Titel: | Miscellen. |
Fundstelle: | Band 102, Jahrgang 1846, Nr. , S. 250 |
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Miscellen.
Miscellen.
Ueber die Behandlung des Holzes zu den Gewehrschäften in
Oesterreich.
Seit einigen Jahren werden in Oesterreich die Gewehrschäfte durch Wasserdämpfe ausgelaugt und nachher in besondern
Trockenkammern getrocknet, und man hat das Verfahren sehr vortheilhaft gefunden. Die
Einrichtung des Apparats für diesen Zweck ist dem Wesen nach folgende:
Eine gemauerte Kammer, mit gut schließenden aufgeschraubten Thüren versehen, dient
zur Aufnahme der roh ausgearbeiteten Schäfte; letztere stehen auf Balken, welche 6''
über dem Asphaltboden der Kammer mit den Kolben abwechselnd nach oben und unten
aufgestellt sind; der Boden der Kammer hat eine Neigung nach einer Seite, um die
condensirte Flüssigkeit durch eine Röhre ablassen zu können. In diese Kammer treten aus drei
nahe über dem Boden mündenden Zuleitungsröhren die in einem Dampfkessel von
gewöhnlicher Einrichtung entwickelten Wasserdämpfe, wobei durch Sperrwasser in der
Kammer dahin gewirkt ist, daß die Dämpfe eine Spannung von 6 Zoll Wasserhöhe
erhalten. Man dämpft so lange bis auf die abfließende Condensationsflüssigkeit weder
salpetersaures Bleioxyd noch Eisenvitriol eine Reaction ausüben und hält dann (wo diese Flüssigkeit,
die vorher dunkelbraun war, sich wieder heller färbt) die Operation für beendet. Die
aus der Kammer genommenen Schäfte lassen sich so lange sie noch heiß und naß sind
biegen und behalten die
Form bei, in welcher man sie erkalten läßt,
wodurch man im Stande ist, krumme Schäfte gerade zu richten. Nach dem Auslaugen
werden die Schäfte unter Dachräumen kreuzweise aufgeschichtet und etwa 14 Tage lang
übertrocknet, hierauf kommen sie in eine Trockenkammer, in welcher anfänglich
schwach, nach 8–10 Tagen aber bis auf 24°–30° R. geheizt
und diese. Temperatur erhalten wird; die Trockenkammer wird mit erwärmter Luft
geheizt und eine einfache Ventilation führt die mit Wasserdampf geschwängerte Luft
beständig ins Freie. Man überzeugt sich durch Herausnahme von Probeschäften aus der
Trockenkammer, ob die Operation beendet ist, und zwar muß der Schaft binnen 8 Tagen
nicht mehr als 1–1 1/2 Loth am Gewicht verloren haben, wenn er als gut
getrocknet angesehen werden soll. Die Auslaugekammer faßt 1500 Schäfte, die
Trockenkammer 3000. Man bedurfte nach der früheren Trockenmethode auf natürlichem
Wege eine 3 bis 4jährige Aufbewahrung in trockenen Depots, um die Hölzer zur
weiteren Bearbeitung geschickt zu erhalten, wobei man durchschnittlich 15 Proc.
Abgang erhielt, der sich stellenweise bis 30 Proc. steigerte; nach der hier
dargestellten Methode ist man in dringenden Fällen im Stande, selbst ganz frische Schäfte schon in 8 Wochen den Werkstätten
zur Bearbeitung zu übergeben, wobei man nur einen Ausschuß von 3 Proc. erhält. Der
oben bezeichnete Weg zur Austrocknung der Schäfte hat es möglich gemacht, den durch
eine Umgestaltung der Militärgewehre in der österreichischen Monarchie
herbeigeführten großen Bedarf seit drei Jahren ganz zu beschaffen, und alle zur
Prüfung der Methode angestellten Versuche haben ein befriedigendes Resultat
ergeben.
