Titel: | Ueber ein einfaches Mittel, gewöhnliches Schreibpapier ohne vorangegangene chemische Behandlung in ungemein hohem Grade elektrisch zu machen; von Dr. Adolph Poppe. |
Autor: | Dr. Adolph Poppe [GND] |
Fundstelle: | Band 103, Jahrgang 1847, Nr. LXXX., S. 353 |
Download: | XML |
LXXX.
Ueber ein einfaches Mittel, gewöhnliches
Schreibpapier ohne vorangegangene chemische Behandlung in ungemein hohem Grade
elektrisch zu machen; von Dr. Adolph
Poppe.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Poppe, über ein einfaches Mittel, Schreibpapier stark elektrisch zu
machen.
Es ist eine längst bekannte Thatsache, daß gewöhnliches Papier, insbesondere
Schreibpapier, negativ-elektrisch wird, wenn man es in recht trockenem
Zustande reibt. Cavallo hat diese Eigenschaft schon im
vorigen Jahrhundert am Papier nachgewiesen, und andern ist es gelungen den
elektrischen Zustand des nach vorhergehender Erwärmung geriebenen Papiers bis zum
Funkengeben zu steigern, woran sich sofort Vorschläge zur Construction von
Elektrisirmaschinen aus Papier oder Pappdeckel knüpften. Indessen erscheinen nach
allen vorhandenen Notizen die seitherigen Versuche und Beobachtungen über das
elektrische Verhalten des gewöhnlichen unpräparirten Papiers von keinen so
auffallenden Resultaten begleitet, daß man es im entferntesten gewagt hätte, die
Papierelektricität der Glas- oder Harzelektricität an die Seite zu stellen;
selbst in den ausführlicheren Lehrbüchern der Physik findet man die Fähigkeit des
Papiers, durch Reibung elektrisch zu werden, als eine unbedeutende Erscheinung nur
vorübergehend erwähnt. Und doch besitzen wir in dem gewöhnlichen Papier einen Stoff,
der, wie aus nachstehenden Versuchen und Beobachtungen hervorgeht, bei geeigneter
Behandlung auf eine höchst einfache Weise in so hohem Grade elektrisch gemacht
werden kann, daß er sich als eine der ergiebigsten Quellen der Elektricität, welche
selbst der Glas- und Harzelektricität nichts nachzugeben scheint,
herausstellt.
Ein Blatt Papier auf einem Ofen oder an einem Feuer erwärmt, und ehe es erkaltet, auf
einer wollenen Unterlage oder mit einem wollenen Reibzeug gerieben, zeigt sich stark
elektrisch; kleine Papierschnitzel werden angezogen; nähert man der Papierfläche den
Knöchel des Fingers, so vernimmt man das Knistern eines kleinen überspringenden
Funkens. Dieß ist eine Erscheinung, wie sie wohl schon mehrfach beobachtet worden
ist. Aber die zur Hervorbringung einer größtmöglichen Wirkung wesentlich beitragende
Grundbedingung, nämlich Reibung des Papiers, während dasselbe
in inniger Berührung mit einem guten und möglichst glatten Elektricitätsleiter
sich befindet und dieser stark und gleichmäßig erhitzt wird, scheint den
seitherigen Beobachtern entgangen zu seyn.
Man breite einen Bogen gewöhnliches Schreibpapier auf einer ebenen und glatten
Metallplatte, die man von unten erhitzt, z.B. auf der oberen horizontalen Platte
eines geheizten Ofens aus, und reibe das Papier, nachdem man sich von seiner
vollkommenen Trockenheit überzeugt hat, mit einem Stück Leinwand oder einer
gewöhnlichen Kleiderbürste, sorge aber dafür, daß es sich während dieser Operation
auf der metallenen Unterlage nicht verschiebe, so wird man folgende Erscheinungen
beobachten. Schon nach den ersten Strichen haftet die Papierfläche ziemlich fest an
der Metallplatte. Berührt man das an der Platte klebende Papier an beliebigen
Stellen mit einem Elektricitätsleiter, so findet nirgends eine elektrische Entladung
oder Ueberströmung statt, man bemerkt keine Spur eines freien elektrischen
Zustandes. In dem Augenblicke aber, wo man den Papierbogen in paralleler Lage von
der Metallplatte rasch abhebt oder vielmehr abreißt, zeigt er sich in einem
merkwürdigen Grade elektrisch; Papierschnitzel sieht man aus einer Entfernung von 1
bis 1 1/2 Fuß angezogen; nähert man die Papierfläche dem Gesicht, so hat man schon
in bedeutendem Abstande jenes eigenthümliche Gefühl, wie wenn man in Spinnengewebe
gerathen wäre; bei Annäherung des Knöchels springt laut knisternd ein 5 bis 6 Zoll
langer elektrischer Funke über. Unmittelbar nach dem Abheben erscheint das
elektrische Fluidum auf beiden Seiten des Papiers negativ und gleich stark
vertheilt, obgleich die obere Seite, so lange der Bogen noch mit der Metallfläche in
Berührung war, keine Spur von Elektricität zeigte.
