Titel: | Methode den Inhalt der Kloaken und Abzüge in Städten und Dörfern zu sammeln und nach erfolgter chemischer Behandlung für landwirthschaftliche Zwecke zu verwenden, worauf sich William Higgs, Chemiker zu Westminster, am 28. April 1846 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 104, Jahrgang 1847, Nr. XVI., S. 69 |
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XVI.
Methode den Inhalt der Kloaken und Abzüge in
Städten und Dörfern zu sammeln und nach erfolgter chemischer Behandlung für
landwirthschaftliche Zwecke zu verwenden, worauf sich William Higgs, Chemiker zu Westminster, am
28. April 1846 ein Patent ertheilen
ließ.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions, Jan. 1847,
S. 10.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Higgs' Methode den Inhalt der Kloaken zu sammeln.
Den Gegenstand meiner Erfindung bildet:
1) die Construction von Behältern, in welchen der Inhalt der Kloaken und Abzüge von
Städten und Dörfern gesammelt und die Verdichtung und Trocknung der festen
animalischen und vegetabilischen Substanzen auf die nachher zu beschreibende Weise
vorgenommen wird;
2) die Construction von Gebäuden über solchen Behältern oder Gruben, in welchen die
aus der gesammelten Unrathmasse sich entwickelnden Dämpfe und Gase verdichtet und
mit chemischen Agentien verbunden werden; ferner die Anordnung von Stäben, an denen
die durch die Verbindung solcher Gase mit andern Substanzen gebildeten Salze sich
ansetzen oder krystallisiren können;
3) die Construction und Anordnung eines Apparats, um die chemischen Agentien über die
Masse des in den erwähnten Behältern gesammelten Unrathes zu vertheilen;
4) die Anwendung chemischer Agentien, um die in dem flüssigen Unrath enthaltene feste
Substanz niederzuschlagen und die aus demselben sich entwickelnden Gase zu
absorbiren oder mit andern Substanzen zu verbinden.
Ich gehe nun zur Beschreibung des ersten Theils meiner Erfindung über, der sich auf
die Construction der Gruben oder Behälter bezieht.
Fig. 36
stellt einen senkrechten Querschnitt dreier Behälter dar, worin die Masse des
Unrathes gesammelt werden soll, deßgleichen einen Durchschnitt der über diesen
Behältern zu errichtenden Gebäude, worin die aus den Behältern aussteigenden Dämpfe
und Gase gesammelt und verdichtet oder mit andern Substanzen verbunden werden.
Fig. 37 ist
ein horizontaler Durchschnitt durch die Behälter nach der Linie 1, 2, Fig. 36. A, A, A sind die Enden der Abzugscanäle, welche mit den
Behältern B, B, B dergestalt communiciren, daß der
flüssige Unrath frei in die Behälter fließen kann.
Diese Abzugscanäle A, A, A sind mit geeigneten Schleichen
C, C, C versehen, welche nach Belieben geöffnet oder
geschlossen werden können. Die Behälter B, B, B können
in beliebiger Anzahl, Gestalt und Tiefe aus Backsteinen oder andern geeigneten
Materialien aufgeführt werden. Ich gebe jedoch jedem Behälter vorzugsweise die
Gestalt eines Rechteckes, dessen größere Seite das dreifache der kleineren ist, und
eine Tiefe von 12 bis 15 Fuß. Eine größere Tiefe halte ich nicht für zweckmäßig, da
ich es darauf absehe, der Einwirkung der chemischen Agentien eine große Oberfläche
darzubieten. Die Böden der Behälter B, B, B müssen so
eingerichtet seyn, daß sie den Abfluß nach einem oder mehreren Filtern gestatten,
welche zum Behuf des Trocknens der festeren Substanzen angeordnet sind. Ich gebe
daher den Böden meiner Behälter die Gestalt einer doppelt geneigten Ebene mit
Abzügen D, D, D in ihrer Mitte zur Fortleitung der
filtrirten Flüssigkeit. Ueber diese Abzüge lege ich Gewebe
a, a, a aus Pferdehaaren oder einem andern porösen zum
Filtriren sich eignenden Stoff. Ein Gitterwerk dient dieser Filtrirvorrichtung als
Unterlage.
Die Canäle unter den Filtern leiten die filtrirte Flüssigkeit in eine zur Aufnahme
der letztern vorgerichtete Cisterne.