Es sey uns erlaubt, hieran noch eine kurze, auch Wohl schon anderwärts ausgesprochene
Notiz anzuknüpfen, die von einigem Interesse für das polytechnische Publicum seyn
dürfte: Es ist bekannt, daß ein Imprägniren des Holzes mit Substanzen, welche ein
Ausfüllen der Poren oder eine Umgestaltung der noch in demselben zurückgebliebenen
natürlichen Stoffe in unlösliche Verbindungen herbeiführen, dem Verderben des Holzes
wesentlich entgegen wirkt; man hat diese Schutzmethoden mit dem Auslaugen durch
Wasserdämpfe verbunden, indem man in der letzten Periode des Dämpfens (wo die
Extractflüssigkeit wieder mit hellerer Farbe abläuft) eine Quantität Theer zu dem Wasser des Dampfkessels gefügt hat, wodurch
mit den Wasserdämpfen auch Theerdämpfe in die
Auslaugkammer geführt wurden, die das Holz durchdrangen. Die Resultate des
Verfahrens sollen ausnehmend günstig ausgefallen seyn, und es scheint einer
ausgebreiteteren Anwendung wohl werth. (Berliner Gewerbe-, Industrie-
und Handelsbl. 1846 Nr. 25.)
Einfaches Verfahren die Abnutzung der Drahtsiebe zu
verhüten.
Die HHrn. Blake zu New Haven in
den Vereinigten Staaten haben eine einfache aber sehr nützliche Verbesserung an den
Drahtsieben angebracht, wodurch dieselben bei weitem dauerhafter werden. Eisengießer
und Former, welche Drahtsiebe anwenden, wissen aus Erfahrung, daß dieselben beim
Gebrauch in Folge der Schwingungen des Drahtgewebes um den Rand herum abreißen, so
daß sie sich von der Einfassung trennen.
Als ein Mittel gegen diesen Uebelstand bringen die Siebmacher zwei starke Drähte
rechtwinkelig unter dem Gewebe und in Berührung mit demselben an. Dieß hat zur
Folge, daß während der Behandlung des Siebes mit Material darin die Schwingung
verhütet wird; sobald man aber das Sieb umkehrt und schlägt, um den Draht von den
anhängenden Sandtheilchen etc. zu lichten, kommt natürlich das Netz außer Berührung mit den es
verstärkenden Drähten und die Schwingung findet gerade so statt als wenn sie nicht
vorhanden wären. Außerdem bewirken aber auch die seitlichen Schwingungen der Drähte
selbst, daß sich diejenigen Theile des Netzes, welche mit ihnen in Berührung sind,
viel schneller abnutzen, als wenn sie gar nicht durch die Kreuzdrähte unterstützt
wären. Die Verbesserung der HHrn. Blake besteht nun lediglich darin, daß man im Centrum des Siebs, wo
sich die Kreuzdrähte durchschneiden, zwischen denselben und dem Gewebe einen
gewöhnlichen Flaschenkork aufrecht gestellt einfügt, welcher so lang geschnitten
ist, daß er fest zwischen beide drückt und sie folglich gesondert erhält; der Kork
ist kreuzweise gefurcht, um ihm auf den Drähten einen Halt zu geben, so daß er nicht
herausfallen kann. Dieses einfache und wohlfeile Mittel beseitigt die erwähnten
Uebelstände gänzlich und macht außerdem die Bewegung des Siebes für die Hand des
Arbeiters viel angenehmer. Eisengießer und Former werden diese Verbesserung um so
wichtiger finden, weil die griesigen Substanzen, womit sie zu thun haben, sich gerne
zwischen den abnutzenden Drähten einklemmen, wodurch dieselben bald zerstört werden
müssen. (Practical Mechanics' Magazine, August 1846, S.
293.)
Schutz des eisernen Sattelbeschlägs gegen Rost durch Verzinken
desselben.
Der französische Kriegsminister richtete vor kurzem ein Schreiben an den Secretär der
Akademie der Wissenschaften folgenden Inhalts: „Die Sattelbögen an den
Pferdegeschirren der Armee sind von Holz und ihre verschiedenen Theile mit Eisen
verbunden, das bisher ohne Neberzug gelassen wurde und daher rostete. Es wurde
vorgeschlagen, sie zu galvanisiren, d.h. zu verzinken; doch frägt es sich, ob
das galvanisirte Eisen nicht zu spröde ist, um daraus Nieten, Bügelträger etc.
zu verfertigen, und ob nicht die gewöhnliche Verzinnung sich besser dazu eigne.
Ich wünsche, daß diese Frage durch Versuche, welche die betreffende Section der
Akademie anstellt, beantwortet werden möchte.“ (Comptes rendus, Jul. 1846, Nr. 1.)
