Titel: | Ueber die Fehler der gegenwärtig gebräuchlichen galvanischen Säulen, besonders hinsichtlich ihrer Anwendung zu technischen Zwecken; von Hrn. Kopzinski. |
Fundstelle: | Band 101, Jahrgang 1846, Nr. XLVII., S. 222 |
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XLVII.
Ueber die Fehler der
gegenwärtig gebräuchlichen galvanischen Säulen, besonders
hinsichtlich ihrer Anwendung zu technischen Zwecken; von Hrn. Kopzinski.
Aus dem Technologiste, März. 1846, S. 241.
Kopzinski, über die Fehler der gegenwärtig
gebräuchlichen galvanischen Säulen.
Alle bisher construirten galvanischen Säulen, besonders
diejenigen, welche wegen ihren geringen Kosten in der Industrie
angewandt werden, haben folgende Fehler:
1) ihre Wirkung ist zwar dauernder als die der früher
gebräuchlich gewesenen Säulen, aber doch für gewisse technische
Operationen nicht regelmäßig und andauernd genug. Wendet man
z.B. die Bunsen'sche Säule an, welche
aus Kohle und Zink besteht, die durch Schwefelsäure und
Salpetersäure erregt werden, so ist die Wirkung derselben,
obgleich man das Zink amalgamirt hat, nur während zwei Stunden
stark und regelmäßig, dann wird sie schwächer und hört nach
sechs Stunden ganz auf. Diese Unregelmäßigkeit und kurze Dauer
ihrer Wirkung machen sie besonders zu den galvanoplastischen
Operationen ungeeignet, wo man einer verhältnißmäßig schwachen
aber regelmäßigen und andauernden Wirkung bedarf;
2) alle bisher angewandten galvanischen Säulen sind für
technische Zwecke zu kostspielig; insbesondere ist dieß der Fall
bei der Bunsen'schen Säule mit zwei
erregenden Säuren; die zwei Säuren vermischen sich mit den durch
ihre Reaction entstandenen Salzen; für die so erzeugte Mischung
fand man aber noch keine Verwendung. Die so vermischten
erregenden Säuren wirken dann nicht mehr: man muß sie oft
erneuern, was besonders wegen der Salpetersäure sehr kostspielig
ist.
Bei fortwährender Anwendung werden auch die Gefäße aus porösem
Thon bald unbrauchbar, so daß man sie beständig erneuern muß;
die Zinkcylinder, wenn man sie auch mit
Quecksilber-Auflösung amalgamirt hat, werden ebenfalls
schnell unbrauchbar; die Porosität der Kohle macht, daß die
Salpetersäure in den Kohlencylindern aufsteigt und die kupfernen
Fassungen zerfrißt; das Wachs, welches fast immer mit Stearin
oder Stärkmehl verfälscht ist, schützt sie nur wenig und man muß
sie daher bei jeder Operation reinigen.
Das Reinigen aller kupfernen Leitungsdrähte oder Streifen,
welches man täglich vornehmen muß, ist eine langwierige und
ungesunde Arbeit, jedenfalls einer der größten Uebelstände der
jetzt gebräuchlichen Säulen.
Bei den Kosten muß man auch das öftere Brechen der
Kupfer-, Silber- und Platindrähte in Anschlag
bringen, denn sie werden ungeachtet häufigen Ausglühens bald
spröde.
Dazu kommen noch die der Gesundheit so nachtheiligen
Ausdünstungen der Säuren, durch welche alle metallenen
Gegenstände in dem Arbeitslocal angegriffen werden.
Die Daniell'sche Säule, so wie sie von
den Vergoldern zu Paris angewendet wird, ist in mancher Hinsicht
bequemer als die Bunsen'sche, aber
ihre Wirkung ist nicht so constant, als es zu wünschen wäre;
hinsichtlich der Kosten bemerke ich bloß, daß die Unterhaltung
einer solchen Säule von den für die Arbeiten im Großen
erforderlichen Dimensionen einem der ersten Vergolder in Paris
täglich über 40 Frcs. zu stehen kommt.