Den von Zeit zu Zeit in die Behälter B, B, B gegossenen
flüssigen Unrath läßt man, nachdem er der animalischen und vegetabilischen Substanz
beraubt worden ist, durch die Schleusten C¹, C¹, C¹ in die
Canäle C², C²,
C², von denen nachher die Rede seyn wird, ab,
so daß die präcipitirten animalischen und vegetabilischen Stoffe in den Behältern
zurückbleiben, um nachher weiter behandelt zu werden. Die Schleußen C¹, C¹, C¹ müssen ungefähr 3 Fuß über dem Boden der
Behälter angebracht seyn, so daß unter dem Niveau der Schleußen noch ein geeigneter
Raum bleibt, worin sich der Unrath absetzen kann.
Hat sich in dem Behälter eine hinreichende Menge animalischen und vegetabilischen
Stoffes angesammelt, so schließe ich die mit dem Behälter communicirende Schleuße
und schneide dadurch jeden weiteren Zufluß des Unraths ab, bis der Behälter von
seinem festeren Inhalte entleert worden ist. Die in der Cisterne enthaltene
filtrirte Flüssigkeit muß von Zeit zu Zeit heraufgepumpt oder auf sonstige Weise
weggeschafft werden, so daß die mit den Filtern communicirenden Canäle von
Flüssigkeit frei und die Filter selbst in ihrer Wirksamkeit nicht gehemmt sind.
Um der festeren Substanz die Feuchtigkeit leichter zu entziehen, stelle ich unter den
Filtern einen luftverdünnten Raum her, und zwar entweder mit Hülfe einer Luftpumpe
oder jener Pumpe, womit ich das filtrirte Wasser von Zeit zu Zeit aus der Cisterne
hebe.
Die Behälter B, B, B können durch Scheidewände B¹, B¹, Fig. 37, in
zwei oder mehrere Kammern getheilt werden. Die punktirte Linie E, E, Fig. 36, stellt den Boden
vor, woraus man erkennt, wie viel die Gebäude über denselben hervorragen. Ich gehe
nun zum zweiten Theil meiner Erfindung über.
Fig. 36 zeigt
das Mauerwerk eines über den erwähnten Gruben oder Behältern errichteten Gebäudes.
Die Dächer G, G, G desselben sind mit geeigneten
Oeffnungen H, H, H versehen, durch welche die Luft
entweichen kann. Die Decken I, I, I sind mit einem oder
mehreren von Day's patentirten archimedischen
Schraubenventilatoren J, J, J,
Fig. 36, oder
ähnlichen Mechanismen versehen, welche den Zweck haben, eine aufwärtsgehende
Strömung zu bewerkstelligen und die aus den Gruben aufsteigenden Dünste und Gase in
die Kammern K, K, K zu schaffen, wo dieselben verdichtet
oder mit gewissen chemischen Agentien verbunden werden. Die Ventilatoren können mittelst Dampf oder einer
andern Triebkraft in Bewegung gesetzt werden.
In den Kammern K¹, K¹, K¹ ist eine Anzahl verticaler
hölzerner Stangen und an diese der Länge nach eine Anzahl horizontaler Stangen
befestigt, an die sich die Salze oder andere aus den Dünsten oder Gasen sich
entwickelnde Substanzen ansetzen können.
Die auf den dritten Theil meiner Erfindung sich beziehende Anordnung besteht aus
Schienen, die längs der Kanten der Behälter B, B, B
befestigt sind, nebst geeigneten auf diesen Schienen laufenden Wagen. Fig. 39 stellt
eine Endansicht des Trichter-Wagens und eine Seitenansicht des unteren Wagens
mit den Eisenbahnschienen dar.
Fig. 40 ist
eine Seitenansicht des Trichter-Wagens und eine Endansicht des unteren Wagens
nebst Schienen. d, d, Fig. 39 und 40, ist ein
starkes eisernes oder hölzernes, mittelst Schraubenbolzen und Muttern gut
verbundenes Gestell. e, e, Fig. 36 und 37, sind die
an den Rand der Behälter befestigten Schienen; f, f
Räder mit Spurkränzen, welche auf diesen Schienen laufen. Diese Räder drehen sich
mit ihren Achsen g, g in Lagern h, h, welche an das rectanguläre Gestell befestigt sind. Eine der Achsen
ist mit einem Winkelrade i versehen, das in ein anderes
Winkelrad j greift. Die Achse des letztern enthält eine
Kurbel k, durch deren Handhabung der untere Wagen längs
der Schienen e, e fortbewegt wird; m ist ein Wagen mit
trichterförmigem Kasten, dessen Boden mit einer Oeffnung versehen ist, durch welche
die chemischen Substanzen in den darunter befindlichen Behälter geschüttet werden.