Anwendung des Diamantpulvers zum Schärfen von Rasirmessern
etc.
In den letzten Jahren hat sich der Verbrauch von Diamantpulver in England
außerordentlich gesteigert, nicht nur für die Artikel, welche gewöhnlich damit
bearbeitet werden, wie Cameen, Gemmen etc., sondern auch weil man gefunden hat, daß
das Diamantpulver dem Stahl (Rasirmessern, Federmessern etc.) die feinste Schneide
ertheilt, so daß es zum Schärfen fast aller Messerschmiedswaaren den Schleifstein
bald zum Theil verdrängen dürfte. (Mechanics' Magazine,
1846 Nr. 1197.)
Verbesserte Composition für Buchdruckerwalzen.
Bekanntlich werden die Buchdruckerwalzen nicht nur nach langer Zeit sehr hart,
sondern auch wenn sie einige Zeit nicht benutzt werden, moderig. Beiden Uebelständen
kann man dadurch begegnen, daß man bei Verfertigung der Walzen der Composition,
während sie noch warm ist, etwas salzsauren Kalk zusetzt und ihn gut einrührt. Der
salzsaure Kalk ist ein sehr zerfließliches Salz und bewirkt daher, daß die
Feuchtigkeit in der Composition gleichförmig verbreitet bleibt; außerdem wirkt er
aber auch antiseptisch, so daß keine Fäulniß eintreten kann. Eine alte Composition
ist so brauchbar wie eine neue, wenn man sie heiß durch weit gewobenen Muslin
filtrirt, um die erhärtete Schwärze und den Schmutz zu beseitigen. Durch Zusatz von
zu viel salzsaurem Kalk wird die Walze zu weich; durch ein paar Versuche ist das
geeignete Verhältniß leicht zu ermitteln.
Der salzsaure Kalk läßt sich auch bei den Handpressen der Buchdrucker benutzen, um
das Pergament des sogenannten Deckels beständig in dem geeigneten Zustand von
Feuchtigkeit zu erhalten. (Mechanics' Magazine, 1846 Nr.
1199.)
Zur Geschichte der Schießbaumwolle.
Die Allgemeine Zeitung und die Deutsche Allgemeine Zeitung enthalten folgende
Zuschriften der HHrn. Schönbein und Otto:
London, den 18. Oct. 1846. Nachdem in neuester Zeit die
explosive Baumwolle Gegenstand öffentlicher Besprechung geworden, dürfte es die
Leser dieses Blattes vielleicht interessiren einige hierauf bezügliche Angaben vom
Unterzeichneten zu vernehmen. Die Substanz welcher ich den Namen Schießwolle
gegeben, und die aus gewöhnlicher Baumwolle verfertigt wird, entdeckte ich zu Anfang
dieses Jahres. Kleine Proben davon theilte ich einige Zeit nachher einigen meiner
wissenschaftlichen Freunde in- und außerhalb Deutschlands mit, unter andern
auch einem hochstehenden Mann einer süddeutschen Hauptstadt, was zur Folge hatte,
daß ich daselbst vor hohen Zeugen in der Charwoche mit der Schießwolle einige
Versuche anstellte. Im Laufe der Monate April, Mai, Junius und Julius stellte ich
unter freundlicher Beihülfe der Basler Militärbehörden und dasiger Schützen eine
große Anzahl von Versuchen mit allen Waffengattungen an; ebenso wurden in Basel
selbst und dem benachbarten Tunnel in Istein Sprengversuche veranstaltet. Als
Ergebniß aller dieser Versuche stellte sich heraus, daß die Triebkraft der
Schießwolle diejenige des besten Schießpulvers wenigstens um das Doppelte
übersteigt. Es lag nicht in der Natur dieser Versuche geheim zu bleiben, und früh
genug enthielten öffentliche Blätter mehr oder minder richtige Angaben über die von
mir erhaltenen Resultate, was nicht fehlen konnte, die Aufmerksamkeit der Chemiker
auf diesen Gegenstand hinzulenken. Zu Anfang des Augusts theilte mir Hr. Prof.