3) Es ist ungemein schwer, die Kraft der galvanischen Säulen nach
Erforderniß zu reguliren; hiezu müßte man das Gesetz über das
Verhältniß der elektrischen Kraft zu dem zu überwindenden
Widerstand kennen; man müßte diese Kraft mit einem für die
Praxis geeigneten Galvanometer messen und namentlich sie
verstärken oder vermindern können und zwar nicht nur vor,
sondern auch während der Operation. Man hat zwar hiezu mehrere
Mittel angegeben: solche sind die Vermehrung oder Verminderung
der Oberfläche der Säule, indem man die Paare mehr oder weniger
tief in die erregenden Flüssigkeiten taucht; verschiedene
Concentrationsgrade dieser erregenden Flüssigkeiten und der
elektrolysirten Salzauflösung; endlich daß man letztere mehr
oder weniger sauer, neutral oder basisch anwendet.
Alle diese Mittel sind sehr nützlich, aber mit Ausnahme der
Vergrößerung der Oberflächen der Elemente können sie nur vor der
Operation angewendet werden; denn wenn diese einmal im Zug ist
und man den Gegenstand nicht aus dem Bad nehmen kann, wann man
bemerkt daß die Wirkung zu stark oder zu schwach ist, so kann
man letztere ohne Unterbrechung der Operation nur dadurch noch
reguliren, daß man die Oberfläche der Säule entweder vergrößert
oder vermindert. Dieß ist auch das wohlfeilste Mittel, weil man
die vorhandene elektrische Kraft während der Operation gänzlich
benutzt, wogegen man sie bei den andern Methoden, wenn sie zu
groß ist, so belassen muß, indem man sich darauf beschränkt, nur
einen Theil von ihr anzuwenden.
4) Eine nicht weniger bedeutende Schwierigkeit für alle Säulen,
welche sich besonders in der Galvanoplastik fühlbar macht,
besteht darin, daß die elektrolysirte Salzauflösung gemäß den
Gesetzen der Schwere, während der Operation Schichten von
verschiedenen Dichtigkeiten bildet; in Folge hievon wird die
metallische Schicht, welche sich bildet, von ungleicher Dicke
und bisweilen erzeugt sie sich an gewissen Stellen ganz und gar
nicht. Die Metallbleche und die Salzkrystalle, welche man
gewöhnlich anwendet, helfen diesem Uebelstand nur unvollkommen
ab. Das sinnreiche Verfahren der HHrn. Gauthier und Dechaud
(polytechn. Journal Bd. XCVII S. 68 und Bd. XCVIII S. 31) um aus
den Kupfervitriol-Auflösungen mittelst der Säule das
Kupfer in Blechform zu erhalten, könnte vielleicht in dieser
Hinsicht eine ausgedehntere Anwendung finden; es fragt sich aber
noch, ob dieses Verfahren geeignet ist, um das Kupfer und die
andern Metalle unter andern Formen und unter verschiedenen
Umständen zu erhalten.
5) Die meisten dieser Schwierigkeiten und andere, die ich
übergehe, wären gehoben, wenn man eine wohlfeile Säule ohne
schädliche Ausdünstungen construiren könnte, deren Kraft sich
verstärken oder schwächen ließe, ohne daß man die Operation
unterbricht und welche mehrere Monate functioniren könnte, ohne
daß man sie auseinander nimmt.
