehlenswerth, einmal weil
verhältnißmäßig viel Raum hiezu nothwendig ist, und sodann auch weil die Arbeiter
sich leicht in der großen Zahl von Abtheilungen irren, welche alsdann der neben
ihnen stehende Kasten haben muß.
Die Frage über den Werth der Maschinen zum Lumpenschneiden trifft in den genannten
Ländern auf eben so verschiedene Ansichten als bei uns. Groß sind ihre Vortheile keinenfalls, jedoch
möchte auch kein genügender Grund gegen ihre Anwendung vorliegen, vorausgesetzt, daß
diesen Apparaten weiter nichts zugemuthet wird, als das bloße Zerschneiden oder
Zerreißen, und daß also auf dem Lumpensaale die Lumpen mittelst der Hand so weit
zerrissen worden waren, als die genaue Sortirung und Reinigung nöthig machten.
– Die Systeme dieser Maschine sind in Deutschland sämmtlich bekannt, jedoch
findet man sie in jenen Ländern gewöhnlich von weit besserer mechanischer
Construction und Ausführung. Das beste System von Lumpenschneidern ist unstreitig
dasjenige, wo ein oder zwei Messer, mittelst Zug- und Druckschrauben an
gußeisernen Flügeln befestigt, scherenartig an einem im Gestell befestigten Messer
vorbeistreichen.
In Schottland findet man dieselben besonders häufig und von vorzüglicher
Construction. – Die Cylinderlumpenschneider haben zwar ein ganz ähnliches
Princip, dagegen machen in der Praxis die Reparaturen und das Schleifen der
doppeltgekrümmten Messer weit mehr Schwierigkeiten als beim erstgenannten, wo alle
Messer gerade sind.Die Lumpenschneider sind nicht wesentlich von denjenigen zum Schneiden von
Hechsel, Tabak etc. verschieden, wovon Abbildungen im I. Bande des Recueil des machines, qui servent à
l'économie rurale etc. par
Leblanc, planche 45, 46, 70 und auch im
III. Bande desselben Werkes planche 65 und 66
enthalten sind. Wedding. Die Lumpensiebe oder Wölfe findet man gewöhnlich mit den Lumpenschneidern in
Verbindung gesetzt.
Wesentlich neue Erfindungen oder formelle Abweichungen finden sich demnach in dem
Lumpendepartement nicht viele und doch möchte es für den deutschen Fabrikanten
gerade eins der lehrreichsten seyn, indem er sieht, welche ungemeine Aufmerksamkeit
bis ins kleinste Detail all diesen Manipulationen von Seiten der Fabrikanten gezollt
wird. Ja es existirt sogar in manchen Fabriken die Einrichtung, daß die bereits
gereinigten und gerissenen Lumpen einer abermaligen genauen Revision von Seiten der
besten, zu diesem Behufe speciell angestellten Arbeiter unterworfen werden. Die
Erfahrung hat bestätigt, daß diese Einrichtung für Fabriken, die feine Papiere
machen, von dem besten Einfluß ist. Es wird hiedurch vorerst jeder Fehler, der in
der Reinigung und Sortirung vorgefallen seyn mochte, noch zur rechten Zeit
verbessert und anderntheils kann eine ganz vollkommene Controle der Leistungen jedes
einzelnen Arbeiters stattfinden. Letzteres ist um so nothwendiger, als auf dem
Lumpenboden nicht im Taglohn sondern im Geding gearbeitet wird. – Ohne Zweifel ist die
Grundbedingung eines vorzüglichen Fabricats, daß die Lumpen genau nach dem Faden
sortirt und gut gereinigt waren. Behaupte ich in dieser Beziehung, daß die Engländer
und Franzosen diesen Punkt mehr beachteten als wir, so kann natürlich nur vom
allgemeinen Zustand die Rede seyn; einzelne Fabriken, namentlich in Süddeutschland,
stehen hierin nicht gegen die ausländischen zurück.