Da es bei diesem Versuche wesentlich ist, das Papier parallel zur Unterlage und unter
straffer Spannung abzuheben, so leimt man an zwei gegenüberliegende Stellen
desselben tannene Leisten, oder noch besser, man zieht das Papier auf einen leichten
tannenen Rahmen oder Reif und isolirt diesen an den Stellen, wo man ihn anfaßt,
durch Seide. Zieht man den geriebenen Bogen längs der Unterlage ab, so erhält man
nur geringe Spuren von Elektricität.
Als Reibzeug eignen sich: Leinwand, Wolle, Baumwolle, Pelz, eine Bürste, die flache
Hand, am zweckmäßigsten, wie es scheint, Leinwand, Seide dagegen nicht. Wenige
leichte hin- und hergeführte Striche mit einem solchen Reibzeuge reichen hin,
den elektrischen Zustand des Papiers auf das Maximum zu bringen; ein einziger Strich
mit der flachen Hand über die Papierfläche bewirkt bereits elektrische Funken von 3
bis 4 Zoll Schlagweite. Am höchsten steigerte ich den elektrischen Zustand des
Papiers, als ich dasselbe, in Ermangelung einer besseren Unterlage, zuerst auf der
rauhen Platte eines geheizten Ofens, dann nach gehörigem Abheben zum zweitenmale in Berührung
mit der polirten Fläche eines Tisches rieb. So erhielt ich aus einem Bogen
Maschinenpapier von 2 1/2 Quadratfuß Oberfläche beim zweiten Abheben Funken von 10
Zoll Schlagweite. Im Dunkeln nehmen sich diese elektrischen Phänomene brillant aus.
Ist der Papierbogen stark elektrisirt, so bemerkt man unmittelbar nach dem Abheben
von der Unterlage Funken, die wie Blitze von gewissen Stellen des Papiers zu andern
fahren; der bei Annäherung des Knöchels überspringende Funke erscheint, wie sich
dieses voraussetzen läßt, als ein nach der Papierfläche divergirender Strahlenkegel,
dessen Spitze am Knöchel einen compacten leuchtenden Stern bildet. Durch
Ueberspringen des ersten Funkens ist nur ein gewisser Theil der an der Papierfläche
haftenden Elektricität entladen; denn man erhält nachher noch an vielen Stellen
kleinere Funken von 2 bis 3 Zoll Schlagweite, und fährt man im Dunkeln mit den
Fingern über die Papiersfläche hin, so bezeichnet ein knisternder Lichtstreifen den
Weg derselben.
Soweit ich diesen Gegenstand bis jetzt zu verfolgen Gelegenheit hatte, sind es
folgende Bedingungen und Umstände, von welchen der Grad des elektrischen Zustandes,
den das Papier erreichen kann, wesentlich abhängt:
1) Die Gattung des Papiers selbst. Wie sich das
elektrische Verhalten verschiedener Papiersorten unter gleichen übrigen Umständen
herausstellt, darüber fehlen vor der Hand noch genauere vergleichende
Untersuchungen, indem sich die bisherigen Beobachtungen auf die am Papier
hervorgerufenen elektrischen Erscheinungen im allgemeinen bezogen. Nur so viel ist
gewiß, daß die Appretur des Papiers mit thierischem oder vegetabilischem Leim einen
wesentlichen Antheil an den in Rede stehenden Erscheinungen hat, indem sich
ungeleimtes Papier in Vergleich mit geleimtem nur in geringem Grade elektrisch
zeigt.
2) Die Größe der geriebenen Fläche. Daß die Quantität der
angehäuften Elektricität dem Inhalte der geriebenen Oberfläche proportional sey,
unterliegt wohl keinem Zweifel.