Böttger aus Frankfurt mit
daß, veranlaßt durch meine Ergebnisse und frühere seiner eigenen Arbeiten, er
Untersuchungen über die Schießwolle angestellt habe, und es auch ihm gelungen sey,
diese Materie zu bereiten. Dieser Umstand führte zur Zusammenstellung unserer Namen
und einer Vereinigung unserer Interessen. Seit dem August in England, stellte ich
auch in diesem Lande vielfache Versuche an, in der Absicht die Eigenschaften der
Schießwolle zu zeigen, welchen Versuchen ausgezeichnete Männer aus allen Classen der
Gesellschaft beiwohnten. Unter andern fanden in mehreren bedeutenden Bergwerken von
Cornwallis Sprengversuche in Granit und anderem harten Gestein statt, welche auf das
genügendste darthaten, daß ein Theil Schießwolle allerwenigstes eben so viel wirkte
als vier Theile des daselbst gebrauchten Sprengpulvers. Erst vor wenigen Tagen
wurden Versuche mit meiner Schießwolle in Mörsern angestellt, welche 64 Pfd. schwere
Bomben warfen. Es fielen diese Versuche höchst genügend aus, was aus der einfachen
Angabe erhellen wird, daß drei Theile Schießwolle die 64pfündigen Kugeln gerade so
weit warfen, als acht Theile des besten englischen Schießpulvers und hiebei durchaus
keine Verschleimung statt fand.
C. F. Schönbein.
Braunschweig, den 21. Oct. Ich hatte bei der
Veröffentlichung meiner Entdeckung der explosiven Baumwolle sogleich den Entschluß
gefaßt, alle etwanigen Angriffe auf dieselbe unerwiedert zu lassen, muß diesem
Entschluß aber jetzt doch untreu werden. Die Frankfurter
Ober-Postamts-Zeitung enthält nämlich aus Wiesbaden einen Artikel,
welcher meinen Charakter zu verdächtigen sucht, und welcher bei genauer Betrachtung
so sehr für mich spricht, daß ich es dem Publicum und mir schuldig bin, denselben zu
besprechen. „Wie gewiß in vielen andern Orten,“ so beginnt der
fragliche Artikel, „sieht man auch hier, seit Otto's Artikel über die explosive Baumwolle
die Runde durch die Zeitungen macht, viele Finger von Salpetersäure gelb
gefärbt. Selbst der Laie greift jetzt zur Retorte. Doch die Sache bietet nicht
nur dem Humor Stoff, sondern verdient auch eine strenge und ernste Betrachtung.
Von allen Seiten wird die Art, wie Otto in der
genannten Sache auf dem Schauplatz aufgetreten ist, mit gerechter Mißbilligung
zurückgewiesen. Die Männer von Fach behaupten, Otto gebe
ein längst bekanntes Factum für eine neue Erfindung aus, während doch das
Einzige, was er bei der Sache gethan, darin bestehe, daß er versucht habe, ob
die von Pelouze beschriebenen Zersetzungsproducte der
Holzsubstanz durch Salpetersäure nicht vielleicht in ähnlicher Weise zum Ersatz
des Schießpulvers dienen könnten, wie die von Schönbein und Böttger erfundene
Schießbaumwolle. Sie fügen noch hinzu, daß nach dem von Otto beschriebenen Verfahren zwar eine explodirende Baumwolle bereitet
werden könne, daß aber das Product von sehr ungleicher Beschaffenheit und
Wirkung, auch die Methode zur fabrikmäßigen Bereitung ganz ungeeignet
sey.“ Mit der größten Freude acceptire ich zuvörderst von der
Gegenpartei das Zugeständniß, daß ich versucht, die durch Einwirkung von
Salpetersäure auf Holzfaser entstehenden Zersetzungsproducte als Schießpulver zu
benutzen, denn indem dieser Versuch gelang, hatte ich eben die Entdeckung gemacht,
welche man mir streitig machen will. Seit 1838 hat man gewiß in sehr vielen
Laboratorien, für die Vorträge über Chemie, nach Pelouze's Vorschrift Stärkmehl mit Salpetersäure
zusammengerieben, die entstandene Lösung in Wasser gegossen; kurz, die Substanz
bereitet, welche von Braconnot Xyloidin genannt worden
ist. Niemand hat versucht, eine Anwendung von dieser Substanz zu machen, von
welcher, wenn sie nach der üblichen Methode dargestellt würde, bis zur