Die vier mit Spurkränzen versehenen Räder n, n dieses
Trichter-Wagens laufen auf Querschienen o, o,
welche auf dem Gestell d, d des unteren Wagens befestigt
sind. Der untere, der Länge nach über die Behälter B, B,
B hinweglaufende Wagen nimmt also den oberen Trichterwagen mit, während
dieser einer Bewegung quer über die Behälter fähig ist. Dadurch ist nun der Arbeiter
in den Stand gesetzt die in dem Trichter-Wagen befindlichen chemischen
Agentien gleichmäßig über die Oberfläche des Inhalts der Behälter zu vertheilen. Um
diese gleichmäßige Vertheilung noch zu befördern, kann man dem Boden des Trichters,
wie bei Mahlmühlen, eine selbstthätige schüttelnde Bewegung ertheilen. Ich gehe nun
zur vierten Abtheilung meiner Erfindung über.
Um die in dem flüssigen Unrath enthaltene animalische und vegetabilische Substanz zu
präcipitiren, bediene ich mich vorzugsweise des gelöschten Kalks, welcher sich
meines Wissens als das wohlfeilste und wirksamste Agens zur Erreichung des
vorliegenden Zwecks herausstellt.
Was die Condensation oder Absorption der aus dem Unrath sich entwickelnden Dünste und
Gasarten anbelangt, so schlage ich die Anwendung von Chlorgas zur Verdichtung oder
Absorption aller derjenigen Gasarten vor, bei denen Ammoniak oder
Schwefelwasserstoff, welche sich während der chemischen Behandlung in den Behältern
entwickeln, einen wesentlichen Bestandtheil bildet. Die feste animalische und
vegetabilische Substanz, welche in dem Behälter zurückbleibt, nachdem ihr der
größere Theil des Wassers durch den Filtrirproceß entzogen worden ist, muß jetzt
getrocknet werden, um ihre chemische Zersetzung zu verhüten und sie zum Transport
nach entfernten Plätzen, wo sie für landwirthschaftliche Zwecke verwendet werden
soll, geeignet zu machen. Man formt sie daher in Stücke von geeigneten Dimensionen
und trocknet sie unter Anwendung solcher Hülfsmittel, welche je nach den Umständen
dazu geeignet sind.
Folgende Methode, die jedoch mit meiner Erfindung in keinem wesentlichen Zusammenhang
steht, scheint mir in manchen Fällen die vortheilhafteste. Da man zum Betrieb der
verschiedenen Apparate, z.B. der Pumpen, Ventilatoren u.s.w. wahrscheinlich eine
Dampfmaschine nöthig hat, so schlage ich vor, den zur Dampfmaschine gehörigen
Schornstein, wie Fig. 41 im Grundritz und Fig. 42 im
Verticaldurchschnitt zeigt, viereckig zu bauen und ihm einen großen Rauminhalt zu
geben. p, p ist das Mauerwerk des Schornsteins; q ein schmied- oder gußeiserner Schornstein, der
sich in der Mitte des viereckigen Schornsteins p, p bis
auf wenige Fuß unter dem Gipfel des letztern erhebt. Durch diesen inneren
Schornstein q entweicht der Rauch und die warme Luft aus
dem Dampfkesselofen, und da er einen guten Wärmeleiter bildet, so erhöht er die
Temperatur der ihn umgebenden Luft im Schornstein p
bedeutend. r, r, r, r sind vier Systeme endloser Ketten,
welche über geeignete Räder s, s, s, s,
Fig. 42,
laufen. Diese Ketten tragen eine Anzahl Eimer t, t, t,
t, welche so mit derselben verbunden sind, daß sie während ihres
Auf- und Niedersteigens immer in verticaler Lage hängen. Diese Eimer werden
unten mit dem festen Unrath gefüllt und steigen mit der endlosen Kette, welche
während einer Stunde einen Umlauf macht, in die Höhe; wenn sie wieder Herabkommen,
so zeigt sich ihr Inhalt hinreichend getrocknet und zum Transport geeignet. Dadurch,
daß man den eisernen Schornstein q in der Mitte des
gemauerten p, p anbringt, können vier endlose Ketten auf
die Fig. 41
und 42
dargestellte Weise angeordnet werben, welche alle in gleichem Maaße der Wärme
ausgesetzt sind.