3) Die elektrische Leitungsfähigkeit der Unterlage, auf welcher
das Papier gerieben wird. Es wurde bereits oben bemerkt, daß das Papier in
Berührung mit einem guten Elektricitätsleiter gerieben werden müsse, wenn der
elektrische Zustand das Maximum erreichen soll. Schon die Theorie fordert diese
Bedingung. Die negativ-elektrische Atmosphäre, womit sich das geriebene
Papier umgibt, zerlegt nämlich die neutrale Elektricität des Metalls, indem sie die
+ E des letzten, ohne sich jedoch mit derselben
vereinigen zu können,
anzieht, und die – E abstößt. Die – E des Papiers ist somit an die + E der Unterlage vollständig gebunden; daher das oben erwähnte Ankleben an
die Unterlage und der Mangel eines freien elektrischen Zustandes an der oberen
Seite, so lange das Papier noch auf dem Leiter liegt. Weil nun aber die – E des Papiers in dem Momente ihres Auftretens an die +
E der Unterlage gebunden wird und gegen die letztere
hin in einem Zustande zunehmender Verdichtung sich befindet, so ist das Papier im
Stande, eine größere Menge von – E aufzunehmen,
als es könnte, wenn die – E nicht an die
Unterlage gebunden, d.h. wenn die Unterlage selbst ein schlechter Leiter oder ein
Nichtleiter wäre. Hebt man nun das Papier von der warmen Metallplatte rasch ab, so
verbreitet sich die elektrische Materie, die nun nicht mehr gebunden ist,
augenblicklich gleichmäßig auf beiden Seiten des Papiers, und äußert die oben
erwähnten Wirkungen.
Die Beobachtung, daß die Elektricität des Papiers durch die Metallfläche, auf der es
liegt, nicht abgeleitet wird, stimmt mit dem bekannten Gesetz überein, daß zwischen
zwei breiten Flächen, von denen die eine nicht leitend, die andere aber leitend ist,
keine merkliche Mittheilung stattfindet. Nach Entfernung des Papiers von der
Unterlage, auf der es gerieben wurde, verliert sich der stärkere Grad der
Elektricität in freier Luft bald. Legt man dagegen das elektrisch gemachte Papier
auf einen recht glatten Elektricitätsleiter, oder nähert die Papierfläche demselben
bis auf wenige Linien, so kann die Elektricität längere Zeit zurückgehalten werden,
indem sie nun durch die entgegengesetzte Elektricität der Unterlage gebunden ist. Zu
diesem Bindemittel eignet sich schon ein glatter Halbleiter, z.B. die polirte
Oberfläche eines Möbels.
3) Die Beschaffenheit der Oberfläche der bindenden
Unterlage. Je glatter die Metalloberfläche ist, eine je innigere Berührung
zwischen dieser und dem Papier stattfindet, desto größer die Wirkung. Hier möchte
man eher das Gegentheil vermuthen und sich zu der Annahme veranlaßt finden, daß
unter solchen Umständen die Ausgleichung beider entgegengesetzten Elektricitäten
befördert und somit die Wirkung vermindert würde. Allein man bedenke daß, wie glatt
und polirt auch die Unterlage seyn möge, doch immer die Anzahl der Berührungspunkte
in Vergleich mit den Punkten, in welchen die Berührung nicht stattfindet, unendlich
gering ist. Findet nun auch an den wenigen Berührungsstellen eine Ausgleichung der
beiden entgegengesetzten Elektricitäten statt, die sich jedoch wegen der schlechten
Leitungsfähigkeit des erwärmten und trocknen Papiers nur auf diese Stellen
erstrecken kann, so erscheinen auf der andern Seite unendlich viele Punkte der Papierfläche dem
Metalle mehr genähert, ohne daß eine Berührung erfolgen kann; die attractiven
Wirkungskreise der entgegengesetzt elektrischen Elemente beider Körper sind einander
näher getreten; in Folge dieser Annäherung offenbart sich ein höherer Grad
elektrischer Spannung und das Papier qualificirt sich zur Aufnahme einer
verhältnißmäßig größeren Elektricitätsmenge. Fig. 43 wird die Wahrheit
des Gesagten näher veranschaulichen. Die rauhe Beschaffenheit des Papiers und der
Unterlage ist durch Wellenlinien versinnlicht, von denen die obere die rauhe Fläche
des Papiers, die untere diejenige des Metalls im Profil darstellt. Die Berührung
beider Flächen findet in den Punkten a, b, c u.s.w.