Schießbaumwolle ein weiter Schritt ist. Ich habe Baumwolle mit Salpetersäure
behandelt, weil die Zeitungen das Gerücht von explosiver Baumwolle umhertrugen, und
ich habe die Umstände zuerst erkannt, unter denen auf diesem Wege ein zum Schießen
taugliches, höchst explosives Präparat erhalten werden kann. Das ist die Entdeckung,
welche ich in Anspruch nehme, welche so außerordentliches Aufsehen erregt hat und
welche so schnell vervollkommnet worden ist. Ich frage das Publicum: ist es nicht
schon eine Entdeckung, wenn man nachweist, daß eine Substanz, welche bislang noch
niemals zum Schießen angewendet worden war, ein treffliches Ersatzmittel des
Schießpulvers abgeben könne? Bejaht es diese Frage, so wird es noch viel weniger in
Zweifel darüber seyn, ob ich eine Entdeckung gemacht habe oder nicht, da die
Substanz, welche ich darstellte, früher noch gar nicht in einem zum Schießen
tauglichen Zustand gekannt war. Ich habe in den von mir gemachten Mittheilungen mir
auch nicht im mindesten mehr zugeeignet, als mir wirklich zukommt. Meine erste
Mittheilung enthält gleich im Eingang die Worte: „Auf eine Beobachtung von
Pelouze fußend, welche in meinem Lehrbuche S. 136
steht, ist es mir gelungen“ u.s.w. In einigen Artikeln habe ich sogar
die bezügliche Stelle gegeben, damit Jeder erkenne, was daraus zu entnehmen; sie
lautet: „Taucht man Papier eine Minute lang in höchst concentrirte
Salpetersäure und wäscht es dann mit Wasser, so findet man, daß es etwas
aufgequollen und fast so zäh wie Pergament geworden; nach dem Trocknen zeigt es
sich sehr entzündlich, es fängt schon bei 180° C. Feuer und verbrennt
ohne Geruch nach salpetriger Säure (Pelouze).“ Zur Zeit der Veröffentlichung meiner ersten
Mittheilung war mir von Pelouze's Beobachtung nichts
bekannt als das, was diese Stelle sagt. Später ging ich an die Quelle in den
„Comptes rendus“ 1838, L S.
715; daselbst heißt es: „Ich (Pelouze) habe
schon gesagt, daß das Xyloidin durch Vereinigung des Stärkmehls mit den
Elementen der Salpetersäure entsteht, es ist in mancher Hinsicht als ein Salz zu
betrachten, in welchem das Stärkmehl die Rolle der Base spielt. Es ist sehr
verbrennlich; bei einer Temperatur von 180° fängt es Feuer, verbrennt
fast ohne Rückstand und mit vieler Lebhaftigkeit. Diese Eigenschaft hat mich auf
einen Versuch geführt, von welchem man, wie ich glaube, einige Anwendungen,
besonders bei der Artillerie, machen kann. Taucht man nämlich Papier in
Salpetersäure von 1,5 specifischem Gewicht, und läßt man es darin so lange, bis
es davon durchdrungen ist, so erhält man nach dem Abwaschen mit Wasser eine Art
von Pergament, welches der Feuchtigkeit widersteht und sehr verbrennlich ist.
Dasselbe findet statt, wenn man Leinenzeug oder Baumwollenzeug
nimmt.“
Berzelius hat richtig erkannt, welche Anwendung für die
Artillerie gemeint ist; er sagt nämlich in seinem Jahresbericht: „Diese
Papierstreifen können dann als Zünder in der Feuerwerkerei angewendet
werden.“ Weder Pelouze noch sonst Jemand
hat seit 1838 daran gedacht, daß das durch Einwirkung von Salpetersäure auf
Holzfaser entstehende Product das Schießpulver vertreten könne. Ich habe die
Entdeckung gemacht, daß unter gewissen Umständen dadurch ein höchst explosives, wie
Schießpulver wirkendes Präparat zu erhalten steht, und ich acceptire nochmals das
Zugeständniß dieser Entdeckung von der Gegenpartei. Wir haben hier genau die
Geschichte vom Ei des Columbus: den ganzen Sommer hindurch ist in den Laboratorien
mit Salpetersäure und Baumwolle operirt worden, ohne das gewünschte Resultat zu
erlangen, jetzt, nachdem ich die Entdeckung gemacht, wundert sich Jeder, daß er sie
nicht gemacht.
