Titel: | Ueber die elementare Zusammensetzung der Schießfaser; von Prof. Dr. Fehling. |
Autor: | Fehling |
Fundstelle: | Band 103, Jahrgang 1847, Nr. XLVI., S. 220 |
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XLVI.
Ueber die elementare Zusammensetzung der
Schießfaser; von Prof. Dr. Fehling.
Fehling, über die elementare Zusammensetzung der
Schießfaser.
Um die Zusammensetzung der sogenannten Schießfaser zu ermitteln, ward Baumwolle oder
Papier mit einem hinreichenden Gemenge von Salpetersäure und Schwefelsäure getränkt,
nach einiger Zeit herausgenommen, unter einem Brunnen sorgfältig ausgewaschen und
dann bei gelinder Temperatur getrocknet; darauf lagen diese Proben meist einige
Wochen nur in Papier eingewickelt, so daß sie als lufttrocken betrachtet werden
konnten. Die Proben wurden dann mit der Schere zerschnitten, gewogen, und zur
Bestimmung der Elemente mittelst der Verbrennung mit trockenem Kupferoxyd gemengt,
wie gewöhnlich bei organischen Analysen. Bei mehreren Bestimmungen des Kohlenstoffs
ward an das Ende der Verbrennungsröhre noch 0,5 Gram, geschmolzenes chlorsaures Kali
gebracht; da aber derselbe Kohlenstoffgehalt gefunden ward, wie ohne chlorsaures
Kali, so ließ man dieses später fort.
Die Bestimmung des Stickstoffs geschah dem Volum nach, nach der quantitativen Methode
von Liebig, durch Verbrennung mit Kupferoxyd und
Austreiben der Kohlensäure aus dem Verbrennungsrohre durch Wasserdampf mittelst
erhitzten Kalkhydrats.
Die Analysen wurden mit auf verschiedene Weise bereiteter Schießfaser von den HHrn.
Roser und Krauß mit aller
Sorgfalt ausgeführt.
10 Gram. Baumwolle wurden mit 80 bis 90 Gram. Salpetersäure von 1,45 spec. Gewicht
und mit 240–270 Gram. käuflicher engl. Schwefelsäure übergossen.
Nr. 1. 2 1/2 Minuten eingetaucht.
0,317 B. gab 0,303 CO₂ und 0,106 HO =
26,1 Proc. C und 3,7 Proc. H.
0,304 B. „
0,291 „ und
0,103 „ = 26,1 Proc. C und 3,7 Proc. H.
0,300 B. „
0,280 „ und
0,098 „ = 25,4 Proc. C und 3,6 Proc. H.
0,250 B. „ 0,0269 N =
10,7 Proc. N.
Nr. 2. 5 Minuten lang eingetaucht.
0,308 B. = 0,300 CO₂ und 0,119 HO = 26,5 Proc. C und
4,2 Proc. H.
0,301 B. = 0,297 CO₂ und 0,109 HO = 26,9 Proc. C und
4,0 Proc. H.
0,302 B. = 0,035 N = 11,5 Proc. N.
0,300 B. = 0,0286 N = 9,5 Proc. N.
Nr. 3. 7 1/2 Minuten lang eingetaucht.
0,310 B. gab 0,300 CO₂ und 0,109 HO = 26,4 Proc. C und
3,9 Proc. H.
0,310 B. „
0,029 N = 9,5 Proc. N.
Nr. 4. 10 Minuten lang eingetaucht.
0,300 B. gab 0,278 CO₂ und 0,091 HO = 25,3 Proc. C und
3,7 Proc. H.
0,300 B. „ 0,288
CO₂ und 0,106 HO = 26,2 Proc. C und 3,9 Proc. H.
0,302 B. „ 0,031 N =
10,2 Proc. N.
Nr. 5. 12 1/2 Minuten lang eingetaucht.
0,300 B. gab 0,288 CO₂ und 0,100 HO = 26,1 Proc. C und
3,7 Proc. H.
0,300 B. „ 0,033 N =
11,0 Proc. N.
Nr. 6. 15 Minuten eingetaucht.
0,304 B. = 0,292 CO₂ und 0,103 HO = 26,1 Proc. C und
3,7 Proc. H.
0,301 B. = 0,0281 N = 9,3 Proc. N.
Nr. 7. In ein Gemenge von 2 Vol. Salpetersäure von 1,5 spec. Gewicht und 1 Vol.
Nordhäuser Schwefelsäure 4 Minuten eingetaucht.
0,300 B. = 0,278 CO₂ und 0,096 HO = 25,3 Proc. C und
3,6 Proc. H.
0,303 B. = 0,282 CO₂ und 0,103 HO = 25,4 Proc. C und
3,7 Proc. H.
0,303 B. = 0,287 CO₂ und 0,101 HO = 25,8 Proc. C und
3,7 Proc, H.
0,311 B. = 0,0351 N = 11,3 Proc. N.
0,310 B. = 0,0312 N = 10,0 Proc. N.
Nr. 8.
Aus Nr. 6 durch nochmaliges Eintauchen während
10
Minuten in frische Säure
aus 1 Th. Salpetersäure (1,45)
und 3 Th. Schwefelsäure (1,84).
0,300 B. gab 0,284 CO₂ und 0,107 HO = 25,8 Proc. C und
3,9 Proc. H.
0,309 B. gab 0,0295 N = 9,5 Proc. N.