statt. An diesen Punkten wird eine Vereinigung beider entgegengesetzten
Elektricitäten erfolgen, d.h. das am Papier haftende negativ-elektrische
Element in a, b oder c wird
sich an dieser Stelle mit einem gleich großen positiv-elektrischen Elemente
des Metalls zu einem neutralen Elemente vereinigen, wogegen die Vereinigung aller
zwischen a und b, zwischen
b und c u.s.w.
befindlichen entgegengesetzt elektrischen Elemente, z.B. der Elemente + d und – d, + e und – e u.s.w.
durch den die Räume zwischen den Berührungsstellen ausfüllenden Nichtleiter, nämlich
die erwärmte Luft, verhindert wird. Diese Elemente befinden sich nun in einem
Zustande elektrischer Spannung, sie binden sich gegenseitig vermöge der ihnen
inwohnenden Attractivkraft. Man sieht zugleich, wie die Anzahl der nicht in Contact
gelangenden Punkte in Vergleich mit den im Contact befindlichen Punkten unendlich
groß seyn muß. Angenommen nun, man hätte anstatt der rauhen Metallfläche eine
vollkommen glatte, deren Profil durch die Linie xy
dargestellt seyn mag, so erscheinen offenbar beide Flächen, und somit die
attractiven Wirkungskreise der entgegengesetzt elektrischen Elemente einander näher
gerückt. Die gegenseitige Bindung wird daher energischer und das Papier im Stande
seyn eine größere Menge negativ-elektrischen Stoffes aufzunehmen.
4) Die Art, wie das geriebene Papier von der Unterlage, an der
es haftet, entfernt wird. Zieht man dasselbe längs der Oberfläche des
bindenden Metalls ab, anstatt es abzureißen, so erhält man nur sehr geringe Spuren
von Elektricität, indem während des Abziehens ein sehr großer Theil der Punkte
beider Flächen, welche, so lange das Papier unbeweglich auf der Metallfläche lag,
durch eine dünne Luftschichte von einander getrennt waren, nun mit einander in
Berührung kommen und die Vereinigung ihrer entgegengesetzten Elektricitäten
gestatten.
5) Der Hitzegrad der Unterlage. Die hygroskopische Natur
des Papiers verlangt die Erwärmung als eine für größere elektrische Wirkungen
wesentliche Bedingung. Das Papier mag für das Gefühl noch so trocken erscheinen, so
enthält es doch in kaltem Zustande eine ziemliche Portion Feuchtigkeit gebunden, die
der elektrischen Erregbarkeit hemmend entgegentritt, bei der Erwärmung aber frei
wird und entweicht. Es bedarf zwar nur einer mäßigen Erwärmung des als Unterlage
dienenden Leiters, um bereits glänzende elektrische Erscheinungen am Papier
hervorzurufen, doch steigert sich der elektrische Zustand mit der Erhöhung des
Wärmegrades. Hat dagegen die Hitze des Metalls einen gewissen Grad erreicht, wo das
Papier eben sich zu bräunen beginnt, so tritt der eigenthümliche Umstand ein, daß
das Papier die Fähigkeit durch Reiben in Berührung mit der Unterlage elektrisch zu
werden, beinahe ganz und gar verliert. Aus einer elektrisch gemachten Papierfläche,
die man über die in solchem Grade erhitzte Platte eines Ofens hält, strömt die
Elektricität schon in einer Entfernung von 1 bis 2 Zollen durch die Luft in die
Platte über, wie wenn die erhitzte Luft nun zum Leiter geworden wäre, und ein
elektrisches Papierblatt, auf die überhitzte Platte gelegt, verliert beinahe
augenblicklich alle Elektricität, während dasselbe auf einer mäßiger erhitzten
Platte fest anklebt und seine Elektricität stundenlang behält.
Bis hieher hatte ich immer angenommen, das Papier werde in Berührung mit einer heißen Metallfläche gerieben. Indessen erhält man
gleichfalls sehr befriedigende Resultate, wenn man das Papier auf irgend eine
geeignete Weise stark und gleichmäßig erwärmt und, ehe es ganz erkaltet, oder Zeit
hat die Feuchtigkeit aus der Luft an sich zu ziehen, auf irgend einer nicht erwärmten aber glatten Unterlage, z.B. einem
polirten Tisch, am besten aber auf einer Metallplatte reibt.