Die Erfüllung dieser Bedingungen wurde seit einiger Zeit von
mehreren Physikern versucht. Nach einer Mittheilung von Jacobi ist es dem Fürsten Bagration gelungen, eine sehr
wohlfeile Säule von außerordentlicher Beständigkeit zu
construiren, deren Unterhaltung fast gar keine Kosten
verursacht: sie besteht aus Cylindern von Zink und Kupfer,
welche man senkrecht in Erde eingrabt, die man bis zur Sättigung
mit concentrirter Salmiakauflösung begossen hat; das Ganze kommt
in gut isolirte Gefäße aus gebrannter
Erde. Ich habe eine derartige Säule von ziemlich großen
Dimensionen construirt, sie bestand aus vier Paaren; der
Zinkcylinder jedes Paares war 70 Cent. hoch und hatte 10 Cent,
im Durchmesser; der Kupfercylinder jedes Paares hatte 60 Cent.
Höhe und 16 Cent. im Durchmesser; das Kupferblech war einen
halben Millimeter, das Zinkblech 2 Millimeter dick; die
angewandte Erde (schwarze Düngererde) hatte ein Volum von 3
Hektolitern. Wie sehr war ich aber erstaunt, meine Hoffnungen
gänzlich getäuscht zu sehen! Die Säule kam sogleich in
Thätigkeit, als man die beiden Pole mit einander verband und
erreichte in einigen Stunden das Maximum ihrer Wirkung; letztere
nahm dann langsam ab und war in drei Tagen fast Null. Obgleich
sich diese Säule in einem Zimmer von 140 Kubikmeter Hohlraum
befand, dessen Fenster man offen ließ, griffen doch die durch
Zersetzung des Salmiaks etc. entwickelten Dämpfe alle metallenen
Gegenstände, besonders die eisernen an; die Bleche, womit man
die Pole verband, wurden zerfressen, die Kupfer- und
Zinkcylinder stellenweise, besonders oben, durchlöchert.
Abgesehen von ihren ungesunden Ausdünstungen, ist diese Säule
kostspielig, wird bald zerstört und hat keine constante Wirkung.
Diese ungünstigen Resultate sind nach meiner Ansicht
hauptsächlich der Isolirung dieser
Säule zuzuschreiben, weil sie sich nicht
mit Elektricität aus dem Erdboden speisen kann, und
dann dem Umstande, daß die Säule nicht tief in die Erde
eingegraben oder auf andere Weise gegen den Einfluß der Luft
geschützt wurde, welche also die durch die Berührung der Metalle
erzeugte Elektricität neutralisiren konnte, weßhalb wohl auch
die Säule ungeachtet ihrer großen Dimensionen so schwach
war.
Hr. Jacobi bemerkt in seinem Bericht
über die Säule des Fürsten Bagration,
daß er ebenfalls eine Säule von constanter Wirkung und
wahrscheinlich langer Dauer gefunden habe, die aus Platten von
Kupfer und Zink besteht, welche in die feuchte Erde eines
Kellers eingegraben werden.
Zu derselben Zeit machte Hr. Bain in
England die nämliche Entdeckung und benutzte eine derartige
Säule zur gleichzeitigen Bewegung der Uhren auf den
Eisenbahnstationen. Diese in die Erde eingegrabenen Säulen und
die elektrischen Telegraphen haben bereits zur Evidenz bewiesen,
daß die Erde ein großer Generator und ein guter Leiter des
elektrischen Fluidums ist. Die Erde und die Atmosphäre sind zwei
große Behälter desselben und man wird es daher in Zukunft
vorzugsweise der Erde und der sie umgebenden Luft zu schöpfen
suchen. Bis jetzt kann die Erde allein wegen ihrer
Leitungsfähigkeit zur Construction von Säulen dienen, deren
Kraft unbegränzt ist und deren gleichförmige Wirkung mehrere
Jahrzehente dauern kann. Man braucht nur mehrere Metallplatten
in die Erde einzugraben und erhält leicht eine Säule von
constanter Wirkung und ohne alle schädlichen Ausdünstungen.
Derartige Säulen sind bereits (im polytechn. Journal Bd. XCVII S.