Nr. 9. Aus Nr. 7 durch nochmaliges Eintauchen in frische Säure.
0,301 B. gab 0,282 CO₂ und 0,098 HO = 25,5 Proc. C und
3,6 Proc. H.
0,306 B. gab 0,0318 N = 10,4 Proc. N.
Nr. 10. Baumwolle von Schönbein.
0,304 B. gab 0,288 CO₂ und 0,098 HO = 25,8 Proc. C und
3,6 Proc. H.
0,302 B. „ 0,290
CO₂ und 0,103 HO = 26,1 Proc. C und 3,7 Proc. H.
0,306 B. „ 0,0296 N
= 9,6 Proc. N.
Papier mit Salpetersäure von 1,56 spec. Gew.
behandelt.
Nr. 11. 24 Stunden mit der Säure in Berührung.
0,300 Papier gab 0,285 CO₂ und 0,093 HO = 25,9 Proc. C
und 3,4 Proc. H.
0,309 „ „
0,032 N = 10,4 Proc. N.
0,301 „ „
0,030 N = 10,0 Proc. N.
Nr. 12. 6 Stunden lang in der Säure.
0,311 Papier gab 0,291 CO₂ und 0,096 HO = 25,5 Proc. C
und 3,5 Proc. H.
0,318 „ „
0,028 N = 9,1 Proc. N.
Nr. 13. 5 Minuten lang in der Säure.
0,301 Papier gab 0,0279 N = 9,3 Proc. N.
Die Kohlenbestimmung verunglückte.
Stellt man nun die mittleren Resultate der Analysen für 100 Th. Substanz zusammen, so
ergibt sich für:
Nr. 1.
Nr. 2.
Nr. 3.
Nr. 4.
Nr. 5.
Nr. 6.
Nr. 7.
C.
25,9
26,7
26,4
25,8
26,1
26,1
25,6
H.
3,7
4,1
3,9
3,8
3,7
3,7
3,7
N.
10,7
10,5
9,5
10,2
11,0
9,3
10,6
Nr. 8.
Nr. 9.
Nr. 10.
Nr. 11.
Nr. 12.
Nr. 13.
C.
25,8
25,5
25,9
25,9
25,5
–
H.
3,9
3,6
3,7
3,4
3,5
–
N.
9,5
10,4
9,6
10,2
9,1
9,3
Es ist wohl nicht auffallend, daß diese Analysen nicht besser übereinstimmen, wenn
man bedenkt, wie leicht einzelne Fasern der vollständigen Einwirkung entgehen
können; es war kaum zu erwarten, daß auf so ungleiche Weise erhaltene Präparate so
genau gleiche Resultate liefern würden. – Als Mittel aus allen Analysen
ergibt sich, daß in 100 Theilen der lufttrockenen Faser enthalten sind:
C
25,94
H
3,74
O
60,32
N
10,00
––––––
100,00
Dieß Resultat stimmt am nächsten mit der Formel:
C₁₂ H₁₀ O₁₀ +
2NO₅,
diese gibt in 100:
C
26,6
H
3,7
O
59,4
N
10,3
–––––
100,0
Darnach wäre also diese Verbindung eine dem Xyloidin analoge, nur 2 Aequiv.
NO₅ enthaltend. Da 1 Aeq. Cellulose 2 Aeq. wasserfreie Salpetersäure
aufnimmt, so muß die erste hiebei im lufttrockenen Zustande um 66 auf 100 an Gewicht
zunehmen; das stimmt mit meiner Erfahrung vollkommen überein; 10 Gramme Baumwolle
oder Papier wogen nach der Behandlung bei vielen Versuchen zwischen 15 und 16
Gramme, also 55 Proc. mehr; bei einer andern Reihe von Versuchen erhielt ich aus je
30 Gr. je 48 bis 51 Gr. lufttrockene Schießbaumwolle, also etwa 66 Proc. mehr.
Bei 100° C. getrocknet nimmt die Schießfaser nur langsam am Gewicht ab, nach
12 Stunden hatte sie 4 bis 5 Proc. verloren; trocknet man sie mehrere Tage, so stieg
zuweilen der Verlust auf 6 bis 7 Proc., die Faser war dann aber stark gebräunt und
brannte nicht mehr so leicht ab. Ich zog es deßhalb vor, in der Regel nicht die bei
100° C. getrocknete Faser zu analysiren, da sie überdieß während des längere
Zeit dauernden Mischens mit Kupferoxyd leicht wieder Feuchtigkeit anzieht; es wurden
nur 2 Verbrennungen mit bei 100° C. getrockneter Baumwolle gemacht, diese
gaben:
0,307 bei 100° getrockn. Baumw. gab 0,309 CO₂
und 0,100 HO = 27,4 Proc. C und 3,6 Proc. H.
0,254 bei 100° getrockn. Baumw. gab 0,257 CO₂
und 0,079 HO = 27,5 Proc. C und 3,4 Proc. H.
Die Formel C₁₂ H₉ O₉ + 2NO₅ erfordert in 100
Theilen:
27,6 C
3,4 H.
Hienach hätte die Baumwolle 3,3 Proc. Wasser verlieren sollen. Die Formel
C₁₂ H₈ O₈ + 2NO₅ C gibt für 2 Aeq. Wasserverlust
= 6,6 Proc. und in 100 Theilen:
28,6 C
3,2 H.
Darnach scheint die erste Formel bisher mit den Resultaten der Analyse
übereinzustimmen.