Einfacher Papierelektrophor von großer Wirksamkeit. So
ergiebig nun die Elektricitätsquelle ist, die wir an dem auf die besprochene Weise
behandelten Papier besitzen, so ist doch ihre directe Benützung zur Hervorbringung
intensiverer Wirkungen etwas umständlich. Um z.B. eine Leidener Flasche durch
directe Mittheilung stark zu laben, muß der Papierbogen öfters von neuem erwärmt und
gerieben werden. Zum Glück besitzen wir in dem Princip der elektrischen Vertheilung
und Bindung ein Mittel, mit Hülfe einer elektrischen Papierfläche
Elektricitätsmengen anzuhäufen und zu concentriren, ohne daß das Papier dabei selbst
an Elektricität verliert; mit einem Wort, das Princip des Elektrophors ist es,
dessen Anwendung im vorliegenden Falle ein sehr geeignetes Mittel darbietet, von der
Papierelektricität einen ungemein wirksamen Gebrauch zu machen.
Man spanne daher einen Bogen Papier auf einen dünnen hölzernen Rahmen oder Reif, und
mache dasselbe auf die beschriebene Weise elektrisch. Dann hebe man, wenn man es
nicht vorzieht den Versuch auf der heißen Unterlage selbst, auf der das Papier
gerieben wurde, anzustellen, den Rahmen von dieser rasch ab, und lege ihn auf eine
in Bereitschaft gehaltene blanke Metallplatte oder auch auf eine polirte Holzfläche
so, daß zwischen dem Papier und der Unterlage eine dünne Luftschichte sich befindet;
auf dieser Unterlage wiederhole man die Operation des Reibens. Setzt man nun einen
gewöhnlichen an seidenen Schnüren hängenden Elektrophordeckel auf die Papierfläche,
berührt denselben mit dem Finger, und hebt ihn darauf in die Höhe, so gibt derselbe
einen starken Funken; dieselbe Erscheinung wiederholt sich stundenlang, so oft man
den Deckel aufsetzt, berührt und wieder abhebt, ganz in derselben Weise, wie bei dem
gewöhnlichen Harzelektrophor, nur in weit stärkerem Grade. Die Wirksamkeit eines
solchen Elektrophors nach einmaliger Reibung des Papiers ist zwar nicht so permanent
wie die eines Harzelektrophors, allein da sie weit intensiver ist, so zeigt sich der
Papierelektrophor desto geeigneter, in gewissen Fällen die Elektrisirmaschine zu
ersetzen.
Zu diesem Versuche, den ich zuerst in einer der Versammlungen des physikalischen
Vereins dahier anstellte, bediente ich mich eines ungefähr 3 Linien dicken tannenen,
mit Maschinenpapier überspannten Rahmens, dem ich, um ihn den Dimensionen der
rectangulären Ofenplatte, auf welcher das Papier gerieben wurde, anzupassen, eine
Breite von 14 Zoll und eine Länge von 22 Zoll gab. Der Rahmen wurde, nachdem das
Papier in Berührung mit der heißen Metallfläche gerieben worden war, abgehoben und
auf dieselbe Fläche so aufgesetzt, daß zwischen dem Papier und dem Metall ein
Zwischenraum von der Dicke des Rahmens blieb. Sämmtliche Anwesende waren überrascht
von der Intensität und erschütternden Wirkung der elektrischen Funken, welche man
mittelst dieses einfachen Apparats fortwährend in unverminderter Stärke erhielt. Der
blecherne Elektrophordeckel hatte 10 Zoll Durchmesser und die Schlagweite der aus
ihm gezogenen Funken betrug 1 1/2 bis 2 Zoll. Berührte man mit der einen Hand den
Ofen und mit der andern den aufgehobenen Deckel, so empfing man einen Schlag wie aus
einer mäßig geladenen Leidener Flasche. Eine Leidener Flasche wurde mit wenigen
Huben stark geladen. Um noch ziemlich starke Funken zu erhalten, war es nicht einmal
nöthig, den Deckel auf die elektrische Papierfläche aufzusetzen, sondern es genügte,
denselben in einem Abstand von einigen Zollen vom Papier zum erstenmal und dann in
einer größeren Entfernung zum zweitenmale zu berühren. Aus solchen Wirkungen einer
Papierfläche von ungefähr nur 2 Quadratfuß Inhalt läßt sich auf die erstaunliche
Wirkung einer größeren, z.B. vier- oder sechsmal so großen Oberfläche
schließen.