Aus dem Umstand, daß der Wiesbadener meine Entdeckung nicht als solche gelten lassen
will, entnehme ich, daß das explosive Präparat Schönbein's und Böttger's ein von dem meinigen völlig
verschiedenes ist. Wäre nämlich das Präparat der genannten Herren dem meinigen und
dem von Pelouze zuerst dargestellten Zersetzungsproducte
der Holzfaser durch Salpetersäure ähnlich, so würde ja alles das, was er gegen mich
gesagt hat, auch gegen Schönbein und Böttger gesagt seyn. Die Zeit wird darüber weitere
Aufklärung geben.
In meiner ersten Mittheilung hatte ich Salpetersäure allein zur Darstellung meines
Präparats empfohlen, dabei zugleich die Hoffnung ausgesprochen, daß dieses Verfahren
der Darstellung bald vervollkommnet werden möge. So ist es nun recht bald gekommen?
die gleichzeitige Anwendung von Schwefelsäure erleichtert in hohem Grad die
Bereitung und macht sie weit wohlfeiler, so daß man jetzt schon allgemein ein
Gemisch von Schwefelsäure und Salpetersäure anwendet. Ich bitte das Publicum, sich
nicht täuschen zu lassen und zwischen Entdeckung und Verbesserung von
Darstellungsmethode zu unterscheiden; das mit Salpetersäure allein erhaltene Product
ist nicht wesentlich verschieden von dem, wie man es durch Salpetersäure und
Schwefelsäure erhält, jenes schießt eben so gut als dieses. Mit der Zeit werden
höchst wahrscheinlich noch bequemere Darstellungsverfahren ermittelt werden.
Sogleich nach der Veröffentlichung meiner Entdeckung sind mir von allen Seiten (im
wahren Sinn des Worts) die anerkennendsten, schmeichelhaftesten Zuschriften
zugegangen, von allen Seiten hat man mich schriftlich
beglückwünscht, wenn man es nicht mündlich thun konnte. Der ausgezeichnetsten meiner
Collegen einer schrieb mir: „Ich gratulire Ihnen von ganzem Herzen zu
Ihrer schönen Entdeckung;“ und mir ganz fremde Personen haben, aus
Interesse für die Sache getrieben, mir die freundlichsten Briefe zukommen lassen.
Wie stimmt dieß nun mit dem Ausspruch des Wiesbadeners zusammen, daß die Art und
Weise, wie ich aufgetreten, von allen Seiten mit gerechter Mißbilligung
zurückgewiesen würde. Ich kann nicht den mindesten Grund zur Mißbilligung finden,
der Wiesbadener expectorirt sich darüber auf folgende Weise: „Alle
Billigdenkenden nennen Otto's Handlungsweise undeutsch und unedel, indem er seinen
glücklichen Landsleuten ihren verdienten Ruhm offenbar nicht gönnen und
denselben die schon verdienten Lorbeeren wieder entreißen will.“
Wissen sie Wohl, Hr. Wiesbadener, daß es unedel, abscheulich, boshaft,
verleumderisch ist, Jemandes Handlungen schlechte Motive unterzulegen, wenn man
dafür nicht Gründe vorbringen kann; es ist empörend von Ihnen, zu behaupten, daß ich
den glücklichen Landsleuten den Ruhm nicht gönnen und die Lorbeeren hatte entreißen
wollen; kennen Sie meinen Charakter? wodurch wollen Sie diese Verleumdung, gegen
welche ich mich hiemit auf das feierlichste verwahre, rechtfertigen? Ich will genau
erzählen, wie ich zu meiner Entdeckung gekommen bin, man wird sehen, daß ich nicht
gearbeitet habe für die angeschuldigten Zwecke. Als das Gerücht von einer explosiven
Baumwolle durch die Zeitungen lief, fiel mir sogleich die oben mitgetheilte Stelle
meines Lehrbuchs ein, und sprach ich mich häufig darüber aus, daß das Präparat durch
Einwirkung von Salpetersäure auf Baumwolle werde erhalten worden seyn. Ich
behandelte auch in meinem Laboratorium Baumwolle mit rauchender Salpetersäure der
Art, wie sie gewöhnlich in Anwendung kommt, erhielt aber ein negatives Resultat. Vor