Sowohl in Frankreich als Großbritannien werden sämmtliche Lumpen gekocht. In
Süddeutschland ist dieß Verfahren ebenfalls ziemlich allgemein, weniger jedoch in
Norddeutschland, wo die Gasbleiche fast allgemein eingeführt ist und wo sich das
Kochen bloß auf die Hanf- und gefärbten Lumpen erstreckt. Im allgemeinen
macht sich jedoch allenthalben bei uns eine Hinneigung zum Kochen sämmtlicher Lumpen
und zugleich Anwendung der Chlorkalkbleiche bemerklich und immer mehr Fabrikanten
wählen diese Verfahrungsarten. Die Einrichtungen zum Kochen finden sich am
vorzüglichsten in Großbritannien, wo die Kessel fast stabile Formen und Dimensionen
haben. Dieselben bestehen aus Gußeisen, haben 5 1/2 bis 6 Fuß Durchmesser und 3 1/2
bis 4 Fuß Höhe. Ungefähr 6 Zoll über dem Boden befindet sich ein falscher Boden mit
vielen Löchern, auf dem die Lumpen ruhen; viel Sand und Schmutz sammelt sich während
des Kochens unter demselben und läuft beim Abzapfen der Lauge davon. Der Deckel wird
dampfdicht aufgeschraubt; will man die Lumpen herein oder herausbringen, so wird
entweder ein Theil, oder auch der ganze Deckel abgenommen. Der Verschluß der Kessel
macht die Anwendung einer erhöhten Spannung der Dämpfe und also Steigerung der
Temperatur möglich, und dieß ist ein Hauptvorzug der brittischen Methode, da man in
Frankreich und Deutschland fast ausschließlich in offenen Kesseln kocht, ja sogar
häufig die Lumpen noch durch Gewichtsteine niederhält und hiedurch die Circulation
der Lauge erschwert. Der in England beim Kochen gebräuchliche Druck beträgt 5/4 bis
1 1/2 Atmosphären. Die entweichenden Dämpfe leitet man oft durch ein gebogenes Rohr
in einen Wasserbehälter und benutzt das so erwärmte Wasser für die nächste Füllung,
oder auch zu anderen Zwecken. – In Großbritannien geschieht das Kochen
meistens durch Dampf; wo Dampfmaschinen als Reserve oder zur Vergrößerung der
Wasserkraft angewendet werben, benutzt man häufig den entweichenden Dampf hiezu,
wenn die Maschinen nämlich mit hohem Druck arbeiten. Der Eintritt des Dampfes
geschieht von oben mittelst einer Röhre, welche durch den Deckel und Cylinder bis
unter den falschen Boden führt.
Kalk, Soda, oder Potasche werden beim Kochen der Lumpen verwendet, in Großbritannien
meistens Soda und Kalk und zwar oft in Quantitäten bis zu 10 Pfd. krystallisirte
Soda und 4 Pfd. Kalk für den Centner Lumpen. Uebertreibungen hierin können jedoch
der Faser sehr leicht schaden. – Die Ansicht, daß durch zu schnelles Abkühlen
der gekochten Lumpen viele Fett- und Farbstoffe sich denselben wieder
mittheilen, fand ich überall in jenen Ländern getheilt.
Wir kommen zur zweiten Hauptstation in der Erzeugung des Papiers, dem Waschen und
Verkleinern der Lumpen in den Holländern. In Bezug auf das System dieser
Vorrichtungen, so sind bis jetzt alle Versuche gescheitert, die Lumpen auf eine
bessere oder mehr kraftsparende Weise in Stoff zu verwandeln. Auch was die Quantität
betrifft, die ein Holländer liefert, so scheint ein Fortschritt hierin nur auf
Kosten der Güte des Fabricats möglich und die besten Fabrikanten zeichnen sich
gerade dadurch aus, daß sie, im Verhältniß zur Kraft oder zur Holländerzahl, am
wenigsten Papier liefern. Das einzige, wodurch die Quantität etwas gefördert wird,
ohne der Qualität zu schaden, ist ein rascher Umzug des Stoffs in dem Holländer,
wodurch in einer bestimmten Zeit der Stoff öfter und in größerer Quantität auf
einmal die Messer der Rolle und Platte passirt. – Bei ordinären Sorten findet
das Gesagte darum nicht die gleiche Anwendung, weil diese Papiere doch für die
Praxis Festigkeit genug behalten, wenn auch die Verkleinerung rascher vor sich ging;
hiebei kann man es durch stählerne oder gußstählerne Schienen in Rolle und Platte
bis zu 500 Pfd. Papier in einem Holländer und Tage bringen. Bei feinen Sorten muß
jedoch die Hälfte hievon das Maximum bilden.