Doppeltwirkender Papierelektrophor. Man lege eine runde,
oder eine rectanguläre an den vier Ecken abgerundete Eisenblechplatte (wo möglich
mit umgebogenen Rändern) auf eine isolirte Unterlage, z.B. einen Isolirschemel,
mache das auf einen Rahmen oder Reif gespannte Papier auf die beschriebene Weise
elektrisch, lege es auf die Eisenblechplatte, und auf das Papier einen gewöhnlichen
Elektrophordeckel von entsprechenden Dimensionen. Durch die – E des Papiers wird nun die + E der Unterlage und des Deckels zugleich gebunden, die – E derselben zurückgestoßen. Berührt man jetzt den
Deckel, während er auf dem Papier liegt, mit der einen und die isolirte Unterlage
mit der andern Hand, so wird man dadurch die freie – E aus beiden Metallplatten ableiten, so daß in denselben nur noch + E, an das – E des
Papiers gebunden, vorhanden ist. In diesem Zustande kann man die ganze Anordnung in
einem warmen und trockenen Zimmer, ohne bedeutende Abnahme der Wirkung, mehrere
Stunden liegen lassen. Hebt man nun den Deckel in die Höhe, so wird bei Annäherung
eines Leiters ein starker positiv-elektrischer Funke überspringen, aber auch
aus der Unterlage wird man einen eben so starken Funken erhalten, obgleich die + E des Metalls noch an die – E des Papiers gebunden ist. Der Grund der letzteren
Erscheinung liegt offenbar darin, daß derjenige Theil der – E des Papiers, welcher an die + E des aufliegenden Deckels gebunden war, nach Abhebung des letztern frei
wird, wodurch die bereits positiv-elektrische Unterlage im Stande ist eine
weitere dieser frei gewordenen – E entsprechende
Menge + E aufzunehmen; sie erscheint daher doppelt so
stark elektrisch als vorher, und gibt nach Abhebung des Papiers einen Funken von
erhöhter Intensität. Die Figuren mögen diesen Vorgang in der gehörigen Reihenfolge
versinnlichen.
In Fig. 44
stellt Nr. 1 das Papier in Contact mit beiden Metallflächen dar, und zwar vor der
Berührung der letzteren durch einen Leiter. Die – E der beiden Metalle zeigt sich hier frei, indem die + E derselben an die – E des Papiers gebunden ist. Nr. 2 zeigt die Anordnung, nachdem durch
Berührung die freie – E beider Metalle abgeleitet
worden ist; beide enthalten jetzt nur noch + E. In Nr. 3
ist der Deckel mit
seiner + E gehoben, so daß jetzt der + E der metallenen Unterlage die doppelte Menge –
E des Papiers gegenübersteht; das Bestreben dieser
– E sich mit + E zu
vereinigen, erscheint nunmehr nicht gesättigt. Nr. 4 endlich zeigt den Zustand der
Anordnung, nachdem der Deckel und die Unterlage durch einen Leiter berührt worden
ist. Der Deckel gab einen Funken, indem sich seine + E
mit der – E des Leiters zu neutraler E vereinigte, die Unterlage, indem zu der + E, welche sie schon hatte, noch eine gleiche Menge + E hinzutrat, um das attractive Streben der durch den
Deckel nicht mehr gebundenen – E des Papiers zu
befriedigen. Nach Abnahme des Papiers von der Unterlage wird man daher aus dieser
einen doppelt so starken Funken erhalten.
Zusammengesetzter Papierelektrophor. Da die Erwärmung und
Handhabung eines Papierelektrophors von großen Dimensionen manche Schwierigkeit und
Unbequemlichkeit darbieten mag, so könnte man einen Elektrophor aus mehreren
Papierflächen construiren, die der Reihe nach elektrisch gemacht und dann in ein
geeignetes Gestell über einander eingeschoben würden. Eine gleiche Anzahl isolirter,
unter sich aber in leitender Verbindung stehender Deckel würde zugleich auf alle
Papierflächen niedergelassen und aufgehoben.
Frankfurt a. M. den 15. Febr. 1847.