einigen Wochen kam eine Substanz nach Braunschweig, welche für die Schönbein'sche Schießbaumwolle ausgegeben wurde. Es waren
kleine Scheiben von 7 Linien Durchmesser und 5/4 Linien Dicke, bestehend aus zwei
Lagen Papier, zwischen denen sich eine filzige Masse befand. Der Rand war mit einem
rothen Oel getränkt. Auf höchsten Befehl mußte ich diese Substanz untersuchen, und
es ergab sich, daß die filzige Masse nicht Baumwolle, sondern Wolle war, und daß
sich dieselbe nicht durch Entzündlichkeit, sondern durch Nichtentzündlichkeit
auszeichnete, daß wahrscheinlich elegante Pfropfe vorlagen. Durch den Befehl zu
dieser Untersuchung wurde ich wieder zu Baumwolle und Salpetersäure geführt; ich
stellte mir selbst höchst concentrirte rauchende Säure dar und erhielt sogleich beim
ersten Versuch mit derselben ein höchst explosives Präparat. So ist die Entdeckung
gemacht worden, und nicht um den Ruhm Anderer zu schmälern. Wenn ich nun aus dieser Entdeckung kein
Geheimniß machte, wenn ich sie Jedem, der in mein Laboratorium kam, zeigte und dann
öffentlich mittheilte, habe ich da unedel gehandelt? Hätte ich nicht die Entdeckung
ins Publicum gebracht, so würde dieß von Andern geschehen seyn, denn ich habe nicht
bei verschlossenen Thüren gearbeitet, vielmehr Jedem gezeigt, wie man das explosive
Präparat erhält. Hätte ich vielleicht dieß auch nicht thun sollen, Hr. Wiesbadener,
hätte ich das Anerbieten, welches mir von dem ersten, dem ich die Entdeckung
mittheilte, gemacht wurde, ihm dieselbe zu verkaufen, annehmen sollen? Hätte ich
dann vielleicht nach seiner Ansicht edel gehandelt? Was unter undeutsch zu verstehen sey, weiß ich nicht, ob französisch, ob englisch.
Undeutsch ist es aber bis jetzt gewesen, daß Professoren gemachte Entdeckungen nicht
eher veröffentlichen, als bis ihnen eine Summe Geldes zugebilligt ist, denn so viel
mir bekannt, hat nur Daguerre, der aber keineswegs
Professor ist, seine Erfindung verkauft. Zur Zeit, als Döbereiner sein Platinfeuerzeug erfand, würde es für schmutzig gehalten
worden seyn, um eine solche Entdeckung mit Regierungen zu feilschen. Davy hat seine Sicherheitslampe der Menschheit umsonst
gegeben, und eben so Jacoby seine Galvanoplastik den
Künsten und Gewerben. O beklagenswerter Geist der Zeit, welcher to make money als das Höchste erkennt und welcher den
Werth nach Geld schätzt. Es gibt aber auch noch Leute, welche andere Ansichten
haben. Ein ausgezeichneter Mann schrieb mir in diesen Tagen: „So lange ich
denken kann, habe ich jene Selbstsucht gehaßt, die jede glückliche Entdeckung
durch Patente auszubeuten sucht. Ich will zugestehen, daß unter gewissen
Umständen ein Patent ein unentbehrliches Schutzmittel des Eigenthums ist, um
einem Erfinder den Kostenaufwand und die Mühen jahrelangen Fleißes zu vergüten.
Aber anders ist es bei den Erfindungen, welche die Gunst des Augenblicks macht.
Mögen die Kinder sich beschenken lassen, wenn sie ein Räthsel gelöst haben, dem
Manne, dem Manne der Wissenschaft vor Allen ziemt es, was er als Geschenk seines
Genius empfängt, als Geschenk der Mit- und Nachwelt darzubringen, und es
muß eine Zeit kommen, wo das nicht mehr bewundert und gepriesen werden kann,
weil es Jeder natürlich finden wird.“ Erhebende, herrliche Worte!
Nachdem wir nun gesehen, was undeutsch ist, will ich sagen, was deutsch ist. Deutscher Gelehrten Art ist, alle Entdeckungen ihrer
Fachgenossen zu verkleinern und, wenn es irgend geht, den Ausländern zuzuschieben;
das hat ein ausgezeichneter Mann in einem dem meinigen ähnlichen Falle gesagt.