Eine Abweichung von der bisherigen Form, nicht vom Systeme, kommt in neuerer Zeit
mitunter vor, indem man Holländer construirt hat, welche statt der elliptischen eine
ganz runde Gestalt haben und die doppelte bis dreifache Quantität Lumpen fassen.
Außen- und Mittelwand bilden hiebei concentrische Ringe, erstere von gegen
12, letztere von gegen 7 Fuß Durchmesser. Indeß abgesehen davon, daß die Erfahrung
in Großbritannien sich bereits über die Bedeutungslosigkeit dieser Neuerung
ausgesprochen hat, so läßt sich auch gar nicht einsehen, worin eigentlich deren
Vorzüge bestehen sollten; die Gerüchte, welche in Bezug hierauf über den Canal
gedrungen sind, beruhen auf argen Uebertreibungen. Unterscheiden sich demnach die
Holländer in England und Frankreich im Systeme auch nicht von den deutschen, so
ergeben sich doch in Bezug auf Construction und Methoden des Waschens und
Verkleinerns ebenso wesentliche Unterschiede als werthvolle Neuerungen.
Vorerst sind die Holländer in beiden Ländern und besonders in Großbritannien größer
als die unsrigen. Die Halbzeugholländer fassen 120 bis 150 Pfd. Lumpen, die
Ganzstoffholländer liefern 70 bis 90 Pfd. Papier. Sie sind im Lichten gegen 10 Fuß
lang, 5 Fuß breit, 2 1/4 bis 2 1/2 Fuß tief, erstere etwas größer, letztere etwas
kleiner. Die Mittelwand befindet sich in England meist 2 bis 3 Zoll aus der Mitte,
in Frankreich oft bis 6 Zoll. Vortheilhaft für raschen Umzug des Stoffs und oft auch
zur bequemern Verbindung mehrerer Holländer mit demselben Stirnrade ist die
Construction, die Rolle nicht in die Mitte, sondern fast ans Ende der Mittelwand zu
legen, so daß der Hintere Theil des Bergs (Sattels) den Stoff um das Ende der
Mittelwand herum führen hilft. Die später erwähnten Waschtrommeln erhalten alsdann
ihren Platz der Rolle schief gegenüber.
In Großbritannien bestehen die Holländerkästen durchgängig aus Gußeisen; viele davon
existiren auch in Frankreich, obwohl Sandstein und Holz, mit Blei ausgeschlagen,
dort ebenso häufig ist. Die eisernen Holländer haben eine äußerst gefällige Form,
besonders durch die Verstärkungsrippen, die auf der gegen 3/4 Zoll dicken Wand
sitzen. Man findet sie oft in einem Stück gegossen, oft aus 4 bis 6 Theilen
zusammengesetzt. Boden und Berg bestehen meistens aus Holz mit Blei überzogen. Ein
nachtheiliger Einfluß von Rost ist bei den eisernen Holländern nicht zu verspüren,
selbst wenn man sie nicht mit Oelfarbe anstreicht; Ueberzüge von Blei sieht man nur,
wo verdünnte Säuren zum Bleichen nachträglich im Holländer angewandt werden.
– Die Rollen sind in England weit schwerer, als in Frankreich und
Deutschland; sie variiren zwischen 15 und 20 Cntr., in letztern Ländern dagegen
zwischen 10 und 12 Cntr. Jenes Gewicht ist offenbar eine Uebertreibung, außer bei
der Verwendung für ordinäre und Hanflumpen. Die Walze hat gegen 2 1/4 Fuß
Durchmesser und 2 1/2 Fuß Breite; für Halbstoff hat sie gegen 40 Messer von 3/8
Zoll, für Ganzstoff 55 bis 60 Messer von 3/16 bis 1/4 Zoll Dicke. Letztere sitzen je
drei näher zusammen, erstere in gleichen Abständen. Die Rollen bestehen theils aus
Holz mit Kupfer oder Blei überzogen, theils aus Eisen, wo dann die Messer in einer
Ruthe sitzen und durch einen hölzernen Keil befestigt werden. Die Schienen in den
Rollen bestehen fast durchweg aus feinem Schmiedstahl, mitunter bei ordinären Sorten
auch aus Gußstahl, beide jedoch natürlicherweise nicht gehärtet. In einigen
renommirten Fabriken Frankreichs bestehen die Messer der Rollen aus Metall (Kupfer
und Zinn). Als praktische Regel gilt in England, daß die Schärfe eines Messers nie unter
der Dicke eines Schillingstückes seyn dürfe.