192) beschrieben worden; da man aber nicht immer Säulen
herstellen kann, welche in die Erde eingegraben sind, weil man
keinen Garten oder Keller hat oder wegen anderer Hindernisse, so
wird es bisweilen nicht nur Wohlseiler, sondern unumgänglich
nöthig seyn, derartige Säulen herzustellen, ohne sie in die Erde
einzugraben; ich will nun eine solche Säule beschreiben, deren
Vortheile sich durch einige Versuche im Kleinen herausgestellt
haben; dieser Apparat wird folgendermaßen construirt:
Ein starker Kasten aus nichtharzigem Holz, welcher innerlich auf
jeder Seite 1 1/4 Meter (3' 10'') mißt, wasserdicht
zusammengefügt und auf dem Boden mit einem großen hölzernen Hahn
versehen ist, dient als Behälter für eine Säule mit einer
einzigen erregenden Flüssigkeit, nämlich Salzwasser oder sehr
verdünnter Schwefelsäure. Die Elemente wären Kupfer und Zink,
oder Kupfer und Eisen, oder auch Eisen und Zink und bestünden
aus Platten, jede von 1 Quadratmeter Oberfläche, welche 2 und 3
Millimeter von einander entfernt senkrecht in die Flüssigkeit
gestellt werden; die Dicke der Zinkbleche wäre 5 Millimeter, die
der Kupferbleche 1 Millimeter. Diese Platten würden in der
verlangten Entfernung mittelst stark getheerter hölzernen Zungen
zurückgehalten. Den Kasten würde man auf feuchte Erde oder an
eine feuchte Wand stellen. Die Metallstreifen und Drähte, womit
die Communication hergestellt wird, müßte man an den Stellen, wo
sie mit der erregenden Flüssigkeit in Berührung
kommen, bis auf einige Centimeter darüber mit einem biegsamen
Firniß aus Kautschuk gut überziehen.
Ich bin überzeugt, daß eine so construirte Säule, abgesehen
davon, daß sie wohlfeil zu stehen kommt und wenig Platz
einnimmt, folgende Vortheile darbieten würde: sie braucht nicht
gereinigt zu werden, was schon sehr wichtig ist; man kann
mittelst Hähnen während der Operation selbst ihre erregende
Flüssigkeit mehr oder minder vermindern, was bei den in die Erde
eingegrabenen Apparaten nicht möglich ist. Ihre Wirkung kann
sich nicht erschöpfen, weil sie mit der Erde durch das Holz des
feucht gewordenen Kastens communicirt. Sie läßt sich sehr leicht
herstellen, weil man die Metallbleche nur in Form von
Parallelogrammen zu schneiden braucht, was ein Vortheil gegen
die Säulen mit cylindrischen Elementen ist.
Zu den wohlfeilsten Säulen gehört gewiß auch diejenige, welche
der Herzog Maximilian von
Leuchtenberg in Vorschlag gebracht hat; besonders in dem Fall,
wo man alte gußeiserne Röhren hätte, könnte man damit eine Säule
von constanter Wirkung herstellen, indem man das Gußeisen mit
Cylindern aus Kohle communiciren läßt, welche sich in Kästen
oder Fässern befinden und mittelst schwacher Schwefelsäure
erregt werden. Dieser Apparat könnte vielleicht mehrere Jahre in
Thätigkeit bleiben; man könnte ihm durch Vergrößerung seiner
Dimensionen jede gewünschte Kraft geben und mittelst an den
Gefäßen angebrachter Hähne die Oberflächen und folglich seine
Kraft vermindern. In letzterer Hinsicht hätte er einen großen
Vorzug vor den in die Erde eingegrabenen Säulen. Stellt man nach
der Angabe des Erfinders die gußeisernen Cylinder in poröse
Gefäße, die mit einer schwächern Schwefelsäure angefüllt sind
als diejenige ist, welche die Kohle benetzt, so wird wegen des
Unterschieds der Dichtigkeiten der zwei erregenden Flüssigkeiten
der Apparat bedeutend wirksamer.