Deutsch ist es also, zu sagen: Pelouze gebühre die
Entdeckung, welche ich gemacht, und in dieser Beziehung ist der Wiesbadener und sind
noch mehrere andere meiner werthen College- und Fachgenossen ganz ächte
Deutsche.
Unser fraglicher Artikel schließt: „die Berechnenden finden die
Uneigennützigkeit Otto's sehr zweideutig, und
Weissagende prophezeihen, die Verbindung, welche aus den von Otto erwarteten deutschen, französischen, englischen,
russischen und amerikanischen Aequivalenten hervorgehen werde, werde trotz der
vielen nähern und entferntern Bestandtheile ein sehr kleines Atomgewicht haben.
Unter diesen Umständen freue ich mich mittheilen zu können, daß Schönbein und Böttger die
ihnen vom Deutschen Bunde zugesagte Nationalbelohnung unter keinen Umständen
entgehen werde, sofern sich ihre Baumwolle in allen Stücken probehaltig zeigt,
wie denn überhaupt diese Summe nicht als Kaufpreis für das Geheimniß, sondern
als Gabe der Anerkennung zu betrachten ist.“ Die Unbefangenen werden
erkennen, daß meine erste Mittheilung über das explosive Präparat inmitten der
größten Aufregung geschrieben ist. Die gemachte Entdeckung hatte in der Stadt
Braunschweig das größte Aufsehen erregt, das Laboratorium war unausgesetzt besucht
von denen, welche sich für die Sache interessirten; man war im höchsten Grad
erstaunt über die Eigenschaften des Präparats, man wünschte mir von allen Seiten
Glück. Was Wunder, daß ich, so von allen Seiten erregt, in der ersten Mittheilung
einen Ton traf, den ich jetzt, in ruhigern Stunden, selbst einen sehr exaltirten
nennen muß, und den ich nicht getroffen haben würde, wenn ich einige Tage später
geschrieben hätte. Ich gestehe auch zu, daß der Schluß meiner Mittheilung meine
Uneigennützigkeit denen zweideutig erscheinen läßt, welche überall das Schlechte
suchen, und ich bedauere von ganzem Herzen, diesen, wie die ganze Fassung zeigt,
weit mehr in Laune als im Ernst geschriebenen Schluß gemacht zu haben. Wenn ich
hätte Geld mit meiner Entdeckung machen wollen, so wußte ich, daß ich dieselbe an
Privaten zu verkaufen hatte. Daß den HHrn. Böttger und Schönbein für ihre Entdeckung vom Deutschen
Bunde die Summe von
100,000 fl. zugebilligt worden ist, hat man erst in diesen Tagen officiell gehört,
früher gingen darüber nur vage Gerüchte, ich wünsche von ganzem Herzen, daß ihr
Präparat sich so bewahren möge, um sie dieser Summe theilhaftig werden zu lassen.
Bis dahin, daß hierüber entschieden ist, will ich aber die von mir gefundenen
Verbesserungen in der Bereitung meines Präparats zurückhalten.
Dr. Otto.
Analysen von im Handel vorkommenden Nickelsorten.
Hr. Lassaigne hat mehrere
Muster des im Handel vorkommenden metallischen Nickels untersucht und dabei
gefunden, daß ihr Gehalt an reinem Metall sehr verschieden ist. Bekanntlich wird das
Nickel zur Fabrication von Argentan angewandt, dessen Verbrauch sich in der letzten
Zeit sehr ausgedehnt hat; gewöhnlich ist das Nickelmetall in kleine, mehr oder
weniger regelmäßige Parallelopipeda geformt, deren Farbe sehr verschiedenartig grau
oder schwarz ist.
Nr. 1. Nickelmetall aus
Deutschland.
Nickel
56,25
Kupfer
27,50
Eisen
12,55
Kieselhaltiger Rückstand
3,70
––––––
100,00
Nr. 2. Nickelmetall aus
Deutschland.
Nickel
54,6
Kupfer
30,1
Eisen
11,3
Spuren von Arsenik
0,0
Kieselhaltiger Rückstand
4,0
–––––
100,0
N. 3. Nickelmetall aus England.
Nickel
73,3
Kobalt
22,1
Eisen
1,6
Spuren von Kupfer
0,0
Thonerde
2,5
Kieselerde
0,5
–––––
100,0
(Journal de Chimie médicale,
Oct. 1846, S. 596.)