Die sogenannten Katzen, d.h. Umwickelungen der Walzenstange mit Lumpen, kommen theils
sehr locker vor, weil die Anwendung der Waschtrommeln niedrige Sättel gestattet,
theils weil man nicht einen größeren Raum (gegen 2 Zoll) zwischen Rolle und Wand
läßt. Eine spiralförmige Rippe an den Seiten der Rolle, welche diesen Raum einnimmt,
verhindert solche ebenfalls. Die Platten sind in England weit breiter als bei uns,
etwa 8 bis 9 Zoll; sie haben 15 bis 20 und of noch mehr stählerne Messer. Indessen
findet man noch immer sehr viele metallene Platten und gerade in den berühmtesten
Fabriken. Dieser Metallcomposition eine eigenthümliche Wirkung auf den Stoff
zuzuschreiben, ist wohl kein hinreichender Grund vorhanden, vielmehr beruht wohl
deren Ruf auf dem Umstande, daß es den Fabrikanten, welche metallene Platten
beibehalten, mehr um die Qualität als um die Quantität zu thun ist. Daß indeß auch
mit stumpfen stählernen Platten dasselbe Resultat zu erzielen sey, ist sowohl
theoretisch als erfahrungsmäßig außer Zweifel.
Wir kommen zu einer Verbesserung, welche den wesentlichsten Einfluß auf den Stand des
ganzen Geschäfts hat, nämlich den Waschtrommeln (tambours
laveurs) in den Holländern.Abbildungen eines solchen Holländers mit Waschtrommel befinden sich im III.
Bande des Recueil des machines par
Leblanc, planche 37, 38 und 39; auch Armengaud gibt in planche 11 Vol. 4 der publication
industrielle des machines Abbildungen von Holländern in Eisen
ausgeführt. Wedding. In Großbritannien existiren dieselben ohne Ausnahme in jeder Fabrik und zwar
meistens schon seit 5 bis 6 Jahren; in Frankreich sind gleichfalls die meisten
Fabriken ersten Rangs damit versehen. Bei uns indessen findet man dieselben noch
fast gar nicht, obgleich man sie längst kennt und ihre Wirksamkeit in Bezug auf
Stoffersparniß nirgend bezweifelt. Der Grund dieser auffallenden Erscheinung muß
wohl vorerst in der Abneigung gesucht werden, die bei uns überhaupt gegen
industrielle Neuerungen herrscht, dann aber auch darin, daß man die neuesten
Constructionen dieses Apparats nicht kannte, wodurch der Waschproceß statt
verlängert, bedeutend beschleunigt wird. Auch ist man der Meinung, daß man mit den
Trommeln den Stoff nicht so rein waschen könne als mit den bisher üblichen
Waschscheiben. Letzteres würde nun allerdings und besonders bei ordinären Lumpen der
Fall seyn, wenn man die Anwendung der Waschscheiben in den Halbzeugholländern ganz
ausschließen wollte.
Dieß geschieht jedoch in den englischen und französischen Fabriken nur äußerst
selten; gewöhnlich läßt man die ersten 30 bis 45 Minuten, bis der Hauptschmutz
weggewaschen ist, die Waschscheiben zugleich mit der Trommel waschen. Während dieser
Periode entsteht noch kein Verlust an Stoff und so wird dann zugleich der
Waschproceß beschleunigt und jene bedeutende Ersparniß an Stoff erzielt, welche
selbst die Gegner dieser Neuerung nicht in Abrede stellen. In den
Ganzstoffholländern, wo die Waschscheiben nun gänzlich wegfallen, sind beide
Vortheile noch augenscheinlicher; einmal geht kein Stoff verloren und zweitens kann
die Rolle sogleich auf die Platte gesenkt werden, was sonst erst geschehen konnte,
wenn das Auswaschen beinahe beendigt war. Bei gehöriger Benutzung dieser Erfindung
beträgt die Stoffersparniß gegen 6 bis 8 Proc., die Zeitersparniß gegen 15 Proc. im
Vergleich zu der Anwendung von Waschscheiben; ein enormer Vortheil, der allein
hinreicht, ein Geschäft, welches bisher kaum die Zinsen aufbrachte, in ein
gewinnbringendes zu verwandeln. – Der Gesammtverlust von dem Eintritt der
Lumpen in die Fabrik bis zum Haspel der Maschine beträgt in den guten englischen und
französischen Fabriken durchschnittlich 20 bis 25 Proc. weniger als bei uns!
Die Sandfänge befinden sich gewöhnlich auf dem vorderen und Hinteren Theil des
Sattels, sie bestehen aus 5 Zoll breiten Gittern von dickem Messingdraht. In den
Halbstoffholländern läßt man dieselben die erste halbe Stunde lang mitwaschen.
– Soweit über die Holländer im allgemeinen.
Der Grad der Verkleinerung des Stoffs in den Halbzeugholländern ist verschieden, je
nachdem man mit Chlorgas oder Chlorkalk bleichen will; für letzteres läuft der
Holländer eine halbe Stunde länger auf voller Platte als für ersteres.
Anstatt den Halbstoff in hohen schmalen Kästen aufzubewahren und das Wasser
allmählich ablaufen zu lassen, sieht man mitunter in Frankreich, wie auch in
Süddeutschland, einen sehr zweckmäßigen Apparat angewandt, welcher jeden einzelnen
Holländer sofort nach dem Ausleeren auspreßt. Diese Vorrichtung ist dem vorderen
Theil einer Papiermaschine ähnlich. Der Stoff fließt vom Holländer aus auf ein
grobes Metalltuch, welches hierauf in langsame Bewegung gesetzt wird und denselben
zwischen zwei dicken Walzen, die durch Hebeldruck auf einander gepreßt werden,
durchleitet. So bildet jeder Holländer voll Halbstoff, wenige Minuten nach dem
Ausleeren, einen etwa 10 Fuß langen, 4 Fuß breiten, fingerdicken ausgepreßten Bogen.
Fürs Bleichen ist dieses
starke Auspressen höchst vortheilhaft; auch ist der Bogen dünn genug um für die
Gasbleiche nicht noch besonders wieder aufgelockert (gezupft, geöffnet) werden zu
müssen. Gleichfalls bewahrt sich der Halbstoff in dieser Form am besten und
raumsparendsten auf.
Wo die gewöhnlichen Halbstoffkästen angewandt werben, preßt man den Zeug vor dem
Bleichen aus. Die Einrichtungen hiezu sowohl, als zum Fortschaffen des Zeugs nach
dem Bleichhause und den Holländern sind meistens sehr bequem und praktisch,
besonders in Großbritannien. Längs den Halbstoffkästen, nach den Pressen, dem
Bleichhause etc. läuft eine Eisenbahn, auf welcher sich Wagen zum Transportiren des
Stoffs bewegen. Es sind viereckige eiserne Kästen von 12 bis 15 Kubikfuß Inhalt mit
vielen Löchern versehen. Der Stoff wird aus dem Halbzeugkasten hineingeworfen und
hierauf unter die Presse geschoben, deren unterer beweglicher Theil im Niveau der
Eisenbahn liegt. Hierauf wird der Wagen durch hydraulischen oder Schraubendruck
emporgehoben und der Stoff durch einen Stempel ausgepreßt, der in dem obern Theil
der Presse festsitzt und in den eisernen Kasten genau paßt. Die Auspressung
geschieht bis auf 1/3 oder 1/4 des vorherigen Volumens; das Wasser entweicht durch
die Löcher des Kastens. Man senkt denselben hierauf wieder und schiebt ihn nach dem
Bleichhause. Soll Gasbleiche statt finden, so ist ein vorheriges Auflockern des
gepreßten Stoffs nothwendig; man hat hiezu sehr einfache Vorrichtungen. Der Stoff
wird in eine hölzerne Trommel gebracht, deren Umkreis aus Latten besteht, welche
etwa einen Zoll von einander abstehen. Sie wird vom laufenden Werke aus in Bewegung
gesetzt; hiedurch lösen sich Theilchen für Theilchen von dem ausgepreßten Klumpen
los und fallen durch die Zwischenräume der Latten in einen darunter befindlichen
Kasten.
(Der Schluß folgt im nächsten Heft.)